Die MITTWOCH-PRESSE – 6. JULI 2022

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die MITTWOCH-PRESSE – 6. JULI 2022

Vor einem Jahr, wegen Corona 2021: Nur 911 statt 2000 Zuschauer durften ins Bayreuther Festspielhaus. Foto: Andreas Schmidt (c)

Bayreuth
Bayreuther Festspiele 2022: Rollentausch – Isolde wird Brünnhilde wird Isolde
Zwei erfahrene Wagner-Sängerinnen tauschen in Bayreuth die Rollen. Die Schwedin Iréne Theorin – bekannt als Isolde – gibt auf dem grünen Hügel nun die Brünnhilde. Ihre britische Kollegin Catherine Foster wechselt hingegen vom „Ring“ zum „Tristan“. Gesangliche Höchstleistungen verlangen beide Partien.
BR-Klassik.de

Salzburger Festspiele und Projektsponsor Solway trennen sich
Die Salzburger Festspiele trennen sich im gegenseitigen Einvernehmen von ihrem Sponsor Solway. Im März hatte eine Rechercheplattform schwere Vorwürfe wegen einer Nickelmine in Guatemala erhoben, wo es unter anderem zu Umweltschäden und Menschrechtsverletzungen gekommen sein soll. Da das Schweizer Unternehmen diese bisher nur teilweise ausräumen habe können, werde die Partnerschaft mit sofortiger Wirkung aufgelöst, teilten die Festspiele am Dienstag in einer Aussendung mit.
KleineZeitung.at

Festspiele trennen sich von umstrittenen Sponsor
Die Salzburger Festspiele trennen sich vom Projektsponsor Solway. Dem Unternehmen wurden im Frühjahr von der Investigativplattform „Bellingcat“ unter anderem enge Verbindungen zum Kreml nachgesagt. Damit verzichten die Festspiele auf 150.000 Euro, die Solway bisher sponserte.
https://salzburg.orf.at/stories/3163550/

Salzburger Festspiele trennen sich von Projektsponsor
Vorwürfe gegen Solway wegen Nickelmine in Guatemala „nur teilweise ausgeräumt“.
Wiener Zeitung.at

Salzburg
Die offenen Fragen von Salz­burg
Die Salzburger Festspiele und die Putin-Treue von Teodor Currentzis, ein Symphonic Mob für das Münchner Konzerthaus, Christian Thielemann zurück in Berlin.
https://crescendo.de/klassikwoche27-2022-currentzis-rattle-thielemann/

New York/ Metropolitan Opera
New Yorker Met feiert LGTBQ-Pride. René Pape äußert sich homophob
Die Metropolitan Opera beteiligte sich an der großen Parade der LGBTQ-Bewegung zur Pride in New York. Dazu fanden Auftritte von Solistinnen und Solisten des Hauses statt. Der deutsche Sänger René Pape reagierte in den sozialen Medien daraufhin homophob und verkündete, nie wieder an der Met singen zu wollen.
BR-Klassik.de

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Elbphilharmonie Hamburg: Wie man Kultur nachhaltig schädigt

Ein Beitrag zur fortdauernden Verzweiflung über das Publikum im von den Baukosten her teuersten Konzerthaus der Welt

Foto: Elbphilharmonie, Hamburg © Maxim Schulz

von Dr. Andreas Ströbl, 27. Juni 2022

Um es gleich vorweg zu sagen: Hier geht es nicht um die pauschalisierte Publikumsbeschimpfung einer arroganten, elitären Gruppe von Musikjournalisten. Aber mittlerweile hat man auf der langen Rolltreppe zum Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie schon Angst, was einen erwartet, wenn man hinter sich Fragen hört wie: „Du, Mama, Oper und Orchester ist doch ein Unterschied, oder?“ Dies kam nicht von einem fünfjährigen Kind, sondern von einem jungen Mann, der mindestens 25 Jahre alt war. „Elbphilharmonie Hamburg, Publikum, Entgleisungen, Peinlichkeiten
27. Juni 2022“
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Martha Argerich: Die Klaviergöttin zaubert im Herzen Hamburgs

Laeizhalle Hamburg, 29. Juni 2022

Symphoniker Hamburg

Sirba Octet

Martha Argerich Klavier

Polina Leschenko Klavier

Dirigent Ricardo Castro

Sirba Octet

»Tanzt!«

Francis Poulenc
Konzert für zwei Klaviere und Orchester d-Moll FP 61

Piotr I. Tschaikowsky
Fantasie-Ouvertüre h-Moll »Romeo und Julia«

Veranstalter: Symphoniker Hamburg

Mit Unterstützung der Hans-Otto und Engelke Schümann Stiftung

von Andreas Schmidt in kurzen Worten

Wie unfassbar schön erklang mit allen Seelen- und Sinnesbreiten dieser Abend mit der Klaviergöttin Martha Argerich.

Martha Argerich (* 5. Juni 1941 in Buenos Aires) ist eine argentinisch-schweizerische[1] Pianistin.

Die wunderbare Pianistin Polina Leschenko war ihr eine zweite Göttin.

Nach dem Konzert fragten sich viele Hamburger, wie man mit 81 Jahren noch so sehr Seele, Herz und Hände vereinen kann.

Verehrte Martha, Sie waren eine Zauberin.

Das war MAGIE.

Herzlichen Dank auch an den wunderbaren Daniel Kühnel, dem so genialen, spirituellen Intendanten der Symphoniker Hamburg. Ohne ihn wäre dieser Abend nicht gegangen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Kühnel

Andreas Schmidt, 29. Juni 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Martha Argerich Festival 20. – 29. Juni 2022, Hamburg Laeiszhalle Hamburg, 25. Juni 2022 (Kleiner Saal)

Martha Argerich Festival 20. – 29. Juni 2022, Hamburg Laeiszhalle Hamburg, 25. Juni 2022 (Kleiner Saal)

Wien, Neapel und Mailand treffen sich in der Elbphilharmonie: So klingt Hamburg am 30. Juni 2022

Es gibt noch Karten! Ein Muss für alle Fans des Weltstars Piotr Beczała… Ein Abend für Liebhaber phantastischer Melodien…

Foto: Elbphilharmonie, Hamburg, © eberhardt-travel.de

„Ein Konzertsaal mit der Bühne in der Mitte und dem Publikum, das rundherum sitzt, eignet sich eher für sinfonische als für vokale Musik, da der Sänger den Klang in eine bestimmte Richtung gestalten muss. Aber vielleicht werde ich eines Tages dort ein Solokonzert singen“, so äußerte sich der große polnische Tenor Piotr Beczała über den großen Konzertsaal der Elbphilharmonie im Februar 2017, als er dort in dem Kleinen Saal seinen ersten Liederabend gab. Am Klavier begleitete ihn damals der legendäre Helmut Deutsch. Seitdem sang der weltberühmte Tenor schon zweimal auch auf der großen Bühne der Elbphilharmonie, zuerst mit der rumänischen Sopranistin Angela Gheorghiu, dann mit der russischen Koloratursopranistin Olga Peretyatko. Die beiden Galakonzerte fanden 2019 statt.

Im Konzert am 30. Juni 2022 um 20:00 Uhr im Großen Saal der Elbphilharmonie begleiten den Sänger: zum einen die mit dem Opernrepertoire vertraute Pianistin Kristin Okerlund sowie das Streicherensemble „Wiener Solistenquintett“ mit Mitgliedern der Wiener Philharmoniker, des für sehr viele Kenner weltbesten und homogensten Klangkörpers der Welt. „PIOTR BECZAŁA / KRISTIN OKERLUND / WIENER SOLISTENQUINTETT
Elbphilharmonie, Hamburg, 30. Juni 20 Uhr, Großer Saal“
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Klassik-begeistert lesen, dabei gewesen: John Lundgren dankt in Bayreuth als Wotan ab und wird Holländer

Egils Silins („Das Rheingold“) und der seit Jahren beste Wotan der Welt, Tomasz Konieczny („Die Walküre“ und im „Siegfried“ als Wanderer), springen ein.

Foto: Tomasz Konieczny als Wotan an der Wiener Staatsoper © Michael Pöhn

Bayreuther Festpiele, 25. August – 1. September 2022

von Andreas Schmidt

Die Bayreuther Festspiele, die einzigen und die wahren Festspiele, die auf
Weltklasseformat die Werke des Jahrtausendgenies Richard Wagner verkörpern und repräsentieren, haben wichtige und richtige Entscheidung getroffen:

Der schwedische Bassbariton John Lundgren tritt die unendlich schwierige Rolle des Wotan nicht an – er hätte sie im „Rheingold“, in der „Walküre“ und im „Siegfried“ als Wanderer gesungen. Dafür treten ein die Wotan-erfahrenen Egils Silins („Das Rheingold“) und der seit Jahren beste Wotan der Welt, Tomasz Konieczny („Die Walküre“ und im „Siegfried“ als Wanderer).

Hubertus Hermann, Pressesprecher der Festspiele, verschickte an diesem Freitag folgende Mail an die Medienvertreter:

„Mit großem Bedauern muss John Lundgren seine Mitwirkung als „Wotan“ und „Wanderer“ in der Neuinszenierung „Der Ring des Nibelungen“ bei den Bayreuther Festspielen 2022 absagen. Aus persönlichen Gründen ist es ihm leider nicht möglich ab sofort bis zur Premiere am 31. Juli für die intensive und für die Neuproduktion notwendige Probenarbeit in Bayreuth zur Verfügung zu stehen. Die Bayreuther Festspiele freuen sich jedoch, dass John Lundgren zu einem späteren Zeitpunkt zu den diesjährigen Festspielen hinzustoßen und die Titelpartie in der Wiederaufnahme „Der fliegende Holländer“ verkörpern wird, die er bereits in der Premiere 2021 übernommen hatte. Die künstlerische Leitung ist außerordentlich dankbar, dass mit Egils Silins als Wotan in „Das Rheingold“ und Tomasz Konieczny als Wotan in „Walküre“ und Wanderer in „Siegfried“ zwei herausragende Künstler kurzfristig die Rollen übernehmen werden.“

Ich habe John Lundgren im Mai 2022 zweimal in Wien als Wotan gehört, im Ring I und II – und er war leider wirklich nicht gut, geschweige denn auf Bayreuth-Niveau. So titelte ich am 21. Mai 2022:

Wotan John Lundgren schwächelt in Wien und soll die Partie in Bayreuth singen – es gibt eine Lösung

Die Lösung skizzierte ich so: Tomasz Konieczny singt den Wotan und John Lundgren wie im letzten Jahr den Holländer.

Zu dieser Lösung ist es gekommen.

Zwar ist Lundgren nicht so gut wie Konieczny, der auch der beste Holländer der Welt ist – ein polnischer Holländer, der in München im letzten Juli nicht enden wollenden Szenenapplaus nach der ersten Arie bekam, was sich eigentlich für eine Wagner-Oper nicht ziert.

Aber Lundgren wird als Holländer II. in Bayreuth sicherlich für Furore sorgen.

Richard Wagner, Der fliegende Holländer Bayerische Staatsoper, Nationaltheater, 7. Juli 2021

Wotan ist die männliche Megarolle in Bayreuth – und TK beherrscht sie seit vielen Jahren wie kein anderer… und man wird von diesem Wotan noch viel von ihm hören… Das anspruchsvolle Wienerpublikum liebte ihn viele Jahre lang wie kein anderer…. aber der neue Direktor hat zwar viel Ahnung von Verträgen (von denen ja auch im Ring die Rede ist), aber leider etwas weniger von wahrhaftiger Live-Musik.

Auch in der Wiener „Walküre“ vermochte John Lundgren nicht zu überzeugen, insgesamt hinterließ er einen verhaltenen Eindruck, wie Autor Jürgen Pathy und ich befanden.

klassik-begeistert wünscht John Lundgren, Tomasz Konieczny und Egils Silins, dass sie in ihren Rollen aufgehen mögen – Rollen, in denen man RICHTIG glänzen kann. Rollen, die nur eine klitzekleine Minorität der professionellen maskulinen Sänger zu singen vermag. Ausnahmerollen, die einen Sänger unsterblich machen können. Götterrollen.

Zu erfahren war von den Bayreuther Festspielen nahestehenden Personen, dass TK alle drei Wotan-/ Wanderer-Partien gesungen hätte, wenn er nicht Verpflichtungen am Opernhaus Zürich gehabt hätte. Nun singt er nicht den „Rheingold-Wotan“ in BT.

Gleichzeitig war zu erfahren, dass John Lundgren „eine schwere Phase durchmacht“.

klassik-begeistert wünscht dem hochbegabten Schweden alles erdenklich Gute! Festspielleiterin Katharina Wagner, Urenkelin von Richard Wagner, hat eine musikalisch und diplomatisch gesehen sehr gute Lösung gefunden.

klassik-begeistert.de wird ausführlich über die Bayreuther Festspiele berichten.

Andreas Schmidt, 10. Juni 2022, für
für klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.de

Richard Wagner, Das Rheingold Wiener Staatsoper, 21. Mai 2022

Richard Wagner, Die Walküre Wiener Staatsoper, 22. Mai 2022

Pathys Stehplatz (15): John Lundgren als Wotan in Wien Klassik-begeistert.de

Drei Weltklassesänger zeigen Wotan in Wien, wie Wagner wirklich geht

Lieber John Lundgren, ich weiß, Sie können großartig singen: Bitte, bitte geben Sie alles, wenn Sie auf dem grünen Hügel einen Gott singen dürfen. Singen Sie bitte wie ein Gott und nicht wie ein Sänger, der sich in der  (noch) wichtigsten Staatsoper der Welt zwei Abende lang zu schonen scheint…

Wiener Staatsoper, 22. Mai 2022
Richard Wagner, Die Walküre

Foto: Lise Davidsen © James Hole

von Andreas Schmidt

Drei Weltklasse-Sänger haben einem Wotan in Wien gezeigt, wie Wagner wirklich geht. Auch am zweiten Tag als Wotan blieb der schwedische Bassbariton John Lundgren in weiten Teilen blass und stellenweise schwach: in einer der packendsten Rollen der Opernweltliteratur – als Wotan in der „Walküre“. Bekam er am Vortag noch etwa 100 Buhrufe, waren es an diesem Abend etwa 20.

Es ist einfach zu wenig, wenn ein Wotan nur einmal!, in den letzten Sekunden des fast vierstündigen Werkes, seinen „Gesangsmotor“ RICHTIG anschmeißt:

Es war dies während seiner letzten Gesangsworte im Fortissimo:

Wer meines Speeres
Spitze fürchtet,
durchschreite das Feuer nie!

Da sang der Schwede um sein Leben, wunderschön, kraftvoll, sinnlich, göttlich – wie ein Wotan. Oh, welch kostbare Sekunden. „Richard Wagner, Die Walküre
Wiener Staatsoper, 22. Mai 2022“
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Wotan John Lundgren schwächelt in Wien und soll die Partie in Bayreuth singen – es gibt eine Lösung

Zum Wohle Bayreuths wäre es dienlich, Tomasz Konieczny sänge den Wotan und John Lundgren den Holländer – den hat er ja bereits vergangenes Jahr gesungen, und er kann sich ja verbessern. An Koniecznys Wotan kommt Lundgren nicht ansatzweise vorbei.

Wiener Staatsoper, 21. Mai 2022
Richard Wagner, Das Rheingold

Foto: John Lundgren, © Moklos Szabo

von Andreas Schmidt

Der Wotan an diesem Rheingold-Abend im renommiertesten Opernhaus der Welt ist der Schwede John Otto Lundgren, 53. Er kam als letzter Sänger nach der Vorstellung vor den Vorhang – und bekam nur sehr, sehr ! dezent-höflichen Applaus. Dafür laute Buh-Rufe von mindestens 100 Zuschauern. Leider zu Recht.

Lundgren ist zweifelsohne ein guter Sänger mit vielen Stimmfacetten. Aber er ist kein Wotan. Ihm fehlt das Göttliche, das Machtbesessene, das Abgrund-Tiefe. Schon als Holländer war er in Bayreuth, dem wunderbaren Mekka für Wagner-Kunst, 2021 eine klare Fehlbesetzung.

Seine Stimme ist für einen Wotan viel zu dünn. Sicher: Lundgren singt ohne Fehler, trifft alle Töne perfekt, aber etwas Besonderes, etwas Magisches geht nicht von ihm aus.

Sorry, lieber John Lundgren: Sie sind kein Wotan. „Richard Wagner, Das Rheingold
Wiener Staatsoper, 21. Mai 2022“
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Die DIENSTAG-PRESSE – 17. MAI 2022

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die DIENSTAG-PRESSE – 17. MAI 2022

Foto: © Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Richard Wagners „Siegfried“ an der Wiener Staatsoper
Der schwedische Tenor Michael Weinius gab am Haus am Ring sein Rollendebüt – und bewies bemerkenswerte Kondition und darstellerische Kraft
DerStandard.at

Wien
Siegfried“: Kraftlackl und Komödiant
Die Staatsoper setzt Wagners „Ring des Nibelungen“ auf hohem Niveau fort.
WienerZeitung.at

Wotan geht: Generationwechsel im „Ring“
Wagners „Siegfried“, großteils neu besetzt, an der Staatsoper: trotz einzelner Schwächen ein erfrischender Abend.
https://www.diepresse.com/6139874/wotan-geht-generationwechsel-im-ring

München
Zwingende Zumutung: „The Damned and the Saved“ von Malin Bång und Pat To Yan bei der Münchner Biennale
NeueMusikzeitung/nmz.de

München
Wie es mit der Oper weitergehen kann
Teilnehmen, nicht vorgesetzt bekommen: Die Münchner Musiktheaterbiennale zeigt, wie zugänglich zeitgenössische Musik sein kann.
SueddeutscheZeitung.at.

Genf
Das Grand Théâtre de Genève blickt nach schwierigen Zeiten optimistisch in die Zukunft

Insgesamt ein sehr anspruchsvolles und ambitioniertes Programm, das hoffentlich ohne pandemiebedingte Ausfälle oder Einschränkungen realisiert werden kann. Neugierig darf man auf das facettenreiche Programm in jedem Fall sein.
https://klassik-begeistert.de/die-spielzeit-2022-2023-am-grand-theatre-de-geneve/ „Die DIENSTAG-PRESSE – 17. MAI 2022“ weiterlesen

Beethoven in der "Musikhalle Hamburg": Jeder Mensch hat nur dieses eine Leben

Ich höre marschierende Freiwillige, die für ihre Freiheit, Unabhängigkeit kämpfen, wie heute wieder in Europa. Muss das „große“ Menschsein wieder mit Blutvergießen und Tod von Individuen erkämpft  werden? Jeder Mensch hat nur dieses eine Leben.

Laeiszhalle, Hamburg, 10. Mai 2022

Ludwig van Beethoven – Missa Solemnis

Johanna Doderer – Pinus (Erstaufführung)

Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, Foto ©

Berliner Symphoniker

Hansjörg Albrecht, Dirigent

Sopran: Valentina Farcas
Mezzosopran: Laila Salome Fischer
Tenor: Jussi Myllys
Bass: Tareq Nazmi

von Elżbieta Rydz

An diesem Abend werden in Beethovens Missa Solemnis unverkennbar die Merkmale seines eigenen leidenschaftlichen Ausdruckswillens hörbar. Groß in der Geste, elementar und monumental zugleich, entwickelt sich ein flammendes Pathos.

Als junger rheinischer Rebell nach  Wien zugezogen, mit dem Freimut eines Jakobiners verkehrte Beethoven in den Salons seiner aristokratischen Freunde als Gleicher unter Gleichen. Was für ein Unterschied zur Ärmlichkeit des elterlichen Hauses, wo der trinkende Vater der Mutter Beethovens und seinen sechs Geschwistern viel zu viel Kummer bereitete.

In Beethovens Schaffen entwickelte sich die Musik immer bewusster zur gesellschaftlichen Funktion, die Sinfonie zum Appell und der Konzertsaal zum Tribunal. Er selbst schrieb 24-jährig an den befreundeten Verleger Simrock: „Wer würde in unseren demokratischen Zeiten noch so eine Sprache annehmen.“

Die Missa ist die Krönung im Ringen um neue gewaltige Inhalte, um die gültige Gestaltung großer an die Menschheit appellierender Ideen, auch um neue Schreibweise und Schaffensmethoden. So bildet die stark vergrößerte, bereicherte und dramatisierte Gestalt der Missa den krönenden Abschluss in Beethovens Leben.

Versteht man Beethoven als Ideenmusiker, Dichter und Denker in Tönen, der Themen und Motive immer wieder neu formuliert, so entwickelt sich die persönliche Empfindung an diesem Abend zum Tongemälde, in dem seine Idee vom Landleben, vom Verhältnis des Menschen zur Natur, der Idee vom Kampf  mit dem Schicksal, der Idee von allgemeiner Freude und Menschenverbrüderung hörbar werden. Um es mit Beethovens Worten auszudrücken: „So höre und sehe ich das Bild in seiner ganzen Ausdehnung.“

Direkt nach dem Kyrie setzen der Chor und das Orchester zum Gloria an: in atemberaubendem Tempo, immerwährend und weiterziehend, schon fast zu dominierend die Berliner Symphoniker, der souveräne Chor lässt sich nicht aus dem Konzept bringen.

Mutig die Einbindung der „Pinus“-Uraufführung der Wienerin Johanna Doderer nach dem Gloria. Wachstum, Bewegung, pulsierendes Leben, der Prozess der Menschwerdung, friedliche Klanggemälde in einleuchtenden Harmonien. Für mich ist das Scherzo-Pinus, im Auftrag des Dirigenten Hansjörg Albrecht geschrieben (das gesamte Orchesterstück „The Trees“: forest, pinus, the crown, light) auch unverkennbar eine Parallele zu Beethovens unruhigen politisch revolutionären Zeiten. Ich höre marschierende Freiwillige, die für ihre Freiheit, Unabhängigkeit kämpfen, wie heute wieder in Europa. Muss das „große“ Menschsein wieder mit Blutvergießen und Tod von Individuen erkämpft  werden?

Jeder Mensch hat nur dieses eine Leben.

Ich bin gespannt und freue mich sehr darauf, das gesamte Stück „The Trees“ künftig zu hören.

Wenn ich einen Wunsch für meine Begeisterung offen hätte: Die Solisten sind in jeder einzelnen Stimme und Partie sehr gut, dennoch entsteht an diesem Abend nicht die gewünschte Struktur in den Passagen. Die Sopranistin Valentina Farcas nimmt die schwierigsten Intervallsprünge scheinbar mühelos, die hohen Einstiegstöne sind sicher, kristallklar und selbstbewusst platziert, eine Verbundenheit zwischen Kopf und Bruststimme scheint ihr wie ihre Bühnenpräsenz in die Wiege gelegt worden zu sein.

Nichtsdestotrotz – es mag an der brillant platzierten Sopranistin oder an meinem Sitzplatz liegen:  durch das sehr starke Vibrato werden die anderen Solostimmen übertönt. In solchen Fällen denke ich mit einem verschmitzten Lächeln und ganz unprätentiös: Die alte Laeiszhalle ist schon durchaus eine Diva.

Elżbieta Rydz, 12. Mai 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Ludwig van Beethoven, Missa Solemnis, Großer Saal der Laeiszhalle Hamburg, 10. Mai 2022

Ludwig van Beethoven, Missa Solemnis, Großer Saal der Laeiszhalle Hamburg, 10. Mai 2022

 

Der Herr gebe es!

So ist den Connaisseuren im Publikum zu danken, die das ganze, einfach schöne Konzert ohne einen Mucks begleiten, so hin- und hinwegreißend dirigiert von Hansjörg Albrecht, der tatsächlich manches Mal in die Knie geht, wieder nach oben schnellt, um sich dann doch etwas erschöpft an die Reling seines Pultes zu lehnen, was seinem Dirigat keinen Abbruch tut, auch wenn es einen Hauch von rhythmischer Sportgymnastik hat – aber wer Bernstein sah in München mit Gershwin, verzeiht einfach alles, selbst wenn es keiner Verzeihung bedarf.

Laeiszhalle, Hamburg, 10. Mai 2022

Ludwig van Beethoven – Missa Solemnis

Johanna Doderer – Pinus (Erstaufführung)

Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, Foto ©

Berliner Symphoniker

Hansjörg Albrecht, Dirigent

Sopran: Valentina Farcas

Mezzosopran: Laila Salome Fischer

Tenor: Jussi Myllys

Bass: Tareq Nazmi

 

von Harald Nicolas Stazol

„Dona nobis Pacem – Herr gib uns Frieden“ – so schimmert wohl unser aller Hoffnung in Beethovens „Missa Solemnis'“ letztem Satz auf, nachdem er vorher strahlt wie nur in der Neunten, die durchaus Ähnlichkeiten und Allusionen hat, und nun in der Laeiszhalle blendet wie ebenso der Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg, begleitet von den leuchtenden Berliner Symphonikern, dirigiert von einem Brillanten, gefasst von vier gleißenden Solisten, von denen noch zu berichten sein wird.

Ludwig van hielt die Missa für sein Bestes, und so sei sie aller Hörerschaft empfohlen, auch wenn doch eine gewisse Liebhaberschaft zum größten Sohne Bonns durchaus hilfreich sein wird, was man vielleicht daran erkennt, dass der Saal doch recht spärlich besetzt ist – doch sagte nicht schon François Truffaut „Mir ist ein volles Kino einerlei, wenn nur ein Kenner unter ihnen ist, n’est-ce pas?“ – und an diesem Abend mag man ihm recht geben. Legt sich doch ein ganz feingesponnener Ludwig van über uns alle, selbst, wenn der Beginn im Gloria noch der formal am meisten durchgehaltene zweite Satz ist, nach einem Kyrie, das, wie LvB wohl intendierte, schon als Intro hinweg- und hineinreißt.

„Ludwig van Beethoven – Missa Solemnis, Johanna Doderer – Pinus (Erstaufführung), Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg Berliner Symphoniker Hansjörg Albrecht, Dirigent
Laeiszhalle, 10. Mai 2022“
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