Sommereggers Klassikwelt 147: Gundula Janowitz zum 85. Geburtstag

Foto: Matinee 20151011 KS Janowitz und KS Ludwig, youtube.com

von Peter Sommeregger

Die Tochter eines deutsch-österreichischen Ehepaares wurde zwar in Berlin geboren, wuchs aber in Graz auf, wo sie das Konservatorium besuchte. Ein Stipendium der Grazer Richard-Wagner-Gesellschaft ermöglichte ihr einen Aufenthalt in Bayreuth, wo sie bereits 1960 als Blumenmädchen im „Parsifal“ unter dem legendären Hans Knappertsbusch debütierte.

Ihre glasklare, leuchtende Höhe war so unverwechselbar, dass gleich mehrere Dirigenten der Spitzenklasse sie gleichzeitig entdeckten. Karl Böhm erneuerte 1963 eine alte Tradition, als er zum Auftakt der Festspiele Beethovens 9. Symphonie aufführte, mit der noch weitgehend unbekannten Gundula Janowitz als Sopran-Solistin. Herbert von Karajans erster Beethoven-Zyklus für die Deutsche Grammophon wurde ihre erste Schallplatten-Aufnahme, mit dem Solo in der 9. Symphonie brannte sich die Charakteristik dieser Stimme ins Ohr der Klassik-Szene. Die weiteren Karriere-Schritte ergaben sich schnell. Karajan holte sie ins Ensemble der Wiener Staatsoper, wo sie anfangs in kleinen Rollen bereits sehr positiv auffiel. Dem Wiener Publikum war zu diesem Zeitpunkt unverständlich, dass der große Otto Klemperer die Sängerin für seine, inzwischen legendäre und unerreichte „Zauberflöte“-Einspielung als Pamina besetzte, die Janowitz am Wiener Haus aber noch Mägde in „Elektra“ und andere „Wurzen“, wie der Wiener sagt, singen musste. „Sommereggers Klassikwelt 147: Gundula Janowitz zum 85. Geburtstag
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Bayreuth: Castorf inszenierte gegen die Musik – Valentin Schwarz inszeniert gegen das Stück

Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Bayreuther Festspiele, 31. Juli und 1. August 2022

Richard Wagner
Rheingold (31. Juli 2022) PREMIERE
Die Walküre (1. August 2022)

 Dr. Klaus Billand

Der neue Bayreuther „Ring des Nibelungen“ in der Inszenierung des bis davon völlig Wagner-unerfahrenen Oberösterreichers Valentin Schwarz steht bei der Hälfte. So sind ein paar Beobachtungen schon möglich und durchaus angezeigt, obwohl man gerade bei der Tetralogie von Richard Wagner den Tag nicht vor dem Abend bewerten (statt loben) sollte, d.h. erst nach der „Götterdämmerung“. Nach der präsentiert sich auch das leading team erstmals dem Publikum vor dem Vorhang. Und da ist schon jetzt für große Unruhe gesorgt, deren erster Teil sich gleich nach den letzten Takten des „Rheingold“ in einem signifikanten Buh-Sturm entlud.

Das, was man vom Einspringer Cornelius Meister mit dem Festspielorchester in nur etwas mehr als 2 Stunden und 20 Minuten erlebt hatte, war dezent gesagt höchst ungewöhnlich und auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig, wenn es denn je gelänge… Klar wurde schnell, auch gestern Abend bei der „Walküre“-Premiere, dass der „Ring“ auf diese Weise wohl nur von jemandem konzipiert und interpretiert werden kann, der – auch wenn er sagt, das Stück habe ihn von früher Jugend an schon beschäftigt – ein großes Vakuum an Aufführungs-Erfahrung und damit auch Würdigung der Inszenierungsstile und Interpretationen der letzten 40-50 Jahre, und nicht nur in Bayreuth, aufweist.

Nur damit ist auch zu erklären, dass man sich so frei von praktisch allen Regieanweisungen Wagners und selbst so elementaren Requisiten wie Ring, Speer, Schwert, Tarnhelm und einigen anderen machen kann, um nicht zu sagen, sie zu ignorieren. Dabei sind sie doch alle in Text und Partitur vertreten, ja mit letzterer strukturell im Rahmen des Gesamtkunstwerk-Gedankens verflochten. „Richard Wagner Rheingold (31. Juli 2022) PREMIERE Die Walküre (1. August 2022)
Bayreuther Festspiele, 31. Juli und 1. August 2022“
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Wotan-Weltstar bricht mit Liege in Bayreuth zusammen, spielt weiter – und muss dann aufgeben

Musi und Stimmen hui!
Regie pfui!

Bayreuther Festspiele, 1. August 2022
Richard Wagner, Die Walküre

Fotos: Enrico Nawrath

von Andreas Schmidt

Berichten wir es sachlich: Bei der Bayreuther RING-Premiere der „Walküre“ hat sich „Wotan“-Sänger Tomasz Konieczny am Montagabend so schwer verletzt, dass er nicht weitersingen konnte. Für ihn sprang im dritten Aufzug der Richard-Wagner-Oper kurzfristig ein Kollege ein.

Der Welt-Star Konieczny hatte sich die Verletzung im zweiten Aufzug zugezogen, als er sich in einen Eames Chair fallen ließ, dessen Rückenlehne daraufhin abbrach. Von seiner Verletzung war zunächst nichts zu merken. Er brachte den zweiten Akt mehr als professionell zu Ende.

Doch nach der Pause kehrte er nicht auf die Bühne zurück. Der Pressesprecher der Bayreuther Festspiele, Hubertus Herrmann, trat vor Beginn des dritten Aufzugs vor den Vorhang und informierte die Zuschauer über die kurzfristige Umbesetzung. Michael Kupfer-Radecky sprang kurzfristig ein.

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Tomasz Konieczny (* 10. Januar 1972 in Łódź) ist ein polnischer Opernsänger (Bass/Bassbariton) und Schauspieler. Er gilt vielen professionellen Beobachtern als der beste „Holländer“ der Welt und der beste Wotan der Welt. Im vergangenen Sommer passierte Unglaubliches bei
den Münchner Opernfestspielen. Tomasz sang die erste Arie so unglaublich viril und stark, dass hunderte Menschen im Nationaltheater anfingen, Applaus zu spenden – ein absolutes NoGo bei Wagner-Opern während der Aufführung.

Jahrelang war Tomasz Konieczny in DEM Opernhaus der Welt – Wiener Staatsoper – DER Wotan, frenetisch gefeiert nach dem „Rheingold“, der „Walküre“ und als Wanderer im „Siegfried“.

Bayreuther Festspiele 2022; Walküre; Insz. Valentin Schwarz

An diesem Abend auf dem Grünen Hügel in Bayreuth, Oberfranken, war Tomasz Konieczny ein richtig guter Wotan. Gottgleich mit Tiefen, die einen erschaudern ließen… und auch im piano butterweich und cremig.

Dann die Szene im zweiten Aufzug: Tomasz Konieczny setzt sich in seinen Chair, lehnt sich nach hinten – und potz der Blitz: fällt mit der Lehne nach hinten auf den Boden.

Und dann das Tier, dieser Mann ist extrem ehrgeizig: Er spielt einen Wotan, dem dieses Unglück – von der Regie her – absichtlich passiert ist. Er schmeißt die Lehne noch mal auf den Boden, tritt sie, ja, Tomasz ist ein ausgebildeter Schauspieler…

Der Pole singt danach ohne mit der Miene zu zucken weiter… Niemand im Saal ahnte, dass er große Schmerzen hatte. Der Bassbariton sang mit einer Power, einer Hingabe, die kaum zu überbieten war. Seine virile Stimme offenbarte schier unendliche Kraftreserven. Der Publikumsliebling an der Wiener Staatsoper konnte in allen Lagen vollends überzeugen, auch in leiseren, zarteren Passagen.

Michael Kupfer-Radecky sang die Partie sehr gut zu Ende und bekam einen verdienten, tosenden Applaus. Ihn zeichnet ein sehr erlesen-baritonales Timbre aus, sehr angenehm, mit feinen Nuancen. Die Ultra-Power eines Konieczny zum Schluss des dritten Aktes hat er nicht. Allein, nur seine Professionalität als Cover hat diese Aufführung gerettet.

Ich sprach nach Ende der Aufführung mit Tomasz Konieczny: „Ich habe eine Prellung – der Festspielarzt hat sofort gesagt, es geht nicht weiter. Ich mache am Dienstag weitere Untersuchungen und werde dann sehen, ob ich den Wanderer im ‚Siegfried‘ am Mittwoch singen kann“, sagte der Pole.

Das Team von klassik-begeistert.de wünscht dem Wotan unserer Tage gute Besserung. Glücklicherweise ist Tomasz’ Frau mit ihm in Bayreuth.

Ich sprach nach der Aufführung auch mit einem renommierten Mediziner. Prof. em. Dr. med. Markus Schneider, Departement Anästhesie, Universitätsspital Basel, Schweiz, sagte:

„Als Besucher der Walküre kam mir der Gedanke, als der Designerstuhl in Brüche ging, als sich der Sänger des Wotan schwungvoll hinsetzte, dass es sich um einen potenziell gefährlichen Regieeinfall handelte; obwohl der Sänger mit einem Krach, der bis zu meinem Sitzplatz in der 23. Reihe gut hörbar war, auf den Rücken gestürzt war. Da Tomasz Konieczny ohne sichtbare Behinderung weiterspielte, wurde ich in dieser Annahme bestärkt.

Erst die Mitteilung vor dem 3. Aufzug, dass Tomasz Konieczny wegen dieses Zwischenfalls nicht weiterspielen könne, hat das Bild verändert.

Aus persönlicher Erfahrung drängten sich mir folgende Fragen auf:

Der Sänger hat Glück gehabt, wenn er sich beim Sturz wirklich „nur“ eine Prellung zugezogen hat.

Da es sich um einen Zwischenfall handelt, der gegebenenfalls von der Unfallversicherung des Theaters übernommen werden müsste, falls später Komplikationen auftreten, würde diese wahrscheinlich objektive Befunde durch eine Bildgebung (MRT oder CT) verlangen. Deshalb würde ich, auch wenn die Situation dies heute Abend noch nicht als vordringlich hat erscheinen lassen, als Betroffener auf einen Ausschluss einer Verletzung knöcherner Strukturen (Wirbelsäule) nicht verzichten, auch wenn es nur aus Sicherheitsüberlegungen ist.“

Den meisten Applaus an diesem Abend bekam Lise Davidsen (Sieglinde), kurz gefolgt von Klaus Florian Vogt (Siegmund), Wotan-Einspringer Michael Kupfer-Radecky und Georg Zeppenfeld (Hunding),

Der Wagner-Shooting-Star der letzten Jahre, Lise Davidsen, 35, wurde als Sieglinde erneut allen höchsten Erwartungen mehr als gerecht. Ihr runder, dunkel timbrierter Sopran strahlt in allen Lagen souverän und verfügt im Timbre über eine Fülle individueller Farben. Da glüht etwas in dieser Stimme, das an ihre Landsfrau Kirsten Flagstad erinnert. Die beste weibliche Wagner-Sängerin der Welt bekam den meisten Applaus. Ja: Brava-Stürme! Frau Davidsen geht stimmlich schon fast in den dramatischen Bereich, sie ist etwas vibratoreicher als im Vorjahr. Möge Sie bitte Ihre Jahrhundertstimme gut pflegen.

„Richard Wagner, Die Walküre
Bayreuther Festspiele, 1. August 2022“
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Klaus Florian Vogt und Lise Davidsen sind das neue Bayreuther Traumpaar

Foto: Lise Davidsen (Sieglinde), Klaus Florian Vogt (Siegmund). Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Klaus Florian Vogt und Lise Davidsen sind als Wälsung-Braut- und Zwillingspaar DIE Traumbesetzung des 21. Jahrhunderts. Auf eine viel kritisierte Rheingold-Inszenierung folgt eine umjubelte szenische Walküre-Darbietung. Überschattet wurde die lang ersehnte Walküre-Premiere leider von einem Bühnenunfall, weshalb sich zwei Ausnahme-Sänger den Wotan teilen mussten.

Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 1. August 2022

Walküre
Musik und Libretto von Richard Wagner

Bühnenunfall überschattet geteilten Wotan-Auftritt

von Peter Walter

„Wälse! Wälse!“, singt Siegmund, Oktavsprünge über einem dicken Tremolo-Streicherklang. Klingt so, als würde ein Gewichtheber das Festspielhaus mit einer Hand hochheben. Völlig mühelos und trotzdem voller Kraft, das kann auch nur Klaus Florian Vogt. So geht das den ganzen ersten Aufzug, so klingt ein siegender Siegmund. Gibt es eigentlich eine Wagner-Rolle, die der Holsteiner im Moment nicht abräumt?

Natürlich hört man, dass seine Stimme sich wandelt.  Die vibratoarme Lyrik – einst sein Stolzing-Markenzeichen – weicht einem heldenhafteren, intensiveren Klang. Muss auch so sein, spätestens, wenn er sich nächstes Jahr an den Siegfried wagt. Oder doch nicht? Winterstürme wichen dem Wonnemond, die berühmte Liebesarie des Siegmunds, da schwebt sein Gesang nur noch in der Luft, eben auf linden Lüften. Kein Held mit dem Schwert, stattdessen fließen die Worte wie der Bach, in dem Sieglinde ihr eigen Bild erblickt.

Klaus Florian Vogt, (c) Hoffmann

Stichwort Sieglinde: Lise Davidsen wurde schon letztes Jahr als Elisabeth grandios gefeiert, mit dieser Sieglinde legt sie noch mal richtig nach. Ihre Stimme dringt ein, tief ins Herz, tief in die Seele. Eine Frau wie ein Turm, stimmlich wie darstellerisch. Sie singt eine Note, reißt alle Gedanken der knapp 2.000 ZuschauerInnen fest an sich. Ich wage es zu sagen: Sie war noch ein Ticken besser als Vogt, noch etwas fesselnder.

Lise Davidsen (c)

George Zeppenfeld ist nach wie vor eine zuverlässige Bank für alle Bass-Rollen des Wagner-Repertoires. Dazu zählt auch der Hunding. Mit glasklarer Textverständlichkeit meisterte er auch die zweite von insgesamt vier Rollen auf dem Grünen Hügel dieses Jahr. „Richard Wagner, Die Walküre
Festspielhaus Bayreuth, Bayreuther Festspiele, 1. August 2022“
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Die DIENSTAG-PRESSE – 2. AUGUST 2022

Tomasz Konieczny („Halbzeit“ – Wotan in „Die Walküre). Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die DIENSTAG-PRESSE – 2. AUGUST 2022

Bayreuther „Walküre“ von Wotan-Unfall überschattet
Die Familienaufstellung geht weiter: Nach dem Vorabend „Rheingold“ am Sonntag wurde der neue Bayreuther Festspielring in der Regie des jungen österreichischen Regisseurs Valentin Schwarz am Montag mit der „Walküre“ fortgesetzt. Und die Arbeit lässt bereits jetzt den ersten Schluss zu, dass sich derzeit in Bayreuth der erste wirkliche „Ring“ des 21. Jahrhunderts entfaltet. Schwarz setzt die Wagner-Welt radikal und umstandslos ins Heute.
https://www.sn.at/kultur/allgemein/bayreuther-walkuere-von-wotan-unfall-ueberschattet-125095789

Wotan-Weltstar bricht mit Liege zusammen, spielt weiter – und muss dann aufgeben
https://klassik-begeistert.de/richard-wagner-die-walkuere-bayreuther-festspiele-1-august-2022/

Das Rheingold

„Rheingold“ in Bayreuth
Die Regie ist noch das geringste Problem
Valentin Schwarz inszeniert „Rheingold“ bei den Bayreuther Festspielen als Auftakt seines „Ring des Nibelungen“. Schlimmer als die Regie sei der Dirigent und die meisten Sänger, sagt unser Kritiker. Er hofft auf die anderen drei Teile.
https://www.deutschlandfunkkultur.de/bayreuth-festspiele-rheingold-ring-nibelungen-valentin-schwarz-100.html

Wagners „Rheingold“ bei den Bayreuther Festspielen – Weniger Netflix als vermutet. Podcast
https://www.swr.de/swr2/buehne/wagners-rheingold-bei-den-bayreuther-festspielen-weniger-netflix-als-vermutet-100.html

Was Netflix und Kinderhandel mit den Bayreuther Festspielen zu tun haben
Die Premiere zu Wagners „Der Ring des Nibelungen“ überrascht. Und das nicht nur, weil Regisseur Valentin Schwarz die Oper als „Netflix-Serie“ angelegt hat.
https://www.dw.com/de/bayreuther-festspiele-rheingold-premiere/a-62668855

Bayreuth
Der Wotan-Clan
Überraschung! Beim neuen Bayreuther „Ring“ wird im „Rheingold“ kein Geschmeide geraubt, sondern die Zukunft – in Gestalt von Klein-Siegfried. Ein erster Eindruck vom „Ring“-Auftakt unter Regie von Valentin Schwarz.
Tagesspiegel.de

Bayreuther „Ring“-Auftakt mit „Rheingold“ Hilfe, die Kinder wurden entführt!
Als Familiensaga legt Valentin Schwarz den neuen Bayreuther „Ring“ an, mit einer unverbesserlichen Eltern-Generation und geraubten, traumatisierten Sprösslingen.
Tagesspiegel.de

Bayreuth
Bayreuther Festspiele: Aus „Ring“ wird „Kinderhändlerring“?
DerStandard.at.story

Dialektisch gewitzter Serienstart
Bei den Bayreuther Festspielen hat der neue Ring mit dem Rheingold vielversprechend begonnen
NeueMusikzeitung/nmz.de

In Bayreuth wird das Goldkind zum Berserker
Wird das nun der „Kinder-„Ring““? Begeisterung und Buhs für das „Rheingold“, den Auftakt des neuen „Ring des Nibelungen“ in Bayreuth, inszeniert von Valentin Schwarz als Geschichte eines mafiösen Familienclans. Gesungen wird allzu durchschnittlich.
https://www.diepresse.com/6172322/in-bayreuth-wird-das-goldkind-zum-berserker

Ein Wechsel auf die Zukunft?
Der neue „Ring des Nibelungen“ hat vielversprechend begonnen.
WienerZeitung.at

Der Kinderhändler-Ring
Im Stil einer Netflix-Serie will der junge Regisseur Valentin Schwarz Wagners „Ring“ in Bayreuth erzählen: Als Familiensaga, die in unserer Gegenwart spielt. Eingesprungen für den an Corona erkrankten Dirigenten Pietari Inkinen ist Cornelius Meister. Gestern hatte das „Rheingold“ Premiere.
BR-Klassik.de

Mädchen müssen gar nichts
In der Neuproduktion von Richard Wagners „Der Ring des Nibelungen“ bei den Bayreuther Festspielen bringt Regisseur Valentin Schwarz das Epos feministisch auf Zack.
https://www.sueddeutsche.de/kultur/richard-wagner-bayreuth-rheingold-1.5631663

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Riccardo Minasi treibt das Mozarteumorchester zu ungeahnten Höhenflügen 

Foto: Riccardo Minasi und das Mozarteumorchester bei den Salzburger Festspielen © SF / Marco Borrelli

Stiftung Mozarteum, Großer Saal, Salzburg, 30. Juli 2022

Mozart-Matinee

Riccardo Minasi, Dirigent
Mozarteumorchester Salzburg

von Jürgen Pathy

Mozart in Salzburg. Authentischer kann es gar nicht sein. Überhaupt wenn man nur einen Steinwurf entfernt von Mozarts Wirkungsstätten im Konzertsaal sitzt – Geburtshaus, „Tanzmeisterhaus“ und wer weiß schon, an welchen Orten er hier zu Lebzeiten noch gewandelt ist. Dass dabei mehr als nur Hochgefühle entfachen, ist aber nicht nur der unmittelbaren geographischen Nähe zu verdanken, sondern auch Riccardo Minasi.

Mit welchem Feuer der gebürtige Römer das Mozarteumorchester durch Mozarts letzte drei Sinfonien geleitet, ist atemberaubend. Dabei reizt er das Spiel mit den Tempi enorm aus. Geht an die Grenzen, ohne sie aber jemals wirklich zu überschreiten. Mozarts Musik, balanciert zwischen vehementer Rasanz und fast schon Stillstand. So erweckt man diese adeligen Edelsteine zu neuem Leben.

Mozarts Symphonien voller Energie und Leben

„Ich mag den Minasi“, erzählt eine Frau, die über beide Ohren strahlt. Früher sei er sogar noch richtig in die Höhe gesprungen. Jetzt begnügt er sich mit energischer Zeichengebung. Reißt mal die Hände in die Höhe, als wolle er den Allerheiligsten beschwören. Vor allem dann, wenn er ein energiegeladenes Forte im Tutti fordert. Legt dann so nebenbei mal einen flotten Hüftschwung ein, wenn er es dolce, „süß“ und verspielt möchte. Oder setzt auch schon Mal beinahe zum Kopfball an, wenn er den Einsatz den zweiten Geigen in die Hände spielt. Dabei entsteht eine enorme Spielfreude, die auch auf den Gesichtern vieler Musiker abzulesen ist – vor allem auf dem der weiblichen.

Dass die Symphonien allerdings wirklich lebendig klingen, ist überwiegend seinem Spiel mit der Agogik zu verdanken. Wie zum Beispiel im Andante der berühmten g-Moll Symphonie KV 550, die fast schon jedes Kind erkennt. Möchte man zumindest hoffen, überhaupt in Salzburg. In diesem so zärtlichen Andante, einem Hauch von Nichts, da verzögert er immer wieder mal punktuell. Reizt das Tempo fast schon bis zum Stillstand aus, nur um danach rasant zu explodieren, und so den Kontrast zu betonen, den es zwischen den lyrischen und energischen Stellen auf jeden Fall hervorzuheben gilt.

„Mozart-Matinee, Riccardo Minasi, Dirigent Mozarteumorchester Salzburg
Stiftung Mozarteum, Großer Saal, Salzburg, 30. Juli 2022“
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Zwei dunkle emotionale Spiegel lassen mein Inneres erbeben

Foto: SF/© Monika Rittershaus

Ich habe meine Verbindung der beiden Werke gefunden: das Orchester antwortet in beiden Werken auf den Gesang. Spiegelt die dunkle Emotion in mir, sie so unmittelbar in mein Inneres fährt, dass ich verzweifelt erbebe durch Teodor Currentzis’ großartig arrangierte Klangmagie.

Großes Festspielhaus, Salzburg, 31. Juli 2022

BÉLA BARTÓK (1881 – 1945)
HERZOG BLAUBARTS BURG
A kékszakállú herceg vára — Oper in einem Akt op. 11 Sz 48 (1918)
Libretto von Béla Balázs
In ungarischer Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
CARL ORFF (1895 – 1982)
DE TEMPORUM FINE COMOEDIA
Das Spiel vom Ende der Zeiten — Vigilia (Endfassung 1981)
Libretto von Carl Orff unter Verwendung von Texten aus den Sibyllinischen Weissagungen und den Orphischen Hymnen

In altgriechischer, lateinischer und deutscher Sprache mit deutschen und englischen Übertiteln
Mit Unterstützung der Carl-Orff-Stiftung

 

Teodor Currentzis   Musikalische Leitung
Romeo Castellucci   Regie, Bühne, Kostüme und Licht
Cindy Van Acker   Choreografie
Piersandra Di Matteo   Dramaturgie

Gustav Mahler Jugendorchester
musicAeterna Choir, Vitaly Polonsky   Choreinstudierung
Bachchor Salzburg, Benjamin Hartmann   Choreinstudierung

Salzburger Festspiele und Theater Kinderchor, Wolfgang Götz  Choreinstudierung

von Frank Heublein

In der Felsenreitschule in Salzburg wird heute die Kombination von Béla Bartóks Herzog Blaubarts Burg und Carl Orffs De temporum fine comoedia aufgeführt.

Dunkel. Der Vorhang geschlossen. Die markante Zeile im Prolog lautet für mich „Wo ist die Bühne? Draußen oder drinnen?“ Für mich persönlich ist das intensivere Spiel drinnen in mir. Leise setzt die Musik ein. Der Vorhang öffnet sich. Außer einigen wenigen unterschiedlich geformten mal auflodernden und mal verlöschenden Feuerstellen, die im sehr flachen Wasser stehen, füllt die ganze Aufführung dunkle Schwärze.

Ich werde mit meiner eigenen Vorstellung konfrontiert. Die ganze Dramatik der Räume hinter den verschlossenen sieben Türen. Die Ambivalenz von blutiger Schönheit, in der ich die ausweglose Verbindung von Liebe und Schmerz erkenne. Alles vor meinem inneren Auge. Die untrennbare Verbundenheit der Elemente entfacht das Gustav Mahler Jugendorchester unter der Leitung von Dirigent Teodor Currentzis in mir. Musikalischen Flammen lodern in mir schmerzvoll heiß, als käme ich dem echten Feuer auf der Bühne zu nahe. „Béla Bartók Herzog Blaubarts Burg und Carl Orff De temporum fine comoedia
Großes Festspielhaus, Salzburg, 31. Juli 2022“
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Eine gelungene Premiere trotz Unterbrechung

Foto: Dr. Charles Ritterband

Bregenzer Festspiele, Seebühne, 20. Juli 2022 Premiere

Giacomo Puccini   Madama Butterfly
Oper in drei Akten (1904)

Besetzung:

Cio-Cio San: Barno Ismatullaeva
Suzuki: Annalisa Stroppa
B.F. Pinkerton: Edgaras Montvidas
Sharpless: Brian Mulligan
Kate Pinkerton: Hamida Kristofferson
Goro: Taylan Reinhard

Musikalische Leitung: Enrique Mazzola
Inszenierung: Andreas Homoki
Bühne: Michael Levine
Wiener Symphoniker

von Klaus Billand

Eine spannende Premiere wurde diese „Madama Butterfly“, da auf Italienisch gesungen, auf der Seebühne in Bregenz. Zuvor zog ein regenreiches Gewitter über die Spielstätte hinweg. Alle harrten gespannt aus, ob es losgehen könnte, die Regenpelerinen schon in der Tasche. Das tat es dann auch, mit einem leichten Zwischenschauer. Als dann aber die Blitze von Südwesten das Firmament erhellend näher rückten und man gewissermaßen noch die trockene Ruhe vor dem Sturm genoss, entschloss sich die Festspielleitung, nach einer Stunde, auf dem See abzubrechen. Es sei angesichts der nahenden Gewitterfront nicht zu riskieren weiterzuspielen.

Nun ist „Madama Butterfly“ wahrlich kein Stück für große Dimensionen, die gerade die Bregenzer Seebühne nahelegt und auch auszeichnet. Man denke nur an die großen Produktionen von „Rigoletto“, „Aida“ oder „Tosca“. Das leading team um Regisseur Andreas Homoki, Bühnenbildner Michael Levine und Kostümbildner Antony McDonald mit dem Licht von Franck Evin war sich dessen durchaus bewusst. Man sieht das Stück auch als „intimes Kammerspiel“, ist aber der Meinung, dass Puccinis großartige Musik es auf eine ganz andere Ebene hebt. Und diese – größere – Ebene haben sie mit einem riesigen weißlichen und gewellten Blatt Papier dargestellt, auf dem japanische Schriftzeichen und Naturandeutungen im typisch asiatischen Stil zu sehen sind, wie man ihn auch in chinesischen Darstellungen kennt. „Giacomo Puccini  Madama Butterfly
Bregenzer Festspiele, Seebühne, 20. Juli 2022 Premiere“
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Die MONTAG-PRESSE – 1. AUGUST 2022

Egils Silins (Wotan), Attilio Glaser (Froh), Christa Mayer (Fricke), Raimund Nolte (Donner), Daniel Kirch (Loge). Foto: Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

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Die MONTAG-PRESSE – 1. AUGUST 2022

Bayreuth/Festspiele
Ein Mann aus dem Meer rettet „Das (farblose) Rheingold“ in Bayreuth
Weltweltweltklasse war Olafur Sigurdarson als Nibelung Alberich. Was dieser kleine Mann an Energie, an Hingabe, an Vielfalt in der Klanggebung, an vollkommener Professionalität darbot, war von einem anderen Stern. Lieber Olafur, Sie sind DER BESTE Alberich der Welt! Sie sind Power pur und stemmen vom piano bis zum fortissimo alles in Perfektion. Sie kommen mitten aus dem Meer, aus Island. Dass Ihr für deutsche Verhältnisse kleines Volk (380.000 Einwohner) einen so herausragenden Bariton hervorbringt, ist beachtlich und beneidenswert.
Klassik-begeistert.de

Das neue „Rheingold“ bei den Bayreuther Festspielen: Unsere Nachtkritik
Nach 25 Minuten kommt es in jedem „Rheingold“ zum Schwur. Alberichs Fluch auf die Liebe im Gegenzug fürs Edelmetall – nur taucht es an diesem Abend gar nicht auf. Denn was ist tatsächlich das Kostbarste? Da wird Regisseur Valentin Schwarz moralisch: Es sind die Kinder, unser aller Hoffnung.
Münchner Merkur

„Wow!
Zur ersten Analyse lassen Sie mir bitte noch etwas Zeit. Das war einfach zu gewaltig, um es mal kurz so aufzuschlüsseln. ich bereue jetzt schon die Stunde, in der ich mir praktisch meinen eigenen Wotan-Speer geschnitzt habe, indem ich Ihnen eine Akt-für-Akt-Kritik versprochen habe. Meine ersten Irrtümer werden nicht die letzten sein. Aber es gibt Spuren. Ich melde mal Copyright auf die Schlagzeile „Kinder sind die Macht“ an. Siegmund und Sieglinde, Hagen und Brünnhilde, all die Nachfahren der Licht- und Dunkelelben Wotan und Alberich hatten schon ihren Auftritt.Valentin Schwarz macht, was er versprochen hat: er erzählt die Familiengeschichte und lotet tief aus – so, wie es vor ihm noch keiner getan hat. Nicht inszenatorisch, sondern von der Idee. Später mehr. Wahrscheinlich viel mehr.
Die Welt.de.kultur.de

Kinder, rafft Neues: „Rheingold“ bei Bayreuther Festspielen
Wagners „Ring“ als bitterböse Familienaufstellung, das gefiel nicht allen Zuschauern. Am Ende des Vorabends der vierteiligen Walhall-Saga gab es Jubel- und Buh-Stürme. Das Motto von Regisseur Valentin Schwarz: Macht kaputt, was euch kaputt macht.“
BR-Klassik.de

Salzburg
Die neue „Zauberflöte“ in Salzburg, oder: Wenn der Opa vom Krieg erzählt
Nach der erregt erwarteten Currentzis-Castellucci-Kombi mit Bartók/Orff und dem Asmik-Grigorian-Triple mit Puccini ist bei den Salzburger Festspielen mit Lydia Steiers Überarbeitung ihrer Zauberflöten-Inszenierung von 2018 erst einmal durchatmen und business as usual angesagt.
DerStandard.at.story

Mozarts „Zauberflöte“ in Salzburg: Beachtlich, aber nicht berauschend
BR-Klassik.de

Mozarts Zauberflöte bei den Salzburger Festspielen: Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen
Welttheater. Wer bei den Salzburger Festspielen zu Gast ist, dürfte keine minderen Erwartungen in eine Aufführung setzen. Diesen Anspruch soll und muss man in Salzburg haben. Bereits Max Reinhardt, einer der Gründer der Salzburger Festspiele, war der Überzeugung, dass ein Theaterstück in intensivem Austausch mit dem Publikum stehen muss. Das gelingt Lydia Steier mit der Neueinstudierung von Mozarts „Zauberflöte“ nur bedingt.
Klassik-begeistert.de

Entschärfte Familienaustellung
Das Bürgertum sitzt verbiestert und verspießert am Tisch, ausstaffiert wie um 1900 oder vielleicht immer noch im Mittelwesten, ehe die Mutter in Raserei verfällt und zur Königin der Nacht mutiert: Nach vier Jahren wanderte nun Lydia Steiers Inszenierung der Zauberflöte mit teils neuer Besetzung aus dem Großen Festspielhaus ins Haus für Mozart.
DrehpunktKultur.at

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Ein Mann aus dem Meer rettet "Das (farblose) Rheingold" in Bayreuth

Weltweltweltklasse war Olafur Sigurdarson als Nibelung Alberich. Was dieser kleine Mann an Energie, an Hingabe, an Vielfalt in der Klanggebung, an vollkommener Professionalität darbot, war von einem anderen Stern. Lieber Olafur, Sie sind DER BESTE Alberich der Welt! Sie sind Power pur und stemmen vom piano bis zum fortissimo alles in Perfektion. Sie kommen mitten aus dem Meer, aus Island. Dass Ihr für deutsche Verhältnisse kleines Volk (380.000 Einwohner) einen so herausragenden Bariton hervorbringt, ist beachtlich und beneidenswert. 2000 Menschen waren aus dem Häuschen im Festspielhaus.

Bayreuther Festspiele, 31. Juli 2022
Richard Wagner, Das Rheingold

von Andreas Schmidt

Mittelmaß in Bayreuth: Die Premiere des „Rings des Nibelungen“ gestaltete sich mit dem „Rheingold“ als müde Nummer mit überwiegend guten, aber nicht sehr guten, geschweige denn herausragenden Solisten und einer Inszenierung, die von größeren Teilen des Publikums gnadenlos ausgebuht wurde. Sie ist so schwach wie die Vorjahres-Tristesse mit dem „Fliegenden Holländer“ und seiner Castrop-Rauxel-Reihenhaus-Atmosphäre. Der eingesprungene Dirigent Cornelius Meister packte mit dem Festspielorchester eine ordentliche Leistung, allerdings agierte der Klangkörper in vielen wichtigen Passagen viel zu zaghaft und leise.

Wir vermelden gleich auch Gutes, aber vorab: Die Buh-Rufe nach dem Ende wollten nicht aufhören. Sie galten allein dem Regie-Team, das nicht auf die Bühne kam – erst nach der „Götterdämmerung“ an diesem Freitag. Der Reporter Maximilian Schäffer, 32, von der linken Berliner Tageszeitung „Junge Welt“ sagte: „Hej, so eine Inszenierung würdest Du ja sicher auch hinbekommen.“ „Richard Wagner, Das Rheingold
Bayreuther Festspiele, 31. Juli 2022“
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