Sommereggers Klassikwelt 131: Erinnerungen an Eberhard Waechter

Foto: pinterest.de

von Peter Sommeregger 

In dieser Woche sind es bereits 30 Jahre, dass der Bariton Eberhard Waechter völlig unerwartet einem Herzinfarkt erlag. Waechter, der erst 62 Jahre alt war, hatte  kurz zuvor seinen Traum erfüllen können, und wurde zusammen mit Ioan Holender Direktor der Wiener Staatsoper.

In den Jahrzehnten davor war Waechter eines der prominentesten Ensemblemitglieder des Hauses und war aus der Wiener Opernszene nicht wegzudenken. Der in Wien geborene Sänger entstammte einem alten Adelsgeschlecht, das aber seine Titel in Österreich nicht mehr führen durfte.

Nach einem Studium an der Wiener Musikhochschule debütierte er nach einem kurzen Engagement an der Wiener Volksoper bereits 1955 an der Staatsoper am Ring, der er bis zu seinem Tod verbunden blieb. Sein markantes Timbre und sein wandlungsfähiger, kräftiger Bariton ermöglichten ihm ein ungewöhnlich breites Spektrum an Partien, die von Mozart bis Wagner, von Verdi und Puccini bis Alban Berg reichten. Auch zeitgenössischen Komponisten war Waechter nicht abgeneigt, so übernahm er Partien in Opern von Dallapiccola, Frank Martin und Menotti. In Gottfried von Einems „Besuch der alten Dame“ feierte er in der männlichen Hauptrolle bei der Uraufführung 1971 einen wahren Triumph. „Sommereggers Klassikwelt 131: Erinnerungen an Eberhard Waechter,
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Gelungene Interpretation eines misslungenen Programmes im Wiener Konzerthaus

Foto: Thomas Quasthoff © Gregor Hohenberg

Wiener Konzerthaus, 29. März 2022

Wiener Symphoniker
Wiener Singakademie
Constantinos Carydis, Dirigent

Thomas Quasthoff, Sprecher
Solist der Wiener Sängerknaben, Knabensopran

Charilaos Perpessas
Christus Symphony (1948–1950) (Erstaufführung)

Anton Bruckner
Virga Jesse floruit. Graduale für gemischten Chor (1885)

Arnold Schönberg
A Survivor from Warsaw, „Ein Überlebender aus Warschau“, op. 46 für Erzähler, Männerchor und Orchester (1947)


Leonard Bernstein
Chichester Psalms (1965)

Charles Ives
The Unanswered Question (Two Contemplations Nr. 1) (1908)

von Julia Lenart

Wenn sich der nur noch selten auftretende Thomas Quasthoff ankündigt, lässt sich der Große Saal des Wiener Konzerthauses auch zweimal füllen. Am zweiten Abend in Folge leitet Constantinos Carydis die Wiener Symphoniker und die Wiener Singakademie durch ein gekonnt interpretiertes, wenn auch eigenwilliges Programm. Neben einer Erstaufführung freut man sich auf Thomas Quasthoff, der Schönbergs A Survivor from Warsaw rezitiert. Die Programmgestaltung warf allerdings schon vor der Vorstellung Misstrauen auf, das auch knappe zwei Stunden später nicht aufgelöst werden kann.

Die Programmzusammensetzung scheint einer religiösen Thematik zu folgen, die beinahe allen Stücken zugrunde liegt. Charilaos Perpessas Christus Symphony, die am Vorabend ihre Erstaufführung im Konzerthaus erlebt hatte, orientiert sich an Bibelversen. Anton Bruckners Virga Jesse floruit ist ein Graduale wie es im Buche steht. Demgegenüber stehen Arnold Schönbergs Holocaust-Mahnmal A Survivor from Warsaw, Leonhard Bersteins auf jüdischen Psalmen basierende Chichester Psalms und zuletzt Charles Ives in diesem Kontext schwer einzuordnendes Werk The Unanswered Question. Wie die Mischung aus jüdischen und christlichen Motiven zusammenpasst, sollte sich dem Publikum erst im zweiten Teil zeigen. Ein Einblick vorweg: Es passte nicht wirklich. „Wiener Symphoniker, Wiener Singakademie, Quasthoff, Carydis,
Wiener Konzerthaus, 29. März 2022“
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Die MITTWOCH-PRESSE – 30. MÄRZ 2022

Deutsche Oper Berlin © Foto: Leo Seidel

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Die MITTWOCH-PRESSE – 30. MÄRZ 2022

Berlin/ Deutsche Oper/ Spielplanvorschau
Wie ein Opernhaus sich entbehrlich macht
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de

Berlin
Nach dem Eklat Russen spielen, Humanität retten
Vladimir Jurowski dirigiert ein russisches Programm beim RSB im Konzerthaus.
Tagesspiegel.de

Berlin
Ukrainepolitik – Kampfplatz Kultur
Mit seinem Boykott des mulitnationalen Konzerts auf Schloss Bellevue hat der ukrainische Botschafter seinem Land einen Bärendienst erwiesen. Ein Kommenntar.
Tagesspiegel.de

München
Christian Gerhaher über Söders Abkehr vom Münchner Konzerthaus: „Eine andere Situation als vor zehn Jahren“
„Wir können nicht alles unendlich finanzieren.“ Das sagte Bayerns Ministerpräsident Söder am Freitag der Süddeutschen Zeitung. Und was meinte er damit? Die Finanzierung des schon lange geplanten Münchner Konzerthauses. Das sollte vor allem das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks nutzen, das im Vergleich zu den anderen Weltklasse-Orchestern in der Stadt keine feste Spielstätte besitzt.
BR-Klassik.de

London
Der Gerechte stirbt: Mark Padmores vollendete Johannespassion in London
Queen Elizabeth Hall, London, 26. März 2022. Orchestra of the Age of Enlightenment
Von Lukas Baake
klassik.begeistert.de

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Der Gerechte stirbt: Mark Padmores vollendete Johannespassion in London

Foto: © Southbank Centre, Mark Padmore

Queen Elizabeth Hall, London, 26. März 2022

Orchestra of the Age of Enlightenment 

Evangelist: Mark Padmore   
Sopran: Mary Bevan, Daisy Walford, Jessica Cale 
Alt: Paula Murrihy, Rebecca Leggett, David Clegg
Tenor: Laurence Kilsby, Tom Robson    
Bass: Raoul Steffani, Jonathan Brown, Philipp Tebb    

von Lukas Baake

Mark Padmore ist nicht nur einer der prägendsten britischen Tenöre seiner Generation, der das Liedrepertoire von Beethoven über Schubert bis hin zu zeitgenössischen Komponisten wie Hans Zender mühelos beherrscht. In Zusammenarbeit mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment hat er in den vergangenen Jahren maßgebliche Interpretation des Bach’schen Passionswerk erarbeitet. Im Londoner Southbank Centre durften die Besucher mit ihm eine makellose, wunderbar ausgewogene und innerlich bewegende Johannespassion erleben.

Dabei endete der Konzertabend zunächst nicht auf dem berückenden Es-Dur des Schlusschorals, sondern mit einer Überraschung: Nach knapp zwei Stunden musikalischer Höhenflüge, durch Choräle, Rezitative und Ariosi dem Leidensweg Jesu folgend, erwartete man als Zuhörer den letzten Choral als sublimierenden Schlusspunkt eines bewegten Konzertabends. Die innere Erwartung wurde jedoch nicht erfüllt. Nach einigen, von Stille gefüllten Sekunden legten die Musiker Bogen und Flöte aus der Hand, und begannen gemeinsam mit Chor und Solisten zu singen. „Orchestra of the Age of Enlightenment, Johannespassion,
Queen Elizabeth Hall, London, 26. März 2022    “
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Quo vadis, Deutsche Oper Berlin?

Foto: © Günter Karl Bose

Wie ein Opernhaus sich entbehrlich macht.

 von Peter Sommeregger

 Als an diesem 25. März die Deutsche Oper Berlin den Spielplan für die kommende Saison vorstellt, wartet man vergeblich auf eine Ankündigung, die überraschend, glamourös oder beides wäre. Es kann nicht nur an zwei Jahren Corona liegen, die Opernhäusern und Theatern schwere Zeiten beschert haben.

Überraschend nimmt neben dem Leitungsteam des Hauses auch noch der Regisseur Tobias Kratzer am Podium für die Pressekonferenz statt, der gleich zu Beginn derart beweihräuchert wird, dass der Weihrauch für sämtliche geplante Aufführungen der Matthäuspassion reichen würde. Man darf festhalten, dass Kratzer außer einem schrillen „Tannhäuser“ in Bayreuth bisher hauptsächlich Mediokres abgeliefert hat, wie einen verkasperten „Zigeunerbaron“ an der Komischen Oper Berlin und einen mehr als gewöhnungsbedürftigen, unbeholfenen „Fidelio“ in London. Das hindert die großen Opernhäuser der Welt nicht daran, ihn zum Star zu erklären und um ihn zu buhlen. Die Deutsche Oper sicherte sich das Ausnahme-Talent gleich für drei Strauss-Inszenierungen in den nächsten Jahren.

Im Haus an der Bismarckstraße hat man endgültig der Regie das Primat gegenüber der Musik eingeräumt. Das mag zeitgemäß wirken, macht die Deutsche Oper aber zu einer beliebigen Spielwiese für zum Teil minder begabte Regisseure. Es war auffallend, dass in dieser Pressekonferenz nicht einmal der Name eines Sängers fiel. Ausführlich wurden dagegen die Regisseure der an Zahl bescheiden ausgefallenen Neuinszenierungen erwähnt, über deren Wiedererscheinen am Haus man nicht wirklich erfreut sein kann. „Saisonvorschau, Deutsche Oper Berlin,
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Die DIENSTAG-PRESSE – 29. MÄRZ 2022

Anna Netrebko, Foto: Dario Acosta (c)
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Star-Dirigent befeuert Debatte: Netrebkos Karriere zu Ende?
Der österreichische Maestro Franz Welser-Möst sieht „Abnützungserscheinungen“ an der Stimme der bekanntesten Sopranistin der Welt und glaubt nicht an ihr Comeback. Die Sängerin habe ebenso wie Dirigent Valery Gergiev eine „rote Linie“ überschritten.
https://www.br.de/nachrichten/kultur/star-dirigent-befeuert-debatte-netrebkos-karriere-zu-ende,T1JcSCv

Wien
Simon Stones Wozzeck an der Staatsoper: Kaisermühlen Blues in Simmering
bachtrack.com

Der Mensch ist ein Abgrund“ –
Die Wozzeck-Neuinszenierung an der Wiener Staatsoper zeichnet ein Sittenbild toxischer Männlichkeit
Klassik-begeistert.at

Und Riccardo Muti debütiert in Graz
Im Gespräch. Musikvereinsintendant Michael Nemeth über die Saison 2022/23, mit noch breiterer stilistischer Palette, Stars von heute und morgen, Abschieden und Erstauftritten.
https://www.diepresse.com/6117573/und-riccardo-muti-debuetiert-in-graz

Hamburg/ Elbphilharmonie
Es kanonendonnert in der Elbphilharmonie
Wenn schon eine Dosis Bohuslav Martinů ausreicht um ein Junkie zu sein, handelt sich es nicht um einen hochdestillierten Vodka von der Tafel Putins, sondern um eine Bildungslücke: Gehört der mit einem Staatsbegräbnis in seiner tschechischen Heimat Geehrte doch zu den absoluten Neoklassikern überhaupt, er, der vom Prager Konservatorium 1910 „wegen Desinteresses am Unterricht“ flog, – nun, kann man sagen: Der Name schreckt ab, in die Musik fällt man in Liebe…
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Hamburg
Verdis Oper Luisa Miller handelt von den Wünschen der Väter, denen sich die Kinder nicht unterordnen wollen oder können
Es wurde während dieser Vorstellung gut bis ausgezeichnet gesungen, das Bühnenbild war ansprechend, es gab auch bemerkenswerte szenische Details, wie das Ringen von Wurm um Luisa.
von Dr. Ralf Wegner
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Frankfurt
Liederabend Damrau/Kaufmann: Boten der Liebe (Bezahlartikel)
Sie sind Opernstars und zugleich versierte Liedsänger, wie sich zeigte: In Helmut Deutsch am Klavier fanden Diana Damrau und Jonas Kaufmann allerdings auch den besten Begleiter.
Frankfurter Allgemeine

Leipzig
Die Oper Leipzig komplettiert mit „Lohengrin“ den Kanon für „Wagner 22“
NeueMusikzeitung/nmz.de

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Stimmenfest in der Hamburgischen Staatsoper: Verdis „Luisa Miller“ begeistert erneut

Foto: © Dr. Holger Voigt

Staatsoper Hamburg, 27. März 2022

Giuseppe Verdi    Luisa Miller

von Dr. Holger Voigt

Zwei Väter, Miller (Franco Vassallo) und Graf Walter (Alexander Vinogradov), und ihre Kinder, Rodolfo (Charles Castronovo) und Luisa (Nino Machaidze), sowie der maliziöse Intrigant (Alexander Roslavets) Wurm (was für ein trefflicher Name!) bilden das Protagonisten-Fünfeck, um das sich das Schillersche Drama auch in Verdis Operndrama (Melodramma tragico) „Luisa Miller“ herumrankt. Rodolfo und Luisa lieben einander, dürfen aber aus Gründen eines obskuren Ränkespiels um Macht, Standesherkunft, Geld und Verbrechen nicht zueinander kommen, da andere Interessenspläne im Hintergrund schwelen. In einem Durchlauf tragischer Verstrickungen und bösartigster Intrigen wählen sie den Freitod fast wie in einem „Romeo und Julia“-Setting. Nur wenig Personal braucht Friedrich Schiller, um ein packendes Sozialdrama („Kabale und Liebe“) auf die Bühne zu stellen, das Giuseppe Verdi zensurbedingt als inneres Seelendrama mit fatalem Ende anlegt und zu einer grandiosen Oper formt.

Mit „Luisa Miller“ (Uraufführung am 8. Dezember 1849, Teatro di San Carlo, Neapel) verabschiedet sich Verdi bereits vom sorglosen Belcanto und nähert sich bereits, fast wie magisch angezogen, dem späteren Verismo zum Ende des neunzehnten Jahrhunderts. Was für eine verlockende Ausgangssituation für einen Theatermacher wie Andreas Homoki, der hier aus dem Vollen schöpfen und zwei Stränge gleichzeitig bedienen kann. „Giuseppe Verdi, Luisa Miller,
Staatsoper Hamburg, 27. März 2022“
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Es kanonendonnert in der Elbphilharmonie

Elbphilharmonie, Hamburg, 27. März 2022

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Elena Bashkirova
 Klavier
Dirigentin Marzena Diakun

Foto: Elbphilharmonie, © Maxim Schulz

von Harald Nicolas Stazol

Wenn schon eine Dosis Bohuslav Martinů ausreicht um ein Junkie zu sein, handelt sich es nicht um einen hochdestillierten Vodka von der Tafel Putins, sondern um eine Bildungslücke: Gehört der mit einem Staatsbegräbnis in seiner tschechischen Heimat Geehrte doch zu den absoluten Neoklassikern überhaupt, er, der vom Prager Konservatorium 1910 „wegen Desinteresses am Unterricht“ flog, – nun, kann man sagen: Der Name schreckt ab, in die Musik fällt man in Liebe…

Was für eine beschwingend-betörende Matinee, die mit einem nebelumwundenen Glasturm beginnt und in einem Sonnenbad enden wird, kathartisch nach dem Konzert:

Denn da kanonendonnert das Philharmonische Staatsorchester Hamburg ganz zu Beginn „UKRAINA – den Opfern des Krieges“, einem in offenbar kürzester Zeit nach dem Angriffskrieg der „Schlächters“ (Joe Biden soeben) komponierten Erstaunenswerk, das tiefen Eindruck zu hinterlassen imstande ist.

Denn da hört man schon eingangs das Donnern der Artillerie, entgegengesetzt eine ukrainische Volksweise, dann MG-Beschuss, gewaltsam aufgedrängt die russische Hymne – nun ganz programmatisch. Die „Ode an die Freude“ blitzt ebenso auf wie die „Marseillaise“: Nun ist der Bezug zu Tschaikovskys patriotischem Helden-Poem „1812“ unverkennbar, mündet dies alles doch in eine majestätisch wie nie gehörte Nationalhymne des Landes des blauen Himmels und der Weizenfelder, wie man sie nicht einmal in der Royal Albert Hall hören konnte.

Eduard Resatsch, Jahrgang 1972, ein Ukrainer, hat sie in aller Eile niedergeschrieben, und dort erhebt er sich Parkett links, dritte Reihe, zu tosenden Ovationen des ja von dieser Uraufführung des Unerwarteten völlig überraschten, zahlreich betörten Publikums. Eine Melange etwa zwischen „War Requiem“ und der „1812“ samt Kanone, horribile dictu.

„Un dentiste, deux dentistes“ – man rufe einen Zahnarzt, am besten zwei – so ruft einst das Pariser Publikum an diesem 22. Dezember 1894 zur Uraufführung der „Ballets Russes“-Choreographie des Vaslav Nijinsky ob dessen spannungsreichen Zitterns. Dass der wahrscheinlich größte Tänzer des 20. Jahrhunderts dort nun wirklich, wie soll man es sagen, zum Höhepunkt gekommen sein soll, entnehme ich den Memoiren der Romola de Pulszky-Nijinsky, seiner Frau.

Nun, soweit kommt es nun nicht, selbst unter dem Dirigat der immer elegant-weitausholendend Marzena Diakun, schon jetzt so berühmt, dass man ihr bald ein Portrait widmen sollte – und das Ganze auf Stöckelschuhen!

Wer noch? An den Pedalen in Pumps? Die Pianistin Elena Bashkirova, eben eine RUSSIN!!! Ihr Ausdruck in Spiel wie im Antlitz bei Manuel de Fallas „Nächte in Spanischen Gärten“ sind unübertroffen.

Das Orchester in fast bestürzender Sicherheit. Prominente verdiente Hochachtung den Harfen Clara Bellegarde und Louisic Dulbecco, die zauberhafterweise in allen vier Suiten fundamental aufscheinen und auch unseren Flöten, in Sonderheit Walter Keller, gelten Lob und Preis!

Und dann sieht man sich draußen im vollen Sonnenschein sich das 1. Violinkonzert von Martinů einspielen, ja, süchtig nach Martinů – da „UKRAINIA“ des Resatsch kann man auf YouTube noch nicht finden – dazu ist es, aus tragischstem Anlass, zu neu.

„Philharmonisches Staatsorchester Hamburg, Elena Bashkirova, Marzena Diakun
Elbphilharmonie, Hamburg, 27. März 2022“
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„Der Mensch ist ein Abgrund“ – Die Wozzeck-Neuinszenierung an der Wiener Staatsoper zeichnet ein Sittenbild toxischer Männlichkeit

Foto: (c)  M. Pöhn 

Wiener Staatsoper, 27. März 2022

Alban Berg: Wozzeck, Oper in drei Akten (15 Szenen)

Philippe Jordan, Musikalische Leitung
Simon Stone, Inszenierung
Bob Cousins, Bühne
Alice Babidge, Fauve Ryckebusch, Kostüme
James Farncombe, Licht

Christian Gerhaher, Wozzeck
Anja Kampe, Marie
Sean Panikkar, Tambourmajor
Jörg Schneider, Hauptmann
Dmitry Belosselskiy, Doktor
Josh Lovell, Andres
Peter Kellner, 1. Handwerksbursch
Stefan Astakhov, 2. Handwerksbursch
Thomas Ebenstein, Narr
Christina Bock, Margret
Dimiter Paunov, Mariens Knabe
Soldat, Wirt, Won Cheol Song

Orchester der Wiener Staatsoper
Chor der Wiener Staatsoper
Bühnenorchester der Wiener Staatsoper

Kinder der Opernschule der Wiener Staatsoper
Komparserie der Wiener Staatsoper

von Julia Lenart

Mit seiner Inszenierung an der Wiener Staatsoper holt Simon Stone den Wozzeck ins Wien des 21. Jahrhunderts. Zwischen Arbeitsamt, Würstelstand und Fitnessstudio zeichnen sich menschliche Abgründe ab. Die Geschichte wird zu einer Studie verhängnisvoller Machtverhältnisse und toxischer Männlichkeit, vor deren Hintergrund sich dem Zuseher die Aktualität des beinahe zweihundert Jahre alten Stoffes schmerzhaft offenbart.

Stone nimmt die Zuseherinnen und Zuseher mit auf eine Karussellfahrt des Wahnsinns. Auf der sich beinahe ständig drehenden Bühne wechseln die Schauplätze wie in einem Rausch: Vom Arbeitsamt taumelt Wozzeck in Maries Wohnung, von einem Zimmer ins nächste, weiter in die Ordination des Doktors. Unaufhaltsam stolpert er von einer Demütigung in die nächste. Es wirkt wie eine nicht enden wollende Spirale, ein Strudel, in dem die Charaktere gefangen sind, und in den auch das Publikum hineingezogen wird. Man verfolgt Marie vom Würstelstand in ihre Wohnung, Wozzeck von Fitnessstudio über das Wirtshaus in den Wald. Die Bühne gleicht einer sich stets weiterdrehenden Welt, an deren Ecken immer neue Abgründe lauern.

„Alban Berg, Wozzeck, Oper in drei Akten (15 Szenen),
Wiener Staatsoper, 27. März 2022“
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Verdis Oper Luisa Miller handelt von den Wünschen der Väter, denen sich die Kinder nicht unterordnen wollen oder können

Alexander Vinogradovs kräftiger Bass verführte mit schönen Tonbindungen und gab so mittels gesanglicher Gestaltung Einblick in die seelische Verfassung des Grafen Walter. Charles Castronovo passte vom Auftreten her perfekt zu seinem Sohn Rodolfo, überzeugte auch mit einem schallstarken, eher dunkel timbrierten Tenor.

Foto: Alexander Roslavets (Wurm), Alexander Vinogradov (Graf Walter), Franco Vassallo (Miller), Nino Machaidze (Luisa), Charles Castronovo (Rodolfo), Elena Maximova (Federica), Kady Evanyshyn (Laura) (Foto: RW)

Staatsoper Hamburg, 27. März 2022

Giuseppe Verdi    Luisa Miller

von Dr. Ralf Wegner

Es wurde während dieser Vorstellung gut bis ausgezeichnet gesungen, das Bühnenbild war ansprechend, es gab auch bemerkenswerte szenische Details, wie das Ringen von Wurm um Luisa. Alexander Roslavets imponierte dabei, von Luisa zu Boden geworfen, mit einer Art Judorolle, die man einem gestandenen Sänger eigentlich nicht zugetraut hätte.

Nino Machaidze sang und singt die Luisa in den von mir besuchten Aufführungen seit 2014 (Ausnahme Katia Ricciarelli 1981/82, mit u.a. Leo Nucci als Miller, Ruggero Raimondi als Walter und José Carreras als Rodolfo unter der Leitung von Giuseppe Sinopoli). Machaidze hat eine schöne Stimme, setzt die Koloraturen glasklar, neigt allerdings im Forte zu einer gewissen Schärfe. Vor allem ist sie eine vorbildliche Darstellerin. Charles Castronovo passte vom Auftreten her perfekt zum Rodolfo, überzeugte auch mit einem schallstarken, eher dunkel timbrierten Tenor; eine bemerkenswerte Leistung. Er war für Joseph Calleja eingesprungen, der zwar über ein betörenderes Timbre verfügt, als Darsteller  aber weniger überzeugte (2018 in dieser Rolle hier aufgetreten).

„Giuseppe Verdi, Luisa Miller,
Staatsoper Hamburg, 27. März 2022“
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