Zugegeben, in einem Memory-Spiel würde kaum jemand die Karten „Athen im November“ und „Klassische Musik“ als zusammengehörig erkennen. Athener Sommer und Freiluft-Festival: im Odeon des Herodes Atticus, im Theater in Epidaurus. Davon hat der eine oder die andere wohl schon gehört. Aber das Gebäude der Athener Oper und Konzerthallen, das „Megaron Mousikis“ sagt wohl den wenigstens Fremden etwas. Es war dann auch eher ein Zufallsfund, zu dem ich meine skeptische Begleitung überredete: Die Ankündigung eines a-capella-Männerchors klang einfach zu verlockend. Und den Verlockungen des Lebens soll man bekanntlich auf keinen Fall widerstehen. Auch dieses Mal hätten wir etwas verpasst.
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DIE DIENSTAG-PRESSE – 22. NOVEMBER 2022
Berlin/Staatsoper Unter den Linden „Il Giustino“ von Vivaldi strandet szenisch im seichten Wasser
Die ab dem 2. Dezember 2022 an der Staatsoper stattfindenden traditionellen Barocktage werfen ihren Schatten bereits voraus: schon vor Beginn des Festivals hat Vivaldis Version von „Il Giustino“ Premiere. Als Orchester fungiert die Akademie für Alte Musik, ein renommiertes Berliner Ensemble. Dirigent ist der inzwischen in Ehren ergraute René Jacobs, der aber nichts von seinem jugendlichen Feuer eingebüßt hat, wenn es um Barockmusik geht.
Von Peter Sommeregger Klassik-begeistert.de
Spielerisch schön: „Il Giustino“ an der Staatsoper (Podcast) inforadio.rubriken
Dortmund Sol Gabetta, Klaus Mäkelä und die Philharmoniker aus Oslo reißen das Publikum in Dortmund von den Sitzen
Der lange Konzertabend im Ruhrgebiet bestätigt den bereits in Hamburg gewonnen Eindruck, dass wir es hier mit einem europäischen Spitzenorchester zu tun haben. Mit einem Dirigenten, Klaus Mäkelä, der ganz zweifellos eine große Zukunft vor sich hat. Und mit einer herausragenden Solistin Sol Gabetta, die auf dem Cello offenbar einfach alles kann. Wohl jenen, die das Oslo Philharmonic auf der jüngsten Europatournee ein Stück des Weges begleiten durften.
Von Brian Cooper Klassik-begeistert.de
Leon Gurvitch begegnete mir zum ersten Mal im Sommer 2020 während der Pandemie bei einem Terrassenkonzert des befreundeten Musikers Christian Seibold aus dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg. Weil alle Kunst und Kultur zum Erliegen kam, aber man draußen an der freien Luft zusammenkommen konnte, traf man sich vor seinem Haus und lauschte über Garten und Terrasse hinweg den musikalischen Darbietungen von Freunden und Bekannten aus der Hamburger Musikszene. An diesem besagten Abend gab es Jazz mit Klavier, Klarinette und Kontrabass. An die 50 Nachbarn und informierte Gäste ließen sich mit coronabedingten Abständen bei herrlichem Wetter von der Musik anziehen.
Terrassenkonzert während der Pandemie im Sommer 2020 mit Leon Gurvitch, Omar Rodríguez Calvo und Christian Seibold; Foto Patrik Klein
Zufällig las ich Leon Gurvitchs Namen dann später, als Konzerte wieder stattfinden konnten, auf der Ankündigung einer Lesung des bekannten Schriftstellers Sebastian Fitzek, der in der Elbphilharmonie Hamburg seinen neuesten Roman vorstellte. „Portrait: Leon Gurvitch klassik-begeistert.de, 22. November 2022“ weiterlesen
Rosa Pierro zeigte als Giselle nach anfänglichen Unsicherheiten schön gehaltene Balancen, vor allem beim Pas de deux mit Albrecht im zweiten Akt. Bewundernswert gelang auch das in Arabesken-Formation getanzte Ineinandergleiten der aus drei Vierergruppen bestehenden Wilis.
Giselle, Ballett von Ben Van Cauwenbergh nach Jean Coralli, Jules Perrot und Marius Petipa
Aalto Ballett, Aalto-Theater Essen, 19. November 2022
von Dr. Ralf Wegner
Eine Wochenend-Kunstreise in den deutschen Westen führte uns am ersten Abend zu Giselle in das Aalto-Theater nach Essen. Wir kamen leider etwas zu spät und wurden dankenswerterweise noch auf zwei freie Plätze im Seitenrang eingelassen. Was für eine visuelle Überraschung bot der in tiefes Blau getauchte Saal mit seinen weiß herausstechenden Brüstungen. Ehrlich gesagt, so einen schönen modernen Zuschauerraum in einem Opernhaus habe ich bisher noch nicht gesehen. „Giselle, Ballett von Ben Van Cauwenbergh nach Jean Coralli, Jules Perrot und Marius Petipa Aalto Ballett Essen, 19. November 2022“ weiterlesen
Kritisieren kann jeder! Aber die Gretchenfrage ist immer die nach Verbesserung. In seiner Anti-Klassiker-Serie hat Daniel Janz bereits 50 Negativ-Beispiele genannt und Klassiker auseinandergenommen, die in aller Munde sind. Doch außer diesen Werken gibt es auch jene, die kaum gespielt werden. Werke, die einst für Aufsehen sorgten und heute unterrepräsentiert oder sogar vergessen sind. Meistens von Komponisten, die Zeit ihres Lebens im Schatten anderer standen. Freuen Sie sich auf Orchesterstücke, die trotz herausragender Eigenschaften zu wenig Beachtung finden.
von Daniel Janz
Die Pinie – auch „Italienische Steinkiefer, Mittelmeer-Kiefer oder Schirm-Kiefer, früher auch Pinienfichte, genannt“ (Zitat Wikipedia) – erscheint auf den ersten Blick wie ein ganz normaler Baum. Oft anzutreffen, dem mediterranen Klima angepasst, recht knorrig und nicht unbedingt besonders. Über diesen Baum eine Musik zu komponieren, erscheint eigentlich kontraintuitiv. Und doch kann selbst so ein auf den ersten Blick alltäglich anmutendes Gewächs die Kreativität eines frischen Geistes anregen. So geschehen im Jahr 1924, als ein italienischer Komponist ausgerechnet diesen Baum zum Anlass nahm, um eine etwa 20 Minuten lange Sinfonische Dichtung zu schreiben. „Daniels vergessene Klassiker Nr. 9: Ottorino Respighi – „Die Pinien von Rom“ klassik-begeistert.de, 21. November 2022“ weiterlesen
Der neue Berliner Ring und ein Abstecher für Bruckner 8 nach Chicago gingen wohl an Christian Thielemann körperlich nicht ganz vorbei: Die Herbst-Tournee der Sächsischen Staatskapelle nach Luxemburg, Hamburg und München muss ohne ihn stattfinden – wohl wegen langanhaltender Schulterbeschwerden. Mit einigen Programmänderungen sind also nun stattdessen Tugan Sokhiev und David Afkham mit der Kapelle auf Tournee. Dazu, wie geplant, Ausnahmegeigerin Julia Fischer – in dieser Spielzeit Artist in Residence in Dresden. Mit einem reinen Mendelssohn-Programm waren nun die beiden Letztgenannten in der Münchner Isarphilharmonie zu erleben. Um es vorwegzunehmen: Ein toller Nachmittag (ja, das Konzert begann seltsamerweise um 15 Uhr) und keineswegs ein „Downgrade“ zu Thielemann.
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) – Die Hebriden (Konzertouvertüre) op. 26
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) – Violinkonzert e-Moll op. 64
Felix Mendelssohn Bartholdy (1809-1847) – Sinfonie Nr. 3 in a-Moll op. 56 (“Schottische“)
Sächsische Staatskapelle Dresden Julia Fischer,Violine David Afkham,Dirigent
München, Isarphilharmonie, 20. November 2022
von Willi Patzelt
Das Programm hätte kaum eine größere „Mendelssohn-Hitparade“ sein können – und das ist außerordentlich positiv gemeint. Programme ohne „Neuentdeckungen“ und „Geheimtipps“ gibt es immer seltener. Auch die sind natürlich zumeist sehr spannend und haben ihre klare Berechtigung. Und dennoch ist gelegentlich auch ein konservatives Programm mit den „alten Bekannten“ ebenfalls sehr wohltuend. Mit der Hebriden-Ouvertüre, dem Violinkonzert (e-moll) und der „Schottischen“ – Mendelssohns, obschon als dritter von fünf bezeichneten, letzter – Sinfonie stand wirklich Mendelssohn at its best auf dem Programmzettel.„Sächsische Staatskapelle Dresden, Julia Fischer, Violine, David Afkham, Dirigent München, Isarphilharmonie, 20. November 2022“ weiterlesen
Il Giustino Dramma per Musica in drei Akten (1724)
Musik von Antonio Vivaldi
Text von Antonio Maria Lucchini nach Nicolò Beregan und Pietro Pariati
Staatsopernchor Akademie für Alte Musik Berlin René Jacobs, musikalische Leitung
Barbora Horáková, Inszenierung Thilo Ullrich, Bühnenbild Eva-Maria Van Acker, Kostüme
Raffaele Pe, Anastasio Kateryna Kasper, Arianna Christophe Dumaux, Giustino Robin Johannsen, Leocasta Siyabonga Maqungo, Vitaliano Helena Rasker, Andronico
Staatsoper Unter den Linden, Berlin, 20. November 2022 Premiere
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DIE MONTAG-PRESSE – 21. NOVEMBER 2022
Berlin Porträt – Heldentenor Clay Hilley
An der Deutschen Oper fiel im letzten Jahr plötzlich der Sänger des Siegfried in Wagners Ring aus. Der Amerikaner Clay Hilley sprang spontan ein – rettete den Ring und wurde in Deutschland als Entdeckung gefeiert. rbb-online.de
Warschau Feuer unterm Dach in Warschau: Omer Meir Wellber zündet eine Mahler’sche Kerndetonation
Warschau, Filharmonia Narodowa (Nationalphilharmonie): So etwas hat die Welt noch nie gehört. Besonders nicht in Warschau, wo das Eufonie Festival dieses Jahr keine Mühen und Kosten gescheut hat: Mit Unterstützung des polnischen Kulturministeriums hat man zur Eröffnung die Wiener Symphoniker in die polnische Hauptstadt geladen. Die haben während ihrer traditionsreichen Geschichte bestimmt schon die ein oder andere Duftmarke gesetzt. Unter Omer Meir Wellber gelingt der nächste Streich. Mahlers 5. Symphonie, ein Kosmos der Emotionen, hat man derart spannend noch nicht erlebt.
Von Jürgen Pathy Klassik-begeistert.de
Hamburg/Laeiszhalle Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg in der Laeiszhalle: So bringt man das Brahms Requiem zum Klingen!
Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, Bremer Philharmoniker, Hansjörg Albrecht Laeiszhalle Hamburg, 19. November 2022
Es grenzt an ein Wunder nach einem Weinberg-Quintett und einem Schütz-Gesang noch Kraft für das Brahms-Requiem zu haben. Davon ließ sich weder die Musik noch das Publikum beeindrucken: Selbst nach über zweieinhalb Stunden war der Beifall genau so begeistert wie bei Missa Solemnis des Symphonischen Chores Hamburg am Vortag.
Von Johannes Karl Fischer Klassik-begeistert.de
Es grenzt an ein Wunder, nach einem Weinberg-Quintett und einem Schütz-Gesang noch Kraft für das Brahms-Requiem zu haben. Davon ließ sich weder die Musik noch das Publikum beeindrucken: Nach über zweieinhalb Stunden war der Beifall sehr groß.
Valentina Farcas, Sopran Christian Gerhaher, Bariton Elisaveta Blumina, Klavier
Werke von Heinrich Schütz, Mieczysław Weinberg und Johannes Brahms
Laeiszhalle Hamburg, 19. November 2022
von Johannes Karl Fischer
„Herr, lehre doch mich“, mit diesen Worten zündet Christian Gerhaher das musikalische Pulverfass des Abends in der Laeiszhalle. Dieser Bariton haut einen völlig vom Hocker: Kaum ist sein allmächtiger Klagemonolog zu Ende, schallt eine hochbegeisterte Energie durch den leider nicht komplett gefüllten Saal. Das waren Klänge so umschlingend, mitreißend, wie man sie sich von Profi-Orchestern mit Profi-Chören stets gerne wünschen würde…
Eine ganze Stunde Spannung, eine kurze Stunde Sog ohne Ende. Auch die Bremer Philharmoniker drehten selbst nach einem höchst anspruchsvollen Weinberg-Werk noch einmal richtig auf und komplettierten mit tönenden Pauken und Trompeten deutlich den begeisternden Klang. Plötzlich hat auch das Deutsche Requiem einen Stellenwert in meinen Brahms-Rankings.
Am zweiten Laeiszhallen-Abend in Folge (siehe Bericht vom 18. November 2022) war eine Einspringer-Sopranistin am Werk in der ehemaligen Musikhalle: Ihre äußerst knappe Rolle meisterte Valentina Farcas mit rundem und ergreifendem Sopran. Nach nicht einmal zehn Minuten durfte sie die Partitur schon wieder zuklappen, aber was waren das für acht denkwürdige Minuten himmlischen Gesangs! Sie will uns trösten, versetzt dabei das Publikum mit hinreißenden Melodien in Tränen, als würde sie selbst den lieben Gott um Erbarmung anflehen. Insgesamt zwei Ausnahme-SolistInnen am Werk, da wäre zweifelsfrei auch der Komponist und Namensgeber des Laeiszhallen-Vorplatzes begeistert gewesen. „Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, Bremer Philharmoniker, Hansjörg Albrecht Laeiszhalle Hamburg, 19. November 2022“ weiterlesen
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DIE SONNTAG-PRESSE – 20. NOVEMBER 2022
Hamburg Tobias Kratzer: Ein Eigenbrötler für Hamburgs Oper
Der Regisseur Tobias Kratzer gilt als Spezialist für sperrige Fälle. Jetzt inszenierte er Rossini in Wien. Und wird Opern-Intendant in Hamburg. Eine weise Entscheidung? Was seine Regie bei „La gazza ladra“ für die Zukunft verspricht. DieWelt.de
Lübeck Großes Musiktheater: Salome im Großen Haus
Lübeck: Einst fast ein Skandal, ist Richard Strauss’ „Salome“ längst ins Repertoire des Musiktheaters eingegangen. Nach 14 Jahren ist die Oper wieder im Großen Haus zu erleben: Die Premiere am 18. November im nahezu ausverkauften Großen Haus wurde ein riesiger Erfolg. Die Ovationen des Publikums galten GMD Stefan Vladar, den Philharmonikern der Hansestadt, dem vielköpfigen Ensemble – ganz besonders Evmorfia Metaxaki in der Titelpartie – und Regisseurin Christiane Lutz. https://www.hl-live.de/text.php?id=155115&fbclid=IwAR2NQ-TeQJxuJdGYk2_EOutJACEQgALtxJ530xo9mOYI1NMSo9wucfLKtLE
Wagners RING-Zyklus ist ab heute auf ARTE Concert europaweit im Stream zu erleben!
Ab heute ist der komplette RING in der Inszenierung von Dmitri Tcherniakov und unter der musikalischen Leitung von Christian Thielemann auf ARTE Concert europaweit im Stream zu erleben! lifepress.de
Hamburg/Laeiszhalle Dona nobis pacem, gib uns Frieden: Meisterhafte Missa Solemnis verzaubert in der Laeiszhalle
Alle Ohren sind spitz auf eine Stimme, wenn Lena Belkinas Gesang den Saal beherrscht. Agnus Dei, das unschuldige Lamm Gottes, das seine Schlachtung erblickt, fleht um Hilfe. Wie die Millionen von Kriegsflüchtlingen, die in diesen Augenblicken hilflos hungernd um die halbe Welt ziehen.
Von Johannes Karl Fischer Klassik-begeistert.de