Wiener Staatsoper: Saisoneröffnung mit sechs Debütanten

Foto: Michael Pöhn (c)
Wiener Staatsoper, 6. September 2018
Georges Bizet, CARMEN
162. Aufführung in der Inszenierung von Franco Zeffirelli

von Peter Skorepa (onlinemerker.com)

Weder Kosten noch Mühen hatte die Staatsoperndirektion diesmal für eine erfolgreiche Saisoneröffnung mit Zeffirellis Carmen gescheut: Mit sechs Debütanten wurde diesmal der Besetzungszettel unterfüttert für den Versuch, die schon schläfrig gewordene Personenregie in dieser Inszenierung aufzumischen, was tatsächlich erst gegen Ende des dritten Akt gelang und dann aber in ein perfektes Finale mündete.

Was in einer mittäglichen Siesta-Stimmung beginnt, setzte sich in seiner Spannungslosigkeit bis in den dritten Akt fort, Franco Zeffirellis Neigung zu schönen Genre-Bildern mit Musik – falls so etwas in den Resten der Regie zu erkennen wäre – sorgte nicht unbedingt für mitreißendes Musiktheater. Erst als die beiden Kontrahenten um die Liebe der schönen Zigeunerin mit den Säbeln aufeinander eindroschen, kam Leben in die Schmugglerszene. Und da der Schlussszene alleine schon handlungsgemäße Spannung inhärent ist, konnte im letzten Bild nichts mehr passieren, außer dass diesmal Carmen etwas unentschlossen schwankte zwischen einem heroisch in den Tod gehen – was ja sehr modern geworden ist – oder standhaftem Kampf ums Überleben.

Clémentine Margaine, französischer Mezzo mit Debüt an der Staatsoper, hübsch und eher zum mütterlichen Typ denn zum männermordenden Vamp neigend. Eine gut durchgebildete Stimme lässt sie die chansonartigen Nummern des ersten Teils der Oper locker genug trällern, so wie auch die dramatischen Ausbrüche des zweiten Teils beachtenswerten Abplomb aufweisen.

Nur Psychologen unter den Zuschauern werden verstehen, was Don José in den menschlichen Betriebsunfall mit dieser Carmen führen konnte. Sucht der Schwächling seine Mutter, weil er bei Micaela den notwendigen Halt nicht findet? Marcelo Álvarez führt uns das Spiel der Verzweiflung dieses Zerrissenen vor. Dazu steht ihm ein gut tragender Zwischenfachtenor zur Verfügung, den er sehr offen, klangschön und ohne zu pressen erklingen lässt. Zusammen mit der Micaela von Anita Hartig erklingen im Duett mit dem Tenor die ersten berührenden Töne der Liebe, auch wenn es manchmal der Sopranistin nicht mehr ganz leicht fällt, ihren schönen Sopran auch leicht klingen zu lassen. Das gelingt ihr dann bei ihrer Arie schon besser.

Erwin Schrott debütierte mit dem sonoren Organ seines Bassbaritons als Escamillo, im Auftreten jeder Zoll ein selbstsicherer, spanischer Grande, im Werben um Carmen gar ein Giovanni, im Duell mit José im eleganten Stunt, ausgeglichen in allen gesanglichen Lagen. Endlich der ersehnte starke Mann für Carmen.

Sorin Coliban war als Zuniga nicht zu überhören und zu übersehen, hatte aber bei Carmen trotzdem das Nachsehen, und Manuel Walser war der Dancairo.

Mit Ausnahme von Anita Hartig hatten alle bis hierher erwähnten Künstler ihr Rollendebüt, Frau Margaine sogar das Hausdebüt. Dazu kamen aus dem Ensemble Hila Fahima als Frasquita und Margaret Plummer als Mercédés und quirliger Mittelpunkt der Damenriege sowie Orhan Yildiz als unauffälliger Morales.

Der sechste Debütant jedoch stand am Pult: Frédéric Chaslin, der mit dem Staatsopernorchester ein enormes Tempo vorgab, der musikalisch vielleicht zu viel an spanischer Grandezza und französischem Esprit zu Gunsten oberflächlicher, lauter Spannung eintauschte.

Erst am Ende zeigte das fast ausverkaufte Haus im Schlussapplaus von circa sechs Minuten Länge jene lebhafte Spontanität, die man im Verlauf der Aufführung noch vermisst hatte.

Peter Skorepa, 7. September 2018

 

Musikfest Berlin: Kein ungetrübtes Wagner-Glück

Foto: wikipedia.de (c)
Philharmonie Berlin,
5. September 2018
Orchester der Deutschen Oper Berlin
Donald Runnicles Dirigent
Bernd Alois Zimmermann  Photoptosis
Stille und Umkehr
Richard Wagner  SIEGFRIED, 3. Aufzug
Siegfried Simon O’Neill
Der Wanderer Michael Volle
Erda Judit Kutasi
Brünnhilde Allison Oakes

von Peter Sommeregger

Das Gastspiel der Deutschen Oper Berlin in der Philharmonie im Rahmen des Musikfestes Berlin hat bereits Tradition. Im ersten Teil des Konzerts führt das Orchester zwei kurze Stücke von Bernd Alois Zimmermann auf, dessen hundertsten Geburtstag es dieses Jahr zu feiern gilt. Die Wahl fiel auf die beiden letzten Orchesterwerke des Komponisten, die 1968 und 1970, im Jahr seines Freitodes, entstanden. „Richard Wagner, Siegfried, Bernd Alois Zimmermann, Orchester der Deutschen Oper Berlin, Donald Runnicles,
Philharmonie Berlin“
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Die FREITAG-PRESSE – 7. SEPTEMBER 2018

Foto: Michael Pöhn (c)
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Wien/ Staatsoper
#MeToo: Entlassener Professor vor Comeback an Staatsoper
Ein im April an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien (mdw) entlassener Professor wird ab 17. September wieder an der Wiener Staatsoper tätig sein.
„Die Wiener Staatsoper und die Wiener Philharmoniker haben umgehend damit begonnen, die Faktenlage ausführlich zu prüfen, und in den folgenden Wochen und Monaten Dutzende Gespräche in unterschiedlichen Konstellationen – unter Beiziehung rechtlicher und psychologischer Beratung – mit MusikerInnen (auch SubstitutInnen) beider Institutionen geführt“, heißt es. Die Gespräche hätten jedoch „keinen konkreten arbeitsrechtlich oder strafrechtlich relevanten Vorwurf an den Musiker ergeben. Somit besteht derzeit keinerlei Anlass für eine weitere Dienstfreistellung“.
Kurier

Hamburg
Der Theatermann, der so grausam wie lustig ist
Regisseur Herbert Fritsch inszeniert an der Staatsoper das amouröse Verwirrspiel „Cosí fan tutte“. Am Sonnabend ist Premiere.
Hamburger Abendblatt

Frankfurt
Boom der Countertenöre
Die erste Premiere der Oper Frankfurt in dieser Spielzeit: ein Werk, in dem alle Frauenrollen von Männern gesungen werden. Die Oper stammt aber nicht aus dem Barock, sondern von einem zeitgenössischen Komponisten.
Hamburger Abendblatt „Die FREITAG-PRESSE – 7. SEPTEMBER 2018“ weiterlesen

Andris Nelsons: King of the world – Das Boston Symphony Orchestra erschüttert das Publikum mit Schostakowitsch

Foto: Boston Symphony Orchestra / Andris Nelsons © Marco Borggreve
Elbphilharmonie Hamburg
, 5. September 2018
Boston Symphony Orchestra
Andris Nelsons, Dirigent
Baiba Skride, Violine
Leonard Bernstein
Serenade nach Platons »Symposion«
Dmitri Schostakowitsch
Sinfonie Nr. 4 c-Moll op. 43

von Sebastian Koik

Jetzt sind sie alle in nicht einmal 21 Monaten in der Elbphilharmonie aufgetreten: die Big 5, die renommiertesten fünf Orchester aus den USA. Und neben dem Chicago Symphony Orchestra unter Riccardo Muti, hinterlässt das Boston Symphony Orchestra unter Andris Nelsons den stärksten Eindruck – und schenkt dem Publikum eines der beeindruckendsten Konzerte überhaupt in der glorreichen jungen Geschichte des Musik-Tempels im Hamburger Hafen. „Boston Symphony Orchestra, Andris Nelsons, Baiba Skride,
Elbphilharmonie Hamburg“
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Die DONNERSTAG-PRESSE – 6. SEPTEMBER 2018

Foto: Lucerne Festival, Peter Fischli (c)
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Lucerne Festival: Matthias Pintscher wirft hin
Überraschender Wechsel in Luzern: Der Dirigent und Komponist Matthias Pintscher legt die Leitung des Orchesters der Lucerne Festival Academy aus persönlichen Gründen nieder – per sofort
Neue Zürcher Zeitung

Dirigent Pintscher verlässt Lucerne Festival Academy
Der Dirigent Matthias Pintscher verlässt die Lucerne Festival Academy. Der 47-Jährige „ist aus persönlichen Gründen außerstande“, seinen weiteren Verpflichtungen nachzukommen, teilte die Festivalleitung am Mittwoch mit. Pintscher war seit 2016 Principal Conductor des Orchesters der Festivalakademie. Derzeit suche man nach Ersatz für die anstehenden Konzerte, die der Deutsche dirigieren sollte. Am kommenden Mittwoch (12. September) etwa gastiert das Orchester der Lucerne Festival Academy in der Hamburger Elbphilharmonie
Musik heute

„Konzertgänger in Berlin“
Musikfest 2018: Deutsche Oper zimmermannt
Zur Kugelgestalt wird hier die Zeit. Eins der apartesten Zusammentreffen beim Musikfest bietet das Orchester der Deutschen Oper unter Donald Runnicles in der Philharmonie: Richard Wagner meets Bernd Alois Zimmermann. Letzterer einer von mehreren Schwerpunkten im diesjährigen Programm.
https://hundert11.net/musikfest2018-deutscheoper/

Berlin
Philharmonie Berlin: Begeisterter Applaus für ein Weltklasseorchester – aber viele Plätze bleiben leer
Der Kanon der von den großen europäischen Orchestern regelmäßig aufgeführten Komponisten und Werke ist bedauerlicherweise doch recht überschaubar. So war es erfreulich, dass das Concertgebouw-Orchester bei seinem Gastspiel im ersten Teil bedeutende Stücke der so genannten zweiten Wiener Schule präsentierte, die vergleichsweise selten zu hören sind.
Klassik-begeistert „Die DONNERSTAG-PRESSE – 6. SEPTEMBER 2018“ weiterlesen

Philharmonie Berlin: Begeisterter Applaus für ein Weltklasseorchester – aber viele Plätze bleiben leer

Foto: wikipedia.de © Schirmer
Philharmonie Berlin,
4.September 2018
Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam
Manfred Honeck Dirigent
Anton Webern:  Fünf Sätze für Streichquartett op.5 (Fassung für Streichorchester)
Alban Berg:  Fünf Orchesterlieder nach Texten von Peter Altenberg op.4
Anton Bruckner:  Symphonie Nr.3 d-moll (3.Fassung)

von Peter Sommeregger

Der Kanon der von den großen europäischen Orchestern regelmäßig aufgeführten Komponisten und Werke ist bedauerlicherweise doch recht überschaubar. So war es erfreulich, dass das Concertgebouw-Orchester bei seinem Gastspiel im ersten Teil bedeutende Stücke der so genannten zweiten Wiener Schule präsentierte, die vergleichsweise selten zu hören sind. „Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam, Manfred Honeck,
Philharmonie Berlin“
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Vilde Frang fasziniert und beschenkt das Publikum – DSO berauscht mit Dvořáks herrlicher Neunter

Foto: © Lillian Birnbaum
Elbphilharmonie Hamburg
, 4. September 2018
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Vilde Frang, Violine
Robin Ticciati, Dirigent
Ludwig van Beethoven, Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61
Antonín Dvořák, Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 »Aus der Neuen Welt«

von Sebastian Koik

Vilde Frang ist mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin zu Gast in der Elbphilharmonie. Zunächst steht Beethovens Konzert für Violine und Orchester D-Dur op. 61 auf dem Programm. Die Norwegerin spielt mit einer natürlichen Virtuosität und Leichtigkeit. Ihr sensibles, nuancenreiches Violinspiel wirkt so selbstverständlich. Vilde Frang ist eine der besten und gefragtesten Geigerinnen der Gegenwart und wirkt auf der Bühne so unfassbar normal und unschuldig. Sie wirkt meist so, als wäre sie mit sich und ihrem Instrument allein, allein im Saal, allein in der Musik. Sie wirkt, als interessiere sie der Rest nicht, als könnten Ruhm, Rummel und Geschäft ihr nichts anhaben, als könnte nichts sie korrumpieren, als könnte nichts sie von ihrem wahren Selbst und der geliebten Musik entfremden. „Deutsches Symphonie-Orchester Berlin, Vilde Frang, Robin Ticciati,
Elbphilharmonie Hamburg“
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"Die Zauberflöte": In der Volksoper Wien köchelt der Hölle Rache nur

Foto: Barbara Pálffy (c)
Volksoper Wien, 
3. September 2018
Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte

von Jürgen Pathy

Die Sommer- und Festspielzeit neigt sich langsam dem Ende zu. Traditionell öffnen nun zur Freude aller Besucher die Wiener Kulturinstitutionen wieder ihre Tore – und die ehrenwerte Volksoper Wien die Pforten des Tempels der Weisheit. Auch in seiner zwölften Saison als Direktor des Hauses packt Robert Meyer, 64, „Die Zauberflöte“ aus, um Jung und Alt zu begeistern. „Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte,
Volksoper Wien“
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Meisterhafte Virtuosität und überwältigende Spielfreude: Hilary Hahn, Mikko Franck und das Orchestre Philharmonique de Radio France eröffnen die neue Saison der Dresdner Palastkonzerte

Foto: Michael Patrick O’Leary (c)
Kulturpalast Dresden
, 1. September 2009
Orchestre Philharmonique de Radio France
Mikko Franck,
Dirigent
Hilary Hahn, Violine

von Pauline Lehmann

Mit einem musikalischen Feuerwerk starten die Palastkonzerte der Dresdner Musikfestspiele in die zweite Saison. Die Geigerin Hilary Hahn und das Orchestre Philharmonique de Radio France unter der Leitung von Mikko Franck begeistern mit Werken von Maurice Ravel, Jean Sibelius und Ludwig van Beethoven. „Orchestre Philharmonique de Radio France, Mikko Franck, Hilary Hahn,
Kulturpalast Dresden“
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Die MITTWOCH-PRESSE – 5. SEPTEMBER 2018

Foto: © alikhan photography
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Grafenegg
Das weite Land der Belcantisten in Grafenegg
Kritik Olga Peretyatko sang Richard Strauss, Juan Diego Flórez machte Lust auf kommende Rollendebüts in Wien
Die Presse

Wien
Veronika Kaup-Hasler: „Ich schenke Herrn Blümel eine Idee“
Als Wiener Stadträtin ist Veronica Kaup-Hasler eine mächtige Kulturpolitikerin. Was plant sie?
Salzburger Nachrichten

Frauen in Orchestern: Nur nicht in Hosen!
Abendkleider auf der Bühne – tragen nicht alle Musikerinnen freiwillig
Wiener Zeitung

„Konzertgänger in Berlin“
Musikfest 2018: Poppe modernisiert (und Trio Catch knackt Ohren)
Zwischen zwei Bruckners sollst du was Modernes hören, so will es das Gesetz. Und für das Moderne ist beim Musikfest Berlin, so will es dessen Gesetz, Enno Poppe zuständig. Ziemlich oft jedenfalls, und künstlerisch aus gutem Grund. Allerdings gibt es an den regelmäßigen Geldströmen der Berliner Festspiele durchaus Kritik aus der Perspektive freier Ensembles, wie sie etwa der Musikmanager Sebastian Solte im VAN Magazin formulierte
https://hundert11.net/musikfest2018-ensemblemodern/

Berlin/ Musikfest
Die Betörung
Das Rotterdamer Orchester feiert beim Berliner Musikfest sein 100-jähriges Bestehen – und den Abschied von Yannick Nézet-Séguin.
Tagesspiegel „Die MITTWOCH-PRESSE – 5. SEPTEMBER 2018“ weiterlesen