Ladas Klassikwelt 31: Die Götter sind unter uns – Teil III

Foto: Stephen Gould als Siegfried © Enrico Nawrath/Bayreuther Festspiele

„Ich sah Stephen Gould mehrmals im Festspielpark spazieren gehen mit  auf die Noten fixiertem Blick. „Im letzten Jahr habe ich diese Partitur überall hin mitgenommen, wohin ich gegangen bin“, erzählte er mir damals im Interview.“

Ein Gespräch mit dem Heldentenor Stephen Gould und dem Regisseur Tankred Dorst (1925-2017)

von Jolanta Łada-Zielke

Wer ist eigentlich der Hauptheld der Nibelungen-Sage? Einige finden, der tapfere Siegfried, andere meinen, dass sich die Handlung vielmehr auf den Göttervater – Wotan – konzentriere, der Ruhm und Macht seines Königreichs anstrebt, aber seine Träume auf rechte und edelmütige Weise nicht erfüllen kann. In der Inszenierung von Tankred Dorst (Bayreuther Festspiele 2006) war Alberich (Andrew Shore) die zentrale Figur. Zwar verlor er seinen Schatz, blieb aber nicht ohne Einfluss auf die weiteren Ereignisse. Durch sein Handeln bewirkte er schließlich die endgültige Katastrophe. „Ladas Klassikwelt 31: Die Götter sind unter uns – Teil III“ weiterlesen

Klänge der Zuversicht: Daniel Barenboim und 14 Mitglieder der Berliner Staatskapelle spielten zum 75. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs

Foto: © Peter Adamik

„So demutsvoll wie der 78-Jährige die Politik „auf Knien“ für Konzepte bittet, die einen Konzertbetrieb mit Publikum wieder möglich machen, scheint es um Kultur und Demokratie nicht gut bestellt. Oder machte sich der Weltstar aus taktischen Gründen ein bisschen klein? Die Regierenden jedenfalls sollte das beschämen.“

Staatsoper Unter den Linden Berlin, 8. Mai 2020
Gedenkkonzert »75 Jahre Kriegsende«

Daniel Barenboim  Dirigent
Staatskapelle Berlin

von Kirsten Liese

An den Anblick sogenannter „Geisterkonzerte“ hat man sich mittlerweile gewöhnt. Die Stuhlreihen im Saal der Berliner Staatsoper sind komplett leer. Außer einigen Kameraleuten, die das Sonderkonzert aus Anlass des 75. Jahrestags nach Kriegsende für das Fernsehen aufzeichnen, ist niemand im Saal, und auf dem Podium diesmal nur 14 Musiker der Berliner Staatskapelle im üblichen Abstand von 1,5 bis 2 Metern so wie ihr Dirigent Daniel Barenboim. „Gedenkkonzert »75 Jahre Kriegsende«, Daniel Barenboim, Staatskapelle Berlin,
Staatsoper Unter den Linden Berlin, 8. Mai 2020“
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10 Fragen an die Sopranistin Anna Lichorowicz: „Der morgendliche Vogelgesang ist Balsam für meine künstlerische Seele“

Die polnische Sopranistin Anna Lichorowicz ist Solistin an der Oper Breslau (Opera Wrocławska). 2007 absolvierte sie mit Auszeichung ihr Gesangsstudium der Musikhochschule in Krakau. Dort wurde sie 2018 zum Doktor der Kunst promoviert. Zu ihren Solo-Leistungen zählen über 400 Opernvorstellungen und rund 500 Konzertauftritte.

Anna Lichorowicz  war die erste Preisträgerin des Gesangswettbewerbs am Festival Oper Oder-Spree. Für ihre künstlerischen Leistungen erhielt sie die Prometheus-Statuette – den Preis der polnischen Bühnen. „Interview: 10 Fragen an die Sopranistin Anna Lichorowicz
klassik-begeistert.de“
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Ladas Klassikwelt 30: Die Götter sind unter uns – Teil II

„In einer anderen Inszenierung mag Walhalla wie die Wall Street aussehen, Siegfried ist ein Hippie und Wotan der Leiter eines großen Konzerns. Aber ich beschloss, diese Geschichte so einfach wie möglich zu erzählen.“

Ein Gespräch mit Tankred Dorst (1925-2017)

Foto: Jolanta Lada-Zielke mit dem Regisseur und Dramatiker Tankred Dorst. Das Bild entstand im Jahr 2006 im Restaurant Bürgerreuth in Bayreuth.

von Jolanta Lada-Zielke

Zurück zu Wagners „Ring“ in der Inszenierung von Tankred Dorst bei den Bayreuther Festspielen 2006:

In der letzten Vorstellung von „Die Walküre“ in der Saison 2006 gab es eine Änderung in der Besetzung des Siegmunds: Anstelle von Endrik Wottrich trat Robert Dean Smith auf, der zu dieser Zeit auch den Tristan sang. Eine Professorin der Musikwissenschaft aus Serbien, die im Festspielhaus neben mir saß, fragte erstaunt: „Haben die so viele Sänger zur Verfügung, dass sie so schnell einen Ersatz gefunden haben?“ Ich wusste nicht, ob Smith als Ersatz für Wottrich vorgesehen, oder ob das eine unerwartete Vertretung war. „Ladas Klassikwelt 30: Die Götter sind unter uns – Teil II“ weiterlesen

Rattles Ringen um Wagners „Ring“

„Diese beiden ersten Teile des Rings profitieren von der hervorragenden Qualität des Orchesters, die Sängerbesetzung zumindest der Walküre ist äußerst problematisch. Sollte dieses Ring-Projekt tatsächlich weitergeführt werden, müsste eine überzeugendere Besetzung gefunden werden. Und Simon Rattle sollte sich selbst vielleicht die Frage stellen, ob er sich mit Wagner-Dirigaten einen Gefallen tut.“

Richard Wagner: Das Rheingold, Die Walküre (BR Klassik 900133, 900177)

Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks
Sir Simon Rattle

von Peter Sommeregger

Bei den Festspielen von Aix en Provence schmiedete Sir Simon Rattle in den Jahren 2006 bis 2009 seinen ersten „Ring des Nibelungen“, der auch bei den Salzburger Osterfestspielen gezeigt wurde. Mit seinem Orchester, den Berliner Philharmonikern, wollte er so etwas wie ein Remake des Karajan-Rings der 1960er-Jahre veranstalten. Die Resonanz bei Publikum und Kritik blieb allerdings verhalten. Sir Simon will nun offenbar noch einen Versuch wagen, diesmal in Form von konzertanten Aufführungen mit dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, verteilt über mehrere Jahre und zur Veröffentlichung auf CD vorgesehen. „Richard Wagner: Das Rheingold, Die Walküre, Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks Sir Simon Rattle
CD-Besprechung“
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Sommereggers Klassikwelt 33: Interrupted Melody – das bewegte Leben der Sängerin Marjorie Lawrence

Hört man heute die gar nicht so wenigen überspielten Schellack-Platten, oder besser noch die existierenden Live-Mitschnitte, muss man neben der Schönheit und Sicherheit ihres Gesangs auch die Vielseitigkeit der Künstlerin bewundern. Sie sang sowohl Sopran- als auch Mezzopartien und verfügte über eine eindrucksvolle dramatische Durchschlagskraft jener Art, die man heutzutage bei den Wagnersängerinnen schmerzlich vermisst.

von Peter Sommeregger

Weder der glanzvolle Aufstieg zu einem internationalen Opernstar, noch die krankheitsbedingte Katastrophe am Höhepunkt ihrer Karriere war der Tochter eines Metzgers im australischen Städtchen Dean’s March nahe Melbourne an der Wiege gesungen worden, als sie dort am 17. Februar 1909, nach anderen Quellen 1907, geboren wurde.

Die Liebe zur Musik und speziell dem Gesang spielte aber schon früh im Leben der jungen Marjorie eine entscheidende Rolle. Als sie in einem Gesangswettbewerb den ersten Preis gewann, der mit einem Stipendium für ein Gesangsstudium in Paris verbunden war, nahm ihr Schicksal die entscheidende Wendung. „Sommereggers Klassikwelt 33: Interrupted Melody – das bewegte Leben der Sängerin Marjorie Lawrence“ weiterlesen

Ein "Tristan" für die Ewigkeit

„Allein schon Bernsteins sich Verströmen in der Musik, sein körperlicher, bis zur Ekstase und Erschöpfung gehender Einsatz für den Komponisten, der ihm von seinem extremen Antisemitismus her eigentlich zuwider sein müsste, ist es wert, der Nachwelt überliefert zu werden.“

Leonard Bernstein dirigiert Tristan und Isolde von Richard Wagner (Unitel BR 746 304)

von Peter Sommeregger

Die erst kürzlich, fast vierzig Jahre nach ihrer Aufzeichnung auf DVD und Blue-Ray Disc erschienene halbszenische Produktion des Tristan hat ihre eigene, interessante Geschichte. Leonard Bernstein, der Zeit seines Lebens ein kompliziertes Verhältnis zur Musik Richard Wagners hatte, bewunderte aber speziell den Tristan sehr und wollte ihn eines Tages unter besonders günstigen Bedingungen aufführen und gleichzeitig für die Schallplatte einspielen. Nach langer Vorlaufzeit wurde das Projekt im Jahr 1981 realisiert. Mit dem durchaus opernerfahrenen Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks sowie einer prominenten Sängerbesetzung sollte die Oper für das Label Philips bei einer konzertanten Aufführung mitgeschnitten werden. „Leonard Bernstein, Hildegard Behrens, Peter Hofmann, Tristan und Isolde 1981,
CD-Besprechung“
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"Die Emotionen der Zuschauer gehören zum Gesamtwerk"

Foto: © 2009 | Daniel Bruengger

Interview am Donnerstag 12: Wagnertenor Stephen Gould (Bayreuther Festspiele 2019)

von Jolanta Lada-Zielke 

Stephen Gould ist Heldentenor, kommt aus Virginia und studierte am New England Conservatory of Music in Boston. 2015 wurde er zum Österreichischen Kammersänger ernannt. In Bayreuth debütierte er 2004 als Tannhäuser, danach sang er 2006 – 2008 Siegfried im „Ring des Nibelungen“ unter der Regie von Tankred Dorst. 2019 sang er wieder die Titelrolle in Katharina Wagners Inszenierung von „Tristan und Isolde“.

klassik-begeistert.de-Autorin Jolanta Lada-Zielke, Kulturjournalistin und -reporterin aus Polen, Korrespondentin der Musikfachzeitschrift „Ruch Muzyczny“ sowie der Theaterzeitung „Didaskalia“ hat Stephen Gould schon zum dritten Mal in Bayreuth getroffen. Diesmal hat sie mit ihm über Wagners „Tristan und Isolde“ gesprochen.

„Interview am Donnerstag 12: Stephen Gould, Tenor“ weiterlesen

Wagners "Ring des Nibelungen" aus Fernost

CD-Besprechung: Richard Wagner, Der Ring des Nibelungen (2018, NAXOS)

Jaap van Zweden: Dirigent
Hong Kong Philharmonic Orchestra

von Peter Sommeregger

Richard Wagners opus magnum, die Ring-Tetralogie komplett auf Tonträger zu bannen, erfordert auch heute noch einen erheblichen Kraftaufwand technischer wie künstlerischer Art.

Seit den Tagen Georg Soltis, der für die DECCA in den 1960er-Jahren den ersten im Studio eingespielten Ring dirigierte, haben sich die technischen Voraussetzungen für ein solches Großprojekt zwar sehr verbessert, aber das künstlerische Wagnis ist in Zeiten des unüberhörbaren Niedergangs der Gesangskultur ein noch erheblich Größeres.

Das höchst kreative und vielseitige Label NAXOS hat sich auf dieses Wagnis eingelassen und innerhalb von drei Jahren die vier Opern im Rahmen von konzertanten Aufführungen mitgeschnitten. Die künstlerische Gesamtleitung lag in den Händen des renommierten niederländischen Dirigenten Jaap van Zweden, der das Projekt mit dem von ihm geleiteten Hong Kong Philharmonic Orchestra realisierte. So entstand zwischen 2015 und 2018 der erste „Asiatische“ Ring, aufgenommen in der Concert Hall des Hongkonger Kultur-Centers. „Der Ring des Nibelungen, Jaap van Zweden, Hong Kong Philharmonic Orchestra, 2018,
CD-Besprechung“
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Lieses Klassikwelt 31: Anja Silja

von Kirsten Liese

Zuletzt sah ich sie 2014 auf der Bühne. In einer Produktion der Oper Frankfurt verkörperte Anja Silja die Mumie in Aribert Reimanns  Gespenstersonate nach dem gleichnamigen Kammerspiel von August Strindberg. Aus einer kleinen Rolle wurde da eine ganz große, mit starker Bühnenpräsenz demaskierte die grandiose Sängerdarstellerin eine in Lebenslügen gefangene Gesellschaft. Es war die letzte unter zahlreichen Charakterrollen, die Jahrzehnte zuvor schon ihre Kollegin Martha Mödl auf ihre alten Tage gesungen hatte, die ihr noch fehlte.

Die gebürtige Berlinerin Silja ist in jeder Hinsicht eine Ausnahmesängerin. Dies allein schon im Hinblick auf ihre singuläre lange Karriere von mehr als 55 Jahren (!) und dem Umstand, dass sie dank ihrer guten Technik schon in jungem Alter in der Lage war, hoch anspruchsvolle Partien wie Brünnhilde, Königin der Nacht, Isolde, Salome und Elektra zu meistern.  Kaum ein Kritiker, der  in den 1960er Jahren streng mit ihr ins Gericht ging, wenn sie einmal – bedingt durch die physischen Anstrengungen – eine Spur zu tief oder eben nicht so vollendet sang wie eine Birgit Nilsson, hätte das wohl für möglich gehalten. Einige prophezeiten ihr das rasche Ende ihrer Laufbahn. Und sollten sich gewaltig täuschen: Allein mit Wieland, ihrem Mentor, Liebhaber und Freund, erarbeitete sie in nur fünfeinhalb Jahren 36 (!) Inszenierungen. „Das wird es auf der Welt nicht wieder geben. Die Kraft lag in der Beziehung – für keinen anderen Regisseur auf der Welt hätte ich das gemacht“, sagte sie mir bei einer unserer persönlichen Begegnungen anlässlich der Vorbereitungen zu meinem Büchlein „Wagnerheldinnen“. „Lieses Klassikwelt 31: Anja Silja“ weiterlesen