Fantastische Stimmen, hoch gepriesene Inszenierung
Aber die stimmliche Sensation des Abends war zweifellos die Gilda der amerikanischen Sopranistin Lisette Oropesa. Ihr lyrischer Koloratursopran erklang an diesem Abend von derart makelloser Reinheit und gelebter Leidenschaft, dass das verwöhnte Publikum von Covent Garden zu wahren Beifallsstürmen hingerissen wurde. Sie ist die vielleicht beste Gilda, die ich je weltweit bewundern durfte.
Giuseppe Verdi, „Rigoletto“, Royal Opera Covent Garden, London,
29. September 2021
von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Foto)
Es war die siebte und vorerst letzte Vorstellung der gefeierten „Rigoletto“-Neuinszenierung an der Royal Opera Covent Garden – und wer das Privileg hatte, Zugang zum bis auf den letzten Sitz- und Stehplatz gefüllten Zuschauerraum dieses legendären Opernhauses zu finden, war privilegiert. Denn dies war schlicht ein Ereignis von Weltrang. Es war dies eine Art Gesellenstück – die erste Inszenierung von Oliver Mears, mit 37 Jahren der jüngste Direktor der Sparte Opern in der langen Geschichte dieses illustren Opernhauses. Nicht nur Mears markiert einen Neubeginn – erstmals wurde in Covent Garden seit offiziellem Beginn der Covid-Pandemie in Großbritannien, also seit März letzten Jahres, vor vollem Haus gespielt. Nachdem Premier Boris Johnson quasi das Ende der Pandemie verkündet hatte, wird auch in Covent Garden Normalität zelebriert: Man sitzt im Zuschauerraum dicht an dicht, kein Platz ist ausgelassen, und auch in dem Gedränge der Pausen-Foyers ist „Social Distancing“ offenbar ein Fremdwort. Wer Schutzmasken trägt – und dies tut kaum jemand – tut dies fast verschämt.
Oliver Mears bringt ein Mantua von filmgerecht hartem Realismus auf die Bühne: Graue Sandstein-Wände unter tief verhangenem, grauem Wolkenhimmel – kontrastierend mit der verschwenderischen Pracht, die im Palast des Herzogs zelebriert wird (prachtvolle Kostüme: Ilona Karas). Der Herzog schmückt seinen Palast mit überdimensionierten, den Bühnenraum ausfüllenden Gemälden – im ersten Akt ist es sinnvollerweise Tizian’s sinnliche Venus von Urbino, während an der Wand von Gildas bescheidener Kammer (als beleuchteter Raum oberhalb der Bühne sichtbar) lediglich das bescheidene Bildchen einer Madonna hängt, wohl als Echo ihres Berichts von den verhängnisvollen Besuchen der Sonntagsmesse, bei denen sie erstmals dem Herzog begegnete. „Giuseppe Verdi, „Rigoletto“, Royal Opera Covent Garden, London,
klassik-begeistert.de“ weiterlesen