Neues Traumduo gefunden: „Don Giovanni“ an der Wiener Staatsoper

Christian van Horn (Don Giovanni), Peter Kellner (Leporello). Alle Fotos: © Wiener Staatsoper / Stephan Brueckler

„Every song is a burner“, schwärmt ein junger Gast in den Gängen der Wiener Staatsoper. Seine weibliche Begleitung nickt nur zögernd, während sie in der Pause durch das Foyer schweifen. Bei „ ci darem la mano “, dem Verführungshit von Don Giovanni, könnten die Kantilenen zwar etwas geschmeidiger gemeißelt sein, ansonsten hinterlässt Christian Van Horn einen massiven Eindruck. An der Wiener Staatsoper debütiert der gefühlt zwei Meter große Hüne in der Titelpartie von Da Pontes und Mozarts dramaturgischem Meisterwerk. „Don Giovanni, Wolfgang Amadeus Mozart
Wiener Staatsoper, 17. Januar 2024“
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Zum Rapport: Auch 2023 begeistert Wiener Silvesterfledermaus mit staatlicher Fensterscheibe... und Bogdan Roščić hat seine Galerie nach wie vor nicht im Griff!

Schlussapplaus, Die Fledermaus 2023, Wiener Staatsoper © Jo Fischer

Reichlich Amüsement bietet bei der Silvesterfledermaus nicht nur Johannes Silberschneider als „neuer“ Frosch. Ein allgemein wunderbares Gesangsensemble sorgt für spaßige Silvesterstimmung, Otto Schenks legendär lebendige Inszenierung begeistert auch in ihrer 184. Vorstellung. Nur die Silvestereinlage ist seit einigen Jahren wohl futsch…

Die Fledermaus
Musik von Johann Strauß
Libretto von Karl Haffner und Richard Genée

Wiener Staatsoper, 31. Dezember 2023

von Johannes Fischer

Fast ein halbes Jahrhundert ist Otto Schenks legendäre Fledermaus-Inszenierung an der Wiener Staatsoper im Dauereinsatz. Ausgedient hat sie noch lange nicht, dieser Ball beim Prinz Orlovsky könnte genauso gut eine rauschende Silvesterfeier in einem prächtigen Hofburgsaal sein. Auch der Frosch kracht weiterhin durch die staatliche Fensterscheibe und macht seine tagespolitischen Witze. Dieses Jahr mal über einen drohenden Regierungswechsel… der Saal voller bereits leicht beschwipsten ZuschauerInnen bricht in lautes Gelächter aus! „Die Fledermaus, Musik von Johann Strauß
Wiener Staatsoper, 31. Dezember 2023“
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Es muss eine Rückbesinnung zu einer Art von „Werktreue“ geben

So sieht der Wiener klassik-begeistert-Reporter Herbert Hiess
das Opern- und Klassikjahr 2023

Foto © Wiener Staatsoper

von Herbert Hiess

Wenn ich von unserem Herausgeber ersucht werde die persönlichen Highlights des vergangenen Jahres bekannt zu geben, wird es tatsächlich schwierig – vor allem, was die „Kunstform“ Oper anbelangt.

Denn mittlerweile ist man an einer Phase angelangt, die man gelassen als Generationenkonflikt bezeichnen kann. Auf der einen Seite in die Jahre gekommene Damen und Herren, die auf jahrzehntelange Erfahrung und vielleicht eine profunde Werkkenntnis blicken können… und auf der anderen Seite das junge (bzw. jung gebliebene) Publikum, das noch irgendeine Art von Prägung benötigt. „Das Opern- und Klassikjahr 2023
klassik-begeistert.de“
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Brutal und gewaltverherrlichend: Diese Hänsel-und-Gretel-Inszenierung ist für Kinder absolut ungeeignet

Christina Bock (Hänsel), Florina Ilie (Gretel) und Miriam Kutrowatz (Taumännchen). Alle Fotos © Wiener Staatsoper / MIchael Pöhn

Die zahlreich anwesenden Kinder, Familien und Erwachsene durften sich mächtig über ein in Topform singendes Gesangsensemble und souverän spielendes Orchester freuen. Ein perfekter Märchenopernabend im Haus am Ring… wäre da nicht Adrian Nobles überspitzt dunkle Inszenierung dieser ohnehin nicht sehr kinderfreundlichen Handlung.

Hänsel und Gretel
Musik von Engelbert Humperdinck
Libretto von Adelheid Wette

Wiener Staatsoper, 30. Dezember 2023

von Johannes Karl Fischer

Auf dem Tisch stehen Finger im Fleischwolf, während die Knusperhexe mit blutverschmierter Schürze Hänsel das Küchenmesser vor den Hals hält. Diese überaus brutale, gewaltverherrlichende Inszenierung von Adrian Noble beweist wieder einmal: Hänsel und Gretel ist für Kinder absolut ungeeignet.  „Engelbert Humperdinck, Hänsel und Gretel
Wiener Staatsoper, 30. Dezember 2023“
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Wogen der Emotion ergießen sich durch das Haus

Aušrinė Stundytė © Petra Baratova

„Ob ich die Musik nicht höre? Sie kommt doch aus mir. „
(Hugo von Hofmannsthal)

Richard Strauss
„Elektra”

Text von Hugo von Hofmannsthal

Musikalische Leitung: Alexander Soddy
Inszenierung: Harry Kupfer
Bühne: Hans Schavernoch
Kostüme: Reinhard Heinrich
Choreinstudierung: Thomas Lang

Orchester der Wiener Staatsoper
Chor der Wiener Staatsoper

Wiener Staatsoper, 20. Dezember 2023

von Dr. Rudi Frühwirth

Ich habe nicht gezählt, wie oft ich die „Elektra“ seit dem Beginn meiner Stehplatzzeit in der Staatsoper schon gesehen und gehört habe – um die dreißig Mal werden es schon gewesen sein. Von ihrer emotionalen Wirkung hat sie auch nach mehr als fünfzig Jahren nicht das Geringste eingebüßt. Es bewegt mich immer wieder auf das Tiefste, wie die Grundfragen der Oper musikalisch dargestellt und aufgelöst werden: der starre Fanatismus der Elektra, der Kinderwunsch der Chrysothemis, der Hass zwischen Klytämnestra und ihrer Tochter, die ersehnte Ankunft des Bruders, der Muttermord, und endlich die ekstatische Erfüllung im Tod der Titelfigur. „Richard Strauss, „Elektra”
Wiener Staatsoper, 20. Dezember 2023“
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Juan Diego Flórez beweist wieder seine lyrische Tenor-Spitzenklasse

Juan Diego Flórez (Foto HH)

Den Abend beschloss er mit der mitreißenden und halsbrecherischen Stretta des Tonio mit neun hohen C; damit bewies er, dass er hier ein würdiger Nachfolger des unvergessenen Alfredo Kraus ist.

Solistenkonzert
Wiener Staatsoper, 12. Dezember 2023 

Juan Diego Flórez, Tenor
Vincenzo Scalera, Klavier

Werke von Giordani, Händel, Scarlatti, Mozart, Rossini, Tosti, Donizetti, Ponce, Massenet und Verdi

von Herbert Hiess

Der sympathische Tenor, der dieses Jahr seinen 50. Geburtstag feiern konnte, steht heute fast allein an der Spitze der lyrischen Tenöre. Seine Hauptdomäne ist das italienische, französische und spanisch-lateinamerikanische Fach, was er an diesem Abend in der Wiener Staatsoper glänzend bewies. „Solistenkonzert, Juan Diego Flórez, Tenor
Wiener Staatsoper, 12. Dezember 2023 “
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Asmik Grigorian und Jonas Kaufmann sind bei dieser Turandot das Traumpaar schlechthin

Turandot © Wiener Staatsoper/Monika Rittershaus

Turandot
Musik von Giacomo Puccini
Libretto von Giuseppe Adami und Renato Simoni nach Carlo Gozzi

Wiener Staatsoper, 10. Dezember 2023

Inszenierung: Claus Guth

Besetzung: Asmik Grigorian, Jonas Kaufmann, Kristina Mkhitaryan, Jörg Schneider, Dan Paul Dumitrescu u.a.

Chor der Wiener Staatsoper, Bühnenorchester der Wiener Staatsoper, Opernschule der Wiener Staatsoper

Orchester der Wiener Staatsoper

Dirigent: Marco Armiliato

von Herbert Hiess

Offenbar fühlen sich manche Regisseure nur dann bestätigt, wenn sie ein Werk Lichtjahre vom Libretto entfernt inszenieren und der Großteil des Publikums nichts mehr vom Original erkennt. So auch Claus Guth, der dieses Mal sein Regiekonzept völlig in den Sand setzte – da helfen auch ein paar großartige Momente nichts mehr. „Giacomo Puccini: Turandot
Wiener Staatsoper, 10. Dezember 2023“
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Neue Wiener Turandot: Kaufmann kann Calaf, Claus Guths Inszenierung triumphiert auf den letzten Metern  

Turandot © Monika Rittershaus, Wiener Staatsoper

Diese Regie von Claus Guth kam, sah und siegte… und zwar auf den letzten Metern! Musikalisch liefern sich Kristina Mkhitaryans Liù und Asmik Grigorians Turandot ein spannendes Sopranderby um ihren Calaf… und der Superstartenor Jonas Kaufmann hat endlich seine Paraderolle gefunden. Ganz nebenbei: Die Turandot-Tondichtung im Graben der Wiener Staatsoper.  

Turandot
Musik von Giacomo Puccini
Libretto von Giuseppe Adami und Renato Simoni nach Carlo Gozzi

Wiener Staatsoper, 10. Dezember 2023

 von Johannes Karl Fischer

Turandot gesteht Calaf ihre Liebe, das überglückliche Liebespaar soll nun zum Kaiserpaar gekrönt werden… doch was ist das? Turandot ergreift mit Calaf die Flucht vor ihrem Vater? Ja, und besser gesagt: Vor der Herrscherklasse Chinas. „Giacomo Puccini, Turandot
Wiener Staatsoper, 10. Dezember 2023“
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Merbeth und Nylund kämpfen mit der Radikalität einer „Elektra"

Ricarda Merbeth © Wiener Staatsoper/Michael Pöhn

Elektra, Richard Strauss

Wiener Staatsoper, 9. Dezember 2023

von Jürgen Pathy

Unausgeschlafen zu einer „Elektra“ – ACHTUNG: keine Empfehlung. Während die „Salome“ schon an der Grenze der Tonalität kratzt, hat Richard Strauss bei der ersten Zusammenarbeit mit Hugo von Hofmannsthal alle Grenzen gesprengt. Hysterie, Wahnsinn, Schizophrenie.

Ein extremes Musikerlebnis, das in der Radikalität den einzigen Ausweg findet. Flucht während der Aufführung: unmöglich. Keine Pause, ein Einakter, der knappe zwei Stunden am Nervenkostüm rüttelt. Erst nach rund 30 Minuten die ersten Ruhepole: „Agamemnon, Agamemnon…“, ruft Elektra, „wo bist du?“ Erst da die ersten Gefühle des Wohlwollens, der Wärme aus dem Orchestergraben.

„Elektra, Richard Strauss
Wiener Staatsoper, 9. Dezember 2023“
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Er kam, sah und siegte fast: Jonas Kaufmanns Debüt als Calàf in Wien

Turandot © Wiener Staatsoper / Monika Rittershaus

Einen Unfug sondergleichen hat Claus Guth in Wien auf die Bühne gestellt. Die Regie: Beim Publikum eindeutig durchgefallen. Anders kann man es nicht deuten, dass nach rund drei Stunden so viele ihrem Unmut lautstark freien Lauf lassen. Ein derartiger Buh-Orkan weht dem Regieteam selbst im konservativen Wien nur selten entgegen. Zum Glück retten einige „Jahrhundertstimmen“, wie manch ein Operngänger lobt, die medial hochgepushte „Turandot“-Neuproduktion an der Wiener Staatsoper.

Turandot, Giacomo Puccini

Wiener Staatsoper, 7. Dezember 2023 (Premiere)

von Jürgen Pathy

Die Geschichte von Puccinis letzter Oper ist eigentlich recht simpel. Die chinesische Prinzessin Turandot lässt einen Freier nach dem anderen abschlachten. Denn keiner kann die von ihr gestellten Rätsel lösen. Nur Prinz Calàf, der ihr nach dem ersten Anblick völlig erliegt, schafft es. „Turandot, Turandot, Turandot…“, ruft er hunderte Male. Sie hat ihm den Kopf verdreht. Nur zu ihr will er. Dass die verletzte Seele das mit allen Mitteln verhindern will, liegt an ihrer Vergangenheit. Ihre Ahnin hat man einst vergewaltigt. Dafür lässt sie nun alle Männer büßen. Eine „Märchenoper“, die man in der Regel gerne mit viel opulentem „China-Kitsch“ und Massenszenen ausstattet. Sklaven, die man über die Bühne peitscht inklusive.

„Turandot, Giacomo Puccini
Wiener Staatsoper, 7. Dezember 2023 (Premiere)“
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