Wenn ein Jugendorchester die Spitzenorchester vorführt

Jae Hong Park © Tiberio Sorvillo und Luca Guadagnini

Wolkenturm, Grafenegg, 18. August 2022

Hannah Kendall: „Nexus” (österreichische Premiere)

Sergej Rachmaninow: Rhapsodie über ein Thema von Nicolò Paganini für Klavier und Orchester op. 43

Igor Strawinski: „Le Sacre du Printemps“

Jae Hong Park, Klavier
European Union Youth Orchestra
Gianandrea Noseda, Dirigent

von Herbert Hiess

Dieses Konzert war der lebende Beweis dafür, welchen Einfluss ein Dirigent auf ein Orchester haben kann. Am 6. August war das Jugendorchester unter einem anderen Dirigenten hier zu hören, wo der Gesamteindruck eher mittelmäßig war.

An diesem Abend unter Maestro Noseda konnten die Musiker wahrhaft brillieren – zumal mit Strawinskis „Sacre“ eines der kompliziertesten Werke der Orchesterliteratur zu hören war.

Gianandrea Noseda, Dirigent (c) Sherman

Hier waren Noseda und die jungen Musiker voll in ihrem Element. Sowohl im Gesamtklang als auch bei den solistischen Einzelleistungen (hervorzuheben vor allem Schlagwerk, Fagott und Horn) war das Orchester den sogenannten Spitzenorchestern mehr als ebenbürtig. Ist das Werk auch enorm besetzt – so wird von der fünften Flöte auch eine Altflöte gespielt. So nebenbei bestärkt es auch die Hoffnung, dass so quasi der künstlerische Nachwuchs gesichert ist – hier können die Orchestermanager aus dem Vollen schöpfen. „European Union Youth Orchestra, Dirigent Gianandrea Noseda
klassik-begeistert.de“
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Wenn das Wetter dem Sommerfestival gnädig ist!

© Studio Iris – Grafenegg Kulturbetriebsges.m.b.H.

Schade, dass sang- und klanglos zwei Nummern einfach nicht gespielt wurden; so hätte beispielsweise die Trompeterin Selina Ott bei Dulcamaras Arie „Udite, o rustici“ das Trompetensolo locker spielen können. Und das Duett Zerlina-Don Giovanni aus Mozarts gleichnamiger Oper wäre beiden Sängern mehr als „auf den Leib geschrieben“ gewesen. Schade um diese verpassten Gelegenheiten!

Grafenegg, Wolkenturm, 24. Juni 2022

Werke von Leonard Bernstein, Wolfgang A. Mozart, Gioachino Rossini, Vladimir Peskin, Charles Gounod

Solisten: Marlis Petersen, Erwin Schrott, Selina Ott

Tonkünstler Orchester Niederösterreich
Yutaka Sado, Dirigent

von Herbert Hiess

Mit dieser Sommernachtsgala 2022 begann das 15. Jahr des musikalischen Sommerreigens in der fantastischen Location Grafenegg, wo schon allein der Wolkenturm als „Open-Air-Bühne“, das Auditorium und das Schloss ein gebäudemäßiges Gesamtkunstwerk bilden.

Im Übrigen hörte man bei den einleitenden Worten von Landeshauptfrau Mikl-Leitner und Intendanten Buchbinder, dass aktuell die Reitschule (das war früher beim Schloss der Konzertsaal) umgebaut wird und danach als „Rudolf-Buchbinder-Saal“ eingeweiht wird.

Die Sommernachtsgala ist hier im Weinviertel immer ein Kultur- und Society-Event; hier lassen sich immer viele Prominente (und die sich dafür halten), Politiker und Kulturverantwortliche blicken, photographieren und hofieren.

Dieses Mal war es leider viel mehr ein Society-Ereignis als ein Kultur-Ereignis; da dürfte viel zusammengekommen sein. Einerseits waren die Proben teilweise heftig verregnet und auch für den aktuellen Abend schwebte immer das Damoklesschwert der Gewitterwolken über dem Wolkenturm. Aber das schöne Wetter hatte durchgehalten und somit stand der reibungslosen Abwicklung des Programmes nichts mehr im Wege. „Tonkünstler Orchester Niederösterreich Yutaka Sado, Dirigent
Grafenegg, Wolkenturm, 24. Juni 2022“
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Finaler Konzertreigen in Grafenegg... meisterhaft!

Ein gelungenes Finale zum 15-jährigen Jubiläum von Grafenegg – mögen noch viele solche Jahre folgen!

Grafenegg Festival 2021
Konzert am 3. September 2021 im Wolkenturm, Grafenegg

Dmitri Schostakowitsch: Konzert für Violoncello und Orchester Nr. 1 in Es-Dur, op. 107
Johannes Brahms: Symphonie Nr. 1 in c-moll op. 68
Münchner Philharmoniker
Valery Gergiev, Dirigent

von Herbert Hiess

Das Grafenegg-Festival 2021 ging mit einem Block von vier hervorragenden Konzerten zu Ende, wo neben Herbert Blomstedt mit den Wienern auch zweimal Valery Gergiev mit seinen Münchnern und das Orchester der Mailänder Scala mit Orozco-Estrada auftraten.

Gergiev II mit Tschaikowsky und Bruckner und Orozco-Estrada mit Strauss und Brahms waren ausgezeichnet; wenn auch nicht überbordend. Gergiev war bei diesem Programm zwar wie immer klar strukturiert und mit dem großartigen Geiger Leonidas Kavakos wurde ein prächtiges Tschaikowsky Violinkonzert dargeboten. Leider war der Bruckner nicht so exzellent, wie man es von Gergiev gewohnt ist. Ähnlich war es bei Orozco-Estrada. Das Orchester war ganz exzellent – und das in jeder Instrumentengruppe. Bei Richard Strauss’ Opus „Vier letzte Lieder“ sang Renée Fleming leider relativ wortundeutlich und ließ ihr sonst wunderschöne Stimmkultur etwas vermissen. Und auch Orozco-Estrada ließ bei Brahms 2. die Emotionen vermissen. Vor allem im zweiten Satz „Adagio non troppo“ war die als Feuer getarnte Hektik recht zu spüren. Schade, dass hier keine Emotionen zu spüren waren. „Münchner Philharmoniker, Valery Gergiev
Grafenegg Festival 2021 Konzert am 3. September 2021 im Wolkenturm, Grafenegg“
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Herbert Blomstedt: 94… und kein bisschen leise

Grafenegg Festival 2021
Konzert am 2. September 2021 im Wolkenturm, Grafenegg

Franz Schubert: Symphonie Nr. 7 in h-moll D 759
Anton Bruckner: Symphonie Nr. 4 in Es-Dur „Romantische“
Wiener Philharmoniker
Herbert Blomstedt, Dirigent

von Herbert Hiess

… auch wenn der Titel dieses Liedes etwas abgedroschen klingt; bei Herbert Blomstedt passt es auf alle Fälle. Der am 11. Juli 1927 (!) als Sohn schwedischer Eltern in den USA geborene Dirigent ist in vieler Hinsicht ein Phänomen.

Offenbar muss der Mann genetische Eigenschaften wie ganz wenige Menschen haben. Er dirigiert das Konzert mit einem gewaltigen Programm auswendig, steht dabei die ganze Zeit und bewegt sich am Pult wie ein weitaus jüngerer Mann. Gerade noch beim Auftritt könnte man aufgrund der Motorik sein höheres Alter erahnen; sicher aber keine 94 Jahre. „Grafenegg Festival 2021, Wiener Philharmoniker, Herbert Blomstedt
Konzert am 2. September 2021 im Wolkenturm, Grafenegg“
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Hügelwanderung statt Gipfelsturm

European Union Youth Orchestra. Foto: © Nancy Horowitz

 European Union Youth Orchestra

Konzert am 7. August 2021 im Wolkenturm, Grafenegg

Alban Gerhardt, Violoncello
Pablo Heras-Casado, Dirigent

Konzert am 19. August 2021 im Wolkenturm, Grafenegg

Jess Gillam, Altsaxophon
Vasily Petrenko, Dirigent

von Herbert Hiess

Zuletzt fast genau vor fünf Jahren war das European Union Youth Orchestra in Grafenegg unter dem phänomenalen Bernard Haitink am selben Ort im Wolkenturm zu hören, wobei man heute noch von diesen Eindrücken zehren kann. „ European Union Youth Orchestra,
Wolkenturm Grafenegg 2021“
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Verdis Totenmesse eröffnet Grafenegg als Corona-Fragment

Grafenegg Wolkenturm. Foto: © Klaus Vyhnalek

Eröffnungskonzert Grafenegg-Festival 2021
Wolkenturm, 13. August 2021

Krassimira Stoyanova, Sopran
Clémentine Margaine, Mezzosopran
Piotr Beczała, Tenor
René Pape, Bass

Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Dirigent: Yutaka Sado

von Herbert Hiess

Wenn die Landessanitätsdirektion Niederösterreich ins Kulturgeschehen eingreift, bleibt kein Stein auf dem anderen. Ein Mitglied des Wiener Singvereins wurde trotz doppelter Corona-Schutzimpfung positiv auf das Virus getestet – demnach hätte der Chor mit Mund-Nasenschutz singen müssen. Also hat diese Landessanitätsdirektion nun die Mitwirkung des Chores untersagt. „Eröffnungskonzert Grafenegg-Festival 2021, Verdi, Requiem“ weiterlesen

Grafenegg: Wenn der Moderator zum Stimmungskiller wird

Gesanglich rettete Anita Hartig als Einspringerin den Abend, die schon im Mozartteil mit der furiosen Arie der Donna Elvira aus „Don Giovanni“ brillierte.

Foto: Anita Hartig © Hollywood Bowl

Fake News
Grafenegg, Wolkenturm
, 10. Juli 2021

Werke von Mozart, Cherubini, Rossini, Verdi, J. Strauß, George Gershwin, Leonard Bernstein u.a.

Daniela Fally, Sopran
Anita Hartig, Sopran
Peter Kirk, Tenor
Markus Werba, Bariton
Christoph Wagner-Trenkwitz, Moderation
Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Dirigentin: Karen Kamensek

von Herbert Hiess

Schon Ludwig Wittgenstein hat in seinem „Tractatus logico-philosophicus“ den berühmten Stehsatz „Worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen“ gesetzt. Diesen Satz hätte sich an diesem Abend in Grafenegg auch der Moderator, Christoph Wagner-Trenkwitz (CWT), hinter die Ohren schreiben mögen.

Man hatte ein kräftiges Déjà-vu mit dem Konzert von 2018 (https://www.evolver.at/musik/grafenegg_festival_20181008/), bei dem CWT mehrmals in die Peinlichkeitenfalle gestolpert war. Natürlich weiß der Chefdramaturg der Volksoper Wien und Buchautor sehr viel und hat schon viel gesehen und gehört. An diesem 10. Juli 2021 hat er sich mühelos übertroffen – dies hier deutlich zu erklären, verbietet nicht zuletzt auch die Höflichkeit.

Zur musikalischen Qualität des Konzertes, die auch unter der Moderation des CWT litt und insgesamt recht bescheiden war. Da war einerseits die Dirigentin Karen Kamensek, die vielleicht gute Ideen und Ansätze hatte (vor allem in der „Così fan tutte“-Ouvertüre), die aber im weiteren Konzertverlauf von Nummer zu Nummer weniger wurden, bis sie dann überhaupt nicht mehr vorhanden waren. Da wurde weder auf Klangsinnlichkeit noch auf Phrasierung geachtet. Offenbar war es das Ziel, das Konzert „zwischenfallfrei“ über die Bühne zu bringen.  Das Orchester klang (vor allem im amerikanischen Teil) oftmals eher blechern und zu kompakt; was aber durchaus an der Verstärkung durch die Lautsprecher gelegen haben könnte. Dies und auch einige „Wackler“ (vor allem bei Cherubini) waren aber vielleicht auch durch Probenmangel verursacht. „Fake News, Konzert
Grafenegg, Wolkenturm, 10. Juli 2021“
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Ein Klangkörper und zwei Welten: Wie Dirigenten ein Orchester beeinflussen können

Grafenegg Festival (Foto (c)), Konzert am 3. September 2020
Ludwig van Beethoven Ouvertüre zum Trauerspiel „Coriolan“ op. 62
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 in G-Dur op. 58
Symphonie Nr. 2 in D-Dur op. 36
Rudolf Buchbinder, Klavier
Wiener Philharmoniker
Gustavo Dudamel, Dirigent

https://www.grafenegg.com/de/programm-tickets/gustavo-dudamel-und-die-wiener-philharmoniker

Konzert am 5. September 2020
Ludwig van Beethoven:
„Leonore“-Ouvertüre Nr. 3 op. 72b
Symphonie Nr. 3 in Es-Dur op. 55 „Eroica“
Wiener Philharmoniker
Franz Welser-Möst, Dirigent

von Herbert Hiess

Das „spezielle“ Grafenegg-Festival 2020 schloss sozusagen mit einem „Philharmoniker-Block“ ab. Für den Abschluss konnte das Meisterorchester gewonnen werden, das sich im Abstand von nur zwei Tagen komplett unterschiedlich präsentierte. Die Konzerte standen auch voll im Zeichen des musikalischen Jahresregenten Ludwig van Beethoven.

Beim ersten Konzert unter dem venezolanischen Stardirigenten Gustavo Dudamel konnte man eine veritable Sternstunde erleben. Trotz der eher geringen Probenzeit gelang dem Latino-Maestro mit dem Orchester ein Höhenflug, wie man ihn selten erlebt. „Grafenegg Festival, Rudolf Buchbinder, Wiener Philharmoniker, Gustavo Dudamel, Franz Welser-Möst
Grafenegg, 3. und 5. September 2020“
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Wo sich die Stars die Klinke in die Hand geben

Foto: Wolkenturm Grafenegg © Alexander Haiden

Grafenegg-Festival, 27. – 30. August 2020

von Herbert Hiess

Positive Ereignisse findet man auch während der Corona-Krise – vor allem in Grafenegg. Das Team um Rudolf Buchbinder hat offenbar mit „Knochenarbeit“ ein den Umständen entsprechendes ambitioniertes Programm gestaltet. Und man erlebt als Konzertbesucher Veranstaltungen, die es unter „normalen“ Umständen niemals gegeben hätte. „Wo sich die Stars die Klinke in die Hand geben,
Grafenegg-Festival 2020“
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Wenn es laut kracht in der Nacht – Ein Opernabend in Grafenegg

Foto: Piotr Beczala © Julia Wesely

„Nach den Schlussverbeugungen des Dirigenten kam Herr Beczala wieder aufs Podium und verzauberte das Auditorium mit einem glanzvollen „Nessun Dorma“ aus Puccinis „Turandot“ – tatsächlich einer der Höhepunkte des Abends. Und das Publikum freute sich, dass es den Chorteil vor dem hohen h mitsingen und mitsummen durfte.“

Grafenegg, 20. August 2020

Piotr Beczala, Tenor

Tonkünstler-Orchester Niederösterreich
Sascha Goetzel, Dirigent

von Herbert Hiess

Das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich hat an diesem Abend eindrucksvoll bewiesen, wie wechselhaft es ist und wie sehr es tatsächlich von einem Dirigenten abhängig ist, der ihnen sagt, wie sie spielen und klingen sollen. „Piotr Beczala, Tonkünstler-Orchester Niederösterreich, Sascha Goetzel,
Grafenegg, 20. August 2020“
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