Auch die zweite Besetzung des Balletts Dritte Sinfonie von Gustav Mahler überzeugt mit seiner Leistung und seinem Können

David Rodriguez war von uns erstmals in einer tragenden Rolle zu sehen und fesselte mit tänzerischer Prägnanz und starkem Ausdruck nicht nur im Pas de trois, sondern vor allem beim Pas de deux mit Ida Praetorius.

Foto: Die Mezzosopranistin Katja Pieweck nimmt den Beifall des Publikums und des Ballett-Ensembles entgegen; dahinter in der ersten Reihe von links Matias Oberlin, Xue Lin, Florian Pohl, Olivia Betteridge, Aleix Martinez, Madoka Sugai, Karen Azatyan, Ida Praetorius, David Rodriguez, Ana Torrequebrada, Lizhong Wang (Foto RW)

Staatsoper Hamburg, 23. September 2022 

Ballett von John Neumeier
Dritte Sinfonie von Gustav Mahler  

von Dr. Ralf Wegner

Ob es an der 12. Parkettreihe mit günstigerer Übersicht auf das Geschehen lag oder auch an dem dort besseren Orchesterklang (musikalische Leitung: Markus Lehtinen): Insgesamt erschien diese Aufführung mit neuer Besetzung ausgewogener als die drei Tage zuvor gesehene. Katja Pieweck sang im 4. Satz wieder zum Niederknien schön; sie hat offenbar ihre frühere stimmliche Verfassung zurückerlangt. „Ballett von John Neumeier, Dritte Sinfonie von Gustav Mahler
Staatsoper Hamburg, 23. September 2022 “
weiterlesen

Gustav Mahlers „Dritte Sinfonie“: John Neumeiers Choreografie ist und bleibt ein zeitloses Juwel der Ballettgeschichte

Foto: Voigt-Komponierhäuschen Steinbach Attersee

Staatsoper Hamburg, 19. September 2022

John Neumeier: „Dritte Sinfonie von Gustav Mahler“
Hamburg Ballett, Wiederaufnahme

von Dr. Holger Voigt

Ein Blick in die Vergangenheit ist ein Blick in die Zukunft der Gegenwart:  Die Choreografie John Neumeiers zu Gustav Mahlers allegorischer Dritter Sinfonie ist nunmehr fast ein halbes Jahrhundert alt und wirkt jung und vital wie eh und jeh.

Mit diesem „sinfonischen Ballett“ kreierte der mittlerweile 83-jährige Ballettintendant einen Meilenstein der Ballettgeschichte und legte ein unübersehbares Fundament für seine bis heute anhaltendende beispiellose Karriere als kreativer Ballettdirektor und künstlerischer Schöpfer ingeniöser Werke, deren Fülle und Inspirationsreichtum  kaum noch zu überblicken ist. „Hamburg Ballett, Dritte Symphonie von Gustav Mahler
Staatsoper Hamburg, 19. September 2022“
weiterlesen

Das Hamburg Ballett tanzt Gustav Mahlers Dritte Sinfonie – Olga Smirnova und Edwin Revazov überzeugen mit ihrem Pas de deux

Foto: Ida Praetorius, Felix Paquet, Xue Lin, Karen Azatyan, Olga Smirnova, Edvin Revazov, Anna Laudere, Jacopo Bellussi, Madoka Sugai, Alessandro Frola (Foto RW)

Staatsoper Hamburg, 20. September 2022

Ballett von John Neumeier
Dritte Sinfonie von Gustav Mahler


Wie sich Sugai mit schraubender Drehbewegung ihrem zuverlässigen Partner in die Arme warf, war großartig anzusehen. Mit umwerfender Fröhlichkeit zeigte Sugai zudem, was Sommer und sommerliche Liebe sein kann.

von Dr. Ralf Wegner

John Neumeiers Choreographie der dritten Sinfonie von Gustav Mahler haben wir seit 1975 fast ein Dutzend Mal gesehen, zuletzt vor 5 Jahren mit Silvia Azzoni und Alexandre Riabko in den beiden Hautpartien. Diese waren heute, in der 188. Vorstellung, mit Olga Smirnova und Edwin Revazov besetzt. Ihr Pas de deux im 6. Satz der Sinfonie (Was mit die Liebe erzählt) erwies sich als einer der Höhepunkte des Abends, wenngleich die Stringenz in der Darstellung und der innere, konzentrierte Ausdruck des Paares Silvia Azzoni und Alexandre Riabko nicht erreicht wurde. Dafür war deren Auftritt vor gut 2 Wochen bei der Freiluftaufführung auf dem Rathausmarkt noch zu deutlich in Erinnerung. „Das Hamburg Ballett tanzt Gustav Mahlers Dritte Sinfonie
Staatsoper Hamburg, 20. September 2022“
weiterlesen

Micaëla geht in Hamburg als Siegerin vom Platz: Elbenita Kajtazi lässt die Herzen klopfen beim Saisonauftakt am Gänsemarkt

Foto: Elbenita Kajtazi, Tomislav Mužek © Brinkhoff/Mögenburg

Staatsoper Hamburg, 17. September 2022, PREMIERE

Carmen
Musik von Georges Bizet

Libretto von Henri Meilhac und Ludovic Halévy

Die Zeit der Micaëlas ist da. Und Elbenita Kajtazi steht mittendrin! Dieser Ausnahme-Sopranistin, die in der vergangenen Spielzeit bereits als Violetta Valéry begeistern konnte, gehört die sopranistische Zukunft an der Dammtorstraße.

von Johannes Karl Fischer

Erst vor fünf Tagen schrieb ich über Slávka Zámečníková, die Micaëla an der Wiener Staatsoper, von „tiefgreifenden Emotionen, die man in Worten allein nicht ausdrücken kann“. Dasselbe über Frau Kajtazi zu sagen, wäre keinesfalls übertrieben. Sie war der Star des Abends. Ihr strahlender Sopran füllt Räume, erntet Brava-Stürme, verzaubert mit nur einer Arie den fast ausverkauften Saal. In dieser Fassung hätte sie auch locker im Haus am Ring singen können. Das ist mal eine Ansage am Gänsemarkt! „Carmen, Georges Bizet
Staatsoper Hamburg, 17. September 2022 PREMIERE“
weiterlesen

Neumeier zeigt was er mit seinem Hamburger Ensemble in den letzten beiden Jahren alles geschaffen hat

Konfettiregen am Ende der 47. Nijinsky-Gala (Foto RW)

Unschlagbar waren die Auftritte Madoka Sugais mit ihren Partnern, zum einen mit Alessandro Frola in einem Pas de deux aus Cinderella, zum anderen ihre überwältigende Fröhlichkeit bei hoher technischer Kompetenz im dritten Satz der 7. Sinfonie von Beethoven, mit Alexandr Trusch als kongenialem Partner.

Staatsoper Hamburg, 03. Juli 2022

Nijinsky Gala XLVII
Hamburger Ballett-Tage

von Dr. Ralf Wegner

Neumeiers dem Tänzer Vaslav Nijinsky gewidmeten Galas stehen immer unter einem übergreifenden Thema. Diesmal hieß es, etwas willkürlich gewählt, Anniversaries bzw. Jubiläen. Üblich sind immer Ausschnitte aus den in der auslaufenden Saison gespielten Balletten, gespickt mit einer Leistungsschau internationaler Gäste, aber stets mit Bezug zum Thema der Gala.

Es begann mit einem fulminantem Auftritt der Schülerinnen und Schüler der oberen Theaterklassen, der von einer hohen technische Kompetenz vor allem der jungen Männer zeugte; Konstantin Tselikov hatte ihnen Folkloristisches auf den Leib choreographiert, genannt Gopak. Das wirkte nach und überdeckte den folgenden Auftritt des Bundesjugendballetts, die nach einer modernen Choreographie von Raymond Hilbert tanzten.

Ausschnitte aus Neumeiers herausragenden Choreographien Ghost Light und Nijinsky nahmen einen größeren Zeitraum in Anspruch, ohne dass die gewählten Beispiele die innere Kraft sowie die Faszination dieser beiden Ballette eindeutig widerspiegeln konnten. Es wirkte auf mich, als würden Mozarts Opern anhand der Rezitative und nicht der Arien auf die Bühne gebracht werden. „Hamburger Ballett-Tage, Nijinsky Gala XLVII
Staatsoper Hamburg, 03. Juli 2022“
weiterlesen

„Waren sie besser als beim letzten Mal“, fragt der Vater, als ich an diesem Freitag Abend zum zweiten Mal gehe

Foto: © Kiran West

„Waren sie besser, als beim letzten Mal“, fragt der Vater, als ich an diesem Freitag Abend zum zweiten Mal gehe, „komm zum Punkt“ – wenn mich doch soviel meiner Leser um mehr Punkte bitten, ich jedenfalls nochmal in „A Winter’s Tale“ , aus schierer Begeisterung, das Hamburger Ballett reserviert mir stante pede Karten, denn bis November, darauf kann ich nicht warten, wirklich nicht, denn hier wurde das Royal Ballet eins zu eins importiert, nur mit unserem Corps de Ballet, dort vorne setzt sich Neumeier mit sein Élèven, rechts unten ins Parkett, und dann bricht wieder dieser Christopher Wheeldon los, den John mit bestem Geschmack eingeladen hat, und die Symphoniker untermalen unter Leitung des David Briskin, der dem Ganzen schon wieder etwas Traumvolles gibt.

Staatsoper Hamburg, 1. Juli 2022

The Winter’s Tale
Ballett in drei Akten mit einem Prolog

„The Winter’s Tale“ wurde in Zusammenarbeit mit dem Royal Opera House, Covent Garden, London und dem National Ballet of Canada produziert

Choreografie: Christopher Wheeldon
Musik: Joby Talbot
Szenario: Christopher Wheeldon und Joby Talbot
Bühnenbild und Kostüme: Bob Crowley
Licht: Natasha Katz
Lichtadaption: Simon Bennisson
Einstudierung: Jason Fowler, Anastacia Holden, Piotr Stanczyk, Jillian Vanstone

von Harald Nicolas Stazol

Nun, also, als große Gnade, die zweite Aufführung, die nächste erst im November, solange kann ich einfach nicht warten.

Waren sie also besser? Der Pas de deux, Florizel, der Prinz von Böhmen – lustig und lebensfroh ein kraftvoller Christopher Evans, und die zartest gehauchte Xue Lin, in wahrlich atemberaubenden Solo danach…

 Allein, im Foyer, schon davor, „Ja aber bei Neumeier…“, dann in der Pause, „John Neumeier allerdings“, John, John, John, Neu, Neu, Neu — ja, da holt sie dieser Ausnahme-Impresario das Royal Ballet ans Haus, und das reicht dann auch nicht???

 Das Bühnenbild samt Kostümen komplett übernommen, für diese ein- zwei Nächte wird London zum Vorort von Hamburg, gerade noch hat mich eine Mongolin aus Peking mit aufgerissenen Augen vor der Oper beim Rauchen inquisitorisch interviewt, keine 20 Minuten später präsentiert sie mir im Foyer stolz ihre Karte. „You will not regret it“, sage ich noch.

„The Winter’s Tale, Ballett in drei Akten mit einem Prolog
Staatsoper Hamburg, 1. Juli 2022“
weiterlesen

Mit dem Ballett Liliom zeigt John Neumeier, welche geniale Ausnahmeerscheinung er unter den Choreographen ist

Während der Aufführung herrschte gebannte Stille im Haus, es gab kein störendes Zwischenklatschen, erst nach Fallen des Vorhangs entlud sich der Jubel des Publikums, welches dem Liliom-Ensemble stehend Ovationen entgegenbrachte, die beim Erscheinen von John Neumeier auf der Bühne zu Orkanstärke anschwollen.

John Neumeier mit Nathan Brock (musikalische Leitung), Alina Cojocaru (Julie), Karen Azatyan (Liliom) und Anna Laudere (Frau Muskat) (Foto RW)

 

Hamburger Ballett-Tage
Staatsoper Hamburg, 30. Juni 2022

Liliom, Ballett von John Neumeier nach dem Bühnenstück von Ferenc Molnár

von Dr. Ralf Wegner

Die Rolle des Liliom wurde für Carsten Jung kreiert, also für seine spezifischen tänzerischen und darstellerischen Fähigkeiten. Letztere zeugten von einer Bandbreite, die ihn so unterschiedliche Rollen wie Onegin, Otello oder Don Quixote perfekt ausfüllen ließen. Jung  ist die Blaupause, an der seine Nachfolger zu messen sind. Ivan Urban hat ihn einmal getanzt, auf seine Art mit gewissem Zynismus auch einmalig, weiterhin Edvin Revazov, der aufgrund seiner Körpergröße schon genug einschüchternd auf die kleine Julie wirken musste.

Der heutige Liliom Karen Azatyan setzte das lasziv-erotische der Rolle perfekt um, die impulsive Aggressivität des Jahrmarktgigolos war bei ihm aber weniger zu spüren, auch blieb offen, warum er eigentlich die schüchterne, sehr introvertierte Julie, wie sie Alina Cojocaru darstellte, der schönen, eleganten und ihm in erotischer Hinsicht tänzerisch ebenbürtigen Frau Muskat (Anna Laudere) vorzog. Leider gab es bisher zu der superb tanzenden, aber darstellerisch sehr in sich gekehrten, duldungsbereiten und keinen Deut Widerstand dem Verhalten Lilioms entgegensetzenden Cojocaru als Julie kaum Alternativen. „Hamburger Ballett-Tage, Liliom, Ballett von John Neumeier nach dem Bühnenstück von Ferenc Molnár
Staatsoper Hamburg, 30. Juni 2022“
weiterlesen

Choreograph Krzysztof Pastor setzt Shakespeares Sturm beeindruckend als Ballett um

Insgesamt zeigten die solistisch besetzten Tänzerinnen und Tänzer des polnischen Nationalballetts ein hohes technisches Niveau, das galt auch für das Ensemble. Besonders beeindruckten Vladimir Yaroshenko als Prospero und Chinara Alizade als seine Tochter Miranda, aber auch der sprungstarke Patryk Walczak als Luftgeist Ariel.

Abbas Bakhtiari (Der alte Prospero), Vladimir Yaroshenko (Prospero, ein Exilant aus Mailand), Chinara Alizade (Miranda, seine Tochter), hinter den Blumen Maksim Woitiul (Ferdinand, Schiffbrüchiger, verliebt in Miranda), Pawel Koncewoj (Caliban, Eingeborener, fasziniert von Miranda) und Ensemble (Foto RW)

Staatsoper Hamburg, 28. Juni 2022

Krzysztof Pastor: The Tempest, Ballett in zwei Akten nach William Shakespeare

Hamburger Ballett-Tage
Gastspiel des Polnischen Nationalballetts

von Dr. Ralf Wegner

Nicht alle Shakespeare-Stücke sind so leicht verständlich wie Romeo und Julia oder Der Sommernachtstraum. Der Sturm gehört nicht dazu. Um das Ballett von Krzysztof Pastor zu verstehen, sollte man sich also vorher die Handlung vergegenwärtigen:

Antonio stürzt mit Hilfe Alonsos, des Königs von Neapel, seinen Bruder Prospero, Herzog von Mailand, vom Thron. Prospero strandet mit seiner Tochter Miranda auf einer von Caliban und seinem Volk bewohnten Insel. Mit Hilfe des Luftgeistes Ariel bemächtigt sich Prospero der Insel. In einem Sturm stranden alle weiteren Beteiligten einschließlich Alonsos Sohn Ferdinand sowie die Matrosen Trinculo und Stefano auf der Insel. Letztere versuchen mit Hilfe von Caliban die Insel zu erobern, was Ariel verhindert. Die Liebe Ferdinands und Mirandas führt die väterlichen Herrscher Alonso und Prospero zusammen. Prospero vergibt seinem Bruder Antonio dessen thronräuberisches Verhalten. „Hamburger Ballett-Tage, Gastspiel des Polnischen Nationalballetts
Staatsoper Hamburg, 28. Juni 2022“
weiterlesen

An fünf Tagen erschuf Gott die Welt, am sechsten William Shakespeare!

Fotos: © Kiran West

Staatsoper Hamburg, 19. Juni 2022 PREMIERE
Hamburg Ballett

Christopher Wheeldon: The Winter’s Tale, Ballett nach Shakespeares Wintermärchen

Shakespeare: The Winter’s Tale

Interpreten

Choreografie: Christopher Wheeldon
Musik: von Joby Talbot
Szenario: Christopher Wheeldon und Joby Talbot

Simon Hewett, Dirigent

Programm

von Harald Nicolas Stazol

Royal Ballet, Royal Opera House, Covent Garden, National Ballet of Canada, Hamburger Staatsballett – bei diesem Coup de Foudre, diesen drei Superlativen, das wird bei der Premiere in der Staatsoper heute Abend Weltrang haben,

Ich wiederhole: Weltrang.

Das liegt an genau zwei Namen: Christopher Wheeldon und Joby Talbot.

Ich habe so ein Niveau zuletzt bei Martha Graham in Santa Fe gesehen, oder Schwanensee am Bolshoi, aber dieses „A Winter’s Tale“?

So etwas Was habe ich überhaupt noch nicht gesehen.

So werden Legenden geboren.

Woher ich das weiß? Einen Tag vor der Premiere? a) ich bin ein Prophet. b) ich bin Ballettbesessener. c) ich habe einen Freund bei den Beleuchtern.

a+b+c = ich war in der Generalprobe.

Ich sage, ich war – nein, genau jetzt, am Sonntagmorgen, bin ich noch immer darin, eine Trance, die anhält, seitdem Simon Hewett den Taktstock erhoben hat.

Dieser Joby Talbot wird bald, nein, hat jetzt schon einen Platz neben Philip Glass, John Adams, und vielleicht Ravel.

Die wunderbaren, wundervollen, Wunder vollbringenden, Vollendeten: Unserem Ballett. Man darf wirklich stolz sein.

In pudrigen Farben, fast wie bewegte Watteaus, werden hier Soli, Pas-des-deux und große Formation gegeben, federchengleich, hingehaucht, und dann plötzlich gewaltig und grausam, und königlich und feierlich, und tragisch und beglückend:

© Kiran West

William Shakespeares „A Winter’s Tale“, das, wenn ich mich erinnere, im Downing College, Cambridge in English Literatur bei Prof. Caitlyn naturally auf dem Lehrplan stand.

Dietrich Schwanitz sagte einmal: „An fünf Tagen erschuf Gott die Welt, am sechsten William Shakespeare!“ „Christopher Wheeldon: The Winter’s Tale, Ballett nach Shakespeares Wintermärchen
Staatsoper Hamburg, 19. Juni 2022 PREMIERE“
weiterlesen

Silvia Azzoni rettet Christopher Wheeldons Choreographie zum Ballett Winter’s Tale


Was Silvia Azzoni aus der Figur der Hofdame im ersten und im dritten Akt herausholt, ist von tiefem Ausdruck und von tänzerischer Vollkommenheit. Azzonis noble Arm- und Handbewegungen, ihre eleganten Bein- und Fußhaltungen und ihre tänzerisch unter Spannung stehende, aber trotzdem biegsame Körperlinie ließ Ihre Auftritte zum Ereignis werden. Silvia Azzonis Leistung ist höchste Ballettkunst und höchstes Ballettglück zugleich.

Foto: Christopher Wheeldon (rechts) mit Alexandr Trusch, Madoka Sugai und Félix Paquet

Staatsoper Hamburg, 19. Juni 2022 PREMIERE
Hamburg Ballett

Christopher Wheeldon: The Winter’s Tale, Ballett nach Shakespeares Wintermärchen

 von Dr. Ralf Wegner (Text und Fotos)

Wheeldons Choreographie von Shakespeare’s Wintermärchen sahen wir bereits 2014 bei der Londoner Uraufführung. Jetzt ist die Erinnerung an die von mir damals als eindimensional empfundene Interpretation Wheeldons’ verblasst, während die schöne Bühnendekoration von Bob Crowley mit Hintergrundbildern nach Caspar David Friedrich sowie ein mächtiger, grün bemooster Baum vor blauem Hintergrund, der entfernt jenem der Seelen aus James Camerons Film Avatar ähnelt, im Gedächtnis haften blieben. Auch beeindruckte eine hyperrealistische Videoprojektion eines auf die Küste zusteuernden, sturmumtosten Schiffes zum Ende des ersten Aktes.

Das ist handwerklich gut gemacht und erinnert an den Aufwand, der in den Hamburger Musicalhäusern zwecks Unterhaltung des Publikums getrieben wird. Auch die untermalende eingängige Komposition von Joby Talbot könnte collagenhaft in Filmen zum Einsatz kommen. Eine zusätzliche inhaltliche Interpretation der zwischenmenschlichen Beziehungen vermochte ich aber nicht immer herauszuhören.

Alexandr Trusch (Florizel, Prinz von Böhmen), Madoka Sugai (Perdita, Prinzessin von Sizilien), Félix Paquet (Leontes, König von Sizilien), Ida Praetorius (Hermione, Königin von Sizilien), Jacopo Bellussi (Polixenes, König von Böhmen), Silvia Azzoni (Paulina, Erste Hofdame der Königin Hermione), Lloyd Riggins (Ein Schäfervater)

Worum geht es bei der Ballettfassung? Die Handlung spielt im höfischen und bäuerischen Milieu, Leontes wird als König von Sizilien, Polixenes als jener von Böhmen eingeführt. Beide kennen sich von kleinauf. „Christopher Wheeldon: The Winter‘s Tale, Ballett nach Shakespeares Wintermärchen
Staatsoper Hamburg, 19. Juni 2022 PREMIERE“
weiterlesen