„Albert ist aus gutem Holz“ – Das Theater Lübeck zeigt Brittens einzige komische Oper

Foto: © TL/Olaf Malzahn

Albert Herring. Komische Oper von Benjamin Britten

Takahiro Nagasaki, Dirigent
Stephen Lawless, Inszenierung

Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck

Theater Lübeck, 10. März 2023 PREMIERE

von Dr. Andreas Ströbl

Mit „Albert Herring“ beschließt das Theater Lübeck seine Britten-Trilogie nach „Owen Wingrave“ und „The Turn oft the Screw“, allesamt inszeniert von Stephen Lawless, der im Januar auch Mozarts „Figaro“ auf die Bühne der Hansestadt brachte.

Benjamin Britten zielt in der 1947 uraufgeführten Satire auf die bigotte Doppelmoral britischer Kleinbürger, indem er eine humorvoll überzeichnete Geschichte vom vermeintlichen Lob der Tugend und dem Ausbruch aus den spießigen Moralvorstellungen im viktorianischen England erzählt. Diese Geschichte beginnt mit der Kür der Maikönigin in der fiktiven Ortschaft Loxford; allerdings besteht keines der Mädchen aus der Kleinstadt vor den gestrengen Augen der selbsternannten Sittenrichterin Lady Billows und so einigt man sich auf das naive Muttersöhnchen Albert Herring, weil der Junge „aus gutem Holz“ sei. Während seiner „Krönung“ wird er jedoch Opfer eines Spaßes von Nancy und Sid, eines Liebespaars aus der Unterschicht; die beiden schütten ihm heimlich Rum in die Limonade, was ihn auf einen Schlag all seiner Hemmungen beraubt. Albert kostet endlich das, was allgemein als „Sünde“ bezeichnet wird. „Albert Herring. Komische Oper von Benjamin Britten
Theater Lübeck, 10. März 2023 PREMIERE“
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Ein Heldentenor wird wiederentdeckt: Horst Wolf, Jahrgang 1894

Buch und CD-Rezension:

Die Wolfserzählung

Lebenserinnerungen des Dessauer
Heldentenores Dr. Horst Wolf

Kamprad Verlag

Die wiederentdeckte Stimme
Heldentenor Dr. Horst Wolf

5 CDs Querstand VKJK 2207

 von Peter Sommeregger

Im Jahr 2020 erschien die Autobiographie des Sängers Dr. Horst Wolf, zu diesem Zeitpunkt war der promovierte Techniker und Heldentenor aber bereits vierzig Jahre tot. Wolf, der in seiner sängerisch aktiven Zeit ein umfangreiches Rollenspektrum abdeckte, machte aber hauptsächlich in den Heldentenor-Partien Richard Wagners Furore. Es ist erstaunlich genug, dass es für den Sänger nicht zu einer internationalen Karriere kam. Freilich gastierte er immer wieder an bedeutenden Häusern wie Wien und Dresden, am Ende blieb Wolf aber doch seinem Stammhaus, dem Landestheater Dessau treu. „Buch und CD-Rezension: Die Wolfserzählung und Die wiederentdeckte Stimme, Dr. Horst Wolf
klassik-begeistert.de, 11. März 2023“
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Spielplan Staatsoper Hamburg Saison ’23/24 – was bleibt ist das umfangreiche Ballettrepertoire von John Neumeier

© Westermann, Staatsoper Hamburg

Der Blick auf die neue Saison der Staatsoper Hamburg ist nicht ungetrübt, lockt aber auch in viele interessante und vor allem gesanglich gut besetzte Aufführungen

Warum aber die Opern Wagners praktisch nicht mehr aufgeführt werden, insbesondere der Ring des Nibelungen, obwohl es dafür ein großes Publikum gibt, bleibt blamabel für ein so großes und bedeutendes Opernhaus wie die Staatsoper Hamburg. Gesanglich setzt sich der in der vorletzten Saison begonnene Wiederaufstieg aber fort. Das hat mit dem Aufbau eines herausragenden Sängerensembles zu tun, aber auch mit dem Engagement zahlreicher bekannt guter Sängerinnen und Sänger.

von Dr. Ralf Wegner

Eine Frage vorweg: Wer besucht eine Oper allein wegen der Inszenierung oder des Bühnenbildes mehrmals? Es wird wohl einige geben, ich kenne aber niemanden. Sind es nicht die Sängerinnen und Sänger und vielleicht noch die Dirigenten, die uns immer wieder in das Opernhaus ziehen? Mit musikalischer Gestaltung und großer Gesangskunst werden wir gelockt und lassen uns berühren von Stimmen, die tiefen Einblick in Seelenlandschaften vermitteln. Jede Besetzung ist anders und führt zu neuen Blicken auf das Stück, während sich der Inszenierungseffekt schnell abnutzt und sich nicht selten ins Gegenteil verkehrt. „Saison ’23/24 Staatsoper Hamburg
11. März 2023“
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Düstere Seelenstürme bei Verdis Otello in Leipzig

Foto:© Ida Zenna, Iulia Maria Dan und Xavier Moreno als Desdemona und Otello

Gepaart mit einer aufrührerischen musikalischen Leitung gelingt der Neuinszenierung von Verdis vorletzter Oper in Leipzig der Kraftakt, dieses Meisterwerk ohne offensichtliche Aktualisierungen zu vergegenwärtigen und betörend zu psychologisieren. Der erste „Bravo“-Ruf zur Pause grätscht klanglich fast noch in den letzten Ton hinein – fürchterlich, wenn man diese große Musik angemessen ausklingen lassen möchte, aber dennoch nachvollziehbar.

Giuseppe Verdi
Otello
Dramma lirico in vier Akten | Libretto von Arrigo Boito,
nach der Tragödie »Othello« von William Shakespeare

Anna Skryleva, Dirigentin
Gewandhausorchester Leipzig

Monique Wagemakers, Regie
Dirk Becker, Bühnenbild

 Oper Leipzig, 10. März 2023

von Leander Bull

Bereits in den anfänglichen dreißig Sekunden nach dem ersten Schwung des Taktstocks werden alle Stärken des neuen Otello an der Oper Leipzig offensichtlich: Verdis reife Musik, stürmisch und feinfühlig zugleich; ein Dirigat, welches das Orchester bis in die kräftigsten Höhen hinaufsteigen lässt ohne grob zu werden; eine Inszenierung, die mit der Musik arbeitet, und doch darüber hinausgeht. Wer hier den Verdi-Regelbetrieb erwartet, der nochmal in der Mottenkiste kramt, wird enttäuscht werden – zum Glück.

„Giuseppe Verdi, Otello
 Oper Leipzig, 10. März 2023“
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DIE SAMSTAG-PRESSE – 11. MÄRZ 2023

Barrie Kosky © Juergen Pathy

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE SAMSTAG-PRESSE – 11. MÄRZ 2023

Pathys Stehplatz (22) – „Figaro“ an der Wiener Staatsoper: Barrie Koskys zweiter Streich, folgt so gleich
Bühne frei für Glamour pur. Das heißt es ab 11. März 2023 an der Wiener Staatsoper. Da lässt Barrie Kosky nämlich seine Deutung des Da Ponte-Mozart-Meisterwerks „Le nozze di Figaro“ von der Leine. Erwarten darf man viel: Nicht nur optische Reize, die da womöglich wieder über die Bretter flitzen könnten. Kosky ist bekannt für seine ausgefeilte Personenführung. Auch vielversprechende Stimmen, wie die Susanna der Neuproduktion, die bereits im Vorfeld eine Kostprobe geboten hat.
Klassik-begeistert.de

Ladas Klassikwelt 104: The Royal Opera House Muscat in Oman verbindet musikalisch Orient und Okzident
Wie eine vom Grün umgebene Perle präsentiert sich das Royal Opera House Muscat, umkreist von orientalischen Gärten. Die Aussicht auf dieses wunderschöne Gebäude aus Marmor, Holz und Glas ist atemberaubend. Ich kam dorthin während einer Kreuzfahrt, entlang des südöstlichen Teils der Arabischen Halbinsel. Am fünften Tag erreichte unser Schiff die Hauptstadt von Oman, Muscat. Ohne Zögern habe ich eine Besichtigung der dortigen Königlichen Oper von allen Ausflugsangeboten gewählt.
Klassik-begeistert.de

Nürnberg
„Die Großherzogin von Gerolstein“ am Staatstheater Nürnberg: Ordnung muss sein
Es scheint das Stück der Stunde: Nach dem Münchner Gärtnerplatztheater huldigt auch das Staatstheater Nürnberg Offenbachs Kriegssatire „Die Großherzogin von Gerolstein“. Schlachten gibt es keine zu sehen, dafür einen Trupp von Archivaren.
MuenchnerMerkur

Köln/Philharmonie
„Wir zerhusten die himmlischen Freuden“
Insgesamt ein spannender Abend, der ein aufmerksameres und respektvolleres Publikum verdient hätte. Barbara Hannigan und das LSO mit Messiaen und Mahler in der Kölner Philharmonie.
Von Brian Cooper
Klassik-begeistert.de

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Es siegt die Wahrheit über das Vergnügen

Emmanuelle Haïm (Foto: Marianne Rosenstiehl)

Georg Friedrich Händel: „Il trionfo del tempo e del disinganno“

Elsa Benoit  Sopran
Julia Lezhneva Sopran
Iestyn Davies Countertenor
Anicio Zorzi Giustiniani Tenor

Berliner Philharmoniker
Emmanuelle Haïm Dirigentin

Philharmonie, Berlin, 9. März 2023

von Kirsten Liese

Das 1707 uraufgeführte Oratorium, das Händel im Alter von 22 Jahren in Rom schrieb, ist ein bemerkenswertes, ungewöhnliches Stück ohne Chor mit nur vier Allegorien als Figuren.

Protagonistin ist Bellezza, die Schönheit, die zunächst Piacere, dem weltlichen Vergnügen, verfällt, im Laufe des Diskurses mit der Erkenntnis (Disinganno) und der Zeit (Tempo) aber zu der Einsicht kommt, dass alles Irdische vergänglich ist und sich deshalb der göttlichen Wahrheit verschreibt. „Georg Friedrich Händel: „Il trionfo del Tempo e del Disinganno“
Philharmonie Berlin, 9. März 2023“
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Pathys Stehplatz (22) – „Figaro" an der Wiener Staatsoper: Barrie Koskys zweiter Streich, folgt so gleich

Foto: Barrie Kosky © Jürgen Pathy

Bühne frei für Glamour pur. Das heißt es ab 11. März 2023 an der Wiener Staatsoper. Da lässt Barrie Kosky nämlich seine Deutung des Da Ponte-Mozart-Meisterwerks „Le nozze di Figaro“ von der Leine. Erwarten darf man viel: Nicht nur optische Reize, die da womöglich wieder über die Bretter flitzen könnten. Kosky ist bekannt für seine ausgefeilte Personenführung. Auch vielversprechende Stimmen, wie die Susanna der Neuproduktion, die bereits im Vorfeld eine Kostprobe geboten hat.

von Jürgen Pathy

Welcome to the Kosky jungle

„Wie Priscilla Presley, die gerade zu Elvis in den jungle room geht.“ Bei der Sonntagsmatinee offenbart Bogdan Roščić seine Assoziationen zu dieser Neuproduktion. So deutet zumindest er die Szene, wenn der Graf im „blauen Samtanzug“ erscheint. Den trägt Andrè Schuen zu Schau. Der italienische Bariton, der in die Rolle des Grafen schlüpft und auf sein Recht des Grundherrn pocht. „Ius primae noctis“ – das Recht der ersten Nacht. Die steht beim Figaro im Mittelpunkt des Geschehens.

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„Wir zerhusten die himmlischen Freuden“

Foto: Barbara Hannigan ©Marco Borggreve

Insgesamt ein spannender Abend, der ein aufmerksameres und respektvolleres Publikum verdient hätte.

Barbara Hannigan und das LSO mit Messiaen und Mahler in der Kölner Philharmonie.

Olivier Messiaen (1908-1992) – L’Ascension. Quatre méditations symphoniques für Orchester

Gustav Mahler (1860-1911) – Sinfonie Nr. 4 in G-Dur

London Symphony Orchestra
Aphrodite Patoulidou, Sopran
Barbara Hannigan, Dirigentin

Kölner Philharmonie, 9. März 2023

von Brian Cooper, Bonn

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, in Mahlers Wunderhorn-Sinfonien 2-4 mit dem Bühnenauftritt der Gesangssolistinnen und Chormitglieder umzugehen, wenn sie erst nach etwa einer Stunde ihre Stimmbänder schnurren lassen. Entweder sie betreten ganz zu Beginn mit dem Orchester die Bühne und müssen lange ausharren, bis es für sie losgeht, nicht selten mit einem Glas Wasser unterm Sitz; oder aber sie treten unmittelbar vor dem Satz auf, in dem sie singen, was unweigerlich zu störendem Zwischenapplaus führt. „Olivier Messiaen und Gustav Mahler, London Symphony Orchestra, Barbara Hannigan, Dirigentin
Kölner Philharmonie, 9. März 2023“
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Ladas Klassikwelt 104: The Royal Opera House Muscat in Oman verbindet musikalisch Orient und Okzident

Foto: The Royal Opera House Muscat von Außen

von Jolanta Łada-Zielke (Text und Fotos)

Wie eine vom Grün umgebene Perle präsentiert sich das Royal Opera House Muscat, umkreist von orientalischen Gärten. Die Aussicht auf dieses wunderschöne Gebäude aus Marmor, Holz und Glas ist atemberaubend. Ich kam dorthin während einer Kreuzfahrt, entlang des südöstlichen Teils der Arabischen Halbinsel. Am fünften Tag erreichte unser Schiff die Hauptstadt von Oman, Muscat. Ohne Zögern habe ich eine Besichtigung der dortigen Königlichen Oper von allen Ausflugsangeboten gewählt. „Ladas Klassikwelt 104: The Royal Opera House Muscat in Oman verbindet musikalisch Orient und Okzident“ weiterlesen

DIE FREITAG-PRESSE – 10. MÄRZ 2023

Foto: Krieg und Frieden 2023 © W. Hoesl

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE FREITAG-PRESSE – 10. MÄRZ 2023

München
„Krieg und Frieden“ von Sergej Prokofjew : Wer ist hier der Aggressor?
Lässt sich Sergej Prokofjews Oper Krieg und Frieden, dieser Breitwand-Torso, heute wirklich so musizieren und inszenieren, dass daraus ein Kommentar zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wird? Über allem schwebt die Debatte, ob man der westlichen Öffentlichkeit während des Krieges überhaupt Zeugnisse russischer „Staats“-Kultur zumuten will, soll, darf oder kann, zumal in solcher Ballung. …zweischneidig mutet das ehrgeizige Unternehmen selbst an. Weil es suggeriert, Kunst und Musik stünden per se auf der richtigen Seite; und weil die Münchner Verantwortlichen zu einem erstaunlich groben Besteck greifen, damit sie es auch in diesem Fall tun. Was bleibt, ist ein doppeltes Unbehagen. Darf ein Komponist politisch derart „verbessert“, ja zensiert werden? Und: Wie soll man von so viel Russland abstrahieren und je auf die Ukraine kommen? Prokofjew, mit Verlaub, hat weder Tschaikowskys Seele noch Schostakowitschs Scharfsinn.
DieZeit.de

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