Foto: Pjotr Tschaikowski, Öl auf Leinwand, 1893, Nikolai Kusnezow, Tretjakow-Galerie. (c) wikipedia.de
Statt eines Vorwortes
von Harald Nicolas Stazol
Der Ur-Russe Nurejew tanzt im Theatre des Champs-Élysées „L’Après-midi d’un Faune“ des Franzosen Debussy, in der Inszenierung des Russen Nijinsky, im historischen Kostüm und im Bühnenbild von Léon Bakst, was ich auf einem amerikanischen Bildschirm und mit deutschem Strom gucke, der allerdings aus Russland befeuert wird, während die US-Chips aus China stammen.
Dies sind die Fakten, die ich derzeit vorfinde. Aufgrund derer ich dieses ausführliche Plädoyer führen werde, ungefragt, aber im Äußersten dringlich:
Ich wünsche die Musik, ja, alle Künste, als über Landesgrenzen und Nationen erhoben zu sehen, elysisch über allem stehend, göttlich fast.
Deswegen, und dagegen, verteidige ich die russische Musik.
Ich sehe nicht ein, warum sie ob eines Wahnsinnigen geächtet werden sollte.
Auch der Zwang, russische Musiker zu „Bekenntnissen“ zu drängen ist für mich nicht schlüssig, könnten es doch auch Lippenbekenntnisse sein? Im „Tausendjährigen Reich“ durfte man Mendelssohn nicht spielen, Wagner viel später nicht in Israel. Barenboim erst war der Held, aber man ging und man verließ den Saal. Zum Glück liegt beides in der Vergangenheit. Ich sehe mich in der Pflicht, für „meine Russen“ eine Lanze zu brechen. Man könnte die Serie, zu der ich mich anschicke, überschreiben mit „Versuch eines Plädoyers“. „Haralds Passionen I: “Russen, die ich liebe”!
klassik-begeistert.de, 7. Juli 2022“ weiterlesen