München leuchtete

Philippe Jordan © Wiener Konzerthaus

Ja Herrschaftszeiten! Schumann und Wagner – so trumpfen die Bayern in der Elbphilharmonie am Dienstagabend auf

Robert Schumann
Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 97 »Rheinische«

Richard Wagner
Siegfrieds Rheinfahrt / aus der Oper »Götterdämmerung« WWV 86D
Trauermarsch und Schlussgesang der Brünnhilde / aus der Oper »Götterdämmerung« WWV 86D

Münchner Philharmoniker
Camilla Nylund Sopran
Philippe Jordan, Dirigent

Elbphilharmonie, 1. November 2022

von Harald Nicolas Stazol

 „Vier Harfen waren es an diesem Abend, und die Münchner und die Brünnhilde!!!“, werde ich noch meinen Enkeln erzählen, hätte ich denn welche, und so erzähle ich es voller Begeisterung lieber gleich meinem Mündel Vincent, 14. „Brünnhilde???“, wird er fragen, und ich werde sagen: „Nun also werde ich Dir die Handlung des Rings erzählen, mon Jeune!“, und andächtig wird er zuhören – wie immer  – und ich werde sagen, dass die Münchner Philharmoniker mal eben ein Zeichen gesetzt haben, als Botschafter Bayerns gewissermaßen, Herrgottsakra, Herrschaftszeiten, – war das ein Konzert! Götterdämmerung!

„Münchner Philharmoniker, Camilla Nylund, Philippe Jordan, Dirigent
Elbphilharmonie, 1. November 2022“
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An diesem Abend versammelt sich die Crème de la Crème des Swinging Jazz in der Elbphilharmonie

Foto: Iris Röckrath

Jazz in der Elbphilharmonie

JOSHUA REDMAN / BRAD MEHLDAU / CHRISTIAN MCBRIDE / BRIAN BLADE

Joshua Redman saxophone
Brad Mehldau piano
Christian McBride bass
Brian Blade drums

»A Mood Swing Reunion«

Elbphilharmonie, Großer Saal, 29. Oktober 2022

von Iris Röckrath

Jazz auf allerhöchstem Niveau in der Elbphilharmonie hören zu dürfen, kommt einem Sechser mit Zusatzzahl gleich. „Wir sind ausverkauft“, viele Menschen versuchten noch an der Abendkasse ihr Glück. Leider ohne Erfolg.

Alle Besucher, die ein Ticket ergattern konnten, empfangen das Quartett, dass sich bereits 1994 (als junge Mittzwanziger) zu dem legendären Album „Mood Swing“ zusammengefunden hatte, im großen Saal mit nicht enden wollendem herzlichen Applaus und Bravorufen. „»A Mood Swing Reunion« Jazz in der Elbphilharmonie
Elbphilharmonie, Großer Saal, 29. Oktober 2022“
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Georg Friedrich Händels "Giulio Cesare" inszeniert als großes Kino

Caesar und Kleopatra hätten sicher nicht gedacht, viele Jahrhunderte nach ihrem Tod so erfrischend lebendig auf der Opernbühne zu erscheinen.

Blu-ray Rezension: 

George Frederic Handel
Giulio Cesare in Egitto

Concentus Musicus Wien
Ivor Bolton   Dirigent
Keith Warner   Regie

Unitel 807804

von Peter Sommeregger

 Selbst in Zeiten, in denen kaum Opern aus der Barockzeit aufgeführt wurden, gab es eine große Ausnahme: Werke des aus Halle gebürtigen Komponisten, der einen großen Teil seines Lebens in England verbracht hatte, tauchten immer wieder im Repertoire vieler Opernhäuser auf. „Julius Caesar in Ägypten“ konnte man immer wieder erleben, geht die Handlung doch auf biographische Motive von Caesar und Kleopatra zurück, wobei in diesem Fall das wirkliche Leben noch erheblich verworrener ablief, als die Handlung dieser Oper. „Blu-ray Rezension: George Frederic Handel, Giulio Cesare in Egitto
klassik-begeistert.de 21. Oktober 2022“
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Zwei Dänen aus Nordjüttland genießen ein tolles Musikwochenende in Hamburg

Fotos: © Westermann / Staatsoper Hamburg

von Andreas Schmidt

Restlos begeistert waren am vergangenen verlängerten Wochenende die beiden Norddänen Dorte und Torben Westmark: begeistert von der Kultur- und Musikstadt Hamburg. Das Ehepaar lebt in einem Dorf an der Tanisbugt zwischen Hirtshals und Skagen. Die nächste größere Spielstätte liegt 80 Kilometer entfernt, in Aalborg, richtige Oper gibt es knapp 200 Kilometer entfernt in Aarhus. Warum also nicht gleich mal 530 Kilometer nach Hamburg fahren und dort große Musik, die Großstadt und gutes Essen genießen?

Die Westmarks, sie unterrichtet angehende Lehrer, er ist Berater in einer Sparkasse und ehemaliger Jugendnationalspieler Dänemarks, hatten sich außer einem Besuch in der Elbphilharmonie mit zwei Jugendorchestern aus Deutschland und der Schweiz zwei Aufführungen in der Staatsoper Hamburg ausgesucht, die in Dänemark einen sehr guten Ruf genießt. Die Elbphilharmonie ist eh „Kult“ bei unserem nördlichen Nachbarn. Fast jeder Däne kennt diese Landmark an der Elbe Auen. „Nabucco, Carmen, Elbphilharmonie-Konzert
Hamburg, 30. September – 2. Oktober 2022“
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10 Gebote für den Besuch der Elphyne: Üb immer Treu und Höflichkeit!

Fotos: Andreas Schmidt ©

Wie Moses, vom Heiligen Berge hinab, in Stein gemeißelt, proklamiere ich, My Lords, Ladies and Gentlemen, folgende 10 Gebote für den Besuch in der Elbphilharmonie, die die Direktion zu instituieren nicht wagt, ja, aus kulturpolitischen, wie schlicht politischen, nicht kann und darf.

von Harald Nicolas Stazol

Niemand würde an Kleidung und Verhalten vor, während und nach einem Konzert und den weiteren No-Gos in der Elphi Anstoß nehmen.

Ich bin dieser Niemand.

Hier also die goldenen Regeln für eines der schönsten – und teuersten – Konzerthäuser der Welt, so wie ICH sie sehe, ja, geradezu proklamiere:

  1. Wie gut Dir auch irgendetwas gefällt, bitte klatsche nicht zwischen den Sätzen, der Komponist hat es nicht gewollt, das Orchester, völlig aus dem Flow gebracht, will es nicht, die Dirigenten versuchen, es durch sofortige Überleitung zu verbieten. Wenn JENER die Arme links und rechts herabsinken lässt, DANN darfst Du klatschen!
  2. ZIEH DICH BITTE ORDENTLICH AN! Es muss ja nicht gleich ein Konzertfrack mit weißer Fliege und gestärktem Hemd sein, aber bitte: Keine Shorts, keine Sandalen mit kurzen, weißen Socken, und keine kurzärmeligen Hemden. Das haben die Künstler nicht verdient – und ja, ICH habe es nicht verdient: Eleganz legt bei denen, die auf der Bühne sind, ungemein Ehre ein!
  3. Lass Kinder unter sechs Jahren bitte, bitte zuhause. Besser vielleicht sogar erst ab zehn Jahren? Hauptsache, sie benehmen sich. Neulich hat ein Kleinstkind während Messiaen, es spielt das beste Orchester der Welt, die Wiener Philharmoniker unter dem genialen Esa-Pekka Salonen, geweint…wenn es für ein, zwei Konzertkarten reicht, sollte auch ein Babysitter möglich sein?
  4. Eben, wenn es für die Karten reicht, sollten doch die 2 Euro für die Garderobe drin sein? Die nassen Fjäll Räven Jacken über die Brüstung zu hängen, beleidigt jegliche Ästhetik – solche Schlampereien haben die Erbauer Herzog & de Meuron wirklich nicht gewollt, zu schweigen vom Dirigenten, den Solisten und den Orchestern. Welchen Eindruck das wohl macht bei unseren internationalen Gästen?
  5. Auch das kleinste Rascheln, selbst das Aufdröseln eines Hustenbonbons, stört empfindlich. Wer hustet, sollte ohnehin besser daheim bleiben. Auf jeden Fall aber vom ganzen Team von klassik-begeistert.de: Gute Besserung!

6.a
Guck Dir, bevor die Reise gebucht ist – aber auch Ihr Hanseaten, von Bucerius Law School bis Zalando Prokurist – DAS PROGRAMM VORHER AN!!! Es hilft weder, die Pathétique nicht zu kennen (und zu erwarten), oder die 50 oft harten Minuten des Elgar Violinkonzertes, außer in der Aufnahme von 1934, Elgar am Pult, der 14-jährige Yehudi Menuhin an der Geige.

6.b
Es stört, und ist ungemein unhöflich, selbst wenn Messiaen gespielt wird, das Konzert während der Aufführung zu verlassen.

  1. Halte all die Gegenstände, von Handtasche bis Programmheft, sicher in Deinen Händen. Neulich brach Theodor Currentzis den Pianissimo-Anfang der 6. von Tschaikovsky ab, weil eines der Heftchen zu Boden fiel – durchaus verständlich, und er hatte Recht!
  2. Üb immer Treu und Höflichkeit! Das Personal, meist Studenten oder Rentner, haben das verdient!? „Kill them with kindness“ sagen die Engländer dazu – und auch ein Euro Trinkgeld für die hart Arbeitenden an der Bar sollte nicht schaden,
  3. Hüte Dich vorm Verlassen der Veranstaltung vor der Zugabe. Sonst geht Dir echt was durch die Lappen.
  4. Halte dich an diese Gebote, und Elphyne, die Muse der Elbphilharmonie,wird Dir auf EWIG gewogen sein – und ich werde lächeln.

Harald Nicolas Stazol, 26. September 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Wiener Philharmoniker, Esa-Pekka Salonen Elbphilharmonie, Hamburg, 5. September 2022

Elbphilharmonie Hamburg, Die Jacken der Spacken klassik-begeistert.de, 16. Januar 2022

Mit Feuer, Flamme und Schostakowitsch begeistert Andrés Orozco-Estrada das Hamburger Morgenpublikum

Foto: © Werner Kmetitsch: Andrés Orozco-Estrada

Elbphilharmonie Hamburg, 25. September 2022

Andrés Orozco-Estradas Interpretationen gehören stets zu den begeisterndsten der heutigen Zeit, mit Mahler und Schostakowitsch war auch das Programm eins der Extraklasse. So feurig hat das NDR Elbphilharmonie Orchester schon ewig nicht mehr gespielt!

NDR Elbphilharmonie Orchester
Andrés Orozco-Estrada, Dirigent

Matthias Goerne, Bariton

Werke von Gustav Mahler und Dmitri Schostakowitsch

von Johannes Karl Fischer

Dieses äußerst dynamische Dirigat holt selbst aus diesem – sonst öfters etwas lustlos spielendem – Orchester die emotionalsten aller Klänge heraus. Schostakowitsch 5, ein musikalischer Meilenstein im Kampf gegen die repressive sowjetische Kulturpolitik. Diese Musik ist – gerade angesichts des Weltgeschehens wenige Tausend Kilometer weiter östlich – per se höchst emotional. Sie erregt Gefühle, die man mit Worten nicht beschreiben kann – möchte man vielleicht auch gar nicht – und ausnahmsweise auch nicht der Liebe gehören. Trauer, Triumph, Tragik, das ist die Essenz dieser Sinfonie. Still sitzen kaum möglich.  „NDR Elbphilharmonie Orchester, Andrés Orozco-Estrada, Dirigent
Elbphilharmonie Hamburg, 25. September 2022“
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Das Schönste dieses erinnernswerten Gala-Abends: Niemand fiel aus dem Rahmen

Foto: Yusif Eyvazov (Tenor), Anna Netrebko (Sopran), Mozarteumorchester Salzburg © SF / Marco Borrelli

Elbphilharmonie, Hamburg, 7. September

Anna Netrebko und Yusif Eyvazov
von Verdi bis Puccini

Anna Netrebko  Sopran
Yusif Eyvazov  Tenor
Elena Zhidkova  Mezzosopran

Philharmonie Baden-Baden
Jader Bignamini, Dirigent

von Harald Nicolas Stazol

„Stoppt die Mörderin, stoppt die Mör-de-rin“ höre ich vor der Elphi von den 80 Ukrainern, die Anna Netrebko wegen vor der Elphi diesen Mittwochabend demonstrieren, und ich rufe, „Medea steht doch heute Abend gar nicht auf dem Programm“, – da weist mich meine traumbegleitende Muse darauf hin, es nur „Friend of Putin!“ heißt, und ich bin ein wenig enttäuscht, dass in dem spärlich besetzten Saale keine nacktbrüstigen „Free Ukraine“-Pussy-Riots das Konzert unter- ja abbrechen könnten.

Stattdessen sich Anna Netrebko, von Arie zu Arie in Orangerot von Goldflammen durchsetzt mit ungeahnt schauspielerischem Talent zu den gewohnten Höhen, dem satten Ton, dennoch voller Leichtigkeit, die so nur sie hinkriegt, – allein, politisch geschickt ist sie nicht gerade, Anna Netrebko, doch dazu später mehr.

Als Thyssen und Krupp fusionieren, gehen die Arbeiter vor den Frankfurter Türmen an der Taunusanlagen der Deutschen Bank, „Soll und Haben“, auf die Straße. „Und von hier oben“, sagt mein Onkel, als er in grüner Krawatte von 20 anderen Anwälten das entsprechende Dokument unterzeichnet, nehmen sie sich wie Ameisen aus.

Demo? Welche Demo? Fragt man sich an diesem Abend, in den elysischen Höhen, der ganz der Liebe gewidmet ist – hier siegt die Kunst über die Politik, hier zeigt sich die Erhabenheit dreier russischer Stimmen, die offenbar Spaß haben an der Sache, auch wenn der Gatte der Netrebko etwas presst, was ihm, wenn Maman sich richtig erinnert, schon an der Scala Kritik einbrachte.

Anna Netrebko kenne ich noch aus Salzburg, wir beide blutjung, 2002??, unter Nicolaus Harnoncourt, und es ist die Inszenierung, in der das gesamte Ballett in Strümpfen eines österreichischen Strumpf-Imperiums, „Palmers“, eingekleidet ist, es war „Don Giovanni“ – seit diesem Abend ist mir die Netrebko ein Begriff. Und damals bin ich noch im liberalen Flügel der SPD. So einen gibt es in ihrer Heimat, Russland, schon da nicht mehr, wenn, dann versteckt.

Dass sie sich in manch Arena überstrapaziert, ein wenig abgesungen hat, – an diesem Abend kein Gedanke! Man mag sich an Hilde Güden erinnern, die Karajan an der Wiener Oper festhielt, dieselbe, an dem sie am Montag zu wenigen Buh-Rufen die Mimì sang, dieselbe, von der Elena die Muse anruft, „jetzt haben sie mich rausgeworfen, weil ich Russin bin“, nur natürlich viel höflicher formuliert.

Noch am Morgen trifft man die beiden an der Binnenalster, lachend, Anna in einem Leopardenensemble, und ja, sie äußert sich manchmal überraschend. Eine Russo-Faschistin aber kann ich in ihr nicht einmal vermuten, geschweige denn, beim schlechtesten Willen, erkennen.

Denn sowenig eine Sängerin politisch sein kann, wird ein Politiker Arien singen (abgesehen von jenen natürlich, die wir nicht mehr hören können…!).

„Freundin von Putin“ haben sie unten wie die Ameisen noch skandiert, naja, das waren Schröder und Steinmeier auch, nur singen können die eben nicht. Und deswegen bin ich hier.

Doch wie an die Karte kommen? Die Agentur River Concerts ist telefonisch nicht zu erreichen schon vor zehn Tagen, man reagiert nicht auf Emails. „Jede Note eine Bombe“, heißt es, nun denn, ich glaube, der Erlös dieses einen Abends von Welt dürfte von 80-450 Euro-Tickets Ungemach und Unterbrechung unterbunden haben.

Ich höre, eine Bombe kostet etwa 8500 Euro, also einmal die ganze erste Reihe. Doch erstmal muss man das Ticket ja aber HABEN!!!

In meiner zunehmenden Nervosität lasse ich meine Kontakte spielen. Michele Pronto, ein befreundeter Anwalt vielleicht, der zwei Abos laufen hat für Freunde und mich schon manches Mal mitnahm? „Natürlich nicht! Ich habe auch keins!“ whatsappt er. Donnerwetter, denk ich da noch, da liegt etwas im Busche, nein, der Busch brennt schon, und der HERR ist nah…

Wie ich aber dann doch erlöst wurde und hineindurfte, um der lieb-zarten, jahrelangen Freundschaft dreier überragenden SängerInnen, der Netrebko, der dem wundervollen Mezzosopran, Elena Zhidkova, fast karamelig und satt, und des Gatten der Diva, des wohltönenden Tenors Yusif Eyvazov. Man sieht den dreien ihre Freude an der Aufführung an – und ist denn nicht Freundschaft und Freude ohne Grenzen, ja grenzenlos?

Doch zunächst zu Tschaikovsky: Die Ouvertüre zu »Pique Dame« op. 68, steht an, und Anna, unsere, kosmopolitische, mit ihrer Stimme all Grenzen übertrahlende, gibt, nein, schenkt uns die Arie der Lisa aus der Oper »Pique Dame«.

„Bald ist es Mitternacht“, da fällt das Orchester Baden-Baden in das unheimliche, tiefe Thema, das erst diese Anna Netrebko zum Leuchten bring, wie weiland nur die große Galina Vishnevskaja, denn bei beiden reißt es einen vor lauter Inbrunst und warmen Tönen zu höchsten Höhen, von beiden ähnlich virtuos-herrschend-ehrfuchtgebietend, und der Rezensent schätzt sich erkoren, zu der Netrebko Lebzeiten geboren zu sein.

Pause. Die braucht man jetzt auch. Über die durchs Foyer Flanierenden hat sich etwas fast Andächtiges gelegt, aber das mag auch die Hingerissenheit des Verfasser bewirken, während sich die Muse mit einer Kennerin unterhält, ja das Gespräch mit Erlaubnis mitschneidet.

Doch da, wieder ohne Zwischenfälle, der Chronist ist enttäuscht, wir setzen uns, das Licht dämmt sich, Jader Bignamini wird mit korrektem Applaus bedacht, sein Dirigat ja auch bedächtigt und korrekt, die Philharmonie Baden-Baden eine Kur für Auge und Ohr.

Doch vorher an die Karte kommen! Schließlich hilft nur noch preussische Geheimdiplomatie, denn die Muse, ja mit Elena befreundet, trifft die beiden Diven, die Netrebko im Leopardenensemble, an der Binnenalster, auch Elena liebt Rachmaninoff, die Muse sagt, „mein bester Freund, ein Konzertkritiker auch, er bekommt keine Karte“ – „Warum hast Du das nicht gleich gesagt?“, ist, glaube ich die Antwort. Und das Wunder geschieht. Es ist ein Traum.

Isoldes Liebestod folgt (wieder die Liebe…), »Mild und leise wie er lächelt«, aus der Oper »Tristan und Isolde« WWV 90, was soll man sagen, selbst bei geschlossenen Augen wird die ganze Tragödie offenbar, und man wünschte sich, dass das Ganze auf einer Großbildleinwand über den ukrainischen Demonstranten vorgeführt würde, auf dass sie zur Vernunft kommen. Aber wegen eines Wagner-Fans hatte ja auch ein Furtwängler, ja, ein Karajan Berufsverbot einige Jahre lang. Soweit ist es ja nun glücklicherweise noch nicht.

Die Manon – Puccini setzt den Schlussstrich – legt die Ausnahme-Sopranistin ein wenig zu nervös an, schwingt sich aber dann zur stimmlichen Apotheose auf, was den Applaus im Anschluss, und den grazil-lächelnden Verbeugungen der Stimmvirtuosen einen würdigen, abschliessenden Rahmen verleiht.

Das schönste aber dieses erinnernswerten Gala-Abends: Niemand fiel aus dem Rahmen.

Harald Nicolas Stazol, 9. September 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

PROGRAMM

Gaetano Donizetti

Piangete voi? / aus der Oper »Anna Bolena«
Tombe degl’avi miei / Arie aus der Oper »Lucia di Lammermoor«

Francesco Cilea

Acerba voluttà, dolce tortura / Arie der Principessa aus »Adriana Lecouvreur«

Piotr I. Tschaikowsky

Ouvertüre zu »Pique Dame« op. 68
Arie der Lisa aus der Oper »Pique Dame«

– Pause –

Richard Wagner

Isoldes Liebestod
»Mild und leise wie er lächelt«, aus der Oper »Tristan und Isolde« WWV 90

Giuseppe Verdi

Forse la soglia attinse / Arie des Riccardo aus der Oper »Un ballo in maschera«

Georges Bizet

Farandole / aus: L’arlésienne / Suite Nr. 2

Giacomo Puccini

Donna non vidi mai / Arie des Des Grieux aus der Oper »Manon Lescaut«    In quelle trine morbide / Arie der Manon aus der Oper »Manon Lescaut« Intermezzo 3. Akt aus der Oper »Manon Lescaut«
Tu, tu, amore, tu? / Duett aus der Oper »Manon Lescaut«

 

So etwas gibt es nur in der Elbphilharmonie: Säugling schreit im teuersten Konzertsaal der Welt, es spielt das beste Orchester der Welt

Lieber Säugling: Schlafen Sie wohl, genießen Sie morgen Mamas Brust und feiern Sie mit ihr den jüngsten Messiaen-Besucher weltweit aller Zeiten. Respekt, dass Sie am Montag so lange durchgehalten haben. In der Elphi!

Foto: © Maxim Schulz

Elbphilharmonie, Hamburg, 5. September 2022

Wiener Philharmoniker
Betrand Chamayou (Klavier, statt der erkrankten Yuja Wang)
Cecile Lartigau (Ondes Martenot)
Esa-Pekka Salonen (Dirigent)

Olivier Messiaen
Turangalila-Sinfonie für Klavier, Ondes Martenot und Orchester

von Andreas Schmidt

Würden Sie mit Ihrer Partnerin / Ihrem Partner 400 minus 4 Euro für ein Konzert im von den Baukosten her teuersten Konzerttempel der Welt ausgeben, es spielt das anerkannt beste Orchester der Welt… moin moin, wir sind in der Elbphilharmonie an der Hafenkante der zweitgrößten deutschen Stadt, und ein Säugling, ca. ein Jahr alt, schreit während des Konzerts.

Dies ist kein Witz aus der wunderbaren, aber an Publikumspeinlichkeiten und -eklats bekannten Elbphilharmonie.

Dies ist Konzertrealität im September 2022. „Wiener Philharmoniker, Esa-Pekka Salonen
Elbphilharmonie, Hamburg, 5. September 2022“
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Die Elbphilharmonie vergrault ihr Publikum – Kulturverfall als Zeitphänomen

Foto: Elbphilharmonie © Daniel Dittus

Wenn nun zunehmend Menschen davor zurückschrecken, die Elbphilharmonie zu besuchen, dann sollte man sich überlegen, was hier schiefläuft. Es kann nicht darum gehen, diesen Konzertsaal von Weltrang stets gefüllt zu bekommen. Die Elbphilharmonie hat in der Tat etwas zu verlieren.

von Dr. Andreas Ströbl

Am kommenden Sonntag, 11. September, wird wieder der „Tag des offenen Denkmals“ begangen. Der Violinist und Moderator Daniel Hope wird sich an diesem Tag auf die Suche nach musikalischen Denkmälern machen. Das wirft die Frage auf, was denn den Denkmalcharakter eines Musikstücks, eines Konzerts oder einer Oper ausmachen könnte.

Mit Sicherheit kann es nicht darum gehen, ehrfurchtsvoll vor verstaubten Werken vergangener Jahrhunderte zu verharren. Die Pflege musikalischer Denkmäler besteht darin, sich, ob ausführend oder hörend, mit Begeisterung dem hinzugeben, was die sogenannte „klassische“ Musik (die längst nicht mehr von modernen Strömungen wie Jazz, Blues oder Weltmusik zu trennen ist) an Emotionen, Erfindungen, Denkanstößen, Gesellschaftskritik oder blanker Lebensfreude zu bieten hat. Das kann aber nur gelingen, wenn man der Musik, den Ausführenden und dem Publikum gegenüber respektvoll begegnet. „Die Elbphilharmonie vergrault ihr Publikum
Klassik-begeistert.de 4. September 2022“
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The Cleveland Orchestra brilliert in der Elbphilharmonie mit Schubert

Elbphilharmonie, 1. September 2022
Foto: DanielDittus.com

The Cleveland Orchestra
Franz Welser-Möst

Wolfgang Rihm
Verwandlung 3 / Musik für Orchester
Verwandlung 2 / Musik für Orchester

Franz Schubert
Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 („Große“)

Eines der weltbesten Orchester der Welt hat an zwei Tagen gezeigt, wo der Hammer musikalisch hängt: The Cleveland Orchestra, USA, unter Leitung ihres österreichischen Dirigenten und Musikdirektoren Franz Welser Möst. „The Cleveland Orchestra, Franz Welser-Möst, Rihm, Schubert
Elbphilharmonie, 1. September 2022“
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