Ritterbands Klassikwelt 20: Lockdown auf der Insel

„Das Insulare des Lockdown, wo man unweigerlich auf sich selbst zurückgeworfen ist, wird durch die Geographie der Insel verstärkt, potenziert – und manchmal nahezu unerträglich.“

von Charles E. Ritterband

Ein Lockdown ist, wie wir inzwischen alle wissen, keine einfache Sache. Alles, was einem lieb, teuer und wichtig war, ist nun plötzlich schwierig, unerreichbar – oder schlicht verboten: Oper, Konzerte, Reisen, spontane Flirts, Familienbesuche, gemeinsame Mahlzeiten mit Freunden. Aber auf einer Insel ist das alles noch viel schwieriger. Inseln können als ausbruchssichere Gefängnisse fungieren – von Alcatraz bis zur Teufelsinsel in Französisch-Guayana, auf die Hauptmann Dreyfus 1895 schuldlos verbannt wurde. Inseln können auch Orte der Inspiration sein: Heinrich Böll beispielsweise verbrachte seine Sommerferien in den 50er Jahren gerne auf der Insel Achill im Westen Irlands. Und Paul Gauguin suchte paradiesische Exotik auf Tahiti. „Ritterbands Klassikwelt 20: Lockdown auf der Insel“ weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 2: Das „Hallelujah“ aus Georg Friedrich Händels „Messiah“ (1742)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der sogenannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

„Halleluja“ – nein, bei der mit Pauken und Trompeten begleiteten Lobpreisung handelt es sich nicht um den Jingle aus der Werbung für einen Markenjoghurt. Oder dem Spot für eine Automarke. Und auch nicht um eine Verherrlichung von Putzmitteln. Die wenigsten modernen und werbebelasteten Fernsehzuschauer dürften sich der fast 300 Jahre alten Herkunft dieses Meisterwerks moderner Meme-Kultur bewusst sein. „Daniels Anti-Klassiker 2: Das „Hallelujah“ aus Georg Friedrich Händels „Messiah“ (1742)“ weiterlesen

Rising Stars 1: Mojca Bitenc und Domen Križaj – das junge Vorzeigepaar aus Slowenien

Mojca Bitenc, Foto: © Rok Deželak

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

Folge 1: Mojca Bitenc und Domen Križaj 

Arien und Duette im Livestream aus der Oper Frankfurt mit Mojca Bitenc, Domen Križaj und Felice Venanzoni am Klavier, Nov. 2020

von Lorenz Kerscher

Slowenien war lange Zeit ein weißer Fleck auf meiner musikalischen Landkarte. Die Oberkrainer Volksmusik war mir zwar ein Begriff, doch ich hörte sie so gut wie nie. Und aus der Klassikwelt des gerade zwei Millionen Einwohner zählenden Landes war noch nie etwas bis zu mir durchgedrungen. Dies änderte sich im Sommer 2018 bei den Bregenzer Festspielen, als bei der spektakulären Produktion von „Carmen“ eine traumhaft schöne, warm grundierte und bis in die Höhe voll und klar klingende Stimme als Micaëla zu hören war. Es war die junge Slowenin Mojca Bitenc (beide Buchstaben c werden wie das deutsche z ausgesprochen), die dann beim Schlussapplaus die Bravorufer auch ganz auf ihrer Seite hatte. „Rising Stars 1: Mojca Bitenc und Domen Križaj – das junge Vorzeigepaar aus Slowenien“ weiterlesen

Bogdan Roščić, der neue starke Mann an der Wiener Staatsoper (Pathys Stehplatz 2)

Foto: Bogdan Roščić vor der Wiener Staatsoper © Lalo Jodlbauer

Lange Zeit hat er sich kämpferisch gegeben. Dann hat auch er nachgeben müssen. Obwohl Bogdan Roščić alles versucht hat, um den normalen Spielbetrieb so lange wie möglich aufrechtzuerhalten – seit 3. November 2020 ist die Wiener Staatsoper geschlossen. „Stumm“, wie es auf der Licht-Installation stand, die an der Fassade des Hauses angebracht wurde. Eine Idee von Roščić. Nicht das einzige Zeichen, dass im „ersten Haus am Ring“ ein neuer Wind weht. Zeit für ein kurzes Resümee…

von Jürgen Pathy

Seit Juli 2020 ist Bogdan Roščić nun Direktor der Wiener Staatsoper. Sein Auftrag ist klar. Zumindest, wenn man seine Aussagen und sein Handeln auf einen Nenner bringt: Das Haus soll einer deutlichen Verjüngungskur unterzogen werden. Das ist nicht erst klar, seitdem er im ZiB-Interview betonte, dass es eine große Enttäuschung wäre, wenn er den Altersdurchschnitt der Besucher in fünf Jahren nicht deutlich gesenkt haben werde. Bereits 2016 gab es erste Anzeichen. Damals verkündete Kanzleramtsminister Drozda, er wolle mit Roščić eine „Oper 4.0“ erschaffen. Was immer damit gemeint war, wird nun deutlich.

„Bogdan Roščić, Direktor Wiener Staatsoper (Pathys Stehplatz 2)
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Dr. Spelzhaus Spezial 11: Jodelt Euch gesund!

von Dr. Petra Spelzhaus

Foto: Pixabay ©

„Hopshodarieduljoooo-Hopshodaräiriiii“ ertönt es laut zwischen Tatzelwurm und Hoher Asten. Der Schnee wird langsam verdrängt durch blühende Moose, erste Blumen strecken ihren Kopf aus dem Erdreich, die Sonne gewinnt an Kraft und wärmt unsere Nasen. Zwei Ladies – von denen ich eine bin – in Wandermontur mit Hund im Rucksack begrüßen jodelnd den nahenden Frühling. Sie erweisen sich dabei zwar als nicht ganz Text- und Melodie-sicher, das wird aber durch überschäumende Inbrunst wieder wett gemacht. Ein entgegenkommender Mountainbiker freut sich sichtlich über dieses Konzert.

Manch einen wird es wundern, wieso gerade ein Nordlicht sich berufen fühlt, über die alpenländische Tradition zu schwadronieren. Dazu sei noch einmal kurz in Erinnerung gerufen, dass sowohl ich als auch Loriots legendäres Jodeldiplom in den 1970er-Jahren ihren Ursprung in Bremen fanden. Noch Fragen? Die Silbenfolge „Holleri du dödl di, diri diri dudl dö“ habe ich also quasi mit der Muttermilch aufgesogen. Dass dieser frühe Samen einmal prächtige Blüten treiben würde, war damals nicht zu erahnen. „Dr. Spelzhaus Spezial 11: Jodelt Euch gesund!
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 77: Kirill Kondrashin zum 40. Todestag          

von Peter Sommeregger

Die Karriere des Dirigenten Kirill Kondrashin, der 1914 in Moskau geboren wurde, fand lange Zeit ausschließlich in der Sowjetunion statt. Der Sohn eines Musiker-Ehepaares durchlief die klassischen Stationen eines Musiker-Lebens. Nach Studien bei Nikolaj Tschulajew in den Fächern Klavier und Musiktheorie debütierte er bereits 1931 als Dirigent am Stanislawskij-Newirowitsch-Dantschenko-Theater in Moskau. Nach diesem Debüt beschließt er, sich zum professionellen Dirigenten ausbilden zu lassen.

Am Moskauer Konservatorium studiert er von 1932-1936 bei Alexander W. Gauk und Boris J. Chajkin. Schon während seines Studiums wird er als Chef-Assistent an das Stanislawskij-Newirowitsch-Dantschenko-Theater in Moskau berufen. Beim ersten sowjetischen Dirigenten-Wettbewerb bekommt er 1938 einen Ehrenpreis. Im gleichen Jahr ernennt man ihn zum 1. Kapellmeister am Maly-Operntheater in Leningrad, diese Position behält er bis 1943. Anschließend wird er an das Bolschoi-Theater in Moskau verpflichtet, wo er dreizehn Jahre lang dirigiert und in der dortigen Hierarchie beständig aufsteigt. Neben seiner Dirigier-Tätigkeit inszeniert er auch mehrere Opern selbst. „Sommereggers Klassikwelt 77: Kirill Kondrashin zum 40. Todestag  
klassik-begeistert.de       “
weiterlesen

Der Schlauberger 40: Lasst uns noch einmal hoppen – Schade: Denglisch ist out

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Heute mal was ganz Anderes. Jahrelang habe ich mich an der Denglisch-Marotte abgearbeitet. Das ist jetzt vorbei. Überraschung: Die Sprachpanscher sind keine Sprachpanscher mehr! Sie haben gerade zu einer Rolle rückwärts angesetzt. „Der Schlauberger 40: Lasst uns noch einmal hoppen – Schade: Denglisch ist out“ weiterlesen

Hauters Hauspost 9: Corona macht kreativ

von Barbara Hauter

Foto: Dr. Petra Spelzhaus (Trompete) und Barbara Hauter (Kontrabass) ©

Corona macht kreativ. Heute morgen zum Beispiel kam meine Liebste mit dem Aufweckkaffee zu mir ans Bett, hielt mir die dampfende Tasse unter die Nase und schon strömte, angeregt von den Aromen, ein völlig neues Liedlein aus mir heraus. „Folge dem Duft der Liiieeebä,“ frohlockte ich noch mit geschlossenen Augen, bevor ich überhaupt den ersten Schluck genossen hatte. Text und Melodie – ich schwöre es – waren ganz eigenständig und spontan aus mir heraus entstanden. So viel kreativer Schwung musste gleich genutzt werden. Ich wühlte mich aus der Daunendecke, die Beste aller Lebensgefährtinnen setzte sich an die Bettkante – und schon ging es weiter mit den munteren Einfällen. In wenigen Sätzen konstruierten wir den Plot für unsere nächste Kurzgeschichte. Der geneigte Leser darf gespannt sein. Sie dreht sich – natürlich – um Musik. Beziehungsweise um die nicht gehörten Konzerte dieser Tage. „Hauters Hauspost 9, Corona macht kreativ
klassik-begeistert.de“
weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 1: Wolfgang Amadeus Mozart: „Eine kleine Nachtmusik“ (1787)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der sogenannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Die klassische Musik – Königsform der abendländischen Künste und in aller Welt als eines der höchsten kulturellen Güter bekannt. Man stelle sich nur auf die Straße und frage einmal, welche Komponisten vorbeigehenden Passanten einfallen, und sofort wird man mit Bach, Beethoven und Mozart konfrontiert. Gerade letzterem eilt der Ruf voraus, ein „wahres Genie“ und „Wunderkind“ gewesen zu sein. Eine Selbstverständlichkeit also, dass auch seine Werke sich größter Bekanntheit erfreuen. „Daniels Anti-Klassiker 1: Wolfgang Amadeus Mozart: „Eine kleine Nachtmusik“ (1787)“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 76: Hugo Wolfs tragisches, kurzes Leben

„An seinem Trauergottesdienst in der Wiener Votivkirche nahm auch der Hofoperndirektor und Jugendfreund Wolfs, Gustav Mahler, teil. Gestört wurde der Trauerzug durch maskierte, fröhliche Menschen, an Wolfs Begräbnistag feierte man den Faschingsdienstag.“

von Peter Sommeregger

Als der Komponist Hugo Wolf am 22. Februar 1903 in Wien starb, war er bereits nahezu fünf Jahre Patient der Landesirrenanstalt in der Wiener Lazarettgasse. Sein Geist war zu diesem Zeitpunkt bereits völlig erloschen. Die Lungenentzündung, die zu seinem Tod führte, erlöste ihn von einem Siechtum, das seinen Ursprung in einer Syphilis-Erkrankung des damals 18-Jährigen hatte. „Sommereggers Klassikwelt 76: Hugo Wolfs tragisches, kurzes Leben“ weiterlesen