Super-Siegfried Andreas Schager zeigt, wo der Hammer hängt in Bayreuth – viel Beifall für eine unverändert trostlose Inszenierung

Bayreuther Festspiele, 29. Juli 2023
Richard Wagner, Siegfried

Andreas Schager zeigt, wo beim „Siegfried“ der Hammer hängt.
Von Mythos und Mystik ist im Bayreuther Ring nicht viel zu spüren. Optisch ist die Inszenierung von Valentin Schwarz in einer tristen Jetztzeit angekommen. Eine bedrückende Tristesse spricht aus dem Bühnenbild von Andrea Cozzi. Dennoch: Starker Beifall nach 4 Stunden und 7 Minuten und 2 Pausen à 60 Minuten.

von Andreas Schmidt

Der Niederösterreicher Andreas Schager ist auch der Star der Bayreuther Festspiele 2023. Was dieser Tenor mit seiner Mega-Power, seiner Stimmschönheit und seiner physischen Präsenz als Siegfried in der gleichnamigen Oper von Richard Wagner im Festspielhaus ablieferte, war fast pure Weltklasse.

Dieser Andreas Schager kam nach der Aufführung auf die Bühne und genoss in seinem fast komplett durchgeschwitzten T-Shirt die Ovationen des Publikums. Er klopfte sich mit seinen Fäusten auf die breite Brust. Sicher hatte noch nie ein Siegfried in der abwechslungsreichen Geschichte der Bayreuther Festspiele eine solch unverwüstliche Energie, eine solch phantastische Stimmleistung und eine solch spielerische Vitalität vorzuweisen wie Schager 2022 und 2023. „Richard Wagner, Siegfried
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Solisten, Chor und Orchester machen glücklich: Für diesen Tannhäuser lohnt es sich nach Bayreuth zu pilgern

Klaus Florian Vogt bekommt als Tannhäuser zurecht den meisten Applaus an diesem Abend – Klatschen, Bravi, Fußgetrampel. Es ist der Klaus-Florian-Vogt-Tag in Bayreuth. Aber auch Elisabeth Teige als Elisabeth, Ekaterina Gubanova als Venus, Markus Eiche als Wolfram von Eschenbach und Günther Groissböck als Landgraf Herrmann ernten reichlich Applaus und Bravi.

© ENRICO NAWRATH / BAYREUTHER FESTSPIELE
Bayreuther Festspiele
, 28. Juli 2023
Richard WagnerTannhäuser

von Andreas Schmidt

„Tannhäuser“ in Bayreuth – das  ist die Oper der Zukunft! Die Inszenierung von Tobias Kratzer ist intelligent, bunt, gefühl- und humorvoll. Das ist cool, emotional, sexy und berührend. Es singen in ihren Rollen die überwiegend besten Sänger der Welt. Das Orchester ist eine Wucht, und die Französin Nathalie Stutzmann zeigt mit ihrem einfühlsamen wie energetischen Dirigat, dass man in Bayreuth auch getrost auf „den große Thiele“ verzichten kann.

Und dann diese Musik: Jedem der knapp 2000 Menschen im Festspielhaus schlägt das Herz, brennt vor Sehnsucht die Seele, wenn die besten Musiker aus ganz Europa und dieser fulminante Chor (Leitung: Eberhard Friedrich) alles geben und diese göttlichen Noten spielen und singen.

Richard would have been happy! „Richard Wagner, Tannhäuser
Bayreuther Festspiele, 28. Juli 2023“
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Besser geht es nicht: Wagners Lebensabschiedswerk "Parsifal" berührt in Bayreuth

Der „Parsifal“ in Bayreuth, Richard Wagners Lebens-Abschiedswerk, ist eine Offenbarung: Musikalisch, stimmlich, szenisch – über die Brillen in die  andere Dimension lässt sich trefflich streiten.

Bildquelle: © Enrico Nawrath

Hier wunderbare erste Impressionen der Deutschen Presse-Agentur (dpa),
einer Agentur voller wunderbarer Journalisten, für die ich auch schon geschrieben habe:

„Bayreuth (dpa) – Großer Jubel für die Sänger, gemischte Reaktionen für die Regie: Der neue „Parsifal“ hat bei der Eröffnung der Bayreuther Festspiele für Begeisterung beim Publikum gesorgt. Die galt in erster Linie der Musik – und zwei Einspringern.

Andreas Schager hatte die Titelpartie erst zwei Wochen vor der Premiere von Joseph Calleja übernommen, der wegen einer hartnäckigen Infektion im Halsbereich ausfiel.

Noch mehr gefeiert als der Titelheld wurde aber Opernstar Elīna Garanča bei ihrem Bayreuth-Debüt für eine glänzende Darstellung der Kundry. Auch sie hatte die Rolle sehr kurzfristig übernommen, weil die russische Sängerin Ekaterina Semenchuk ihre Teilnahme an den Festspielen „aus privaten Gründen“ abgesagt hatte.

Standing Ovations für Garanča

Garanča bekam für ihre abwechslungsreiche, ausdrucksstarke, kraft- und gefühlvolle Darbietung sogar noch mehr Applaus als der Bayreuther Publikumsliebling Georg Zeppenfeld als hervorragender Gurnemanz. Einige Zuschauer standen aus Begeisterung für sie sogar auf.

Auch Pablo Heras-Casado wurde für sein relativ zügiges Dirigat weitgehend einhellig gefeiert – anders als das Regie-Team um Jay Scheib.

Der US-Amerikaner hatte – ein absolutes Novum auf dem Grünen Hügel – Richard Wagners Gralsritter-Oper in einer Augmented-Reality-Version auf die Bühne gebracht, die allerdings nur ein Bruchteil des Publikums komplett zu Gesicht bekam.

Nur 330 der rund 2000 Zuschauer konnten die virtuellen Elemente, die das Bühnengeschehen ergänzen sollten, mit einer speziellen, rund 1000 Dollar teuren Brille sehen, weil die Festspiele aus Kostengründen nicht mehr davon angeschafft hatten.

Wer eine solche Brille trug, konnte im ersten Akt, bei Parsifals erstem Auftritt, beispielsweise einen erschossenen Schwan sehen, in Klingsors Garten im zweiten Aufzug wuchsen virtuelle Blumen und am Ende desselben brachen die Mauern des Festspielhauses in sich zusammen.

Für Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) ist die Eröffnung der Richard-Wagner-Festspiele „ein schöner Bayreuth-Abend“ gewesen. Zur Neuinszenierung von „Parsifal“ sagte sie am Dienstagabend: „Es ist immer spannend, wenn Bayreuth eröffnet wird. Ich finde es gut, dass man neue Formate, neue Versuche macht. Ob es immer funktioniert, ist eine andere Frage.“

Roth hatte nach eigenen Worten die AR-Brille nur am Anfang der Vorstellung auf. „Ich bin ohne die Brille mehr in die Inszenierung hineingekommen“, sagte sie dazu.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte eine Brille, sie aber „kaum angehabt. Ich fand es ohne ehrlich gesagt besser“, sagte er. Söder lobte die „Spitzenqualität“ der Inszenierung. „Parsifal“ möge er besonders gerne, „weil es gut ausgeht“.“

klassik-begeistert, 26. Juli 2023

Festspielluft VI: Elīna Garančas Bayreuth-Debüt basiert auf wenig Proben

Elīna Garanča und Herausgeber Andreas Schmidt im Wiener Konzerthaus © Andreas Schmidt

von Peter Walter

Bereits 11 Hauptrollenumbesetzungen in zwei Monaten gab es bei den diesjährigen Bayreuther Festspielen zu melden. Und nun bleiben nicht einmal die Proben vor den Streichen des „Umbesetzungsmarathons“ erspart. Wie bereits berichtet, soll Elīna Garanča als Kundry die Parsifal-Hauptprobe bereits vor dem 2. Aufzug verlassen haben – nun soll die derzeit geplante Premieren-Kundry auch der kompletten Generalprobe ferngeblieben sein. Die Gerüchte verdichteten sich, Frau Garančas Bayreuth-Debüt stehe stark auf der Kippe.

Die Fakten:

Kundrys Zeilen: 1. Aufzug: 28, 2. Aufzug: 187, im dritten Aufzug: eine plus das Stöhnen.

Neben der seit ihrer Ankündigung umstrittenen AR-Inszenierung und der Titelrollenumbesetzung schwebt also nun ein drittes Premieren-Experiment in der Luft. Und bei allem Respekt für Elīna Garanča, Andreas Schager und Jay Scheib:  Jedes Experiment – selbst mit den besten Sängern und Regisseuren der Welt – kann schief gehen. Wir werden sehen. Es bleibt umso spannender.

Auch bei der Generalprobe zum Fliegenden Holländer soll es eine Umbesetzung gegeben haben. Und zwar in der Titelpartie. Wer letztendlich auf der Bühne stand, ist weiterhin unklar. Auf jeden Fall nicht Michael Volle.

Fraglich bleibt, ob die Verantwortlichen wirklich zwei Hauptrollen ohne Generalprobe riskieren wollen. Denn dieses Jahr sind die Festspiele mehr denn je auf einen musikalischen Erfolg angewiesen.

Peter Walter, 24. Juli 2023 für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Verdi-Gala mit Anna Netrebko – Außerirdische Anna

© Manolo Press/ Michael Bode

Die Stimme dieser Frau entspannt. Ihre satte, frauliche Tiefe und ihre strahlende Höhe sind vom Piano bis zum Forte gleichermaßen stark; ihr Timbre ist mittlerweile so abgedunkelt, dass es (fast) wie ein Mezzo klingt, ihre strahlenden Spitzentöne sind ungebrochen, ihre Phrasierungen sind traumhaft schön. Es gleicht einer Explosion, wenn sie ihre Energie zum Glühen bringt.

Viele Zuhörer schlossen die Augen. Atmeten laut. Beteten. Lächelten entzückt. Waren beseelt. Spürten Frieden und Wärme im Herzen und in der Brust und im Bauch.


Festspielhaus Baden-Baden, 21. Juli 2023

Verdi-Gala

Anna Netrebko
Yusif Eyvazov
Elena Zhidkova
Carles Pachón

Würth Philharmoniker
Claudio Vandelli, musikalische Leitung

von Andreas Schmidt

Es gibt im Leben eines Opern-, Stimmen- und Klassikliebhabers Momente, die magisch sind und die sich auf Ewigkeit in die Seele einbrennen. Es gibt aber wirklich nur ganz wenige Abende, die von einer so nachdrücklichen Intensivität, von einer Strahl- und Leuchtkraft sowie Zauberhaftigkeit sind wie dieser Freitagabend in Baden-Baden. „Anna Netrebko (Sopran) und Yusif Eyvazov (Tenor), Giuseppe Verdi
Festspielhaus Baden-Baden, 21. Juli 2023“
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Ich will mein Publikum zurück!

Bayreuth, München, Bregenz, Salzburg, 6. Juli 2023

Bayreuther Festpielhaus, Andreas Schmidt
Foto © Andreas Schmidt

Der onlinemerker macht an diesem Donnerstag unter der Überschrift „Ich will mein Publikum zurück!“ auf ein interessantes Phänomen aufmerksam … und verweist auf einen verdienstvollen Beitrag von BR-Klassik.

Kernthese: Selbst die renommierten Häuser und Festspiele verlieren massiv Zuschauer. Hier Auszüge:

„Ioan Holender hat mit seiner Wortmeldung – wie so oft in der Vergangenheit – eine Diskussion entfacht. Der Mann hatte fast immer etwas zu sagen. Heute ist es um griffige Aussagen von Intendanten schlecht bestellt. Man lobt sich lieber selbst! „Festspiele und Top-Opernhäuser verlieren Publikum
klassik-begeistert.de, 6. Juli 2023“
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DIE DONNERSTAG-PRESSE – 6. Juli 2023

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE DONNERSTAG-PRESSE – 6. Juli 2023 )

Festspielhaus Bayreuth. Foto © Andreas Schmidt

Kommentar – Bayreuther Festspiele Die Zeiten haben sich geändert
Die Bayreuther Festspiele sind kurz vor Beginn noch nicht ausverkauft. Ein Blick auf andere Hotspots des europäischen Festivalsommers zeigt: Probleme gibt es überall. Und die Kunst allein kann es offenbar nicht retten.
BR-Klassik.de

Dresden: Verachtet mir den Meister nicht
Für einen kurzen Moment ist es still nach dem letzten Akkord des überlangen, dritten Aktes der »Meistersinger« an diesem Maiabend. Bis auch der letzte Nachhall in den Logen der Semperoper verklingt, scheint niemand zu atmen. Das sind sie, die wenigen Sekunden, die sich eine ganze Ewigkeit ziehen können. „War’s das?“ Der unausgesprochene Gedanke schwillt in dieser Stille zu einem ohrenbetäubenden Gebrüll in meinem Kopf. Das war’s. Zum letzten Mal in dieser Saison hat Christian Thielemann bei einer Opernaufführung am Pult im Graben der Semperoper gestanden. Natürlich wird er wiederkommen. Für die kommende Spielzeit ist bereits ein fulminantes Programm mit ihm angekündigt: eine »Frau ohne Schatten«, eine »Tristan«-Reihe und noch einige Konzerte stehen an. Doch irgendwie fühlt es sich anders an – nach Scheidung, nach Trennung oder vielleicht eher nach offener Beziehung?
Musik in Dresden

Berlin
Saisonfinale an der Berliner Staatsoper: Showdown Unter den Linden

Drei Produktionen sind bis zum Spielzeitende noch an der Berliner Staatsoper zu erleben: Sie werden jeweils von potenziellen Nachfolgern für den zurückgetretenen Generalmusikdirektor Daniel Barenboim geleitet.
Tagesspiegel.de

Sommereggers Klassikwelt 192: Der unverwüstliche Dirigent Otto Klemperer prägte eine ganze Ära
In dieser Woche sind es 50 Jahre, dass der bedeutende Dirigent Otto Klemperer in seinem Alterswohnsitz Zürich starb. Sein 88 Jahre dauerndes Leben ist ein Spiegelbild der ungeheuren Umwälzungen in dieser Zeit. Voll von politischen und persönlichen Katastrophen erscheint Klemperer in der Rückschau wie ein Monolith, der allen Stürmen widerstanden hat.
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.de

„DIE DONNERSTAG-PRESSE – 6. Juli 2023
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In der Staatsoper Hamburg heißt es wieder mal Bonjour tristesse, in der Wiener Staatsoper bleibt kein Platz frei

Die Staatsoper Hamburg schafft es am Pfingstsonntag nur zu einer Auslastung von maximal 50 Prozent. In der Wiener Staatsoper ist jeder Platz besetzt.

Pfingstsonntag, 28. Mai 2023, 18.00 – 19.10 Uhr
Staatsoper Hamburg, Großes Haus, Premiere / Uraufführung

Salvatore Sciarrino, Venere e Adone

Foto: Staatsoper Hamburg © Westermann

Wiener Staatsoper, 28. Mai 2023, 19.00 – 22.15 h

Dmitri Schostakowitsch

LADY MACBETH VON MZENSK

  • Dirigent Alexander Soddy
  • Inszenierung Matthias Hartmann
  • Mit Günther Groissböck, Andrei Popov, Elena Mikhailenko, Dmitry Golovnin, Maria Barakova

von Andreas Schmidt

Stellen Sie sich bitte vor, es ist Uraufführung einer Oper (70 Minuten Länge), das Opernhaus der zweitgrößten deutschen Stadt mit einer Metropolregion von 5,5 Millionen Einwohner und mindestens 150.000 Touristen öffnet seine Tore, Rang 3 und Rang 4 werden von den Verantwortlichen erst gar nicht geöffnet !!! und von Rang bis zum Parkett sitzen nur etwa 75 Prozent der möglichen Zuschauer (darunter viele friends and family for (almost) nothing).

Die Staatsoper Hamburg schafft es an diesem Pfingssonntag bei der Uraufführung / Premiere von

Salvatore Sciarrino, Venere e Adone,

 

nur zu einer Auslastung von etwa 50 Prozent.
Davon sind noch noch mindestens 10 Prozentpunkte für friends and family abzuziehen, was die Erlöse betrifft.

Das heißt nur ca. 850 von 1690 Plätzen waren besetzt.

Ein Debakel für ein Opernhaus in einer 2-Millionen-Stadt! „Premiere Staatsoper Hamburg, Salvatore Sciarrino / Wiener Staatsoper, D. Schostakowitsch, Lady Macbeth von Mzensk
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Gänsehautfeeling am Gänsemarkt! Besuchen Sie die letzte Aufführung von „Carmen“ in der Staatsoper Hamburg – die Mezzosopranistin Maria Kataeva ist eine Jahrhundertsängerin

Staatsoper Hamburg, 23. Mai 2023
Georges Bizet, Carmen

Fotos: Maria Kataeva ©

von Andreas Schmidt

Diese Carmen sollten sie letztmalig in dieser Saison nicht verpassen: Am Samstag, 27. Mai 2023, 19.30 Uhr singt, spielt, tanzt, gestikuliert die Jahrhundert-Carmen Maria Kataeva um ihr Leben. In der Staatsoper Hamburg an der Dammtorstraße.

Ich liebe diese Oper. So eine gute Carmen habe ich nach rund 40 Aufführungen noch nicht gehört. Die Russin Maria Kataeva, Absolventin des berühmten St. Petersburger Konservatoriums, stellt Carmen nicht dar.

Sie ist Carmen.

Ihre Stimme ein Vulkan. Bombensicher, eh klar. In der Tiefe eine Macht, voll, bernsteinfarben und weiblich. Im mittleren Register ein Traum, voll und intensiv. Ja, und wenn diese Carmen dann mal die Spitzentöne serviert,
geht es einem immer wieder krass unter die Haut.

Gänsehautfeeling am Gänsemarkt.

Selbst beim frenetischen Schlussapplaus ist noch die Energie und Präsenz dieser Ausnahmekünstlerin zu spüren. Bis in die Haarspitzen.

Die Inszenierung ist Weltklasse wie die Carmen, tolle Farbwechsel, tolle echte Riesenbilder, man würde sie am liebsten zu Hause (auf SEHR große Wände) aufhängen. Die Personenführungen, die Choristen, immer am Spielen, immer in Bewegung. Die Kostüme, bunt, positiv, leuchtend.

Feurig wie Carmen.

Ein heller Wahnsinn, diese Kostüme von José Luna. Sie allein sind schon den Eintritt wert.

Die Musik eh ein Traum, selbst mit geschlossenen Augen. Von lyrischen Passagen bis zu temperamentvoller spanischer Musik.

„Carmen“ beseelt.
„Carmen“ belebt.
„Carmen“ löst Herzhüpferungen aus – bis zum Mond und wieder zurück.

„Carmen“ ist eine Oper für Anfänger und Fortgeschrittene. Hier findet jeder seine Nahrung.

Der Chor und die Alsterspatzen singen hervorragend an diesem Abend! Die Tenöre und Baritone an der Pole Position. Die Kinder und Jugendlichen echt super, in Gesang und Darstellung. Großes Kino.

Großartig der Dirigent Yoel Gamzou, fantastische Tempiwechsel. Das Philharmonische Staatsorchester Hamburg folgte dankbar und sorgte für ein facettenreichen musikalisches Fundament.

Fast alle anderen Solisten sind gut, aber nicht sehr gut. Negativ fällt der Gesang der Sopranistin Guanqun Yu als Micaëla auf, der mit einem vollkommen unangebrachten Dauertremolo nervt. Bei Frasquita in persona Narea Son fragt sich der Zuschauer, in welcher Sprache die Dame singt. Französisch war nicht herauszuhören. Hier wäre ein Sprach-Coach bis Samstag zu empfehlen.

Traurig ist an diesem Dienstagabend, dass von den 1690 Plätzen nur ca. 1500 besetzt sind. Noch vor wenigen Jahren wäre eine nicht ausverkaufte „Carmen“ ein Gesprächsthema gewesen. Von den ca. 1500 Zuschauern waren etwa 100 Schüler – super! super! –, die sich bei einem Eintrittspreis von 10 Euro auf sehr guten Parkettplätzen hervorragend benahmen und auch modemäßig vielen mit gammeligen Turnschuhen, Schlabberjeans und Schlabber-T-Shirts „gekleideten“ Herren den Rang abliefen.

Sehr traurig, wie einige Männer sich da gehen ließen. Peinlich! Manche verwechseln die Staatsoper halt mit einem Dart-Club.

Buchen Sie unbedingt einen schönen Platz bis Samstag. Es sind leider noch die Hälfte !!! der Karten nicht verkauft worden – traurig, traurig, traurig… was  macht der Kopf der Hamburgischen Staatsoper eigentlich so?

Andreas Schmidt, 24. Mai 2023, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Georges Bizet, Carmen Hamburgische Staatsoper, 5. Oktober 2022

Nabucco, Carmen, Elbphilharmonie-Konzert Hamburg, 30. September – 2. Oktober 2022

Carmen, Georges Bizet Staatsoper Hamburg, 17. September 2022 PREMIERE

 

 

Laeiszhalle Hamburg: Der Symphonische Chor Hamburg krönt mit vier herausragenden Solisten Mozart auch zum König der Messen  

Fotos © Simon Redel

Laeiszhalle Hamburg, 21. Mai 2023

Symphonischer Chor Hamburg
Elbipolis Barockorchester Hamburg
Elisabeth Breuer, Sopran
Sophie Harmsen, Mezzosopran
Ilker Arcayürek, Tenor
Sönke Tams Freier, Bass

Matthias Janz, Dirigent

Arienapplaus in einer Messe, das ist etwa wie Szenenapplaus bei Wagner: Eigentlich strengstens verboten. Doch dieser zuckersüße, federleichte Gesang der Ausnahme-Sopranistin Elisabeth Breuer hält alle völlig in Atem.

von Johannes Karl Fischer

Völlig mühelos schwebt ihre Stimme wie auf Wolke sieben und streichelt mit sanften Melodien die Ohren des Publikums – da würden selbst die konservativsten aller Priester inmitten der Messe in jubelnden Applaus ausbrechen. Vom Charakter her hätte das auch die vor ihrem Tristan in Liebe versunkene Isolde sein können.

So rührend kann eine Mozartliche Messe sein. Auch der Symphonische Chor Hamburg bringt die Magie dieser Musik zauberhaft zum Klingen, die Schallwellen dieses Klangkörpers segeln durch den Konzertsaal wie die heiligen Gesänge durch das grandiose Kirchenschiff des Wiener Stephansdoms. Ein zutiefst innerliches Kyrie Eleison zerfließt in Tränen, das Sanctus jubelt, als hätte Gott der Menschheit soeben den ewigen Frieden gegeben. „Symphonischer Chor Hamburg, Matthias Janz, Dirigent, Elbipolis Barockorchester Hamburg
Elisabeth Breuer, Sopran, Sophie Harmsen, Mezzosopran, Ilker Arcayürek, Tenor, Sönke Tams Freier, Bass
Laeiszhalle Hamburg, 21. Mai 2023“
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