Festspielluft VI: Elīna Garančas Bayreuth-Debüt basiert auf wenig Proben

Elīna Garanča und Herausgeber Andreas Schmidt im Wiener Konzerthaus © Andreas Schmidt

von Peter Walter

Bereits 11 Hauptrollenumbesetzungen in zwei Monaten gab es bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen zu melden. Und nun bleiben nicht einmal die Proben vor den Streichen des „Umbesetzungsmarathons“ erspart. Wie bereits berichtet, soll Elīna Garanča als Kundry die Parsifal-Hauptprobe bereits vor dem 2. Aufzug verlassen haben – nun soll die derzeit geplante Premieren-Kundry auch der kompletten Generalprobe ferngeblieben sein. Die Gerüchte verdichteten sich, Frau Garančas Bayreuth-Debüt stehe stark auf der Kippe.

Die Fakten:

Kundrys Zeilen: 1. Aufzug: 28, 2. Aufzug: 187, im dritten Aufzug: eine plus das Stöhnen.

Neben der seit ihrer Ankündigung umstrittenen AR-Inszenierung und der Titelrollenumbesetzung schwebt also nun ein drittes Premieren-Experiment in der Luft. Und bei allem Respekt für Elīna Garanča, Andreas Schager und Jay Scheib:  Jedes Experiment – selbst mit den besten Sängern und Regisseuren der Welt – kann schief gehen. Wir werden sehen. Es bleibt umso spannender.

Auch bei der Generalprobe zum Fliegenden Holländer soll es eine Umbesetzung gegeben haben. Und zwar in der Titelpartie. Wer letztendlich auf der Bühne stand, ist weiterhin unklar. Auf jeden Fall nicht Michael Volle.

Fraglich bleibt, ob die Verantwortlichen wirklich zwei Hauptrollen ohne Generalprobe riskieren wollen. Denn dieses Jahr sind die Festspiele mehr denn je auf einen musikalischen Erfolg angewiesen.

Peter Walter, 24. Juli 2023 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Festspielluft V: (K)ein Sommer ohne Thielemann

Wolfgang Wagner und Christian Thielemann. Foto: © Bayreuther Festspiele

von Peter Walter

Katastrophenalarm in der Wagner-Welt: Zum ersten Mal seit 24 Jahren werden die heiligen Bayreuther Festspiele ohne ihren derzeitigen Dirigentengott Christian Thielemann stattfinden! Wo soll das hinführen? Fliegt als nächstes etwa Klaus Florian Vogt raus? „Festspielluft V: (K)ein Sommer ohne Thielemann
Bayreuth, 22. Juli 2023“
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Festspielluft IV: Wahn gibt’s in Bayreuth auch ohne Meistersinger

Andreas Schager  © David Jerusalem

von Peter Walter

Die Zeit ist da. Die Wagner-Welt blickt mal wieder auf den heiligen Hügel in einer gewissen fränkischen Provinzstadt. Nur ist diesmal nichts wie sonst. Zum ersten Mal steht die Familienherrschaft auf dem Grünen Hügel akut in Frage. Freie Karten – früher rar wie das Rheingold – gibt es wie Sand am Meer. Und zu allem Überfluss bleibt auch der heilige Wagner-Gott Christian Thielemann fern der Festspiele!  „Festspielluft IV: Wahn gibt’s in Bayreuth auch ohne Meistersinger
Bayreuth, 22. Juli 2023“
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Ich will mein Publikum zurück!

Bayreuth, München, Bregenz, Salzburg, 6. Juli 2023

Bayreuther Festpielhaus, Andreas Schmidt
Foto © Andreas Schmidt

Der onlinemerker macht an diesem Donnerstag unter der Überschrift „Ich will mein Publikum zurück!“ auf ein interessantes Phänomen aufmerksam … und verweist auf einen verdienstvollen Beitrag von BR-Klassik.

Kernthese: Selbst die renommierten Häuser und Festspiele verlieren massiv Zuschauer. Hier Auszüge:

„Ioan Holender hat mit seiner Wortmeldung – wie so oft in der Vergangenheit – eine Diskussion entfacht. Der Mann hatte fast immer etwas zu sagen. Heute ist es um griffige Aussagen von Intendanten schlecht bestellt. Man lobt sich lieber selbst! „Festspiele und Top-Opernhäuser verlieren Publikum
klassik-begeistert.de, 6. Juli 2023“
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Besetzungsänderung bei den Bayreuther Festspielen 2023

Andreas Schager, Klaus-Florian Vogt und Clay Hilley springen für Stephen Gould ein!

Foto: © Copyright 2009 | Daniel Bruengger – Stephen Gould

Der US-amerikanische Tenor Stephen Gould, 61, muss bei den Bayreuther Festspielen 2023 alle Termine absagen. „Auf dringenden ärztlichen Rat“, wie man aus den Sozialen Medien entnehmen konnte. Gould hätte auf dem Grünen Hügel dieses Jahr wieder einiges zu stemmen gehabt. Den Siegfried in der „Götterdämmerung“, den „Tristan“, sowie auch die Titelpartie im „Tannhäuser“. Ersatz steht schon zur Stelle. Andreas Schager übernimmt in Richard Wagners „Götterdämmerung“, Clay Hilley den „Tristan“, und Klaus-Florian Vogt springt als „Tannhäuser“ ein.

Wie sich das alles organisatorisch auswirken wird, ist noch schwer einzuschätzen. Die Bayreuther Festspiele starten am 24. Juli 2023 mit einem Festspiel-Open-Air, gefolgt vom „Parsifal“ am Eröffnungs-Tag darauf. Acht Opern stehen insgesamt auf dem Programm. Die vier Opern des „Rings“ in der Inszenierung von Valentin Schwarz. „Der fliegende Holländer“, „Tristan und Isolde“, „Parsifal“ und der „Tannhäuser“. All das nun zu stemmen, ist sicherlich keine leichte Aufgabe. Hügelchefin Katharina Wagner bedankte sich bei all den Einspringern, die Stephen Gould ersetzen werden.

Die Auswirkungen dürften aber weitreichend sein. Nicht nur auf den offiziellen Spielbetrieb generell, auch den Probenplan dürfte Goulds Ausfall ziemlich durcheinander würfeln. Bayreuth ist ja bekannt dafür, dass man ein außerordentlich hohes Maß in die Probenarbeit steckt. Die Generalprobe für den „Tannhäuser“ dürfte so gut wie fix unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfinden. Normalerweise finden Generalproben immer öffentlich statt. Ausnahme: Neuproduktionen. Wie es bei den anderen Generalproben aussieht, bei denen Gould dabei gewesen wäre, steht noch nicht fest.

klassik-begeistert.de, 1. Juli 2023

Festspielluft III: Nach den Festspielen ist vor den Festspielen

Arnold Bezuyen (Mime) und die Schülerstatisterie. Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Die Bayreuther Festspiele 2022 sind vorbei. Zeit, einmal die Lehren und Eindrücke dieser Spielzeit zu reflektieren.

von Peter Walter

Es war ein Sommer mit vielen Sternstunden und erfreulichen Lehren für die Zukunft:

Neu ist nicht schlecht

Neulinge gab es viele, Valentin Schwarz als Regisseur, Daniela Köhler als Brünnhilde, Olafur Sigurdarson als Alberich, um einige zu nennen. Es gehört zur „Werkstatt Bayreuth“, neben großen Namen auch „Neuentdeckungen“ zu präsentieren. Beispiel Sigurdarson: Der gefeierte Alberich war noch bis 2017 am Staatstheater Saarbrücken, letztes Jahr gab er als Biterolf sein Bayreuth-Debüt. Die Wagner-Welt hat einen neuen Alberich, die Kulturszene im Saarland eine Erfolgsstory.

Ähnliches gilt für Köhler. Etwas mehr Vorerfahrung hat sie, von Chemnitz nach Bayreuth ist aber auch ein Sprung. Und ja, die Schwarz-Inszenierung wurde gnadenlos ausgebuht und heftig kritisiert. Ein kleines Wunder, dass es friedlich geblieben ist. Viele Reaktionen waren leider so nach dem Motto: „Taugt nix, weil’s neu ist“. Schmarren, neu ist prima, neu ist wichtig. Lassen wir neu mal ein paar Jahre sitzen, dann reden wir nochmal, ob’s gut oder schlecht ist. „Festspielluft III: Nach den Festspielen ist vor den Festspielen
Bayreuther Festspiele 2022“
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Klaus Florian Vogt: It’s Tristan Time

Foto: Enrico Nawrath, Bayreuther Festspiele

Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 1. September 2022

Auszüge aus Der Fliegende Holländer, Tannhäuser und Tristan und Isolde

Musik und Libretto von Richard Wagner

Andris Nelsons, Dirigent
Catherine Foster, Sopran
Klaus Florian Vogt, Tenor

von Peter Walter

Die Akustik auf der Bühne auf dem Grünen Hügel ist nicht weniger besonders als im Graben. Was hinten auf der Bühne steht, ist viel besser zu hören als vorne. Das macht auch dem Festspielorchester unter der Leitung von Andris Nelsons zu schaffen. Man merkt, die Bläser müssen drei Dynamiken leiser spielen, können ihre volle Wucht nicht entfalten, sonst müsste man dieses Ereignis als „Konzert für Blaskapelle mit Gesangs- und Streicherbegleitung“ betiteln.

Abgesehen von den immer neuen Herausforderungen dieses Hauses war es ein grandioser Abend mit herausragenden Stimmen. Dabei legte Nelsons mit zwei eher durchwachsenen Holländer-Auszügen los. Die waren – auch für Bayreuther Standards – in Ordnung, mehr aber auch nicht. Oksana Lynivs Meere waren stürmiger, Elisabeth Teiges Ballade bissiger. „Abschlusskonzert Andris Nelsons, Festspielorchester Bayreuth
Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 01. September 2022“
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Daniela Köhler, die Sängerin, die Siegfried das Fürchten lehrt

Daniela Köhler (Brünnhilde). Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Man hatte fast den Eindruck, die Leute haben nur „aus Prinzip“ Buh gerufen, weil kein feuerspeiender Drache auf der Bühne zu sehen war. Liebes Publikum: Buh-Rufe sind mehr als legitim in der Welt der Oper. Aber bitte vorher einmal über die Inszenierung nachdenken.

Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 28. August 2022

Siegfried
Musik und Libretto von Richard Wagner

von Peter Walter

Es ist eine gewaltige Vorlage, die Wagner für Brünnhildes Erwachen komponiert hat. Noch mächtiger ist nur diese Brünnhilde selbst, Daniela Köhler. Als Mumie aus einer leuchtenden Pyramide befreit, öffnet sie die Augen und singt wie eine Sonnengöttin. Ihre Stimme brilliert durch den ganzen Saal, singt Andreas Schagers Siegfried gar in Grund und Boden. Mehr als verständlich, dass der bislang furchtlose Held vor ihr erschrickt.

Der Titelheld hatte zweieinhalb Aufzüge lang alle brutal an die Wand gesungen, seinen Ziehvater Mime (Arnold Bezuyen), das Orchester und den Wanderer (Tomasz Konieczny). Vor allem in der Schwertschmiedeszene im ersten Aufzug stieg er mühelos auf die hohen As und hüpfte als betrunkener Jugendlicher über die Bühne. Aber gegen seine Geliebte – und Tante übrigens –musste auch er kämpfen. Wie das ein Siegfried eben tut, ist er doch bislang furchtlos durchs Leben gehopst und hat nun die Kunst des Erwachsenseins erkannt. „Richard Wagner, Siegfried
Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 28. August 2022“
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"Wißt ihr, was daraus wird?"

Foto: Chor der Bayreuther Festspiele, Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

„Wißt ihr, was daraus wird?“

Bayreuther Festspiele 2022 – Ein ganz persönlicher Rückblick (Teil 2)

von Patrik Klein

Musikalisch hörte man nicht nur bei der Tetralogie hingegen viel Positives, auf das ich mich hier im zweiten Teil meines Artikels konzentrieren möchte. Das Orchester der Bayreuther Festspiele unter Cornelius Meister, der für den zunächst geplanten Pietari Inkinen kurzfristig einspringen musste, klang im dritten Zyklus im Vergleich zu den öffentlichen Übertragungen in TV und Radio deutlich transparenter, dynamischer, eleganter, für den ein oder anderen etwas zu zart, aber frischer und damit auch „bayreuthwürdiger“. In der abschließenden Götterdämmerung steigerte der Dirigent die Qualität des Klanges sogar noch einmal auf stärkstes Festspielniveau.

Auf Facebook postete ich noch ganz emotional angefasst nach Das Rheingold: „Wir sind alle wie Wotan“. Das und noch einiges mehr musste man erst mal schlucken, wenn man die Grundidee von Valentin Schwarz akzeptierte und keine Sehnsucht hatte nach Götterwelt, Menschen und Nibelungen. Wenn man den Ring, Tarnhelm, Schwert und Speer nicht vermisste, dann war das durchaus plausibel und erst recht sehr spannend.  Es gab Momente, wo es so richtig funkte im Graben und auch auf der Bühne. Ich wusste schon, warum ich den dritten Ring buchte. Musikalisch gab es nahezu nichts zu kritisieren. Dem wirklich eingespielten SängerInnenensemble gelang eine geschlossen gute musikalische Darstellung. Die Krone des Gesangs gebührte an diesem Abend Okka von der Damerau als Erda. Da war für einige Momente Gänsehautfeeling aufgrund ihrer saalfüllenden dunkelst timbrierten und Respekt einflößenden Mezzosopranstimme. Sie bekam zu recht auch den stärksten Applaus. Am Ende gab es viel Zuspruch und nur einige verhaltene Buhs. „Bayreuther Festspiele 2022 – Ein ganz persönlicher Rückblick (Teil 2)
klassik-begeistert.de 31. August 2022“
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Bayreuther Festspiele: "Wißt ihr, was daraus wird?"

Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Bayreuther Festspiele 2022 – ein ganz persönlicher Rückblick (Teil 1)

von Patrik Klein

Ich gestehe aufrichtig, dass ich ein großer Liebhaber der Bayreuther Festspiele bin. Seit 1995 pilgere, wallfahre und träume ich fast jedes Jahr dorthin. Oft, weil es gelang, privat Tickets zu ergattern; in letzter Zeit häufiger als Autor für einen Kulturblog.

Parsifal mit Plácido Domingo war damals mein erstes Erlebnis auf dem Grünen Hügel. Man verstand von Domingos Gesang zwar kein einziges Wort, aber seine Bühnenpräsenz und seine ehemals kernige Tenorstimme mit dem unverkennbarem Timbre wirkte im goldenen Tempel der Wagnerakustik wie eine Offenbarung. Alles drehte sich auch um ihn. Weniger um Wagners Gesamtkunstwerk und weniger um das Bühnenweihfestspiel. Fast alle Festspielbesucher schlichen am Besetzungszettel vorbei, um sich zu vergewissern, dass er auch tatsächlich singt und nicht irgendein Ersatz. Man hörte Wortfetzen im Vorbeigehen: „Gott sei Dank! Er singt“. Das Orchester und der Chor der Bayreuther Festspiele trieben mir schon damals die Tränen in die Augen, als die Verwandlungsmusik „zum Raum wird hier die Zeit“ den Saal füllte. Das Virus gelangte in meinen Körper und Seele und breitete sich aus. „Bayreuther Festspiele 2022 – Ein ganz persönlicher Rückblick (Teil 1)
Klassik-begeistert.de“
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