Foto: © Michael Pöhn
Wiener Staatsoper, 4. Oktober 2021
Gioachino Rossini, Il barbiere di Siviglia
von Jürgen Pathy
Es ist gelungen!
„Der Versuch aus der Sache ein Fest zu machen“, wie Herbert Fritsch seine Regie beschreibt, hat in Wien eingeschlagen wie eine Bombe. Am Ende tobt das Haus. Dabei hat der deutsche Regisseur, der mit dem „Barbier von Sevilla“ an der Wiener Staatsoper seinen Einstand feiert, schon ziemlich an der Grenze der Geschmacklosigkeit gekratzt. Premiere war bereits am 28. September, am Montag folgte die dritte Vorstellung.
Schuster bleib bei deinen Leisten
Was sofort ins Auge sticht, wenn man von der Galerie des Hauses ehrfürchtig hinunterblickt: Im Gegensatz zu vielen Opern des Repertoires, vor allem Wagner und Strauss, kleidet den Orchestergraben eine ziemlich kleine Besetzung. Rund zwei Dutzend Geigen, eine Handvoll Bratschen – allesamt links vom Pult platziert. Vier Bässe, vier Celli davor. Dazu gesellen sich auf der anderen Seite die Holzbläser und ein Mindestmaß an Blechbläsern. Michele Mariotti weiß auch mit der kleinen Partie, angeführt von Konzertmeisterin Albena Danailova, ordentlich einzuheizen. Gerade so viel, um den Star der Produktion allerdings noch auf Händen zu tragen.
Juan Diego Flórez begeistert als Graf Almaviva mal wieder mit akrobatischer Belcanto-Kunst. Nachdem er im April des Jahres einen Ausflug in dramatischere Gefilde („Faust“, Charles Gounod) gewagt hatte, ist der „Barbiere“ eine Rückkehr ins Repertoire, das vor rund zwanzig Jahren seinen Ruhm begründete. Spitzentöne, Koloraturen und virtuose Verzierungen sind eindeutig seine musikalische Heimat. Und der Clou bei der ganzen Sache: Alles wirkt so spielerisch. Selbst wenn die Anfangsarie im hohen Register noch etwas zerbrechlich wirkt, nach der Schlussarie steht das Haus am Kopf. Immerhin zählt der gebürtige Peruaner, der in Wien lebt, zu den wenigen, die selbst da noch in der Lage sind, die hohen Töne zu treffen und grazile Verzierungen zu schwingen. „Pathys Stehplatz(10): Gioachino Rossini, Il barbiere di Siviglia,
Wiener Staatsoper, 04. Oktober 2021“ weiterlesen