Sommereggers Klassikwelt 130: Anton Bruckner und die Orgel

Sommereggers Klassikwelt 130: Anton Bruckner und die Orgel,  klassik-begeistert.de

von Peter Sommeregger

Die musikalische Welt wird im Jahr 2024 den 200. Geburtstag Anton Bruckners feiern können. Diese runde Zahl wird mit Sicherheit einen großen Widerhall in den Medien erzeugen, umfangreiche Aufnahmeprojekte sind zum Teil bereits auf den Weg gebracht.

So schmiedet der lettische Dirigent Andris Nelsons, Chefdirigent in Boston und Leipzig bereits seit Jahren an einer Gesamteinspielung der Symphonien Bruckners mit dem Leipziger Gewandhausorchester. Er kombiniert dabei Bruckners Musik mit Orchesterpassagen aus den Opern Richard Wagners, der von Bruckner bekanntlich sehr verehrt wurde. Seinen Durchbruch als Komponist erlebte Anton Bruckner übrigens in Leipzig bei der Uraufführung seiner siebten Symphonie durch den Dirigenten Arthur Nikisch. Nelsons Edition wird im nächsten Jahr mit der so genannten Nullten Symphonie von der Deutschen Grammophon abgeschlossen.

Bruckner erlangte ursprünglich als Organist erste große Erfolge, so reiste er als Virtuose nach Nancy, Paris und London, wo man ihn mit Ehrungen überhäufte. Seine frühen Jahre als Lehrer im Stift St. Florian waren geprägt von dem Gebrauch des dortigen Instruments, das heute Bruckner-Orgel genannt wird. Nach seinem Tod wurde der Komponist auf eigenen Wunsch in der Krypta der Kirche unter der Orgel inmitten der Patres des Klosters beigesetzt.

Unter diesen Aspekten ist ein Projekt, das der deutsche Dirigent und Organist Hansjörg Albrecht entwickelt hat, von großem Interesse. In einer Edition von insgesamt 10 CD sollen bis 2024 sämtliche Symphonien Anton Bruckners in einer Transkription für Orgel erscheinen. Die Einspielungen werden an verschiedenen bedeutenden Orgeln in europäischen Städten stattfinden, die ersten drei CDs sind bereits beim Label OehmsClassics erschienen. Albrecht ließ es aber nicht allein bei den Kompositionen Bruckners bewenden, adäquat zu jeder Symphonie wird ein Werk eines zeitgenössischen Komponisten, der eine Affinität zur Musik Bruckners hat, als so genanntes Bruckner-Fenster auf dem Tonträger veröffentlicht. So wird praktisch die Wirkung Bruckners bis ins 21. Jahrhundert dokumentiert.

Das ehrgeizige Projekt erfolgt in Zusammenarbeit mit u.a. den Musikverlagen Bärenreiter, Faber Music, Universal-Edition, Dr. Butz und Merseburger sowie den Orgelherstellern Rieger, Klais, Eule, Grenzing und Harrison & Harrison Ltd..

Schon ein erster Eindruck beim Abhören fällt durchaus positiv aus. Zwar muss man sich erst an die naturgemäß reduzierte Polyphonie und den ungewohnten Klang gewöhnen, aber der majestätische Klang des Instruments Orgel, das Albrecht souverän beherrscht, entschädigt für den vollen Orchesterklang. Man darf auf die noch ausstehenden Teile der Edition gespannt sein. In jedem Fall verdient das ambitionierte Projekt, das unter der Schirmherrschaft des Dirigenten Christian Thielemann steht, Aufmerksamkeit. Durch seine Originalität ist es eine wertvolle Ergänzung der inzwischen zahlreichen Einspielungen der Symphonien Anton Bruckners, und ein bedeutsamer Beitrag zum Bruckner-Jubiläumsjahr.

Peter Sommeregger, 17.März 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Sommereggers Klassikwelt (c) erscheint jeden Mittwoch.

Der gebürtige Wiener Peter Sommeregger (Jahrgang 1946) besuchte das Humanistische Gymnasium. Er wuchs im 9. Gemeindebezirk auf, ganz in der Nähe von Franz Schuberts Geburtshaus. Schon vor der Einschulung verzauberte ihn an der Wiener Staatsoper Mozarts „Zauberflöte“ und Webers „Freischütz“ – die Oper wurde die Liebe seines Lebens. Mit 19 Jahren zog der gelernte Buchhändler nach München, auch dort wieder Oper, Konzert und wieder Oper. Peter kennt alle wichtigen Spielstätten wie die in Paris, Barcelona, Madrid, Verona, Wien und die New Yorker Met. Er hat alles singen und dirigieren gehört, was Rang und Namen hatte und hat – von Maria Callas und Herbert von Karajan bis zu Riccardo Muti und Anna Netrebko. Seit 26 Jahren lebt Peter in Berlin-Weißensee – in der deutschen Hauptstadt gibt es ja gleich drei Opernhäuser, die er auch kritisch rezensiert: u.a. für das Magazin ORPHEUS – Oper und mehr. Buchveröffentlichungen: „‘Wir Künstler sind andere Naturen’. Das Leben der Sächsischen Hofopernsängerin Margarethe Siems“ und „Die drei Leben der Jetty Treffz – der ersten Frau des Walzerkönigs“. Peter ist seit 2018 Autor bei klassik-begeistert.de.

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