Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.
von Dr. Lorenz Kerscher
Dass sich die aus Estland stammende Mirjam Mesak ab Mitte 2023 auf der Leinwand zahlloser Kinos als Hauptdarstellerin eines spannenden Films präsentieren würde, war nicht vorhersehbar, als ich sie Mitte 2019 erstmals auf der Bühne erlebte. Damals zeigte das Opernstudio der Bayerischen Staatsoper eine unkonventionelle Produktion, in der Tschaikowskys Iolanta und Strawinskys Mavra, beide zu kurz für ein abendfüllendes Format, von Regisseur Axel Ranisch geschickt ineinander verwoben waren. Ganz besonders überzeugte dabei Mirjam Mesak in der Rolle von Tschaikowskys blinder und liebessehnsüchtiger Prinzessin. Ihre angenehme und klare Sopranstimme konnte engelsgleiche Zartheit ebenso aufbieten wie die Strahlkraft, um die in dem wohlbehüteten Mädchen unterschwellig aufkeimende Leidenschaft zu beglaubigen. „Rising Stars 43: Mirjam Mesak, Sopran – ein Gesangstalent erobert die Kinoleinwand klassik-begeistert.de, 25. Mai 2023“ weiterlesen
Diese Carmen sollten sie letztmalig in dieser Saison nicht verpassen: Am Samstag, 27. Mai 2023, 19.30 Uhr singt, spielt, tanzt, gestikuliert die Jahrhundert-Carmen Maria Kataeva um ihr Leben. In der Staatsoper Hamburg an der Dammtorstraße.
Ich liebe diese Oper. So eine gute Carmen habe ich nach rund 40 Aufführungen noch nicht gehört. Die Russin Maria Kataeva, Absolventin des berühmten St. Petersburger Konservatoriums, stellt Carmen nicht dar.
Sie ist Carmen.
Ihre Stimme ein Vulkan. Bombensicher, eh klar. In der Tiefe eine Macht, voll, bernsteinfarben und weiblich. Im mittleren Register ein Traum, voll und intensiv. Ja, und wenn diese Carmen dann mal die Spitzentöne serviert,
geht es einem immer wieder krass unter die Haut.
Gänsehautfeeling am Gänsemarkt.
Selbst beim frenetischen Schlussapplaus ist noch die Energie und Präsenz dieser Ausnahmekünstlerin zu spüren. Bis in die Haarspitzen.
Die Inszenierung ist Weltklasse wie die Carmen, tolle Farbwechsel, tolle echte Riesenbilder, man würde sie am liebsten zu Hause (auf SEHR große Wände) aufhängen. Die Personenführungen, die Choristen, immer am Spielen, immer in Bewegung. Die Kostüme, bunt, positiv, leuchtend.
Feurig wie Carmen.
Ein heller Wahnsinn, diese Kostüme von José Luna. Sie allein sind schon den Eintritt wert.
Die Musik eh ein Traum, selbst mit geschlossenen Augen. Von lyrischen Passagen bis zu temperamentvoller spanischer Musik.
„Carmen“ beseelt.
„Carmen“ belebt.
„Carmen“ löst Herzhüpferungen aus – bis zum Mond und wieder zurück.
„Carmen“ ist eine Oper für Anfänger und Fortgeschrittene. Hier findet jeder seine Nahrung.
Der Chor und die Alsterspatzen singen hervorragend an diesem Abend! Die Tenöre und Baritone an der Pole Position. Die Kinder und Jugendlichen echt super, in Gesang und Darstellung. Großes Kino.
Großartig der Dirigent Yoel Gamzou, fantastische Tempiwechsel. Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg folgte dankbar und sorgte für ein facettenreichen musikalisches Fundament.
Fast alle anderen Solisten sind gut, aber nicht sehr gut. Negativ fällt der Gesang der Sopranistin Guanqun Yu als Micaëla auf, der mit einem vollkommen unangebrachten Dauertremolo nervt. Bei Frasquita in persona Narea Son fragt sich der Zuschauer, in welcher Sprache die Dame singt. Französisch war nicht herauszuhören. Hier wäre ein Sprach-Coach bis Samstag zu empfehlen.
Traurig ist an diesem Dienstagabend, dass von den 1690 Plätzen nur ca. 1500 besetzt sind. Noch vor wenigen Jahren wäre eine nicht ausverkaufte „Carmen“ ein Gesprächsthema gewesen. Von den ca. 1500 Zuschauern waren etwa 100 Schüler – super! super! –, die sich bei einem Eintrittspreis von 10 Euro auf sehr guten Parkettplätzen hervorragend benahmen und auch modemäßig vielen mit gammeligen Turnschuhen, Schlabberjeans und Schlabber-T-Shirts „gekleideten“ Herren den Rang abliefen.
Sehr traurig, wie einige Männer sich da gehen ließen. Peinlich! Manche verwechseln die Staatsoper halt mit einem Dart-Club.
Buchen Sie unbedingt einen schönen Platz bis Samstag. Es sind leider noch die Hälfte !!! der Karten nicht verkauft worden – traurig, traurig, traurig… was macht der Kopf der Hamburgischen Staatsoper eigentlich so?
Andreas Schmidt, 24. Mai 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Symphonischer Chor Hamburg Elbipolis Barockorchester Hamburg Elisabeth Breuer, Sopran Sophie Harmsen, Mezzosopran Ilker Arcayürek, Tenor Sönke Tams Freier, Bass
Matthias Janz, Dirigent
Arienapplaus in einer Messe, das ist etwa wie Szenenapplaus bei Wagner: Eigentlich strengstens verboten. Doch dieser zuckersüße, federleichte Gesang der Ausnahme-Sopranistin Elisabeth Breuer hält alle völlig in Atem.
von Johannes Karl Fischer
Völlig mühelos schwebt ihre Stimme wie auf Wolke sieben und streichelt mit sanften Melodien die Ohren des Publikums – da würden selbst die konservativsten aller Priester inmitten der Messe in jubelnden Applaus ausbrechen. Vom Charakter her hätte das auch die vor ihrem Tristan in Liebe versunkene Isolde sein können.
„Hochkarätiges Programm mit vielen Stars und einigen Überraschungen.“
Abonnements ab sofort erhältlich.
Presseinformation: Hamburg, 23. Mai 2023: Die Elbphilharmonie hat am Dienstag ihr Programm für die Saison 2023/24 präsentiert. Mit großen Orchestern wie den Berliner Philharmonikern, dem Royal Concertgebouw Orchestra oder den amerikanischen Klangkörpern aus Boston und Philadelphia sind wieder die großen Namen der Klassikwelt in Hamburg zu Gast. Freuen kann man sich auf Publikumslieblinge wie Yuja Wang, Sir Simon Rattle, Lisa Batiashvili, Klaus Mäkelä, Daniil Trifonov, Teodor Currentzis, Janine Jansen und Sir John Eliot Gardiner.
Die Saisoneröffnung am 5. September übernehmen Chor und Orchester der Mailänder Scala unter Riccardo Chailly mit einem Verdi-Programm. Der britische Songwriter Elvis Costello tritt ebenso auf wie die fünffache Grammy-Gewinnerin esperanza spalding, der brasilianische Altmeister Caetano Veloso und die frischgebackene Pulitzerpreisträgerin Rhiannon Giddens. Schwerpunkte gelten unter anderem dem Ausnahmepianisten Sir András Schiff, der vielfach ausgezeichneten, in Berlin lebenden britischen Komponistin Rebecca Saunders sowie der Musik Kurdistans. US-Jazzgitarrist Bill Frisell kuratiert einen mehrtägigen »Elbphilharmonie Reflektor« und Multimediakünstler André Heller bespielt eine Woche lang das ikonische Konzerthaus im Hamburger Hafen. Im März 2024 wird der 100. Geburtstag des italienischen Komponisten Luigi Nono gefeiert. Unter den programmatischen Höhepunkten finden sich zahlreiche Opernaufführungen, darunter die deutsche Erstaufführung von »Fin de partie«, der einzigen Oper von György Kurtág, eine historisch informierte »Carmen« mit René Jacobs und Bernd Alois Zimmermanns monumentales Jahrhundertwerk »Die Soldaten«. An Silvester steht mit Offenbachs »Orpheus in der Unterwelt« ein Highlight aus dem Operettenfach auf dem Programm. Abonnements für die Saison 2023/24 sind ab sofort auf www.elbphilharmonie.de buchbar, Einzelkarten für die meisten Veranstaltungen können ab dem 6. Juni erworben werden.
Riccardo Chailly -Photo: Marco Borggreve
Schon in den Eröffnungswochen direkt im Anschluss an den Elbphilharmonie Sommer breitet sich das Elbphilharmonie-Programm in seiner ganzen hochqualitativen Vielfalt aus. Nach den ersten Konzerten der Hamburger Orchester und der Saisoneröffnung mit der Mailänder Scala unter Riccardo Chailly am 5. September finden je zwei Konzerte mit dem Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons (6./7.9.) sowie von François-Xavier Roth und seinem Originalklangorchester Les Siècles statt (26./27.9.). Das Bayerische Staatsorchester kommt anlässlich seines 500-jährigen Bestehens mit der »Alpensinfonie« nach Hamburg (10.9.), Iván Fischer präsentiert eine semiszenische Aufführung von Debussys »Pelléas et Mélisande« mit dem Budapest Festival Orchestra (16.9.) und Teodor Currentzis dirigiert Schostakowitschs Sinfonie Nr. 13 mit dem SWR Symphonieorchester (30.9.). Jenseits der Klassik sind Elvis Costello (19.9.) und Caetano Veloso (4.10.) ebenso zu Gast wie Italojazzlegende Enrico Rava mit Fred Hersch (25.9.) und Oumou Sangaré aus Mali (31.10.). Eine Riege hochkarätiger ECM-Künstler:innen gratuliert Labelgründer Manfred Eicher zum runden Geburtstag (29.9.).
Sir András Schiff zeigt in der kommenden Saison seine künstlerische Vielfältigkeit gleich in einer Reihe von Konzerten – mit Werken von Bach, Mozart, Dvořák, Brahms und anderen; als Solist an der Seite großer Orchester, im Rezital, als Kammermusiker und nicht zuletzt als Ensembleleiter. Zum Auftakt bietet er dem musikalischen Nachwuchs seines Mentoringprogramms »Building Bridges« eine Plattform (9.1.). Jakub Hrůša hat inzwischen nicht nur bei allen wichtigen Orchestern der Welt seinen Einstand gegeben. Er ist auch designierter Musikdirektor des Royal Opera House in London. In Hamburg darf man sich nun in gleich fünf Konzerten von seiner Qualität am Pult überzeugen. Thomas Hengelbrock intensiviert seine Tätigkeit mit seinen Balthasar-Neumann-Ensembles auf den Podien von Elbphilharmonie und Laeiszhalle. Neben geistlichen Werken für Chor und Orchester, darunter Brahms’ »Deutsches Requiem« (17.2.) und Mendelssohns »Lobgesang« (18.2.), steht mit Glucks »Iphigénie en Tauride« erneut eine gewichtige Oper auf dem Programm (24.5.). Weitere führende Interpreten wie Sir John Eliot Gardiner, Jordi Savall, François-Xavier Roth, Raphaël Pichon, René Jacobs und Philippe Herreweghe leiten Konzerte mit jeweils selbstgegründeten Originalklangorchestern.
Zwei außergewöhnliche Künstler-Persönlichkeiten wurden eingeladen, um je ein mehrtägiges »Reflektor«-Festival in der Elbphilharmonie zu kuratieren. Der US-Jazzgitarrist Bill Frisell zeigt sich als improvisierender Kammermusiker in kleinen Besetzungen (25./26.11.). Für die New York Times ist Frisell der »bedeutendste und am häufigsten imitierte Jazzgitarrist seit den frühen 1980er-Jahren«. Eine singuläre Position in der zeitgenössischen Kunstlandschaft nimmt André Heller ein, der auf eine 60-jährige Karriere als Chansonnier, Poet, Theater- und Ausstellungsmacher, Regisseur, Maler und Multimediakünstler zurückblicken kann. Mit ANIMA hat Heller einen fantastischen Garten vor den Toren von Marrakech geschaffen, nach dem er nun auch sein Elbphilharmonie-Projekt benannt hat. Eine Woche lang wird die Elbphilharmonie zum Ort für Hellers sinnliche Entdeckungslust (16.–24.3.). Das genaue Programm wird zu einem späteren Zeitpunkt bekannt gegeben.
Zukunftsweisende Musik und transdisziplinäre Produktionen haben von Beginn an einen festen Platz in der Elbphilharmonie. Rebecca Saunders wurde 2019 als erste Komponistin überhaupt mit dem renommierten Ernst von Siemens Musikpreis ausgezeichnet – dem inoffiziellen Nobelpreis der Musik. Fünf Konzerte ermöglichen nun einen Blick auf ihre schöpferische Entwicklung der vergangenen zehn Jahre. Für »Yes / Eine räumliche Performance« nach James Joyces »Ulysses« wird gleich der ganze Saal in Beschlag genommen (24.11.). Mit Sasha Waltz(7.1.) und der CocoonDance Company (28.2.) kehrt der zeitgenössische Tanz zurück in die Elbphilharmonie. Mit dem Arditti Quartet (11.5.) und dem Kronos Quartet (14.5.) feiern zwei der wichtigsten Streichquartette der Gegenwart ihren jeweils 50. Geburtstag.
Im Fokus stehen in der neuen Saison außerdem zwei Ikonen der Neuen Musik: György Kurtág gilt als Meister der Miniaturen. Bis heute übt die kondensierte Musik des 1926 geborenen ungarischen Komponisten einen tiefgreifenden Einfluss auf junge Komponist:innen aus. Eine deutsche Erstaufführung steht mit seiner 2018 unter weltweiter Beachtung uraufgeführten Beckett-Oper »Fin de partie« an (14.10.). Der Italiener Luigi Nono war einer der prägenden Komponisten der Nachkriegsavantgarde. 2024 hätte er seinen 100. Geburtstag gefeiert – zu diesem Anlass wird eine Auswahl seiner wichtigsten Kompositionen aufgeführt. Von großer politischer Dringlichkeit ist »Il canto sospeso« (15.3.). Nono vertonte darin letzte Briefe von zum Tode verurteilten jungen Frauen und Männern aus dem europäischen Widerstand während des Zweiten Weltkriegs. In weiteren Konzerten sind das SWR Experimentalstudio (14.3.) sowie das französische Quatuor Diotima (13.3.) zu hören.
Dreimal tritt Teodor Currentzis gemeinsam mit dem SWR Symphonieorchester in der Elbphilharmonie auf. Zu Beginn der Saison präsentiert er Schostakowitschs Sinfonie Nr. 13 (30.9.), deren Beiname »Babi Jar« auf eine Schlucht nahe Kyiv verweist, in der 1941 eines der größten Wehrmachtsmassaker des Zweiten Weltkriegs stattfand, dem vor allem ukrainische Juden zum Opfer fielen. Der Text von Jewgeni Jewtuschenko ist auch eine scharfe Kritik am Antisemitismus in der Sowjetunion. Im Juni 2024 bringt Currentzis zum Abschluss seiner Zeit als Chefdirigent des SWR Symphonieorchesters das »War Requiem« von Benjamin Britten auf die Bühne (16.6.).
Zwei Monumente der Klaviermusik werden von verschiedenster Seite beleuchtet: Franz Liszts h-Moll-Sonate ist ein einzigartiger Drahtseilakt zwischen Verzweiflung und Freudentaumel. Fünf sehr persönliche Versionen sind in der neuen Saison zu hören, eingebettet in unterschiedliche musikalische Kontexte. Am Flügel nehmen unter anderem die Chopin-Klavierwettbewerb-Gewinnerin Yulianna Avdeeva (17.2.) und junge Durchstarter wie der israelische Pianist Yoav Levanon (19.10.) Platz. Bachs »Goldberg-Variationen« sind ein Meisterwerk der barocken Variationskunst. Ihr enormer Facettenreichtum ist in Elbphilharmonie und Laeiszhalle gleich mehrfach zu erleben – in wechselnder Instrumentation. Víkingur Ólafsson nimmt in zwei Konzerten am modernen Flügel Platz (Laeiszhalle, 10.10., Elbphilharmonie, 25.6.), Jean Rondeau stellt die originale Version für Cembalo vor (4.12.). Ganz andere Klangsphären betreten ein Streichtrio (21.12.) sowie eine Kombination aus Saxofon, Akkordeon und Cello (14.4.).
Eigens für junge Musikerinnen und Musiker, die bereits auf der Zielgeraden zu einer internationalen Karriere sind, hat die Elbphilharmonie die Reihe FAST LANE ins Leben gerufen. An sechs Abenden sind wieder hochcharismatische Interpret:innen zu hören, die zurzeit mit neuen Ideen und mutigen Programmen Aufsehen erregen. Von Théotime Langlois de Swarte und Thomas Dunford als spannendem Duo an Barockvioline und Laute (15.4.) über Klassik-Durchstarter wie Randall Goosby (Violine, 16.10.), Julia Hagen (Violoncello, 12.9.) und Mao Fujita (Klavier, 6.5.) bis hin zum singenden Shooting-Star des Jazz: der doppelten Grammy-Preisträgerin Samara Joy mit ihrer Band (7.11.).
Iran und Irak, Syrien und die Türkei: Über einen immens großen geografischen Raum erstreckt sich die kurdische Kultur. Dabei befindet sie sich in einer permanenten Ausnahmesituation – Zersplitterung auf mehrere Länder und ins weltweite Exil sowie Zensur und Verfolgung. Den Reichtum der kurdischen Musik feiert nun das Festival KURDISTAN (17.–19.11.). Mit der alevitischen Sängerin Aynur ist der größte kurdische Vokalstar zu Gast. Die Trauer über die Gräueltaten Saddam Husseins hat der führende iranisch-kurdische Stachelgeigen-Virtuose Kayhan Kalhor in einer Komposition verdichtet. In einem zweiten Konzert lässt sich Kalhor auf ein intimes Duo mit der Langhalslaute Bağlama von Erdal Erzincan ein. Danûk heißt ein syrisch-kurdisches Ensemble, dessen Mitglieder vor dem Krieg in Syrien flüchteten. In Wien hat sich mit dem iranisch-irakischen Ensemble Kurdophone eine jazzige Exilstimme etabliert, die kurdische Musik anhand von Phonogramm-Aufnahmen neuinterpretiert und erstmals in der Elbphilharmonie zu hören sein wird. Am Finaltag widmen sich schließlich mehrere Konzerte samt Rahmenprogramm dem Reichtum der Region Dersim, der heutigen Provinz Tunceli.
Eine Konzertreihe widmet sich der Jazz-Harfe. Brandee Younger wandelt mit ihrem kosmisch-majestätischen Spiel auf den Spuren der großen afro-amerikanischen Harfenistinnen Dorothy Ashby und Alice Coltrane (25.10.). Die Schweizerin Julie Campiche entwirft im Quartett mit feinen elektronischen Veränderungen des Harfenklangs eine faszinierende Klangwelt (6.12.). Kathrin Pechlof aus Köln erfindet mit ihrem langjährigen Trio eine aufs Wesentliche reduzierte, geheimnisvolle, zugleich lyrische wie abstrakte Kammermusik (19.1.). Und der Kolumbianer Edmar Castañeda vollbringt auf seinem elektrisch verstärkten Instrument virtuose Hochseilakte (12.3.).
Auch neben diesem Schwerpunkt bietet die Elbphilharmonie wie gewohnt ein reiches Jazz-Programm, das neben Konzerten von Stammgästen wie Brad Mehldau (11.5.), Jason Moran(19.4.) oder Wolfgang Muthspiel (21.10.) auch einige Sonderprojekte umfasst. So präsentiert Cécile McLorin Salvant mit dem großbesetzten und abendfüllenden »Ogresse« ein Lieblingsprojekt, an dem sie Jahre gearbeitet hat (9.3.). Ein besonderes Highlight wird das Elbphilharmonie-Debüt von esperanza spalding im Rahmen eines All-Star-Tribute-Konzerts mit orchestraler Musik des kürzlich verstorbenen Saxofongiganten Wayne Shorter (14.11.).
In den letzten Jahren hat sich die Elbphilharmonie zu einem äußerst beliebten Ort für elektronische Musik entwickelt. In der Reihe »ePhil« tritt in der kommenden Saison unter anderem die kolumbianische Künstlerin Lucrecia Dalt (28.9.) auf, deren Album »¡Ay!« von »The Wire« jüngst als Ereignis gefeiert und von »Pitchfork« mit dem begehrten Label »Best New Music« ausgezeichnet wurde. Hatis Noit (18.1.), zu deren Fans Kultregisseur David Lynch und Producer-Legende Rick Rubin gehören, präsentiert ihre schillernde, zwischen traditioneller japanischer Vokalmusik und Retrofuturismus changierende Gesangskunst. Das Projekt »Ghosted« des Trios rund um den Australier Oren Ambarchi weitet die Grenzen zwischen Minimalismus und Improvisation (8.2.), während Nala Sinephro an der Harfe für stimmungsvollen Ambient-Jazz sorgt (17.4.). Die Berlinerin JakoJako, derzeit Resident DJ im Berghain, sorgt für Club-Feeling im Kaistudio (5.4.), und der audiovisuelle Künstler Max Cooper bringt seine Londoner Beats in den Kleinen Saal (11.11.).
»Krieg und Frieden« lautet in der Saison 2023/24 das Motto des Internationalen Musikfests Hamburg. Mit Olivier Messiaens einziger Oper »Saint François d’Assise« über den Friedensstifter und Heiligen Franz von Assisi bringen Kent Nagano und sein Philharmonisches Staatsorchester an drei Abenden ein ebenso passendes wie aufwendig inszeniertes Großprojekt auf die Bühne des Großen Saals. Alan Gilbert und das NDR Elbphilharmonie Orchester präsentieren beim Eröffnungskonzert Musik von Schönberg, Weill und Ives (26./27.4.). Das komplette Programm wird im November 2023 veröffentlicht.
Mit über 1.000 Veranstaltungen in der Elbphilharmonie und ganz Hamburg ist die Musikvermittlung auch weiterhin ein integraler Bestandteil des Elbphilharmonie-Programms. Viele davon sind Workshops, die Jahr für Jahr von zehntausenden Menschen besucht werden. Mit dem »Elbphilharmonie Soundtracker« gibt es ein neues mobiles Workshop-Angebot zum kreativen Musikmachen. Ein Team von Spezialist:innen aus der Elbphilharmonie fährt zu Schulen und Stadtteilzentren in Hamburg, um gemeinsam mit Jugendlichen und Erwachsenen kreativ zu werden. Dabei werden verschiedene Kunstarten kombiniert, es kommen recycelte und digitale Instrumente zum Einsatz und es können Bilder, Aufnahmen oder Choreografien entstehen. Mit »Let’s play« findet auf der Bühne des Großen Saals ein interaktives Live-Gaming-Konzert statt: Unterschiedliche Computerspiele werden auf großer Leinwand gestreamt und in Interaktion mit Orchestermusik und den Klängen eines Geräuschemachers gespielt (13.2.)
Arien und Concerti von Händel, Vivaldi, Galuppi, Rameau, Hasse u.a.
Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin, 23. Mai 2023
von Peter Sommeregger
Der amerikanische Tenor, genauer gesagt Baritenor, Michael Spyres versetzt die Klassikszene seit einigen Jahren mit seinen vokalen Leistungen in Begeisterung. Der Sänger hat sich ein Repertoire erarbeitet, das ebenso ungewöhnlich wie reizvoll ist. Sein Schwerpunkt liegt auf barocker, virtuoser Literatur – wer aber meint, Spyres darauf reduzieren zu können, greift zu kurz. Auch Partien in Opern Richard Wagners sind bereits im Fokus von Michael Spyres, gespannt darf man von diesem charismatischen Künstler noch viele Überraschungen erwarten. „Michael Spyres und Il pomo d’oro, Arien und Concerti von Händel, Vivaldi, Galuppi, Rameau, Hasse Kammermusiksaal der Philharmonie Berlin, 23. Mai 2023“ weiterlesen
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DIE MITTWOCH-PRESSE – 24. Mai 2023
Umbesetzung bei Bayreuther Festspielen: Volle statt Lundgren
Der „Holländer“ ist dieses Jahr ein anderer als gedacht: Ursprünglich war John Lundgren für die Titelrolle in der Wagner-Oper vorgesehen. Jetzt soll jedoch Michael Volle übernehmen. Das gaben die Bayreuther Festspiele am Dienstag bekannt. Aus privaten Gründen habe John Lundgren sein Engagement zurückgezogen, heißt es in der Mitteilung der Bayreuther Festspiele vom Dienstag. Stattdessen werde Michael Volle die Titelpartie im „Fliegenden Holländer“ übernehmen. Lundgren sang die Rolle bereits bei der Premiere im Jahr 2021. Damals meinte unser Kritiker Bernhard Neuhoff, Lundgren sei ein „eindringliches Rollenporträt“ gelungen – auch wenn man stimmliche Abstriche machen müsse. BR.Klassik.de
Berlin Barrie Kosky: Wir müssen aufpassen, dass Berlin nicht zu Bielefeld wird
Unser Berlin-Fragebogen, diesmal mit dem Opernregisseur Barrie Kosky, der sagt: Ohne bezahlbaren Wohnraum für Künstler und Studenten bleibt Berlin nicht Berlin.
Berlin hat rund 3,8 Millionen Einwohner, und jeder hat seinen eigenen Blick auf die Stadt. Was macht Berlin aus, wieso lebt man hier – und tut man es überhaupt gern? In unserer Rubrik „Fragebogen Berlin“ fragen wir bekannte Hauptstädterinnen und Hauptstädter nach ihren Lieblingsorten und nach Plätzen, die sie lieber meiden. Sie verraten, wo sie gern essen, einkaufen oder spazieren gehen. Aber auch, was sie an Berlin nervt und was man hier auf keinen Fall tun sollte. Berliner Zeitung
Augsburg Deutsche Bildstörung: Augsburg verhebt sich an Beethovens „Fidelio“ Gesprochene Dialoge gibt’s nicht, dafür einen bösen Conférencier – und viel deutsche Assoziationsware. Am Staatstheater Augsburg wird mächtig an Beethovens „Fidelio“ gebastelt. Vergeblich. In den schlimmsten Momenten schrammt der sich plusternde Abend an der Regietheater-Parodie vorbei. Und wirft die eine große Frage auf: Wenn dem Stück mit all den Zutaten „geholfen“ werden muss, wenn man also der Vorlage so misstraut – warum spielt man „Fidelio“ dann überhaupt? MünchnerMerkur.de
Frankfurt/Alte Oper Jonas Kaufmann in Frankfurt: Der holde Tenor Jonas Kaufmanns Tenor hat zwar das warme Timbre eines Baritons, aber die Höhe sitzt und die Tiefe ist im Grunde gar nicht vorhanden. Das zeigte sich in der Alten Oper Frankfurt, wo er erneut Tonios „Prolog“ aus Leoncavallos „Bajazzo“ sang wie schon im vergangenen Sommer in Wiesbaden, diesmal aber wirklich ohne überzeugende Tiefe, während die hohen Töne, die einen Bariton schwer herausfordern, Kaufmanns strahlender Mittellage entgegenkamen. Frankfurter Rundschau
Im Rahmen des Zyklus “FOCUS ’33 (Forschungsreise zu den Ursachen von Verschwinden und Verbleiben)” spielt das Theater Bonn Franz Schrekers Oper “Der singende Teufel”. Es ist dies die siebte Oper des Komponisten, der als einziger im deutschsprachigen Raum Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts mit den Aufführungsziffern von Richard Strauss mithalten konnte. Anfang der 1920er Jahre war Schreker auf dem Höhepunkt seines Ruhmes. Einige Jahre später begann sein Ruhm zu bröckeln.
Theater Bonn, Oper, 21. Mai 2023
Franz Schreker (1878-1934) DER SINGENDE TEUFEL Oper in vier Aufzügen (Libretto: Franz Schreker)
Musikalische Leitung Dirk Kaftan Inszenierung Julia Burbach
Ausstattung Dirk Hofacker
Beethoven Orchester Bonn
Chor und Extrachor des Theater Bonn (Leitung: Marco Medved)
Amandus Herz Mirko Roschkowski Lilian Anne-Fleur Werner
Pater Kaleidos Tobias Schabel
Alardis Dshamilja Kaiser
Ritter Sinbrand von Fraß Pavel Kudinov
Der maurische Pilger Carl Rumstadt
Lenzmar Tae Hwan Yun
von Jean-Nico Schambourg
Andreas K. W. Meyer, der erst kürzlich verstorbene Operndirektor der Oper Bonn, hat sich zeitlebens für die Werke von Franz Schreker eingesetzt, sei es als Dramaturg, sei es als Intendant. Den “Singenden Teufel” aufzuführen ist sicherlich eine große Herausforderung, musikalisch sowie szenisch. Seit 1989 ist er an keiner deutschen Bühne mehr aufgeführt worden.
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DIE DIENSTAG-PRESSE – 23. Mai 2023
London Die Londoner Regents Opera begeistert mit der „Walküre“ im großen Freimaurer-Tempel Die hoch aufragende Londoner „Freemason’s Hall“ im Covent-Garden-Viertel, erbaut um 1930 im Art-Déco-Stil, ist eines der prachtvollsten Gebäude der britischen Hauptstadt. In auffälligem Gegensatz zu Freimaurer-Tempeln in Kontinentaleuropa stehen die Türen dieses Tempels dem Publikum weit offen, es werden regelmäßig Führungen angeboten und, vor allem, kulturelle Veranstaltungen abgehalten. So auch die quasi-konzertante Aufführung von Wagners Ring-Zyklus
Von Dr. Charles Ritterband Klassik-begeistert.de
Welsh National Opera im Mayflower-Theatre „Blaze of Glory!“ – die Welsh National Opera zelebriert die Tradition der walisischen Minenarbeiter-Chöre Die Welsh National Opera – eine der besten Opern-Companies Großbritanniens – geht mit einer Produktion auf Tour, welche den Kern des walisischen Musikschaffens in heiter-unterhaltsamer aber historisch authentischer Weise thematisiert: Die Chöre der walisischen Kohlen-Minenarbeiter. Daraus ist zwar nicht wirklich eine Oper, aber eine Revue entstanden, die sich sehen und hören lässt!
Von Dr. Charles Ritterband Klassik-begeistert.de
Dresden/Sächsische Staatsoper Dramatisch, aufgeregt, abgeklärt und jenseitig: Thielemann dirigiert Mahlers Dritte Die letzte Vorstellung der Meistersinger liegt gerade eine Woche zurück, da steht bei Christian Thielemann schon ein weiteres gewaltiges Opus auf dem Programm. Viel Zeit zum Proben zwischen Oper und diesem 10. Sinfoniekonzert blieb also nicht, aber das sollte der Wiedergabe von Mahlers Dritter nicht zum Nachteil geraten, im Gegenteil: Auch diese – verglichen mit Brucknersinfonien – noch weniger vertraute Partitur ergründete Thielemann tiefgründig bis in kleinste Einheiten hinein.
Von Kirsten Liese Klassik-begeistert.de
Wie eine Zehnkämpferin zeigt sich die Ausnahme-Geigerin Julia Fischer von allen Seiten der Klassik. Sanften, seligsten Bach, zwei zauberhafte Streicherserenaden und selbst ein deftig-heftiges Schnittke-Konzert serviert sie mühelos wie in einer Silberschüssel.
Elbphilharmonie Hamburg, 16. Mai 2023
Academy of St. Martin in the Fields Julia Fischer, Violine und Leitung Lena Neudauer, Violine
Werke von Johann Sebastian Bach, Alfred Schnittke, Edward Elgar und Pjotr Iljitsch Tschaikowsky
von Johannes Karl Fischer
Es ist eine Sache, dieses haarsträubende Doppelkonzert von Alfred Schnittke so scheinbar mühelos zum Klingen zu bringen. Allein schon alle Noten korrekt zu spielen, grenzt an ein wahres Wunder. Und wenn die Weltklasse-Violinistin Julia Fischer mit ihrem federleichten Geigenspiel das ganze Publikum an die Hand nimmt und durch die wunderbare Welt dieser bewusst schrill und dissonant komponierten Klänge führt, wird aus dem wahren Wunder ein höchstes – nein, das höchste – Wunder der Klassik. Plötzlich lässt sich auch diese an sich schwer verdaulich Musik herzhaft goutieren. „Academy of St. Martin in the Fields, Julia Fischer und Lena Neudauer Elbphilharmonie Hamburg, 16. Mai 2023“ weiterlesen
„Stars & Rising Stars“ nennt sich jener Münchner Verein, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, junge aufsteigende Sterne am Himmel des Musikfirnaments mit großen Künstlern auf Münchner Bühnen zusammenzubringen. Einer dieser „Rising Stars“ ist Maximilian Haberstock. Der junge Dirigent, auch als Pianist und Komponist tätig, stellte sich nun dem Münchner Publikum mit seinem von ihm neugegründeten Jungen Philharmonischen Orchester. Mit dem Star-Cellisten Alban Gerhardt und den beiden „Rising Stars“ Tassilo Probst und Naz İrem Türkmen gelang ein großartiges Debüt für Haberstock und sein neues Orchester. Und dennoch: Jung, frisch und affektvoll pointiert musiziert Haberstock nicht, vielmehr warm und erdig, ja sehr deutsch eben. Kann diese „Rückwärtsgewandtheit“ eine Zukunft sein?
Maximilian Haberstock, Dirigent Junges Philharmonisches Orchester München
Alban Gerhardt, Violoncello
Tassilo Probst, Violine
Naz İrem Türkmen, Violine
Carl-Orff-Saal, Gasteig München, 19. Mai 2023
von Willi Patzelt
„Es klang so alt und war doch so neu“. So beschreibt Hans Sachs in seinem „Fliedermonolog“ am Beginn des zweiten Aufzugs von Wagners Meistersingern seinen Eindruck von Stolzings Probegesang. Mit diesem zunächst so widersprüchlich klingenden Wort lässt sich auch das Debüt-Konzert des Jungen Philharmonischen Orchesters München und seines künstlerischen Leiters Maximilian Haberstock beschreiben:
Schon im Beginn von Beethovens Coriolan-Ouvertüre hört man, dass der junge Münchner weniger auf Dramatik durch abrupt abgerissene Tutti-Schläge setzt, sondern vielmehr auf dunklen Existentialismus. Die Darstellung der Unruhe in den tiefen Streichern ist nicht etwa unruhig und spitz, sondern vielmehr mystisch. Auch das von Beethoven so lyrisch eindrückliche Flehen der Frauen um Frieden ist kaum auf Melodiösität poliert; Haberstock stellt vielmehr auf Klangtiefe als auf oberflächliche Affekte ab.