Sommereggers Klassikwelt 78: Leonie Rysanek, die letzte Primadonna

von Peter Sommeregger

Wenn man 23 Jahre nach ihrem Tod das Ehrengrab der Sopranistin Leonie Rysanek auf dem Wiener Zentralfriedhof besucht, wird man dort – Sommer wie Winter – frische Blumen, oft auch ein brennendes Grablicht sehen können. „Die Rysanek“ oder auch nur „Leonie“ genannte Künstlerin hat sich in ihrer Heimatstadt einen Ruhm und eine Beliebtheit erworben, an der auch ihr Tod am 7. März 1998 kaum etwas änderte. „Sommereggers Klassikwelt 78: Leonie Rysanek, die letzte Primadonna
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Schweitzers Klassikwelt (30): Aus dem Zeitalter der LP: „Poèmes pour Mi“ von Olivier Messiaen

Foto: Claire und Olivier Messiaen (Privatsammlung Nigel Simeone)

„Unsres Erachtens lassen die „Gedichte für Mi“ eine nicht alltägliche Lebenspartnerschaft der beiden erkennen. Die Eheleute Messiaen besaßen eine Art von Heiligkeit, die auf keinen Fall zur Nachahmung zu empfehlen ist.“

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Ein heute selten in Konzertsälen zu erlebendes Werk. Im Herbst 2009 hatte Renée Fleming ihren anspruchsvollen Liederabend (Werke von Henri Dutilleux, Richard Strauss, Brad Mehldau) im Großen Saal des Wiener Musikvereins mit leider nur fünf der neun Lieder dieses Zyklus von Olivier Messiaen eingeleitet und damit Mut bewiesen. Bedauerlicherweise sind wir auf diesen Abend nicht aufmerksam geworden und haben ihn versäumt. Wir konnten uns nur insofern trösten, dass der erste Teil der „Poèmes pour Mi“ der Verkürzung zum Opfer fiel, wobei gerade das erste Lied „Action de grâces“ („Gnadenakt“) mit seinem schwelgerischen Alléluia zum Schluss einen hinreißenderen ersten Eindruck hinterlassen hätte als das erste Lied des zweiten Teils „L’épouse“. Dieses paraphrasiert aus dem mit typisch paulinischer Schwerfälligkeit geschriebenen Brief an die Gemeinde von Ephesos die eheliche Liebesbeziehung als Analogie zu Christi Beziehung zur Kirche. Aber „Action des grâces“ war wahrscheinlich unsrer gründlichen und gewissenhaften Künstlerin auch in der Klavierfassung zu sehr für einen dramatischen Sopran gedacht erschienen. „Schweitzers Klassikwelt (30): Aus dem Zeitalter der LP: „Poèmes pour Mi“ von Olivier Messiaen“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 67: Das Traumrequiem (Teil 1) – zu Ehren eines stillen Helden

Foto: Johannes Brahms (1889), wikipedia.de ©

von Jolanta  Łada-Zielke

 „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms hörte ich zum ersten Mal in meiner Musikoberschule in Krakau, als ich der deutschen Sprache noch nicht mächtig war. Das Stück berührte mich so sehr, dass ich bei den ersten zwei Sätzen fast in Tränen ausbrach. Damals fing ich an zu träumen, das Werk irgendwann mit einem guten Chor aufführen zu können. Seit ich in Deutschland lebe, ist dieser Traum schon sieben Mal wahr geworden. Ich hatte das große Glück, das Brahms-Requiem zunächst mit dem Münchener Bachchor und später mit dem Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg singen zu dürfen. Einige dieser Konzerte sind mir besonders in Erinnerungen geblieben.

Eines von ihnen fand zum Andenken an ein tragisches Ereignis statt. Am 12. September 2009 versuchte Dominik Brunner, fünfzigjähriger Rechtsanwalt aus München, vier Kinder zu verteidigen, die in einer S-Bahn von zwei jungen Männern angegriffen wurden. Es machte diese so wütend, dass sie den mutigen Bürger auf dem Bahnhof München-Solln zu Tode prügelten. Der Vorfall regte viele Diskussionen in ganz Deutschland an – über die Aggression unter Jugendlichen und wie man ihr entgegenwirken kann. Zwei Monate später wurde die Dominik-Brunner-Stiftung gegründet, die zusammen mit der Fußballmannschaft FC Bayern München das Bündnis „Münchner Zivilcourage“ einging. Die Stiftung setzte sich folgende Ziele:  das Bewusstsein für Zivilcourage in der Öffentlichkeit zu wecken, sich um die Opfer von Gewalt psychologisch und materiell zu kümmern und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Durch ihre vielfaltigen Aktivitäten versucht diese Institution junge Menschen zu überzeugen, dass Gewalt kein Mittel ist, ihre Probleme zu lösen. „Ladas Klassikwelt 67: Das Traumrequiem, Teil 1 (Ein deutsches Requiem, Johannes Brahms)
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Der Schlauberger 41: Wenn ’s klappt, warum nicht? Fortpflanzung für Fortgeschrittene

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

So gelacht habe ich lange nicht mehr. Diesmal nicht über Trump oder den Mann aus Würselen oder gar den Karneval. In einem Zeitungsbericht ging es um Geburtenzahlen in einem Krankenhaus und um die Frage, warum manche Jahre mehr, manche Jahre weniger Babys zur Welt kommen. Vielleicht liegt es an äußeren Umständen? Am Wetter? Am TV-Programm? An sportlichen Ereignissen? Also an Dingen, die den Tagesrhythmus beeinflussen. „Der Schlauberger 41: Wenn ’s klappt, warum nicht? Fortpflanzung für Fortgeschrittene“ weiterlesen

Ritterbands Klassikwelt 20: Lockdown auf der Insel

„Das Insulare des Lockdown, wo man unweigerlich auf sich selbst zurückgeworfen ist, wird durch die Geographie der Insel verstärkt, potenziert – und manchmal nahezu unerträglich.“

von Charles E. Ritterband

Ein Lockdown ist, wie wir inzwischen alle wissen, keine einfache Sache. Alles, was einem lieb, teuer und wichtig war, ist nun plötzlich schwierig, unerreichbar – oder schlicht verboten: Oper, Konzerte, Reisen, spontane Flirts, Familienbesuche, gemeinsame Mahlzeiten mit Freunden. Aber auf einer Insel ist das alles noch viel schwieriger. Inseln können als ausbruchssichere Gefängnisse fungieren – von Alcatraz bis zur Teufelsinsel in Französisch-Guayana, auf die Hauptmann Dreyfus 1895 schuldlos verbannt wurde. Inseln können auch Orte der Inspiration sein: Heinrich Böll beispielsweise verbrachte seine Sommerferien in den 50er Jahren gerne auf der Insel Achill im Westen Irlands. Und Paul Gauguin suchte paradiesische Exotik auf Tahiti. „Ritterbands Klassikwelt 20: Lockdown auf der Insel“ weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 2: Das „Hallelujah“ aus Georg Friedrich Händels „Messiah“ (1742)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der sogenannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

„Halleluja“ – nein, bei der mit Pauken und Trompeten begleiteten Lobpreisung handelt es sich nicht um den Jingle aus der Werbung für einen Markenjoghurt. Oder dem Spot für eine Automarke. Und auch nicht um eine Verherrlichung von Putzmitteln. Die wenigsten modernen und werbebelasteten Fernsehzuschauer dürften sich der fast 300 Jahre alten Herkunft dieses Meisterwerks moderner Meme-Kultur bewusst sein. „Daniels Anti-Klassiker 2: Das „Hallelujah“ aus Georg Friedrich Händels „Messiah“ (1742)“ weiterlesen

Rising Stars 1: Mojca Bitenc und Domen Križaj – das junge Vorzeigepaar aus Slowenien

Mojca Bitenc, Foto: © Rok Deželak

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

Folge 1: Mojca Bitenc und Domen Križaj 

Arien und Duette im Livestream aus der Oper Frankfurt mit Mojca Bitenc, Domen Križaj und Felice Venanzoni am Klavier, Nov. 2020

von Lorenz Kerscher

Slowenien war lange Zeit ein weißer Fleck auf meiner musikalischen Landkarte. Die Oberkrainer Volksmusik war mir zwar ein Begriff, doch ich hörte sie so gut wie nie. Und aus der Klassikwelt des gerade zwei Millionen Einwohner zählenden Landes war noch nie etwas bis zu mir durchgedrungen. Dies änderte sich im Sommer 2018 bei den Bregenzer Festspielen, als bei der spektakulären Produktion von „Carmen“ eine traumhaft schöne, warm grundierte und bis in die Höhe voll und klar klingende Stimme als Micaëla zu hören war. Es war die junge Slowenin Mojca Bitenc (beide Buchstaben c werden wie das deutsche z ausgesprochen), die dann beim Schlussapplaus die Bravorufer auch ganz auf ihrer Seite hatte. „Rising Stars 1: Mojca Bitenc und Domen Križaj – das junge Vorzeigepaar aus Slowenien“ weiterlesen

Bogdan Roščić, der neue starke Mann an der Wiener Staatsoper (Pathys Stehplatz 2)

Foto: Bogdan Roščić vor der Wiener Staatsoper © Lalo Jodlbauer

Lange Zeit hat er sich kämpferisch gegeben. Dann hat auch er nachgeben müssen. Obwohl Bogdan Roščić alles versucht hat, um den normalen Spielbetrieb so lange wie möglich aufrechtzuerhalten – seit 3. November 2020 ist die Wiener Staatsoper geschlossen. „Stumm“, wie es auf der Licht-Installation stand, die an der Fassade des Hauses angebracht wurde. Eine Idee von Roščić. Nicht das einzige Zeichen, dass im „ersten Haus am Ring“ ein neuer Wind weht. Zeit für ein kurzes Resümee…

von Jürgen Pathy

Seit Juli 2020 ist Bogdan Roščić nun Direktor der Wiener Staatsoper. Sein Auftrag ist klar. Zumindest, wenn man seine Aussagen und sein Handeln auf einen Nenner bringt: Das Haus soll einer deutlichen Verjüngungskur unterzogen werden. Das ist nicht erst klar, seitdem er im ZiB-Interview betonte, dass es eine große Enttäuschung wäre, wenn er den Altersdurchschnitt der Besucher in fünf Jahren nicht deutlich gesenkt haben werde. Bereits 2016 gab es erste Anzeichen. Damals verkündete Kanzleramtsminister Drozda, er wolle mit Roščić eine „Oper 4.0“ erschaffen. Was immer damit gemeint war, wird nun deutlich.

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Dr. Spelzhaus Spezial 11: Jodelt Euch gesund!

von Dr. Petra Spelzhaus

Foto: Pixabay ©

„Hopshodarieduljoooo-Hopshodaräiriiii“ ertönt es laut zwischen Tatzelwurm und Hoher Asten. Der Schnee wird langsam verdrängt durch blühende Moose, erste Blumen strecken ihren Kopf aus dem Erdreich, die Sonne gewinnt an Kraft und wärmt unsere Nasen. Zwei Ladies – von denen ich eine bin – in Wandermontur mit Hund im Rucksack begrüßen jodelnd den nahenden Frühling. Sie erweisen sich dabei zwar als nicht ganz Text- und Melodie-sicher, das wird aber durch überschäumende Inbrunst wieder wett gemacht. Ein entgegenkommender Mountainbiker freut sich sichtlich über dieses Konzert.

Manch einen wird es wundern, wieso gerade ein Nordlicht sich berufen fühlt, über die alpenländische Tradition zu schwadronieren. Dazu sei noch einmal kurz in Erinnerung gerufen, dass sowohl ich als auch Loriots legendäres Jodeldiplom in den 1970er-Jahren ihren Ursprung in Bremen fanden. Noch Fragen? Die Silbenfolge „Holleri du dödl di, diri diri dudl dö“ habe ich also quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Dass dieser frühe Samen einmal prächtige Blüten treiben würde, war damals nicht zu erahnen. „Dr. Spelzhaus Spezial 11: Jodelt Euch gesund!
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Sommereggers Klassikwelt 77: Kirill Kondrashin zum 40. Todestag          

von Peter Sommeregger

Die Karriere des Dirigenten Kirill Kondrashin, der 1914 in Moskau geboren wurde, fand lange Zeit ausschließlich in der Sowjetunion statt. Der Sohn eines Musiker-Ehepaares durchlief die klassischen Stationen eines Musiker-Lebens. Nach Studien bei Nikolaj Tschulajew in den Fächern Klavier und Musiktheorie debütierte er bereits 1931 als Dirigent am Stanislawskij-Newirowitsch-Dantschenko-Theater in Moskau. Nach diesem Debüt beschließt er, sich zum professionellen Dirigenten ausbilden zu lassen.

Am Moskauer Konservatorium studiert er von 1932-1936 bei Alexander W. Gauk und Boris J. Chajkin. Schon während seines Studiums wird er als Chef-Assistent an das Stanislawskij-Newirowitsch-Dantschenko-Theater in Moskau berufen. Beim ersten sowjetischen Dirigenten-Wettbewerb bekommt er 1938 einen Ehrenpreis. Im gleichen Jahr ernennt man ihn zum 1. Kapellmeister am Maly-Operntheater in Leningrad, diese Position behält er bis 1943. Anschließend wird er an das Bolschoi-Theater in Moskau verpflichtet, wo er dreizehn Jahre lang dirigiert und in der dortigen Hierarchie beständig aufsteigt. Neben seiner Dirigier-Tätigkeit inszeniert er auch mehrere Opern selbst. „Sommereggers Klassikwelt 77: Kirill Kondrashin zum 40. Todestag  
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