Sommereggers Klassikwelt 126: Bruno Walter – Dirigent zwischen alter und neuer Welt

Sommereggers Klassikwelt 126: Bruno Walter – Dirigent zwischen alter und neuer Welt,  klassik-begeistert.de

Foto: Bruno Walter, wikipedia.org

von Peter Sommeregger

Als der Dirigent, Pianist und Komponist Bruno Walter am 17. Februar 1962 in seinem Haus im kalifornischen Beverly Hills starb, vollendete sich ein reiches Musikerleben. Anlässlich seines 60. Todestages lohnt sich ein Rückblick auf dieses Leben, das nicht zuletzt stark von den Brüchen und Katastrophen des 20. Jahrhunderts gezeichnet war.

Als Bruno Walter Schlesinger 1876 in Berlin geboren, entschloss er sich schon frühzeitig zu einer musikalischen Ausbildung, die er am inzwischen legendären Stern’schen Konservatorium seiner Heimatstadt absolvierte. Früh war er vom Werk Richard Wagners fasziniert, mit Dirigaten von dessen Opern feierte er später seine größten Erfolge.

Bild: wikipedia.org

Ursprünglich wollte Walter Pianist werden, entschloss sich aber schließlich doch für den Dirigentenberuf. Nach einem ersten Engagement in Köln wurde er Assistent Gustav Mahlers an der Hamburger Oper. Diese Begegnung sollte für den jungen Musiker prägend werden, nach Zwischenstationen in Breslau und Riga folgte er Gustav Mahler nach Wien und wirkte dort in dessen Direktion als Kapellmeister.

1901 heiratete Walter die Sängerin Elsa Korneck, aus der Ehe gingen zwei Töchter hervor. In den Folgejahren gastierte er vermehrt im Ausland und wurde auch in Prag, London und Rom gefeiert. 1911 erhielt er die österreichische Staatsbürgerschaft, legte bei dieser Gelegenheit den Namen Schlesinger ab und hieß nun auch amtlich Bruno Walter. Ab 1912 leitete er die Münchner Hofoper und brachte dort zwei bedeutende Opern zur Uraufführung: Hans Pfitzners „Palestrina“ und Walter Braunfels’ „Die Vögel“.

Gustav Mahler hatte bei seinem Tod 1911 zwei bedeutende Werke unaufgeführt hinterlassen. Bruno Walter sorgte posthum für die Uraufführungen des „Lied von der Erde“ 1911 in München und der
9. Symphonie 1912 in Wien. Seine Stellung in München behielt er bis 1922, im Jahr 1924 übernahm er das Städtische Opernhaus in Berlin-Charlottenburg, ab diesem Zeitpunkt dirigierte er auch regelmäßig bei den neu gegründeten Salzburger Festspielen.

Kurz nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten, im März 1933 wurde Walter gewarnt, die Nazis würden bei einem mit ihm geplanten Konzert der Berliner Philharmoniker für einen Eklat sorgen, da Walter jüdischer Abstammung war. Dies nahm der Dirigent zum Anlass, nach Österreich zu emigrieren, wo er bis zum „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich 1938 als Opern- und Konzertdirigent wirkte. Anschließend musste er erneut emigrieren, zuerst in die Schweiz, im November 1939 schließlich in die USA, wo er 1946 eingebürgert wurde, nachdem man ihm zwischenzeitlich auch die französische Staatsbürgerschaft verliehen hatte.

Eine persönliche Tragödie ereignete sich 1939: Walters jüngere Tochter Gretel begann ein Verhältnis mit dem italienischen Star-Bass Ezio Pinza, den Bruno Walter in seiner Glanzrolle als Don Giovanni für die Salzburger Festspiele verpflichtet hatte. Als Gretels Ehemann dies entdeckte, ermordete er seine Frau und beging anschließend Selbstmord. Walters Ehefrau Elsa litt unter einer Nervenkrankheit und verbrachte ihre letzten Lebensjahre in einem Pflegeheim. Während dieser Zeit hatte Walter im kalifornischen Exil ein Verhältnis mit der Tochter Thomas Manns, Erika. Diese hatte gehofft, dass Walter sie nach dem Tod seiner Frau 1945 heiraten würde, Walter wandte sich aber der Sopranistin Delia Reinhardt zu, mit der er bis zu seinem Tod lebte.

Während der Kriegszeit, aber auch danach dirigierte Walter alle großen amerikanischen Orchester, leitete zahlreiche Aufführungen an der Metropolitan Opera in New York, nahm ab 1947 aber auch wieder Angebote aus Europa an. Speziell mit den Wiener Philharmonikern arbeitete er wieder häufig zusammen. Geehrt wurde Walter mit einer Unzahl von Auszeichnungen und Orden. In seinen späten Jahren spielte er –bevorzugt mit dem Columbia Symphonie Orchestra- große Teile seines symphonischen Repertoires ein, darunter auch die von ihm uraufgeführten Werke Gustav Mahlers. Seine Plattenaufnahmen gelten bis heute als stilbildend und authentisch.

Als Walter hochbetagt starb, hinterließ er ein reiches akustisches Erbe. Eine nicht unerhebliche Zahl eigener Kompositionen blieb aber bis heute unveröffentlicht. Bruno Walter kann man mit Recht als Weltbürger bezeichnen, Musiker-Persönlichkeiten seines Niveaus sind damals wie heute dünn gesät.

Peter Sommeregger, 16. Februar 2022, für
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Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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