Lieses Klassikwelt 25: Ohne Publikum

Foto: Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Credits: Staatsoper Unter den Linden / Marcus Ebener

„Was, wenn solche Notlösungen Schule machten und aus Sicherheitsgründen in Zukunft nur noch solche – nennen wir sie mal Online-Aufführungen – im Angebot stünden? Wenn echte Aufführungen mit Publikum auf einmal für immer der Vergangenheit angehören würden?“

von Kirsten Liese

In der Kultur herrscht Ausnahmezustand. Bühnen, Konzerthäuser und teilweise auch Museen in ganz Europa sind wegen Corona geschlossen. Die Berliner und Wiener Philharmoniker trifft das gleichermaßen wie Opernhäuser in Berlin, Hamburg, München, Frankfurt oder Wien sowie die Elbphilharmonie, den Wiener Musikverein oder den Prado in Madrid. Und ganz besonders natürlich die Bühnen in Italien, dem Land in Europa, das derzeit noch am stärksten von dem Virus betroffen ist. Auch die Osterfestspiele Salzburg oder die Diagonale in Graz sagen notgedrungen ab. „Lieses Klassikwelt 25: Ohne Publikum
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Lieses Klassikwelt 24: Russland

Eine Frage beschäftigte mich, als ich nun an seinem Grab stand: Was hatte den Humanisten Rostropowitsch, der aus politischen Gründen die Sowjetunion verlassen hatte und als einer der ersten Künstler nach der Wiedervereinigung an der Berliner Mauer Bach spielte, dazu bewogen, am Ende seines Lebens doch wieder nach Moskau zurückzukehren?

von Kirsten Liese

Zu Russland habe ich eine besondere Beziehung. Es mag damit zu tun haben, dass meine Großeltern mütterlicherseits aus dem Baltikum, heute Lettland und Estland, kamen und schon eine besondere Affinität zur russischen Sprache und Kultur mitbrachten. Meine Großmutter kam aus einer adeligen Familie in Riga, mein Großvater, der als Dolmetscher in russischer Kriegsgefangenschaft überlebte, aus Dorpat.

Schon in meiner Jugend und Studienzeit las ich die großen Romane von Tolstoi und Dostojewski, im Theater zog es mich in die Stücke von Tschechow, zudem faszinierten mich die sowjetischen Künstler beim Eiskunstlaufen, denen man ihre profunde Ballettausbildung im künstlerischen Ausdruck anmerkte. Vielleicht war es auch ein bisschen die eher schwermütige russische Seele, die mir entsprach. „Lieses Klassikwelt 24: Russland,
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Lieses Klassikwelt 23: Rosenkavalier

Tatsächlich werde ich auch heute noch dann und wann bei einer Rosenkavalier-Aufführung  wehmütig, allerdings weniger, weil mich die Sängerinnen so stark anrühren, sondern weil ich den goldenen Jahren nachtrauere, in denen Aufführungen dieses Stückes Dimensionen erreichten, von denen man sich wohl auf absehbare Zeit verabschieden muss.

von Kirsten Liese

Der Rosenkavalier ist eines meiner Lieblingswerke. Eine Strichliste habe ich zwar nicht geführt, ihn aber so oft gesehen wie keine andere Oper.

Meine besondere Beschäftigung mit dem Stück begann, als ich –  inspiriert von Elisabeth Schwarzkopf, die ich damals schon sehr verehrte – meine wissenschaftliche Examensarbeit schrieb. Mein Thema war Strauss‘ Musik im Hinblick auf die in der Partitur enthaltenen Stilkopien von Mozart und Johann Strauß. Wiewohl ich gerade erst Ende 20 war, identifizierte ich mich damals schon stark mit der wunderbaren Figur der Marschallin, wenngleich ich  ahnen musste,  dass mich die Gedanken dieser Marie-Thérèse noch weitaus stärker einholen würden, wenn ich selbst in ein vergleichbares Alter kommen würde. – Nun vielleicht nicht unbedingt schon mit 38, zumal wir ja alle immer älter werden,  aber ab Anfang 50, wenn man häufiger die Haare färben muss, die Falten im Gesicht zunehmen und man nicht mehr so gerne in den Spiegel schaut. Kurzum, den genialen „Zeit“-Monolog, das Räsonieren über das Altern und die Vergänglichkeit, kann ich inzwischen noch stärker nachempfinden.

Kürzlich schaute ich mir den neuen Rosenkavalierin der Neuproduktion der Berliner Staatsoper an, die wegen André Heller für viel Wirbel sorgte. Der Regisseur musste herbe Kritik einstecken: Die einen störten sich an dem fehlenden Rokoko-Charme, den anderen war die Inszenierung zu brav.

Aber darum muss man keinen großen Rummel machen. Für mich war es eine durchschnittliche Aufführung ohne Höhen, aber auch ohne Tiefen. Die Bühne strahlt keine Hässlichkeit aus, die Regie verortet das Stück nicht abstrus an einem abwegigen Ort, das ist in heutigen Zeiten schon viel. Was die Sängerinnen und Sänger angeht, bin ich allerdings andere Maßstäbe gewohnt, dies insbesondere im Hinblick auf die  Figur der Marschallin.

Vermutlich ist unter den heutigen zur Verfügung stehenden Strauss-Sopranen Camilla Nylund wirklich eine der besten. Sie  singt die Marschallin kultiviert, mit lyrischem Feinsinn und mit weniger Schärfen als 2019 die Kaiserin in der Wiener Frau ohne Schattenund die Capriccio-Gräfin in Frankfurt. Aber als überirdisch schön würde ich ihren Gesang nicht bezeichnen, und berührt hat sie mich nicht.

Die Marschallin, das sagte Elisabeth Schwarzkopf, die in dieser Partie überzeugte wie keine andere, ist keine Figur, mit der man auftrumpfen kann. Für die Rolle braucht es subtile Ausdrucksnuancen und eine reiche Farbpalette. Die Marschallin muss uns rühren in ihren so klugen Gedanken, in ihrer Melancholie über das Altern, in ihrem Verzicht. Wenn das alles nur so dahin gesungen wird, ist es nichts.

Oftmals sind es nur Nebensätze oder einzelne Wörter, die, entsprechend mit Elegie, Weisheit und Grandezza vorgetragen, bewegen oder eben auch nicht. Und natürlich bedarf es für die emotionalen Befindlichkeiten, wenn man sie denn schon nicht selbst durchlebt hat, zumindest der Fantasie!

Natürlich hätte ich Elisabeth Schwarzkopf allzu gerne einmal live auf der Bühne in dieser Rolle  gesehen. Als sie 1971 ihre letzte Marschallin in Brüssel sang – und das muss laut Zeitzeugen ungemein ergreifend gewesen sein, auch für sie selbst – war ich erst sieben Jahre alt, das hätte ich wohl in dem zarten Alter nicht goutieren können. Zum Glück wurde sie aber in Bild und Ton Anfang der 1960er Jahre gleich zwei Mal in ihrer Paraderolle verewigt: in einer Produktion der Salzburger Festspiele unter Karajan, und in einem unveröffentlichten Mitschnitt von den Wiesbadener Maifestspielen. Beide Dokumente weisen sie unübertroffen als DIE Marschallin aus, sowohl hinsichtlich ihrer Noblesse, aber auch in dem emotionalen Amalgam aus Wehmut, Pikanterie, Generosität und Überlegenheit. Ihr nimmt man es ab, wenn sie sagt: „Leicht muss man sein: mit leichtem Herz und leichten Händen, halten und nehmen, halten und lassen“.

Wenn ich so zurückdenke, gab es freilich in früheren Jahrzehnten noch andere wunderbare Marschallinnen: die Schweizerin Lisa Della Casa, die sich nicht zufällig oft mit Schwarzkopf in der Rolle in Salzburg unter Karajan abwechselte, Gundula Janowitz und Gwyneth Jones, die mich so berührten, dass mir am Ende des ersten und dritten Akts die Tränen kamen, sowie in  späteren Jahren  Kiri Te Kanawa und Soile Isokoski.

Dass Karajan sich Anfang der 1980er-Jahre zu der Äußerung verstieg, Anna Tomowa-Sintow sei die Idealbesetzung, nachdem er zuvor mit Schwarzkopf und Della Casa die besten Marschallinnen an Bord hatte, fand ich unfassbar. Ich will nun die Bulgarin nicht schlecht reden, sie sang ganz passabel, aber längst nicht so nuanciert, und eine Grande Dame war sie in ihrem Auftreten eher nicht.

Felicity Lott, lange Zeit in Münchner Rosenkavalieren zu erleben, war mir stets eine Spur zu kühl, ebenso Anja Harteros in einer Produktion in Baden-Baden. Aber das lag zu einem Großteil an der Regie von Brigitte Fassbaender. Ausgerechnet die nun schrieb zwar in der titelgebenden Hosenrolle in den siebziger Jahren Operngeschichte, insbesondere in der Münchner Carlos Kleiber-Einstudierung, aber mit der Marschallin kann Fassbaender wenig anfangen. Das ist nicht nur ein Eindruck von mir, das hat sie mir in einem Interview sogar  eingestanden auf meine Frage hin, ob sie es nicht wie ihre Kolleginnen Sena Jurinac und Christa Ludwig gereizt habe, vom Octavian auf die Marschallin umzusatteln, als die Hosen zu eng wurden. Ein klares „Nein“ erhielt ich da zur Antwort mit der Begründung, dass sie eben dieses Hadern mit dem Alter  und das sich-im-Verzicht-Üben nicht so mag. Vielleicht war es auch einfach so, dass Fassbaender solche emotionalen Befindlichkeiten an sich selbst nicht herankommen lassen wollte. Entsprechend hat sie die Figur als Regisseurin jedenfalls inszeniert, als zu abgeklärt und erhaben über die Leiden. Ich sehe  Anja Harteros noch vor mir, wie sie beim Schlagabtausch mit ihrem Liebhaber unbeteiligt ihre Haare bürstet, als ginge ihr das gar nicht nahe, dass sie den „Buben“ noch dafür trösten müsse, dass er sie „über kurz oder lang wird sitzen lassen“.

Dabei hatte Fassbaender in der besagten Aufführung unter Kleiber mit Gwyneth Jones eine sehr feinfühlige und mitnichten larmoyante Marschallin zur Seite, die allen Facetten der Figur gerecht wurde, wie Hofmannsthal sie sich vorstellte: ein halb mal lustig, ein halb mal traurig.

Deborah Voigt, die ich vor etwa 20 Jahren als Marschallin in Berlin unter Christian Thielemann sah, sang ebenfalls sehr gut, wirkte aber mit ihrer damals noch korpulenteren Erscheinung im Szenischen weniger überzeugend, Michaela Kaune, die in dieser Inszenierung von Götz Friedrich dann etwas später die Rolle übernahm, passte schon besser, erschien fast eher noch zu mädchenhaft und jung.

Am besten aus jüngerer Zeit gefiel mir  Renée Fleming im Baden-Badener Rosenkavalier unter Christian Thielemann, die als  Dame von Welt  überzeugte und an einigen Stellen vom Timbre und seitens ihrer Diktion her verblüffend ähnlich klang wie Schwarzkopf.

Eine Entdeckung in einer Hamburger Aufführung, in der Peter Konwitschny vor längerer Zeit Regie führte, war zudem die Sopranistin Brigitte Hahn, die mit luziden, kristallklaren Spitzentönen in dem herrlichen Terzett Hab mir’s gelobt im dritten Akt aufwartete, wie sie aktuell selten geboten werden. Es war aus meiner Sicht sogar eine der besten Arbeiten von Konwitschny, in der er sich sehr vielschichtig und sensibel mit den drei Frauenfiguren und wechselnden Geschlechteridentitäten beschäftigte.

Christa Ludwig, die erfolgreich im reiferen Alter vom Octavian zur Marschallin wechselte, und von der Leonard Bernstein gesagt haben soll „simply the best“, habe ich leider in der Partie nur auf Platte gehört. Sie lebt, wie sie mir in Interviews wiederholt sagte, mit den Sätzen dieser Figur, „und wenn man das Lassen kann, dann hat man es wirklich leichter“.

In der Titelrolle hat natürlich Brigitte Fassbaender Maßstäbe gesetzt, die – abgesehen von ihren stimmlichen Qualitäten – schon deshalb so gut zu der Rolle passte, weil sie aus ihrer gleichgeschlechtlichen Liebe zu Frauen nie ein Geheimnis machte. Das entbehrte im ersten Akt, wenn Octavian und Marschallin im Bett zusammen erwachen,  nicht einiger Pikanterie, unweigerlich war sie unendlich beliebt bei lesbischen Opernfans.

Sehr angetan war ich zudem von Sophie Koch in der Titelpartie, die als androgyner Typ eine hervorragende Figur machte.

Unter den großen Sängerdarstellern des Ochs ist gewiss Günter Groissböck in der aktuellen Berliner Staatsopern-Produktion ein hinreißender Komödiant, auch wenn für mich Otto Edelmann, ob nun im Salzburger Film oder Wiesbadener Mitschnitt, als ungeschickter, draufgängerischer Flegel  unübertroffen bleibt.

Unvergessen als Sophie ist natürlich Anneliese Rothenberger, es war die Rolle ihres Lebens. Unzählige Male hat sie sie gesungen, aber irgendwann, als sie Anfang 50 war, erschien es ihr doch nicht mehr passend, wenn der Ochs sie als ein „junges Madel“ bezeichnet, da dachte sie, dass es doch Zeit sei, die Sophie abzugeben, sagte sie mir bei unserem Interview wenige Jahre vor ihrem Tod.

Unter den Sophien, die ich auf der Bühne sah, erinnere ich mich besonders gerne an Christine Schäfer, deren Karriere vor einigen Jahren schon fast unmerklich ohne einen Abschiedsabend endete, und an Diana Damrau.

Im Kontext mit meiner Examensarbeit beschäftigte ich mich selbstredend mit den originalen Bühnen- und -kostümentwürfen für die Uraufführung von Alfred Roller, die mir zeitlos schön erscheinen.

So wie der Rokoko-Charme der Musik eingeschrieben ist, haben mir immer die Inszenierungen am besten gefallen, in denen das Wien Maria Theresias sich wiederspiegelte, insbesondere die unverwüstliche von Otto Schenk in Wien. Aber es muss nicht unbedingt eine opulente Ausstattung her, sie darf nur nicht vulgär sein. So gesehen hatte  die zur Entstehungszeit der Oper angesiedelte von Herbert Wernicke, mit einem ansprechenden Spiegelkabinett im ersten Akt, ihren Reiz.

Unter den moderneren Regiearbeiten gefiel mir am besten  die von Richard Jones 2015  in Glyndebourne. Der hatte eine tolle Idee für die erste Szene:  Da trat die Marschallin nach dem Aufstehen unter die Dusche, dies aber nicht voyeuristisch, vielmehr hielt Octavian ein großes Handtuch vor ihren nackten Körper, so dass das Publikum ihn nicht sehen konnte, was aber die  Fantasie im Kopf ungemein beflügelte. – Dies umso mehr, als nach dem Duschen die beiden Frauen hinter dem Handtuch intime Zärtlichkeiten austauschten.

Tatsächlich werde ich auch heute noch dann und wann bei einer Rosenkavalier-Aufführung  wehmütig, allerdings weniger, weil mich die Sängerinnen so stark anrühren, sondern weil ich den goldenen Jahren nachtrauere, in denen Aufführungen dieses Stückes Dimensionen erreichten, von denen man sich wohl auf absehbare Zeit verabschieden muss.

Kirsten Liese, 28. Februar 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

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Lieses Klassikwelt 22: Vergessene Archivschätze

Worin liegt der Sinn, Tonzeugnisse aufzubewahren, wenn sie niemand hören kann? Dafür wurden sie wohl kaum produziert.

von Kirsten Liese

Während der Arbeit an meinen Sendungen stöbere ich oft in Rundfunk-Archiven. Und staune hin- und wieder über  kostbare, unveröffentlichte Schätze, die sich da finden.

Umso trauriger macht mich der Umstand, dass viele dieser Aufnahmen aus lizenzrechtlichen Gründen vor sich hin stauben und niemandem zu Gehör gebracht werden können. Oftmals muss ich jedenfalls auf  Aufnahmen verzichten, weil meine Redaktionen hohe Gebühren zahlen müssten, für die ihnen kein Budget zur Verfügung steht, oder, noch schlimmer, weil aus vertragsrechtlichen Gründen die Aufnahmen grundsätzlich nach der Erstausstrahlung nicht mehr gesendet werden dürfen.  Das betrifft zum Beispiel und ganz besonders Mitschnitte des Bayerischen Rundfunks von den Bayreuther Festspielen. Die existieren nach der Erstausstrahlung nur auf Karteikarten und schlafen wohl für alle Zeiten einen Dornröschenschlaf. „Lieses Klassikwelt 22: Vergessene Archivschätze,
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Lieses Klassikwelt 21: Otello ist das Opfer einer rassistischen Gesellschaft, in der das Wort Rassismus noch nicht existierte

Foto: Mario del Monaco und Leonie Rysanek, (c) Lillian Fayer

Die Behauptung, Otello sei eine rassistische Oper, ist natürlich völlig absurd. Die Herrschaften, die sich zu solchem Unsinn versteigen, kennen oder verstehen das Stück offenbar nicht, verwechseln zumindest Entscheidendes. Um es mal ganz platt zu sagen: Otello ist keine böse, sondern eine tragische Figur, dessen grenzenlose Eifersucht unmittelbar mit seinem Anderssein und seiner Außenseiterrolle zu tun hat. Der Böse ist Jago, der ihn mittels heimtückischer Intrige ins Verderben stürzt.

von Kirsten Liese

Ich hätte nie gedacht, dass zwei so geniale Künstler wie William Shakespeare und Giuseppe Verdi einmal eines Anwalts bedürfen könnten.

Aber tatsächlich hat vor einiger Zeit die Deutsche Oper Berlin in ihrer Hauspublikation die Frage aufgeworfen, ob man den Otello– aus meiner Sicht eines der großartigsten Stücke Verdis neben dem Don Carlos  – noch spielen dürfe. Wenn man dann weiterliest, mit welchen Argumenten ein Rassismusforscher diese Frage verneint, könnte man meinen, man habe es mit einer Satire auf das verpönte „Blackfacing“ zu tun. Ginge es nach ihm, dürfte das Werk allenfalls noch mit einem „verpflichtenden Warnhinweis wie bei Drogen oder schädlichen Medikamenten“ aufgeführt werden, da es in ihm eine „tiefe Verbindung zwischen Schwarz und Böse“ gebe. „Lieses Klassikwelt 21
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Lieses Klassikwelt 20: Allgemeinbildung

Die Unbildung betrifft keineswegs nur die Musik. Unlängst kam mir zu Ohren, dass es ZDF-Redakteurinnen und -Redakteure geben soll, die nicht wissen, wer Ingrid Bergman ist, also die Oscarpreisträgerin, die in einem so berühmten Film wie  Casablanca an der Seite von Humphrey Bogart brillierte. Ein Film, der mehrfach im Fernsehen ausgestrahlt wurde und sich nicht zuletzt auch mit seinem Evergreen  As Time Goes By großer Popularität erfreute.

von Kirsten Liese

Im Herbst vergangenen Jahres entnahm ich einer Publikation die Notiz, dass 95 Prozent aller in Deutschland lebenden Erwachsenen keine Veranstaltungen der Hochkultur besuchen. Sie berief sich auf eine Statistik der Bundeszentrale für politische Bildung

Sicherlich mögen finanzielle Gründe eine Rolle spielen, kann sich doch hohe Eintritte für insbesondere starbesetzte Opernbesuche und Konzerte nicht jeder leisten, und auch fragwürdige Regie-Stile und  Inszenierungen, die sich himmelweit von den großen klassischen und romantischen Stücken entfernen, sei es nun im Schauspiel oder in der Oper, erhöhen sicherlich nicht die Aufmerksamkeit für das Theater. Viele bleiben lieber zu Hause und legen sich alte Platten auf, kann ich verstehen. Blieben allerdings noch die Museen und die Filmkunst. „Lieses Klassikwelt 20
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Lieses Klassikwelt 19: Verachtet mir die Meister nicht!

Als hinter der Schusterstube die mit allerhand bunten Bändern geschmückte Festbühne zum Vorschein kam, regte sich spontan ein begeisterter, dankbarer lang anhaltender Szenenbeifall. Das Publikum stellte klar: Danke, so wollen wir die Meistersinger wieder sehen!

von Kirsten Liese

Es kommt selten vor, dass Richard Wagners Meistersinger von Nürnberg eine so hervorragende Aufführung erleben wie jetzt gerade in Dresden. Seit der Premiere am vergangenen Sonntag gehen mir die Motive dieser herrlichen Musik immer noch durch den Kopf. Es ist die reinste Freude.

Am liebsten würde ich alle noch folgenden Vorstellungen besuchen. Das wird mir leider aus zeitlichen Gründen nicht möglich sein, aber eine Aufführung gönne ich mir noch. „Lieses Klassikwelt 19
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Lieses Klassikwelt 18: Dieser offene Brief ist für Sie, lieber Daniel Barenboim!

Foto: © Warner Music Germany / Ricardo Davila

In Vorfreude auf die anstehende Meistersinger– Premiere an der Semperoper in Dresden unter Christian Thielemann wollte ich heute eigentlich über dieses geniale Werk schreiben. Aber der unfassbare Aufruhr anlässlich des jüngsten Auftritts von Plácido Domingo an der Berliner Staatsoper hat in mir das Bedürfnis geweckt, dazu Stellung zu beziehen – in Form eines Solidaritäts-Schreibens an Daniel Barenboim. Ich bin keineswegs der Meinung, dass berühmte Künstler alles dürfen. Aber das Ausmaß des Protests gegen den Sänger, halte ich für übertrieben, zumal die Anschuldigungen gegen ihn noch keineswegs erwiesen sind. Mein Essay über die Meistersinger folgt dann nächsten Freitag.

von Kirsten Liese

Lieber, sehr verehrter Herr Barenboim,

ich möchte Ihnen – und das ist längst überfällig – einmal aus ganzem Herzen für alles danken, was Sie für die Metropole Berlin getan haben und immer noch tun!

Anlass meines Briefs sind die jüngsten unfassbaren Tumulte um den Auftritt Plácido Domingos in Ihrem Haus.

Es beschämt mich, wie nach Ihrem langjährigen Künstler-Freund Domingo mit Dreck geworfen wird, nachdem im vergangenen Jahr schon gegen Sie im Zusammenhang mit Ihrer Vertragsverlängerung an der Berliner Staatsoper unangenehm Stimmung gemacht wurde. „Lieses Klassikwelt 18: ein offener Brief an Daniel Barenboim
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Lieses Klassikwelt 17: Celibidache

So sehr ich manchmal traurig werde, weil es mich schmerzt, dass Celibidache nicht Furtwänglers Nachfolger wurde, so sehr hat mich doch das Lebensfazit seines Neffen gefreut, den ich 2010 in Bukarest traf. Er sagte, sein Onkel sei bei allen Konflikten, Widersprüchen und Ambivalenzen ein glücklicher Mensch gewesen, für ihn zählte nur die Musik, er lebte für sie und fand in ihr Erfüllung.

von Kirsten Liese

Es gibt geniale Künstler, die ich beim besten Willen nicht hätte live hören können,  weil ich zu ihren Lebzeiten noch nicht geboren war. Auf die Dirigenten Wilhelm Furtwängler und Bruno Walter trifft das beispielsweise zu.

Aber es gibt einen, für den ich mich leider nach seinem Tod erst richtig zu interessieren anfing, was ich bis heute untröstlich bereue: Sergiu Celibidache. Ihm ist meine heutige Klassikwelt gewidmet. „Lieses Klassikwelt 17, Celibidache,
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Lieses Klassikwelt 16: Abschiede

von Kirsten Liese

Das vergangene Jahr war geprägt von zahlreichen schmerzlichen Verlusten. Mir kam es so vor, als seien 2019 besonders viele große Künstler gestorben.

Ich nehme das zum Anlass für ein paar persönliche Erinnerungen. Die am 26. Januar verstorbene Sopranistin Wilma Lipp macht den Anfang. Um ein Haar hätte ich sie noch kennengelernt. Als ich mit ihr im November 2018 für eine Radiosendung Kontakt aufnahm, war sie 93 und litt schon an Demenz. Deshalb schien es sinnvoll, dass der Ehemann anwesend sein würde, um weiterzuhelfen, falls das Gedächtnis die alte Dame im Stich lassen sollte. Über ihre betreuende Pflegerin, eine Seele von Mensch, verabredeten wir uns für Anfang Januar. Aber kurz vor dem Termin erlitt Wilma Lipp einen Schlaganfall. „Lieses Klassikwelt 16
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