Die aktuellen Mitglieder des Internationales Opernstudios der Hamburgischen Staatsoper: Mziwamadoda Sipho Nodlayiya, Aebh Kelly, Grzegorz Pelutis, , William Desbiens, Marie Maidowski, Aaron Godfrey-Mayes und Keith Klein © Jörn Kipping
Jolanta Łada-Zielke im Gespräch mit Gabriele Rossmanith, Hamburger Kammersängerin und künstlerische Leiterin des Internationalen Opernstudios der Hamburgischen Staatsoper, und Hannes Wönig, Management und Kommunikation Internationales Opernstudio, Teil 1.
Das im Jahre 1994 gegründete Internationale Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper (IOS) feierte im letzten Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Zu diesem Anlass verlieh der Hamburger Senat vier ehemaligen Mitgliedern des IOS, die die Weltkarriere machten, den Titel Hamburger Kammersängerin und Hamburger Kammersänger: Olga Peretyatko, Vida Miknevičiūtė, Christoph Pohl und Alexander Tsymbalyuk. Ich selbst bin stolz auf die hervorragenden polnischen Absolventen dieses Studios: Aleksandra Kurzak, Agnieszka Tomaszewska, Szymon Kobyliński, Ryszard Kalus und Hubert Kowalczyk.
Im Moment läuft die dreißigste Spielzeit des IOS, die aktuellen Mitglieder sind Aebh Kelly (Irland), Marie Maidowski (Deutschland), William Desbiens (Kanada), Keith Klein (USA), Aaron Godfrey-Mayes (Großbritannien), Mziwamadoda Sipho Nodlayiya (Südafrika) und Grzegorz Pelutis (Polen). Gabriele Rossmanith und Hannes Wönig kümmern sich um alles Organisatorische, von Vorsingen über Verträge bis zu der Kooperation mit Stiftungen, die die Hamburgische Staatsoper unterstützen, vor allem mit der Körber-Stiftung und der Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Staatsoper, um die künstlerische Ausbildung durch Veranstaltung von Masterclasses, Workshops, Coachings und betreuen die Studiomitglieder in ihrer Arbeit im aktuellen Spielplan.
klassik-begeistert: Was sind die Voraussetzungen für eine Gesangsweiterbildung am Internationalen Opernstudio der Hamburgischen Staatsoper?
Gabriele Rossmanith: Jede Bewerberin und jeder Bewerber schickt uns mindestens drei Videos zu, darunter sollte eines mit einer Arie von Mozart sein. Für schwere Stimmen ist Mozart schwieriger, aber bei diesem Komponisten kann man eben alle eventuellen technischen Schwächen glasklar mitkriegen. Eine abgeschlossene Hochschulausbildung, zumindest ein Bachelor Abschluss, ist wichtig. Aber letztendlich ist das Können entscheidend und davon machen wir uns in dem Vorsingen hier in der Hamburgischen Staatsoper ein eigenes Bild. Ein Masterabschluss ist nicht zwingend nötig. Eine andere Voraussetzung ist das Alter, die Grenze liegt aktuell bei 30 Jahren.
Hannes Wönig: Wir haben acht Stellen, aktuell sind sieben besetzt. Grundsätzlich dauert das Opernstudio zwei Jahre. Während der Pandemie haben wir diesen Zeitraum vorübergehend um ein Jahr verlängert, damit alle die Chance bekamen, ihre Erfahrungen auf der Bühne zu sammeln. Gleichzeitig haben wir in der Folge vorübergehend auch die Altersgrenze für Bewerber auf 32 Jahre angehoben. Auf fünf Stellen haben sich damals 1.500 Sängerinnen und Sänger beworben, von denen dann rund 100 bei uns vorgesungen haben.
klassik-begeistert: Es ist großartig, dass Sie den jungen Sängerinnen und Sängern in dieser schwierigen Zeit entgegengekommen sind. In diesem Beruf achtet man oft zu sehr auf das Alter, was für manche ungerecht sein kann.
Gabriele Rossmanith: Ich kann das verstehen, weil ich selbst spät mit dem Gesang angefangen habe. Ich habe zuerst mein Violin-Studium abgeschlossen und wollte in einem Orchester spielen. Womöglich wäre ich in meinem damaligen Alter in keinem Opernstudio aufgenommen worden.
Ich höre immer wieder, dass es keinen Sinn mehr macht, wenn jemand es bis zum dreißigsten Lebensjahr noch nicht geschafft hat. Bei einer Person mit 24 sieht man noch großes Entwicklungspotenzial. Solche Bedingungen diktiert der Markt, was ich nicht immer gut finde. Aber dies unterscheidet sich auch nach dem Stimmfach. Ein Bass kann zum Beispiel älter sein.

klassik-begeistert: Welche Auswahlkriterien sind hier entscheidend? Ist es eine gute Stimme mit Entwicklungspotenzial oder die Eignung für das aktuelle Opernrepertoire?
Gabriele Rossmanith: Beides. Natürlich gibt es eine bestimmte Zusammensetzung der Stimmfächer, die wir sinnvoller Weise abdecken müssen. Und das ist auch richtig, denn die Sängerinnen und Sänger sollen ja bei uns in den regulären Produktionen auf der Bühne stehen und dort Erfahrungen sammeln.
Hannes Wönig: Umgekehrt singt manch einer in einem Stimmfach vor, und entwickelt sich dann im Opernstudio in eine andere Richtung weiter. Für uns bedeutet das, niemanden zu früh in eine „Schublade“ zu stecken, sondern ganz individuell hinzuschauen und die Entwicklung jedes einzelnen dann eng zu begleiten.
klassik-begeistert: Haben Sie während der Pandemie-Zeit auf den Online-Modus umgestellt?
Gabriele Rossmanith: Wir machen die erste Auswahlrunde grundsätzlich online, das war auch vor der Pandemie so. Nach einer Vorauswahl anhand von Videoaufnahmen laden wir die ausgewählten Kandidatinnen und Kandidaten dann zu einem Vorsingen ein. Ausschließlich digital kann man die Fähigkeiten und das Potential einer Sängerin oder eines Sängers nicht richtig beurteilen. In der Covid-Zeit konnte das Vorsingen auch auf unserer Hauptbühne stattfinden gemäß den damals üblichen Abstandsregeln.
klassik-begeistert: Die Pandemie war auch eine kreative Zeit für viele Künstler. Welche anderen Ideen aus dieser Zeit verfolgen Sie noch immer?
Gabriele Rossmanith: Zur Covid-Zeit hat sich das Studio innerhalb des Opernhauses noch enger vernetzt. Die Kolleginnen und Kollegen interessieren sich für unsere Arbeit und haben deshalb Angebote und Vorschläge gemacht. Wir haben alle möglichen Formate entwickelt. Die Spielleiterinnen und Spielleiter haben tolle szenische Masterklassen gegeben, auch zum Beispiel Dialogsprechen und szenische Improvisation. Es gab musikalische Improvisation mit unserer russischen Pianistin, sowie die Arien-Dramaturgie, die Arien aus verschiedenen Epochen erklärt und beleuchtet hat. Unser Studienleiter hat ein Dirigiertraining angeboten und die Sänger geschult, wie man mit dem Dirigenten kommunizieren kann.
klassik-begeistert: Herzlichen Dank für das Gespräch.
Jolanta Łada-Zielke, 3. April 2025, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Teil 2 des Interviews lesen Sie Freitag, 4. April 2025 hier auf klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at.
Interview: Der polnische Bass Hubert Kowalczyk klassik-begeistert.de, 21. November 2024