Teodor Currentzis © Nadia Rosenberg
Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE FREITAG-PRESSE – 17. NOVEMBER 2023
Berlin
Aus tiefster Seele. Ein grandioser, einmaliger Abend mit Teodor Currentzis und dem Utopia-Orchester
Die Arme sind weit nach vorne gestreckt, der Kopf leicht nach unten gebeugt, die Augen geschlossen. Teodor Currentzis konzentriert sich auf Tschaikowskys Fünfte. Die meisten Zuschauer sind gebannt, Spannung liegt in der Luft, aber noch nicht jeder teilt die Konzentration. Eine Frau im vorderen Block A hat ihren Platz noch nicht erreicht, irgendwo fällt ein Gegenstand zu Boden, jemand hustet. Nicht, dass es in der Berliner Philharmonie unruhig wäre – da habe ich schon ganz andere Konzerte erlebt – aber einen Künstler mit so hyperfeinen Antennen stören schon kleinere Anzeichen von Unruhe. Nach mehreren Minuten lässt Currentzis die Arme sinken, wartet mit dem Einsatz, bis die absolute Stille erreicht ist. Der atmosphärische Nährboden ist damit bereitet, in aller Ruhe und Schwere erhebt sich das mit punktierten Rhythmen markante, bedächtige Schicksalsmotiv. Wenn es im Pianissimo kurz darauf wiederkehrt, wirkt es, fast schon an der Grenze zur Unhörbarkeit, noch resignativer. Und schon nach diesen wenigen Minuten vermittelt sich die Besonderheit dieses Utopia Orchesters…
Von Kirsten Liese
Klassik-begeistert.de