Lieses Klassikwelt 35: Händel

Foto: © Internationale Händel-Festspiele Göttingen

„Unter dem warmen Schein echter Kerzen und Dekorationen malerischer Landschaftsbilder à la Watteau verwandelte die Regisseurin Sigrid T’Hooft das Göttinger Theater in ein barockes Opernhaus. In prächtigen Roben und stark gepudert bewegten die Sängerinnern und Sänger anmutig ihre Arme wie es zu Händels Zeiten üblich war.“

von Kirsten Liese

Die Göttinger Händelfestspiele haben seit Jahren einen festen Platz in meinem Terminkalender. Das hat mit der genialen Musik zu tun, mit der exquisiten musikalischen Einstudierung, derer man sich an diesem Ort gewiss sein kann und einem überwiegend guten Geschmack, was die Inszenierungen betrifft.

Umso mehr schmerzt es mich, dass ausgerechnet die diesjährige Ausgabe zum 100-jährigen Bestehen Corona zum Opfer fällt, die eine ganz besondere werden sollte: Alle sämtliche 42 (!) Opern waren erstmals in der Geschichte dieses Festivals in unterschiedlichen Formaten anberaumt – ein gigantisches Vorhaben. Am 20. Mai sollte Rodelinda den Auftakt geben. „Lieses Klassikwelt 35: Händel“ weiterlesen

Lieses Klassikwelt 34: Kultur mit Maske

Bild: Sumanley xulx auf Pixabay (Ausschnitt)

„Auf die Idee, Sänger oder Schauspieler mit Mundschutz auftreten zu lassen, wird wohl hoffentlich niemand kommen. Zwar ist die Maskerade so alt wie das Theater selbst, aber wer sich in Opern oder Operetten wie Don Giovanni, Ein Maskenball, Fledermaus oder Eine Nacht in Venedig maskiert, tut dies, um sein Gesicht zu verbergen und nicht erkannt zu werden.“

von Kirsten Liese

Allmählich erwacht die Kultur wieder zum Leben. Museen dürfen öffnen, in Nordrhein-Westfalen sollen ab 30. Mai voraussichtlich Kinos und Theater wieder aufmachen dürfen – Das alles freilich nur unter den bekannten, hohen Sicherheitsauflagen.

Derzeit arbeiten viele Kreative an Konzepten, wie das neue Kulturleben aussehen könnte. Auch ich mache mir da spekulativ so meine Gedanken. „Lieses Klassikwelt 34: Kultur mit Maske“ weiterlesen

Lieses Klassikwelt 33: Schule

„Ich weiß, wovon ich rede, habe ich doch selbst Schulmusik studiert und mein Referendariat schon anno 1991 nach einem halben Jahr abgebrochen. Bis heute habe ich diesen Schritt nicht  bereut.“

von Kirsten Liese

Am Montag öffnen neben größeren Geschäften und Friseuren wieder die Schulen. Es wäre wohl allzu schön, wenn damit auch die mannigfachen Probleme, die das deutsche Bildungssystem schon lange vor dem Shutdown belasteten, hinweggefegt wären. Aber dem wird vermutlich nicht so sein. Wie auch? Eine Besinnung über all die Dinge, die im Argen liegen, hat in Zeiten von Corona nicht stattgefunden. Schon allein deswegen, weil es unter den Verantwortlichen an starken Persönlichkeiten fehlt und an einem politischen Willen der tiefgreifenden Veränderung.

Über kurz oder lang werden uns die alten Probleme, über die ich heute noch einmal sinnieren möchte, deshalb wieder einholen. Fangen wir mit dem triftigsten an: dem erschreckend niedrig gewordenen Bildungsstandard. Ob einfachste Bewerbungstests in Wirtschaft oder Verwaltung: Immer häufiger ließen sich in den vergangenen Jahren Klagen vernehmen, dass deutsche Abiturienten sich mit Mathematikaufgaben ebenso schwer tun wie mit der Rechtschreibung, wiewohl diese doch schon über Reformen vereinfacht wurde, oder mit Aufgaben, in denen es darum geht, einfache Zusammenhänge zu erfassen. Von Allgemeinbildung reden wir erst gar nicht. „Lieses Klassikwelt 33: Schule
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Lieses Klassikwelt 32: Klassiker Eiskunstlaufen

Foto (2014) wikipedia.de (c) – Katarina Witt (* 3. Dezember 1965 in Falkensee), ehemalige deutsche Eiskunstläuferin, die im Einzellauf für die DDR und nach der deutschen Einheit für Deutschland startete. Sie wurde zweimal Olympiasiegerin (1984, 1988) und mehrfach Weltmeisterin (1984, 1985, 1987, 1988). Seit Beendigung ihrer Karriere ist sie als Schauspielerin und Moderatorin tätig.

„Ein Abstand von zwei Metern im Paarlauf oder beim Eistanzen scheint absurd. Hebungen, Todesspiralen und Berührungen jeglicher Art ließen sich dann nicht mehr realisieren. Werden diese Disziplinen überleben? Erzwingt Corona eine Reduktion auf die Einzelkonkurrenz der Damen und Herren? Oder steht womöglich der gesamte Eiskunstlauf vor dem Aus? Derzeit türmen sich wie in der Kultur nur Fragen über Fragen. Und die Antworten will man sich am besten gar nicht ausmalen.“

von Kirsten Liese

Fußball, internationale Messen oder das Münchner Oktoberfest, das sind wohl die einzigen Großveranstaltungen, die in den Medien im Kontext mit Corona zur Sprache kommen.

Die Frage, ob und wann Kinos, Theater und Opernhäuser wieder ihren Spielbetrieb aufnehmen könnten, stellt dagegen kaum einer im deutschen Fernsehen. Das stimmt traurig und ist eigentlich doch kaum verwunderlich vor dem Hintergrund, dass das Gros der Deutschen an der Hochkultur gar nicht partizipiert. „Lieses Klassikwelt 32: Eiskunstlaufen
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Lieses Klassikwelt 31: Anja Silja

von Kirsten Liese

Zuletzt sah ich sie 2014 auf der Bühne. In einer Produktion der Oper Frankfurt verkörperte Anja Silja die Mumie in Aribert Reimanns  Gespenstersonate nach dem gleichnamigen Kammerspiel von August Strindberg. Aus einer kleinen Rolle wurde da eine ganz große, mit starker Bühnenpräsenz demaskierte die grandiose Sängerdarstellerin eine in Lebenslügen gefangene Gesellschaft. Es war die letzte unter zahlreichen Charakterrollen, die Jahrzehnte zuvor schon ihre Kollegin Martha Mödl auf ihre alten Tage gesungen hatte, die ihr noch fehlte.

Die gebürtige Berlinerin Silja ist in jeder Hinsicht eine Ausnahmesängerin. Dies allein schon im Hinblick auf ihre singuläre lange Karriere von mehr als 55 Jahren (!) und dem Umstand, dass sie dank ihrer guten Technik schon in jungem Alter in der Lage war, hoch anspruchsvolle Partien wie Brünnhilde, Königin der Nacht, Isolde, Salome und Elektra zu meistern.  Kaum ein Kritiker, der  in den 1960er Jahren streng mit ihr ins Gericht ging, wenn sie einmal – bedingt durch die physischen Anstrengungen – eine Spur zu tief oder eben nicht so vollendet sang wie eine Birgit Nilsson, hätte das wohl für möglich gehalten. Einige prophezeiten ihr das rasche Ende ihrer Laufbahn. Und sollten sich gewaltig täuschen: Allein mit Wieland, ihrem Mentor, Liebhaber und Freund, erarbeitete sie in nur fünfeinhalb Jahren 36 (!) Inszenierungen. „Das wird es auf der Welt nicht wieder geben. Die Kraft lag in der Beziehung – für keinen anderen Regisseur auf der Welt hätte ich das gemacht“, sagte sie mir bei einer unserer persönlichen Begegnungen anlässlich der Vorbereitungen zu meinem Büchlein „Wagnerheldinnen“. „Lieses Klassikwelt 31: Anja Silja“ weiterlesen

Lieses Klassikwelt 30: Operntunten

Foto: Rosa von Praunheim, (c) meucinediario.wordpress.com

von Kirsten Liese

Manchmal weiß man nicht, wozu etwas gut ist. Ursprünglich hat der Regisseur Rosa von Praunheim seinen jüngsten Film „Operndiven- Operntunten“ über schwule Opernenthusiasten ins Kino bringen wollen. Aber weil sich bislang noch nicht das geeignete Festival oder der passende Verleih fand, kommt er jetzt erstmal „nur“ ins Fernsehen. In Corona- Zeiten erscheint das als ein Segen, so können wir ihn wenigstens sehen, die Kinos sind ja bis auf weiteres geschlossen, und wer weiß, wann sie wieder aufmachen?

Ich wurde auf den Film schon vor längerer Zeit aufmerksam, da mein Kollege und Freund Tilman Krause, Feuilletonredakteur bei der „Welt“, als einer der Protagonisten hervortritt. Wie der Zufall uns 1990 als Referendare an einem Charlottenburger Gymnasium in Berlin zusammenführte, als Tilman sich weiland schon als freier Literaturkritiker beim „Tagesspiegel“ einen Namen machte, darüber in einer weiteren Klassikwelt mehr. Jedenfalls haben wir uns in schwierigen Zeiten unseren kritischen Geist bewahrt, was sich etwa auch darin ausdrückt, dass Tilman mich anderen Freunden und Bekannten  als „scharfzüngigste Musikkritikerin Deutschlands“ vorstellt. „Lieses Klassikwelt 30: Operntunten
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Lieses Klassikwelt 29: Bayreuth-Absage - der Supergau

Ich kam damals viele Jahre lang in der Pension Zum Edlen Hirschen ganz in der Nähe der Villa Wahnfried unter, und zu meinem festen Ritualen zählte es, dass ich mit dem Hund der Wirtin, der mich tatsächlich jedes Jahr wiedererkannte, nach dem Frühstück im benachbarten Hofpark der Villa Wahnfried Gassi ging. Terry hieß das süße Kerlchen, das immer so dankbar war, dass sich jemand mit ihm beschäftigte, dass ich meine Spaziergänge oftmals ausdehnte.

von Kirsten Liese
Foto: Katharina Wagner, azonline (c)

Die Absagen mehren sich zu einem gigantischen Ausmaß. Fast täglich gibt ein Musik- oder Filmfestival bekannt, dass es nicht stattfinden kann oder verschoben wird. Nach den Salzburger und Baden-Badener Osterfestspielen, den Göttinger Händelfestspielen oder auch dem britischen Aldeburgh Festival trifft es nun auch Bayreuth.

Noch kürzlich hatte sich Katharina Wagner optimistisch gegeben und war davon ausgegangen, dass die Richard-Wagner-Festspiele stattfinden werden. Aber nun, wo die Proben hätten anfangen sollen, erschien die Gesamtlage wohl doch zu vage.

Ich will diesen „Supergau“, wie Katharina Wagner diesen Ausfall bezeichnete, zum Anlass nehmen, ein paar Impressionen aus der Geschichte dieses traditionsreichen Festivals zusammenzutragen. „Lieses Klassikwelt 29: Bayreuth-Absage – der Supergau
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Lieses Klassikwelt 28: Fidelio

Foto: Jonas Kaufmann als Fidelio am Royal Opera House (c) in London

Tatsächlich habe ich aber Jonas Kaufmann einmal als Florestan live erlebt, das war 2010  beim Luzern Festival in einer konzertanten Aufführung unter Claudio Abbado. Damals stand der Tenor im Zenit seines Könnens, ließ seinen ersten Ton in seinem „Gott, welch Dunkel hier“ gefühlt fünf Minuten lang auf einem Crescendo anschwellen, dass es einem kalt den Rücken herunter lief. So habe ich das nie wieder gehört. Ob er das heute auch noch so bringen kann? Die letzten Male, die ich ihn hörte, beispielsweise 2018 in München als  Parsifal,  hatte seine stimmliche Präsenz hörbar nachgelassen. Aber seinen jüngsten Florestan können nur die beurteilen, die in einer der Londoner Aufführungen waren.

von Kirsten Liese

Im Beethoven-Jahr liegt eine Konjunktur der einzigen Oper des Komponisten nahe. Ich muss allerdings gestehen, dass mich ungeachtet der Corona-Krise nicht eine der zahlreichen geplanten Produktionen hinter dem Ofen hervorgelockt hat. Am wenigsten wohl die der Wiener Staatsoper Ende Januar, die sich zu der blödsinnigen Idee verstieg, die Urfassung mit neuen Texten von Moritz Rinke zu präsentieren. Sie wurde prompt ein großer Reinfall. „Lieses Klassikwelt 28: Fidelio
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Lieses Klassikwelt 27: Musik heilt

von Kirsten Liese

In Krisenzeiten ist der Hunger auf Kultur groß. Manche Ältere unter Ihnen erinnern sich vielleicht noch an die langen Schlangen vor den Kinos oder dem Berliner Titania Palast nach Kriegsende – Bilder, die für mich Geschichte sind, ich kenne sie zum Glück nur aus alten Wochenschauen. In heutigen Zeiten des Ausnahmezustands belegt das große Interesse an den vielfach angebotenen Streaming-Angeboten von Opernhäusern und Konzertveranstaltern nicht minder die Bedeutung von Musik als Seelen- und Nervennahrung. Manchmal entfaltet sie sogar Heilkräfte, die an ein Wunder grenzen. Von solchen Fällen will ich heute anhand dreier außergewöhnlicher Künstler-Persönlichkeiten erzählen. „Lieses Klassikwelt 27: Musik heilt
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Lieses Klassikwelt 26: Zeit zum Üben

von Kirsten Liese

Lange habe ich über meine journalistische Arbeit mein Klavierspiel vernachlässigt. Das hat mich oft sehr bekümmert, denn bekanntlich verliert sich das, wenn man nicht mehr übt.

Die Corona-Krise bringt es mit sich, dass ich immerhin dafür nun wieder Zeit finde.

Ausgesucht habe ich mir zunächst zwei  meiner Lieblingsstücke: Bachs Choral  Jesus bleibet meine Freude   aus der Kantate Herz und Mund und Tat und Leben und das A-Dur Intermezzo von Johannes Brahms op.118. „Lieses Klassikwelt 26: Zeit zum Üben
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