Sommereggers Klassikwelt 196: Irmgard Seefried und Wolfgang Schneiderhan führten eine klassische Künstlerehe

Sommereggers Klassikwelt 196: Irmgard Seefried und Wolfgang Schneiderhan führten eine klassische Künstlerehe  klassik-begeistert.de, 2. August 2023

Foto: Irmgard Seefried (1962) © wikipedia.org

von Peter Sommeregger 

Die Sopranistin Irmgard Seefried, am 9. Oktober 1919 in Köngetried im Unterallgäu als Tochter eines Dorfschullehrers geboren, wurde an ihrem Stammhaus, der Wiener Staatsoper, nach dem Zweiten Weltkrieg Teil des berühmten Mozart-Ensembles, zu dem auch Elisabeth Schwarzkopf, Sena Jurinac, Hilde Güden und Lisa della Casa zählten.

Begonnen hatte ihre Karriere 1940 mit einem Engagement in Aachen, wo damals Herbert von Karajan Leiter des Opernhauses war. Zuvor hatte sie ein Gesangsstudium am Augsburger Konservatorium absolviert. Bereits 1943 wurde sie an die Wiener Staatsoper engagiert, wo sie als Eva in Wagners Meistersingern debütierte. Was folgte, war eine nahezu drei Jahrzehnte andauernde große Karriere.

Aber nicht nur als Opernsängerin feierte Seefried große, auch internationale Erfolge. Als Lied- und Konzertsängerin machte sich Irmgard Seefried einen Namen, ihre Liederabende im In-und Ausland fanden großen Zuspruch. Neben dem klassischen Lied-Repertoire widmete sie sich auch dem Schaffen zeitgenössischer Komponisten. Bei den Salzburger Festspielen war sie ein ständiger Gast.

Schneiderhan Wolfgang, Radio-Wien-Heft19-04-02-1938-© foto-fayer

Im Jahr 1948 heiratete Irmgard Seefried den vier Jahre älteren Geigenvirtuosen Wolfgang Schneiderhan, der bereits als fünfjähriges Wunderkind öffentlich aufgetreten war. 1938 wurde er Konzertmeister der Wiener Philharmoniker, nachdem sein Vorgänger in diesem Amt von den neuen Machthabern entlassen wurde. Im Jahr 1940 wurde er schließlich auf Antrag Mitglied der NSDAP.

Nach dem zweiten Weltkrieg wirkte er jährlich beim Internationalen Musikfest in Luzern mit. Gemeinsam mit Rudolf Baumgartner gründete er 1956 das Kammerorchester Festival Strings Luzern, das bis heute besteht. Von 1975 bis 1985 unterrichtete Schneiderhan an der Wiener Hochschule für Musik.

Sowohl Schneiderhan als auch seine Frau wurden häufig für Schallplattenaufnahmen herangezogen, Seefried spielte unter der Leitung Herbert von Karajans mehrere Mozart-Opern ein, aber auch Dirigenten wie Karl Böhm, Bruno Walter, Eugen Jochum und Joseph Krips holten sie ins Studio. Wolfgang Schneiderhan nahm eine Reihe von Soloplatten auf, aber auch als Teil von Kammermusikensembles spielte er eine größere Zahl von Schallplatten ein. Wo es möglich war, versuchte das Künstlerehepaar, lange Trennungen zu vermeiden, und Konzertreisen, wo es möglich war, gemeinsam zu unternehmen.

Das Ehepaar hatte zwei Töchter, die beide den Schauspielerberuf ergriffen. Mona Seefried hat es im Deutschen Fernsehen zu einer gewissen Popularität gebracht. Irmgard Seefried, die stets mit vollem Einsatz agierte, plante gegen Ende ihrer Karriere einen Fachwechsel, versuchte sich z.B. als Marie in Alban Bergs Wozzeck, musste sich dann aber relativ früh von der Bühne zurückziehen. Nach langer Krankheit starb sie am 24. November 1988 in Wien. Wolfgang Schneiderhan überlebte seine Frau um 14 Jahre, er starb am 18. Mai 2002 ebenfalls in Wien.

Neustifter_Friedhof_-_Irmgard_und_Wolfgang_Schneiderhahn

Seine letzte Ruhestätte fand das Ehepaar auf dem Neustifter Friedhof. Bis heute haben die Namen der beiden Künstler zumindest in Wien noch einen hohen Bekanntheitsgrad, sie hatten sich nachhaltig in die musikalische Chronik der Stadt eingeschrieben.

Peter Sommeregger, 2. August 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen.‘ Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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