Rising Stars 11: Anna Handler, Dirigentin und Pianistin – die junge Maestra mit eigenem Orchester

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

Mozart KV 488, 1. Allegro – Anna Handler, Klavier und Leitung, Orchester Enigma Classica

von Lorenz Kerscher

Beim Eröffnungskonzert der hochinteressanten Konzertserie Stars & Rising Stars München am 8. Juli 2021 stellte die berühmte Klarinettistin Sabine Meyer zwei ihrer talentiertesten Studenten vor und bot ein sehr schönes Programm von Solo- und Duostücken. Dafür gab es begeisterten Applaus, doch die eigentliche Attraktion des Abends war die junge Dirigentin Anna Isabella Handler mit dem von ihr gegründeten Kammerorchester „Enigma Classica“. Da stand eine energiegeladene junge Frau vor einer Gruppe begeisterter junger Musiker und gab mit präzisen Schlägen den Takt und die Inspiration für den packenden Konzertabend. „Sie hat alles, um sich in dieser immer noch von Männern beherrschten Domäne durchzusetzen“, war da mein erster Gedanke. „Rising Stars 11: Anna Handler, Dirigentin und Pianistin – die junge Maestra mit eigenem Orchester“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 97: 100 Jahre „Pippo“ Giuseppe Di Stefano

Wenn die Opernwelt in dieser Woche den 100. Geburtstag des Tenors Giuseppe Di Stefano feiert, lohnt ein Rückblick auf ein Leben, das keineswegs nur eine Geschichte von Triumphen und Erfolgen war.

von Peter Sommeregger

Der am 24. Juli 1921 in der Nähe von Catania auf Sizilien geborene Giuseppe besuchte ein Priesterseminar und überlegte ernsthaft, Priester zu werden. Die Freude am Gesang und sein offenkundiges Talent führten aber zielstrebig in Richtung einer Gesangsausbildung. Der Zweite Weltkrieg machte erst einmal alle Pläne zunichte, Giuseppe wurde Soldat, wurde aber schnell für Gesangsauftritte freigestellt, mit denen er die Truppe erfreute. Noch vor Kriegsende floh er in die Schweiz, wo er kurz interniert wurde, danach aber erste erfolgreiche Auftritte im Rundfunk hatte. Danach entwickelte sich seine Karriere geradezu  rasant. „Sommereggers Klassikwelt 97: 100 Jahre „Pippo“ Giuseppe Di Stefano“ weiterlesen

Frauenklang 6: Joana Mallwitz – kompetent und voller Elan am Dirigentenpult

Foto:© Nicolas Kroeger

Dirigentin Joana Mallwitz | Kurzporträt in titel thesen temperamente vom 24. Mai 2020

von Lorenz Kerscher

Noch bis vor kurzem war das Dirigentenpult eine der letzten Bastionen des Patriarchats. Diese wurde, wenn es sein musste, auch schon mal mit der steilen These verteidigt, dass Frauen die Orchester mit ihrer erotischen Energie zu sehr verstören würden. Doch inzwischen sind die Pultpatriarchen, die alles nach ihrem Willen formen wollen, aus der Zeit gefallen. Der zweifellos exzellente, aber dem Vernehmen nach ziemlich autokratische Christian Thielemann muss das gerade schmerzlich erfahren. Sein vielbeachteter jüngerer Kollege Jakub Hrůša steht dagegen für einen neuen Stil: er begegnet dem eigenen Charakter eines Orchesters mit großer Wertschätzung und sieht seine Aufgabe darin, es zu einer idealen Interpretation des Werks zu inspirieren. Eine derart fürsorgliche Einstellung gilt nach alter Klischeevorstellung als weibliche Tugend, aus aktueller Sicht jedoch als der bessere Weg. Deshalb bewähren sich auch immer mehr Frauen bei der Leitung bedeutender Orchester. „Frauenklang 6: Joana Mallwitz – kompetent und voller Elan am Dirigentenpult“ weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 21: Ludwig van Beethoven – Tripelkonzert (1804)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung und der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Drei Solisten begleitet von einem Orchesterapparat, die mal gegen-, mal miteinander ihre Fertigkeiten demonstrieren – eine spannende Auseinandersetzung voller Möglichkeiten. So ähnlich dürfte wohl Beethovens Gedankengang gewesen sein, als der Bonner Klassik-Meister sein Konzert für Klavier, Violine und Violoncello in C-Dur (opus 56), kurz „Tripelkonzert“ konzipierte. Was er da ersann, war modern, gewagt, fast schon eine kleine Revolution – mit ernüchterndem Ergebnis. „Daniels Anti-Klassiker 21: Ludwig van Beethoven – Tripelkonzert (1804)“ weiterlesen

Pathys Stehplatz (5): Sinn und Unwert der Kritik

„Mögen die Kritiker über uns den größten Blödsinn schreiben. Mögen sie uns verreißen, mögen sie tun, was sie wollen – Hauptsache sie sagen irgendetwas!“ Denn nichts sei schlimmer als das Schweigen der Kritik. Öfters schon sind mir diese Worte, mit denen der berühmte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki den Schriftsteller Siegfried Lenz zitierte, durch den Kopf geschossen.

von Jürgen Pathy

Vor allem letzten März, wo Simon Stones Inszenierung von „La Traviata“ an der Wiener Staatsoper Premiere feierte. Bis auf Igor Golovatenko, bei dem sich die Kritikerschar überwiegend einig war, dass der im Sommer als Posa in „Don Carlos“ deutlich besser gefiel, beurteilte die Aufführung so gut wie jeder anders. „Pathys Stehplatz (5): Sinn und Unwert der Kritik“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 96: Carl Czerny – mehr als nur Etüden

„Klavierschüler, die an seinen Etüden verzweifeln, sollten vielleicht einmal seine großartigen Klavierkonzerte hören, die würden sie mit Sicherheit mit dem Pädagogen Czerny versöhnen!“

 von Peter Sommeregger

Der Nachruhm des in Mozarts Sterbejahr 1791 geborenen und am 15. Juli 1857 in seiner Geburtsstadt Wien verstorbenen Komponisten ist durchaus zwiespältig. Ganze Generationen von Klavierschülern haben schlechte Erinnerungen an das Üben mit Czernys Etüden, die generell als langweilig empfunden wurden. Darüber ist die Person Czerny und sein weit über Klavier-Etüden hinausgehendes Werk weitgehend in Vergessenheit geraten. „Sommereggers Klassikwelt 96: Carl Czerny – mehr als nur Etüden“ weiterlesen

Schweitzers Klassikwelt 39: Oper als Katharsis?

Foto: „Tri Sestri“ (Drei Schwestern), Wiener Staatsoper, März 2016

Anlässlich der Produktion „Tri Sestri“ von Péter Eötvös an der Wiener Staatsoper verfocht der Regisseur Yuval Sharon die These, wenn eine Opernaufführung eine Botschaft bringt, hört sie auf Kunst zu sein. Das erregte meinen Widerspruch und ich begann mit der Assistenz meiner Frau  diese apodiktische Meinung nachzuprüfen.

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Seine These mag bei Werken des Naturalismus gelten. Die Stücke bleiben bei einer allgemein gehaltenen Gesellschaftskritik stecken. Jetzt ein Opernlexikon herzunehmen und Oper für Oper inhaltlich durchzugehen, erschien uns zu umfangreich und wir entschieden uns für die Methode, das Selbsterlebte bzw. unsre Lieblingsopern zu hinterfragen. „Schweitzers Klassikwelt 39: Oper als Katharsis?“ weiterlesen

Frauenklang 5: Klaviersonaten mit Gefühl serviert

Joanna Sochacka. Foto: Anita Wąsik-Płocińska

„Ich bekomme Feedback von Menschen aus aller Welt, viele sind begeistert, auch wenn es nicht Mozart oder Beethoven ist. Das ist mir wichtig, weil es meine Überzeugung bestätigt, dass diese Musik einzigartig ist.“

Ein Gespräch mit der polnischen Pianistin Joanna Sochacka über die Komponistin Grażyna Bacewicz

Grażyna Bacewicz (1909-1969), polnische Komponistin und Geigerin, tritt als interessante Schöpferin von Klavierwerken auf. Dies lässt sich dank der Pianistin Joanna Sochacka entdecken, die eine CD mit Bacewicz-Klaviersonaten und -Etüden aufgenommen hat. Das Album ist in diesem Jahr beim DUX Verlag erschienen.

Neben Violine und Klavier studierte Bacewicz Komposition in Warschau und in Paris bei Nadia Boulanger. Wie andere Heldinnen unserer Frauenklang-Serie erlebte sie aufgrund ihres Geschlechts Missachtung und leichtfertige Behandlung durch ihre Kollegen. Einer der Kritiker, der ihr „Konzert für Streichorchester“ bewertete, schrieb, dass das ein Mann unter einem weiblichen Pseudonym komponiert haben musste. Bacewicz errang jedoch eine hohe Position im musikalischen Umfeld und bekleidete hohe Funktionen, wie zum Beispiel als Konzertmeisterin des Radio-Sinfonieorchesters (1936-1938) und als Vizepräsidentin des Polnischen Komponistenverbandes (1955-57 und 1960-69). „Frauenklang 5: Interview mit Joanna Sochacka über die Musik von Grażyna Bacewicz“ weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 20: Richard Strauss – Also Sprach Zarathustra (1896)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der sogenannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Mit „Also sprach Zarathustra“, oder dem „Welthit aus 3 Tönen“ hat Strauss ein zeitloses Epos geschaffen, das bis heute allgegenwärtig erscheint. Es braucht nicht erst den Blick auf den Fernseher, um beispielsweise bei der Werbung für eine wohlbekannte Biermarke erneut die glorifizierende Eingangsfanfare dieser Komposition zu hören. Wie konnte das passieren, dass eine der epischsten Orchestermusiken so zur Ikone der Marketingindustrie wurde? „Daniels Anti-Klassiker 20: Richard Strauss – Also Sprach Zarathustra (1896)“ weiterlesen

Rising Stars 10: Kunal Lahiry, Pianist – Wer Klavier spielt, hat Glück bei den Frau‘n

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

Herni Duparc: Phidylé. Álfheiður Erla Guðmundsdóttir, Sopran, Kunal Lahiry, Klavier (2020)

von Lorenz Kerscher

Mit dem aus einem alten Schlager zitierten Untertitel möchte ich keinesfalls Gerüchte über das Privatleben des 1991 in den Vereinigten Staaten geborenen Pianisten Kunal Lahiry in die Welt setzen, über das ich auch gar nichts weiß. Er hat ganz einfach das Glück eines Tüchtigen, der schon in jungen Jahren mit vielen bemerkenswerten Nachwuchssängerinnen erfolgreich zusammenarbeiten konnte, ebenso auch mit Talenten aus der Männerriege. Hierbei bewährt er sich als einfühlender und aufmerksamer Liedduopartner, seine herausragende Technik dient ihm immer zum gemeinsamen Gestalten und nie zur virtuosen Selbstdarstellung. Wenn man ihn dazu noch zur Bereicherung eines Liederabends ein Solostück spielen lässt, kann man sicher sein, dass er diesem eine klare Klanggestalt gibt und dabei den Zauber feinster Poesie ebenso zur Wirkung bringt wie Steigerungen und Höhepunkte. „Rising Stars 10: Kunal Lahiry, Pianist – Wer Klavier spielt, hat Glück bei den Frau‘n“ weiterlesen