Geniestreich eines Unvollendeten

CD-Rezension: Hans Rott, Orchestral Works Vol. 2
Capriccio C 5414

Gürzenich Orchester Köln
Christopher Ward

Das Gürzenich Orchester Köln unter Christopher Ward setzt mit dieser zweiten den Werken Hans Rotts gewidmeten CD ein Projekt fort, das dem unglücklichen, im Alter von 25 Jahren in geistiger Umnachtung gestorbenen Komponisten hoffentlich zu weiterer Aufmerksamkeit verhilft.

von Peter Sommeregger

Man will gar nicht glauben, dass ein Werk wie die hier eingespielte Symphonie Nr.1 in E-Dur erst im Jahr 1989, mehr als hundert Jahre nach Rotts Tod, uraufgeführt wurde. Dabei hatte Gustav Mahler, ein Studienkollege und Freund Hans Rotts, sich mehrfach sehr lobend über den Komponisten und diese Symphonie geäußert. „CD-Rezension: Hans Rott, Orchestral Works Vol. 2, Gürzenich Orchester Köln, Christopher Ward“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 65: Eine musikalische Amerikareise – das Album „From the New World“ von Hansjörg Albrecht

von Jolanta Łada-Zielke

Auf dem CD-Cover sieht man eine Abbildung der Freiheitsstatue. Die Fackel in ihrer Hand brennt mit rotem Licht; vielleicht zur Ehre der Orgel – der Königin aller Instrumente? Man kann jedes Orchesterwerk für sie transkribieren, jedes Stück aus ihr zaubern. Und wir müssen keine Reise nach Amerika unternehmen; es reicht, sich das Innere der Sankt- Michaelis-Kirche in Hamburg vorzustellen, wo Hansjörg Albrecht sein neuestes Album „From the New World“ während des letzten Corona-Pandemie-Jahres aufgenommen hat. Seine Aufführungen der Orgeltranskriptionen orchestraler Musik – zum Beispiel der Ouvertüren von Richard Wagners Opern – sind bereits bekannt und hoch geschätzt. Erwähnenswert ist auch die symbolische Bedeutung der Stadt Hamburg, die man für „das Tor zur Neuen Welt“ hält. „Ladas Klassikwelt 65: Eine musikalische Amerikareise – das Album „From the New World“ von Hansjörg Albrecht“ weiterlesen

CD/DVD-Rezension: ein allzu reduzierter Freischütz

The Freischütz Project
Insula Orchestra
Laurence Equilbey
Erato  01902951095437

Das Ereignis der Aufnahme ist die Agathe von Johanni van Oostrum. Ihr glockenreiner, technisch perfekter Sopran kostet alle Facetten dieser anspruchsvollen Rolle aus, der Farbenreichtum ihrer Stimme stellt sie in eine Reihe mit den großen Interpretinnen dieser Partie. Auf ähnlich hohem Niveau befindet sich das Ännchen von Chiara Skerath, die dieser Partie alles Soubrettenhafte nimmt, ohne die für beide Arien erforderliche Beweglichkeit der Stimme vermissen zu lassen.

von Peter Sommeregger

Diese brandneue, kombinierte CD/DVD-Einspielung von Carl Maria von Webers „Freischütz“ verwirrt auf den ersten Blick: „The Freischütz Project“ liest man auf dem Cover. Erst nach der Lektüre des Booklets wird klar, dass es sich um eine Produktion der Oper handelt, die an verschiedenen Häusern gezeigt werden sollte. Ob es angesichts der über uns hergefallenen Covid 19-Pandemie überhaupt dazu kam, bleibt unklar. „CD/DVD-Besprechung, The Freischütz Project, Insula Orchestra, Laurence Equilbey
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Wagner-Régeny: ein fast vergessener Komponist

CD-Rezension: Rudolf Wagner-Régeny, „Genesis“
Capriccio C 5413

Rundfunkchor Berlin
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Johannes Kalitzke

von Peter Sommeregger

Der Name des rumäniendeutschen Komponisten Rudolf Wagner-Régeny sagt vielen Musikliebhabern der jüngeren Generation nicht mehr viel. Dabei waren seine Opern „Der Günstling“ und „Die Bürger von Calais“ jahrelang viel gespielt worden, auch seine letzte Oper „Das Bergwerk zu Falun“, uraufgeführt 1961 bei den Salzburger Festspielen, wurde zumindest bei der Kritik ein Erfolg. Obwohl Wagner-Régeny der SED ideologisch nicht nahe stand, blieb er bis zu seinem Tod Bürger der DDR, die ihm nebst vielen Auszeichnungen auch zu Ämtern im Musikbetrieb verhalf. So wurde er erst Professor, später Rektor der Musikhochschule Rostock, ehe er schließlich eine Professur an der Ost-Berliner Musikhochschule für Komposition annahm. „CD-Rezension: Rudolf Wagner-Régeny, „Genesis““ weiterlesen

CD-Besprechung: Es gelingt Ivan Ilić meisterhaft, die Originalität und Vielfalt dieser Variationen herauszuarbeiten

Ivan Ilić piano
Chandos Chan 20194
Reicha rediscovered  Vol. 3

Das Oeuvre des Beethoven-Zeitgenossen und Freundes Anton Reicha zählt heute nicht zu den häufig gespielten Werken jener Epoche. Reichas Bedeutung sah die Nachwelt wohl mehr in seiner Eigenschaft als Lehrmeister großer Musiker wie Berlioz, Charles Gounod oder Franz Liszt. Seine mehrbändige Kompositionslehre, die in mehrere Sprachen übersetzt wurde, hatte großen Einfluss auf Generationen von Musikern.

Im Jahr 2020 konnte man den 250. Geburtstag des in Prag geborenen Komponisten begehen. Der amerikanische Pianist mit serbischen Wurzeln Ivan Ilić hat diesen runden Geburtstag zum Anlass genommen, sich intensiv mit Reichas Werken für Klavier solo auseinanderzusetzen und diese Interpretationen auch für die Schallplatte einzuspielen. Für die bereits dritte CD dieses Projekts wählte Ilić „L’Art de varier ou 57 Variations pour le piano op. 57“. Diese 57 Variationen entstanden 1803 bis 1804, also während der Jahre die Anton Reicha in Wien verbrachte, und später selbst als seine inspirierteste als Komponist bezeichnete, obwohl er in späteren Jahren seine größten Erfolge in Paris feierte. „CD-Tipp: Reicha rediscovered  Vol. 3
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Albéric Magnards hinreißende „Orchestral Works“ auf CD – Rettet ihn vor dem Vergessenwerden!

CD Besprechung: Albéric Magnard, „Orchestral Works“
Naxos, DDD, 2017-2019

von Dr. Holger Voigt

Das erhalten gebliebene musikalische Oeuvre des weitgehend unbekannten Komponisten besteht aus noch nicht einmal dreißig Werken. Ein großer Teil seiner Arbeiten fiel den Flammen zum Opfer, in denen auch der Leichnam des Komponisten verbrannte, nachdem er von einer deutschen Patrouille erschossen worden war, die im Begriff war, sein Anwesen zu konfiszieren. Die Soldaten trafen auf einen wehrhaften Patrioten, der nicht davor zurückschreckte, mit Waffengewalt gegen die Besatzer vorzugehen. Das passierte am 3. September 1914 in seinem 49. Lebensjahr (Baron, Department Oise, Frankreich). „CD Besprechung: Albéric Magnard, „Orchestral Works““ weiterlesen

Aus der Jugendzeit eines Genies

CD-Rezension: Mendelssohn Project Vol. 1
MDG 9122193-6

String Symphonies 1-3
Piano Concerto A-minor

Herbert Schuch piano
Dogma Chamber Orchestra
Mikhail Gurewitsch concertmaster

von Peter Sommeregger

Unter den großen Komponisten des 19. Jahrhunderts, zu denen Felix Mendelssohn Bartholdy zweifelsfrei gehört, zählt er zu den seltener Aufgeführten. Angesichts der Reichhaltigkeit und des Facettenreichtums seines Oeuvres eigentlich schwer verständlich. Mag sein, dass die Ächtung seiner Musik durch den Nationalsozialismus und den dadurch entstandenen Bruch in seiner Rezeptionsgeschichte immer noch nachwirkt.

Da erfreut es besonders, am Cover dieser neuen CD „Mendelssohn Project Vol. 1“ zu lesen. Offenbar ist eine Reihe von Veröffentlichungen geplant, deren erste CD nun vorliegt und sogleich durch die Frische und Authentizität der Interpretationen besticht. „CD-Rezension: Mendelssohn Project Vol.1, Herbert Schuch, Dogma Chamber Orchestra, Mikhail Gurewitsch“ weiterlesen

Skurrile Belcanto-Ausgrabung: "Matilde di Shabran" vom Festival Rossini in Wildbad

CD-Rezension: Gioachino Rossini, „Matilde di Shabran“
NAXOS 8.660492-94

Górecki Chamber Choir
Passionart Orchestra
José Miguel Pérez-Sierra, Dirigent

von Peter Sommeregger

Diese Oper fällt in die reife Schaffensphase des Komponisten, die er bereits mit weniger als dreißig Lebensjahren erreicht hatte. Geschrieben für ein römisches Theater gehört sie allerdings nicht zu den häufig gespielten Werken des produktiven Opernkomponisten, dem wir über vierzig Opern verdanken. „CD-Rezension: Gioachino Rossini, „Matilde di Shabran“, José Miguel Pérez-Sierra, Passionart Orchestra“ weiterlesen

Zu viel der Vielfalt

Sopranistin Pia Davila, Foto: © Andrej Grilc

CD-Rezension: PIA DAVILA, O Luna mia
GENUIN GEN 21715

Werke von Merula, Romano, Debussy and Seilova

Pia Davila, Sopran
Eric Schneider, Piano
Andreas Nachtsheim, Laute

von Peter Sommeregger

Die 1988 in Berlin geborene Sopranistin Pia Davila legt mit „O Luna mia“ ihr erstes Album vor. Das Konzept dafür ist ausgesprochen eigenwillig, schließt es doch Kompositionen der Renaissance, des Impressionismus und schließlich der Gegenwart ein. „CD-Rezension: PIA DAVILA, O Luna mia“ weiterlesen

Keine CD-Empfehlung: Greller die Glocken nie klingen – Jonas Kaufmanns Weihnachts-Overkill

Klassik vom Feinsten: Die 25 meistgelesenen Beiträge auf Klassik begeistert (1)

Der Beitrag von Peter Sommeregger, Berlin, über die Weihnachts-CDs von Jonas Kaufmann ist der – mit großem Abstand – am meisten gelesene Artikel auf klassik-begeistert.de – obwohl er erst seit 2 Monaten und einer Woche im Netz ist.

3600 Beiträge haben wir als größter Klassik-Blog in Deutschland, Österreich und der Schweiz (google-Ranking) in den vergangenen viereinhalb Jahren veröffentlicht. Jetzt präsentieren wir die 25 meistgelesenen Opern- und Konzertberichte, Interviews, Klassikwelten und Rezensionen – jene Beiträge, die Sie seit Juni 2016 am häufigsten angeklickt haben. Wir wünschen viel Freude beim „Nachblättern“.

„Es geht einem wie bei der Weihnachtsbäckerei: eine zu große Dosis erzeugt Sodbrennen.“

„Niemand kann alles, aber um den Beweis dafür zu erbringen hätte Jonas Kaufmann nicht 42 Weihnachtslieder einspielen müssen. Ein Aufkleber auf dem Album lautet “Jonas Kaufmanns erstes Weihnachtsalbum“. Das klingt ganz nach Plänen für ein weiteres. Bitte nicht!“

1 – CD-Besprechung Jonas Kaufmann: it’s Christmas!
(2 CDs – SONY 19439786762)

von Peter Sommeregger

Seit der Erfindung der Schallplatte haben viele berühmte Sänger auch Weihnachtslieder aufgenommen, und damit ihre Popularität gesteigert, mit guten Verkaufszahlen als erfreulichem Nebeneffekt. Ich besitze eine etwa 1910 aufgenommene Schellackplatte der legendären Mezzo-Sopranistin Ernestine Schumann-Heinck, auf der sie das traditionelle „Stille Nacht“ mit einer Inbrunst singt, die ihre Interpretation zu einem Ereignis macht.

Es verwundert nicht, dass der gegenwärtig bekannteste Tenor der Welt, Jonas Kaufmann, nun ebenfalls dieses lukrative Marktsegment bedient. Das ist sein gutes Recht, und viele, viele Fans werden dieses Doppelalbum zu einem akustischen Blockbuster machen. Die Intervalle zwischen Kaufmanns CD-Produktionen werden allerdings immer kürzer und die Titel nähern sich immer weiter dem Crossover-Bereich. Ganz offensichtlich soll hier die Kuh gemolken werden, solange sie Milch gibt. Dem Tenor, der  aktuell sein Tristan-Debüt vorbereitet, würde man aber vielleicht ein bisschen mehr Besinnung auf Wesentliches wünschen. Der großartige Tenor Rudolf Schock, der seinen guten Ruf durch Dauerpräsenz in seichten Fernsehshows und Operetten ruinierte, sollte Kaufmann ein warnendes Beispiel sein. „Klassik vom Feinsten: Die 25 meistgelesenen Beiträge auf Klassik begeistert (1)“ weiterlesen