Seltener Frohsinn und Aufstieg aus der Trauer – Tschaikowsky und Mahler strahlen in der Elbphilharmonie

Die enorme Körperspannung ist bei Bell geradezu spürbar, manchmal biegt er sich wie ein Panther, um dann wieder in die Aufrechte zu gehen, so als wolle er den Klangstrahlen, die er erzeugt, nachsehen. Das Solo kostet er aus, indem er jeden einzelnen Ton wahrnimmt und ihm sowie den einzelnen Themen den Strich gibt, den die Klänge verdienen, um blühen zu können. Dafür gibt es nach diesem Satz „Bravo!“, ja „Bravissimo!“-Rufe und man mag es dem Publikum nicht verdenken, dass hier die Begeisterung mit den Applaudierenden durchgeht.

Bell und Gilbert © Andreas Ströbl

Peter Iljitsch Tschaikowsky, Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35

Gustav Mahler, Symphonie Nr. 5 cis-Moll

Alan Gilbert, Dirigent
Joshua Bell, Violine
NDR Elbphilharmonie Orchester

Großer Saal der Hamburger Elbphilharmonie, 3. November 2023

von Dr. Andreas Ströbl

Als Musikjournalist möchte man den Begriff „Kritiker“ am liebsten zur Bezeichnung des eigenen Standes meiden, wenn man die Auslassungen von Eduard Hanslick liest und über die unfassbare Kenntnislosigkeit dieses ehemaligen Kritikerpapstes nur den Kopf schütteln kann. Als Musik, „die man stinken hört“ empfand er eines der großartigsten Werke der Literatur für Violine und Orchester schlechthin, nämlich Tschaikowskys Opus 35, das auch ganz gewiss zu den fröhlichsten, lebensbejahendsten Stücken des Komponisten zählt. „NDR Elbphilharmonie Orchester/Joshua Bell und Alan Gilbert
Elbphilharmonie, 3. November 2023“
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Zauber, da bist Du, da klingst und singst Du! Presto, Maestro!

Bell und Gilbert, Photo: Andreas Ströbl

Und so bleibt es mir nur übrig, dem NDR, Alan, Joshua, Pjotr und Gustav zu danken. Das war nun wirklich überwältigend.

Tadellos! Ja, makellos.


Peter Iljitsch Tschaikowsky, Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 35

Gustav Mahler, Symphonie Nr. 5 cis-Moll

Alan Gilbert, Dirigent
Joshua Bell, Violine
NDR Elbphilharmonie Orchester

Großer Saal der Hamburger Elbphilharmonie, 3. November 2023

von Harald Nicolas Stazol

Jetzt fehlt, liebe Leser, nur noch der Bruderkuss, so, wie David Oistrakh 1969 mit Gennady Roshdeshventsky, sieht ’n büschn aus wie Honecker/Breshniev, nun also – nach DIESEM liebevollsten Tschaikovsky, dank Joshua Bell, danker (sic!) des Dirigats des Alan Gilbert, am Dankesten dem Orchester, das der Hansestadt noch – mark my words! – zu manchem Weltruhm verhelfen wird! „Alan Gilbert, Dirigent, Joshua Bell, Violine, NDR Elbphilharmonie Orchester
Elbphilharmonie, 3. November 2023“
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Rachmaninow-Festival in Baden-Baden: Auf der Suche nach der eigenen Stimme

Daniil Trifonov, Foto: (c) Astrid Ackermann

Zum ersten Mal überhaupt gastiert das Philadelphia Orchestra in Baden-Baden. Unter Chefdirigent Yannick Nézet-Séguin gibt es von Freitag bis Sonntag gleich drei Konzerte ausschließlich mit Musik von Sergei Rachmaninow. In zweien sitzt Daniil Trifonov am Flügel. Auch der zweite Abend beeindruckt zutiefst und birgt Entdeckungen. Fantastisches Blech, beeindruckendes Schlagwerk, delikat spielende Holzbläser und eine hohe Virtuosität wie auch eine Überfülle an Herzblut und Wärme in den Streichern zeichnen dieses Spitzenorchester aus.

Baden-Baden, Festspielhaus, 4. November 2023

Sergej Rachmaninow (1873-1943) – Vocalise op. 34/14; Rhapsodie über ein Thema von Paganini op. 43; Sinfonie Nr. 1 d-Moll op. 13

Daniil Trifonov, Klavier
The Philadelphia Orchestra
Yannick Nézet-Séguin, Dirigent

 von Brian Cooper, Bonn

The Philadelphia Sound erklang mit eindrucksvoller Verve und Leidenschaft auch am zweiten Baden-Badener Abend. Eröffnet wurde dieser zunächst mit der vielleicht berühmtesten Melodie des Komponisten, der kurzen Vocalise in der Fassung für Orchester, die übrigens der Komponist selbst mit dem Philadelphia Orchestra 1929 eingespielt hatte.

Bemerkenswert war hier, wie ein so groß besetztes Orchester mit acht Kontrabässen diese zarte Musik so sanft in den Saal streicheln konnte. Insbesondere die Streicher spielten wie aus einem Guss. Der Mittelteil wogte aufs Schönste, bevor die Musik herrlich verebbte. Und den Samsung-Klingelton, der die Stille entweihte, kann man eigentlich schon in die Partitur schreiben: Es passiert doch immer wieder. „Daniil Trifonov, The Philadelphia Orchestra, Yannick Nézet-Séguin
Baden-Baden, Festspielhaus, 4. November 2023“
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Rachmaninow-Festival in Baden-Baden: Düster und dämonisch – oder: Schwarz und ohne Zucker

Yannick Nézet-Séguin (ML); Danil Trifonov und The Phildelphia Orchestra © Andrea Kremper

Zum ersten Mal überhaupt gastiert das Philadelphia Orchestra in Baden-Baden. Unter Chefdirigent Yannick Nézet-Séguin gibt es von Freitag bis Sonntag gleich drei Konzerte ausschließlich mit Musik von Sergei Rachmaninow. In zweien sitzt Daniil Trifonov am Flügel. Der erste Abend ist nichts weniger als ein Ereignis.

Sergej Rachmaninow (1873-1943) – Klavierkonzert Nr. 4 g-Moll op. 40; Sinfonie Nr. 2 e-Moll op. 27

Daniil Trifonov, Klavier
The Philadelphia Orchestra
Yannick Nézet-Séguin, Dirigent

Baden-Baden, Festspielhaus, 3. November 2023

von Dr. Brian Cooper, Bonn

Zum ersten Mal überhaupt kommt das Philadelphia Orchestra ans Festspielhaus Baden-Baden. Der gute Draht des Intendanten zu Yannick Nézet-Séguin – nach allem, was nach außen dringt, darf man von Freundschaft ausgehen, zumindest schätzt man sich – glüht nach wie vor weiter. Wie zu besten Dortmunder Zeiten kommt Yannick in regelmäßigen Abständen in die von Benedikt Stampa mit sicherer Hand geführten Häuser. „Rachmaninow Festival, Daniil Trifonov, TPO, Yannick Nézet-Séguin, Dirigent
Baden-Baden, Festspielhaus, 3. November 2023“
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Zuviel Vordergründigkeit durch übertriebene KI

Cristiana Oliveira und Milen Bozhkov, Pressefotos: SLT / Tobias Witzgall

Kurzbericht vom 4. November 2023

AIDA
Giuseppe Verdi
In italienischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln

Libretto von Antonio Ghislanzoni nach Auguste Mariette

Salzburg/Landestheater, 4. NOVEMBER 2023 / PREMIERE

von Dr. Klaus Billand

Jedes Jahr geht das Landestheater Salzburg mit einer seiner Produktionen in die nahe Felsenreitschule, was die Erwartungen immer besonders hoch schraubt, zumal in den letzten Jahren mit „Rosenkavalier“ und „Lohengrin“ großartige Inszenierungen unter intelligenter Ausnutzung des ganzen riesigen Bühnenraums gelungen sind.

Dieses Jahr betraute man Andreas Gergen mit der Regie einer neuen „Aida“. Mit seinem Regieteam bestehend aus Bühnenbildner Stephan Prattes, Kostümbildnerin Aleksandra Kica, Lichtdesigner Richard Schlager und Choreograph Reginaldo Oliveira setzte er die Akzente auf äußerliche Facetten der Künstlichen Intelligenz im Rahmen von bisweilen überaus (kosmisch) plastischen und den eigentlichen Gehalt des Stückes verfremdenden Computer-Animationen. Hatte man die Virtual Reality-Brillen bei den Bayreuther Festspielen im vergangenen Sommer noch auf der eigenen Nase, so sind sie nun schon – schneller als zu erwarten gewesen wäre – auf die Sängerdarsteller übergelaufen, die sich damit nun bisweilen allzu sehr abmühen müssen und sie offenbar recht gern immer wieder ablegen… „Giuseppe Verdi, Aida
Salzburg/Landestheater, 4. NOVEMBER 2023 / PREMIERE“
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Ein streng-spartanischer „Don Carlo“ in schwarz-weiß

Don Carlo, Berlin © Monika Rittershaus

Don Carlo
Musik von Giuseppe Verdi

OPER IN VIER AKTEN (1867/1884)
Text von François Joseph Pierre Méry und Camille Du Locle nach Friedrich Schiller

Staatsoper Unter den Linden, Berlin, 8. Oktober 2023

von Dr. Klaus Billand

Einen Abend nach der Wiederaufnahme der legendären „Elektra“-Inszenierung von Patrice Chéreau zu seinem 10. Todestag mit dem Abschied von KS Waltraud Meier als Klytämnestra von der Opern-Bühne gab es am Haus unter den Linden eine interessant besetzte WA von Giuseppe Verdis „Don Carlo“ in der Regie von Philipp Himmelmann. Besonders interessant erschien die Besetzung von Falk Struckmann als Großinquisitor, der auch im Symposium „Regietheater in der Oper – ein Irrweg?“ am 23. und 24. November im Ehrbar Saal im MusikQuartier in Wien teilnehmen wird. „Giuseppe Verdi, Don Carlo
Staatsoper Unter den Linden, Berlin, 8. Oktober 2023“
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Mangelnde Individualität in universellem Design

Arena di Verona 2023, Aida © Dr. Charles Ritterband

Dieser Inszenierungsstil könnte ein Vorgeschmack darauf sein, was zu erwarten ist, wenn die Kunstform Oper sich endgültig zum Event entwickelt. Das ist ja hier und da, nicht zuletzt mit dem Zuspruch vieler junger Besucher, schon festzustellen. Sie wird dann irgendwann ihren ursprünglichen Charakter, ihre Kern-Aussage, ihren Charme und ihre künstlerische Intimität verlieren…

AIDA
Giuseppe Verdi

Arena di Verona, Neuinszenierung, 8. September 2023 


von Dr. Klaus Billand

Die diesjährige Neuinszenierung von Giuseppe Verdis „Aida“ durch Stefano Poda setzte ganz und gar andere Akzente als die sonstigen beim 100. Jubiläum des Festivals der Fondazione Arena di Verona zu sehenden klassischen Inszenierungen von Franco Zeffirelli. Das muss an sich kein Nachteil sein, denn die Zeit ist durchaus reif, dass sich auch in der Arena zumindest teilweise ein interessanter, gleichwohl werkimmanenter modernerer Inszenierungsstil zeigt. „Nachbericht: AIDA, Giuseppe Verdi
Arena di Verona, NI vom 8. September 2023 “
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DIE SONNTAG-PRESSE – 5. NOVEMBER 2023

Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko © Monika Rittershaus

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE SONNTAG-PRESSE – 5. NOVEMBER 2023

Berlin/Philharmonie
Kirill Petrenko wirbelt durch drei Jahrhunderte der Musikgeschichte
Wenn Kirill Petrenko nicht schon längst seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt hätte, mit diesem Konzertprogramm wäre es ihm endgültig gelungen. Mozart, Berg und Brahms an einem Abend auf das Programm zu setzen ist ungewöhnlich, aber mit einem Klangkörper der ersten Garnitur wie den Berliner Philharmonikern gelingt das Wagnis.
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de

Hamburg/Elbphilharmonie
Seltener Frohsinn und Aufstieg aus der Trauer – Tschaikowsky und Mahler strahlen in der Elbphilharmonie
Als Musikjournalist möchte man den Begriff „Kritiker“ am liebsten zur Bezeichnung des eigenen Standes meiden, wenn man die Auslassungen von Eduard Hanslick liest und über die unfassbare Kenntnislosigkeit dieses ehemaligen Kritikerpapstes nur den Kopf schütteln kann. Als Musik, „die man stinken hört“ empfand er eines der großartigsten Werke der Literatur für Violine und Orchester schlechthin, nämlich Tschaikowskys Opus 35, das auch ganz gewiss zu den fröhlichsten, lebensbejahendsten Stücken des Komponisten zählt.
Von Dr. Andreas Ströbl
Klassik-begeistert.de

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Kirill Petrenko wirbelt durch drei Jahrhunderte der Musikgeschichte

Kirill Petrenko © Monika Rittershaus

Wolfgang Amadeus Mozart
Symphonie Nr. 29

Alban Berg
Drei Orchesterstücke op.6

Johannes Brahms
Symphonie Nr. 4

Kirill Petrenko
Berliner Philharmoniker

Philharmonie Berlin, 3. November 2023

von Peter Sommeregger

Wenn Kirill Petrenko nicht schon längst seine Vielseitigkeit unter Beweis gestellt hätte, mit diesem Konzertprogramm wäre es ihm endgültig gelungen. Mozart, Berg und Brahms an einem Abend auf das Programm zu setzen ist ungewöhnlich, aber mit einem Klangkörper der ersten Garnitur wie den Berliner Philharmonikern gelingt das Wagnis. „Mozart, Berg und Brahms, Kirill Petrenko, Berliner Philharmoniker
Philharmonie Berlin, 3. November 2023“
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Mit innerlicher Wagner-Magie verzaubert das Laeisz-Ensemble die Hamburger Kammermusikszene

Schumann, Beethoven, Wagner: Selbst in diesen viel bespielten Ecken der Klassik liegen scheinbar noch reichlich unentdeckte Schätze. Klaviersonaten, Märchenszenen und selbst die Wesendonck-Lieder klingen in kammermusikalischer Bearbeitung innerlich wie noch nie, die drei Star-Komponisten wären begeistert gewesen! Und die Hamburger Symphoniker beweisen wieder einmal ihre herausragende künstlerische Kreativität wie Qualität.

2. Kammerkonzert der Saison 2023/24
Laeisz-Ensemble, bestehend aus Mitgliedern der Hamburger Symphoniker

Werke von Robert Schumann, Richard Wagner und Ludwig van Beethoven, bearbeitet von Fabian Dobler

Laeiszhalle Hamburg, Kleiner Saal, 2. November 2023

von Johannes Karl Fischer

Orchestral sind die Beethoven’schen Klaviersonaten auch ohne Oboen und Fagotte. Jetzt aber mal Nägel mit Köpfen: Die unspielbare Hammerklaviersonate ganz ohne Flügel und mit Instrumentaloktett? Mit Vergnügen, doch! Ein buntes Klangfarbenspektrum lässt die Blumen der Pastoralen blühen, die Sonate „quasi una Fantasia“ phantasiert nun zu acht und nicht mehr allein. Gänzlich neue Facetten der Beethoven’schen Klaviermusik lässt Fabian Doblers kammerorchestrale Fassung dieser vier Sätze aus vier Sonaten erklingen. „2. Kammerkonzert der Saison 2023/24
Laeiszhalle Hamburg, 2. November 2023“
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