"Lohengrin" in Hamburg: Der Opernchor floppt – drei Solisten fesseln die Zuschauer

Ich habe den „Lohengrin“ schon etwa 50 Mal in meinem Leben gehört… und noch nie so einen schlechten und indisponierten Chor erlebt.

Staatsoper Hamburg, 23. Januar 2022
Richard Wagner, Lohengrin

Foto: Dr. Ralf Wegner, Aufführung vom 16. Januar 2022

von Andreas Schmidt

„Lohengrin“ von Richard Wagner ist eine der schönsten und romantischsten Opern der Welt.

Dank „Lohengrin“ hat sich der junge Ludwig II. von Bayern in die Wagnerwelt verliebt und seinem Richard später ein sehr passables Auskommen zukommen lassen, ohne dass der Jahrtausendkomponist seinen „Ring“ und andere große Werke kaum hätte fertigstellen können.

Und „Lohengrin“ ist auch ein großes Werk für Chöre; die Chorpassagen gehören zu den Höhepunkten des 1850 erstmals unter der Stabführung von Franz Liszt – Wagners späteren Schwiegervater ­– aufgeführten Werkes.

Klassik-begeistert-Autor Dr. Ralf Wegner hat den Hamburger „Lohengrin“ ausführlich gewürdigt. Schauen wir heute einmal vor allem auf die Performance des Chores der Staatsoper Hamburg.

Zusammengefasst: Ich habe den „Lohengrin“ schon etwa 50 Mal in meinem Leben gehört… und noch nie so einen schlechten und indisponierten Chor erlebt.

35 Damen und 32 Herren waren am Sonntag auf der Bühne bei der konzertanten Aufführung zu sehen und hören. Die Mehrheit von ihnen war dem wunderbaren Werk nicht gewachsen. „Richard Wagner, Lohengrin
Staatsoper Hamburg, 23. Januar 2022“
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Elbphilharmonie Hamburg: Die Jacken der Spacken – die Elphioberen geben grünes Licht

von Andreas Schmidt (Text und Fotos)

Was mag Maestro Daniel Barenboim, sichtlich von Rückenschmerzen geplagt, an diesem Samstagabend im von den Baukosten her teuersten Konzerthaus der Welt gedacht haben, als er bei Schumann I und II zu seinem Klangkörper, der Staatskapelle Berlin, blickte… und hinter den Musikern oberhalb der Brüstung ACHT Spacken-Jacken von Elphi-Besuchern anschauen musste, die achtlos dort platziert worden waren, statt an der Garderobe?

Komisch, mag der 79 Jahre alte argentinisch-israelische Weltbürger gedacht haben, beim Neujahrskonzert im Goldenen Saal des Musikvereins Wien durfte ich vor 2 Wochen nebenbei auf das weltschönste Blumenarrangement (der Wiener Stadtgärten) schauen, die Kameras haben es einfangen. Und hier, im prachtvollen Akustiktempel an der Elbe Auen, geleitet vom waschechten Wiener Christoph Lieben-Seutter, dem Generalintendanten, der auch schon das feine, prachtvolle Wiener Konzerthaus (Jugendstil vom Feinsten!) in die Spur brachte, platzieren die Leute ihre Klamotten auf Brüstungen, Sitzen und auf den feinen Holzfußböden hinter den Sitzen?

Daniel_Barenboim_Staatskapelle_Berlin_c Daniel_Dittus

 

Klassik-begeistert lässt nicht locker. Wie auch beim Konzert am 5. Dezember 2021 (Philharmonisches Staatsorchester Hamburg) und beim Konzert am 10. Januar 2022 (NDR Elbphilharmonie Orchester) glich die Kult-Elphi mal wieder einem Klamottenlager mit den Jacken der Spacken. Diese Spacken sind „Klassik-Liebhaber“, die ihre Klamotten nicht an der Garderobe abgeben: Weil die Elphi-Macher die Preise im September von  pro Stück von 1,5 auf 2 Euro erhöht hat, weil sie gaaaaaanz schnell nach dem Konzert wieder raus wollen, um auf die heimische Couch zu kommen oder weil sie einfach nicht wissen, dass sie nicht in einem Cinemaxx-Kino Hollywood-Filme gucken, sondern von den besten Orchestern der Welt unter den besten Dirigenten der Welt die besten Komponisten der Welt präsentiert bekommen – in einem für nicht weit von einer Milliarde Euro – steuerfinanzierten – Bau auf einem Elbspeicher, der am 11. Januar 2022 fünf Jahre geworden ist. „Elbphilharmonie Hamburg, Die Jacken der Spacken
klassik-begeistert.de, 16. Januar 2022“
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5 Jahre Elbphilharmonie: Elysisch geradezu

Elbphilharmonie, Hamburg, 12. Januar 2021

NDR Elbphilharmonie Orchester

Anu Komsi Sopran
Piia Komsi Sopran
Kirill Gerstein Klavier
Dirigent Alan Gilbert

John Adams
Tromba lontana / Fanfare für Orchester
Short Ride in a Fast Machine / Fanfare für Orchester
Thomas Adès
Konzert für Klavier und Orchester
Esa-Pekka Salonen
Wing on Wing

Foto: Elbphilharmonie, Hamburg, © eberhardt-travel.de

von Harald N. Stazol

Nun stellt sich ernsthaft und dringend die Frage, ob der Komponist den Dirigenten noch überragt, vor allem, wenn es ein und derselbe ist – denn da ist sie, die Überraschung des Abends, hier, zum Jubiläumskonzert von 5 Jahren Elbphilharmonie, zu der zu bemerken ist, dass, obschon der Abendroben und der bodenlangen Kleidern am ersten Abend, der zweite gleichen Programmes der Erstrebenswertere war, weil ja die langweiligen Reden entfallen – kurzum: Es gilt, Esa-Pekka Salonen in den Rang eines Meisters der Neo-Moderne zu heben.

“Wie wird er wohl klingen”, fragen sich die Liebhaber während der Pause, hat uns doch schon John Adams begeistert, offenbar wiederum ein Liebling des Dirigenten Alan Gilbert, war er doch schon beim Silvesterkonzert prominenter Notist mit seinen “Chairmen Dances” – nun also zwei Trompeter, rechts und links in den Rängen, diesen welteinzigartigen Klangraum erfüllend, im sich steigernden, Vivaldi-haften Echo, sich gegeneinander die “Zwei Fanfaren für Orchester” gebend, während unten, geschätzte 30 Meter entfernt, unsere wunderbare Stadt- und Staatskapelle, das NDR Elbphilharmonie Orchester, sich langsam zu Weltrang entwickelt.  „NDR Elbphilharmonie Orchester, Kirill Gerstein, Alan Gilbert
Elbphilharmonie, Hamburg, 12. Januar 2021“
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Kinder, wie doch die Zeit vergeht: Die Elbphilharmonie ist 5 Jahre alt!

Am 11. Januar 2022 feiert die Elbphilharmonie Hamburg ihren fünften Geburtstag. Anlass für unsere Autoren, das von den Baukosten her teuerste Konzerthaus der Welt unter die Lupe zu nehmen.

Foto: Elbphilharmonie, Hamburg, (c) eberhardt-travel.de

Kinder, wie doch die Zeit vergeht: Die Elbphilharmonie ist 5 Jahre alt!

Zum Geburtstag der Elbphilharmonie Hamburg am 11. Januar 2022

von Dr. Holger Voigt

Die Schultüte ist gepackt. Das etwas sperrige Eröffnungsdatum der Hamburger Elbphilharmonie jährt sich nunmehr zum fünften Mal. Grund genug, ein wenig zu entschleunigen und auf das Erreichte zurückzublicken.

Fast vergessen sind die baulichen Probleme und die astronomische Steigerung der Baukosten im Vorfeld der Eröffnung. Doch bereits damals hatten die Hamburger selbst die Elbphilharmonie in ihre Herzen geschlossen. In den Folgejahren sind Zug um Zug die Skeptiker und notorischen Schlechtredner in das Lager der Begeisterten übergewechselt. Dass alles gut werden würde, wusste man in Hamburg schon früher – gute Dinge kosten nun einmal Geld, und davon hat Hamburg bekanntlich ja doch reichlich. Man prognostizierte, dass die Zeit schon alles richten würde. Das eingespielte Geld würde schon dafür sorgen, dass man sich alsbald dem Eigentlichen zuwenden kann: Der kulturellen Bereicherung der Freien und Hansestadt Hamburg, zum Nutzen ihrer Bürger und ihrer zugereisten Gäste. Die Elbphilharmonie („Elphi“) ist ein neues Wahrzeichen Hamburgs geworden und damit eine international erkennbare „Marke“. Sie ist in aller Welt bekannt und damit zur Weltoffenheit verpflichtet. Genau das war die Vision ihrer Gründer, und diese Vision wurde erlebbare Wirklichkeit. „Die Elbphilharmonie in Hamburg ist 5 Jahre alt
klassik-begeistert.de, 11. Januar 2022“
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Zu Mensch und Hund gibt es genug! Wir wollen mehr über Mensch und Musik wissen!

Musik-Studie 2022
Leibnizinstitut für Resilienzforschung, Johannes Gutenberg-Universität Mainz

von Sandra Grohmann

Geht es Ihnen manchmal einfach besser, wenn Sie Musik hören? Lieblingsliste oder neue Entdeckung beim Streamingdienst, und die Welt ist rosarot?

Ist es Ihnen dann schnurzpiepsegal, was die Kritik zur neuen CD sagt?
Wollen Sie einfach nur schwelgen oder auch mitsingen?
Oder setzen Sie sich sogar gern selbst ans Instrument?

Vielleicht haben Sie sich immer wieder einmal gefragt, woher die Faszination Musik eigentlich rührt. So wie zwei Heidelberger Studentinnen, die im Rahmen ihrer Masterarbeit in Kooperation mit dem Leibnizinstitut für Resilienzforschung und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz die Beziehung zwischen Mensch und Musik untersuchen. „Musik-Studie 2022
Leibnizinstitut für Resilienzforschung, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz“
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Es lebe die Musik! Es lebe der Gesang! Und es lebe das Orchester der Deutschen Oper Berlin!

Deutsche Oper Berlin, 4. und 5. Januar 2022

Richard Wagner, Das Rheingold
Richard Wagner, Die Walküre

Foto: Deutsche Oper Berlin (c)

von Sandra Grohmann

Der „Ring“ im Januar! Endlich die Ohrwürmer, die man seit Weihnachten von „Hänsel und Gretel“ mit sich schleppt, durch andere ersetzen! Und gleich die grauste Zeit des Jahres musikalisch kräftig färben! Das konstant wunderbare Orchester der Deutschen Oper Berlin reißt uns unter seinem Chef, dem kampferprobten Wagnerkenner Donald Runnicles, zum letzten Mal in dieser Spielzeit in die Story hinein und lässt die Musik glitzern, jazzen, morden und immer wieder innehalten: So widersprüchliche Gefühle sind da, das Zarte und Gebrochene so nah nebeneinander. Und zwischendurch immer wieder Ruhe. Spannung. Atemlosigkeit. Und dann – erfrischt zurück in die klangliche und emotionale Vielschichtigkeit.

„Richard Wagner, Das Rheingold, Richard Wagner, Die Walküre
Deutsche Oper Berlin, 4. und 5. Januar 2022“
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Lebendiges Musizieren für Gojim und anderes Getier

“Im Konzert”, Deutschlandradio Kultur, 6. Dezember 2021, 20.03 Uhr

Daniel Kahn: Gesang, Akkordeon, Klavier sowie Transkription und Übersetzung ins Jiddische
Christian David: Blasinstrumente

Foto: Daniel Kahn 2013 in Luxemburg (wikipedia.de)

von Teresa Grodzinska

Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,

heute gebe ich Ihnen was auf die Ohren. Es ist kein live-Konzert im üblichen Sinn; es ist auch keine Besprechung eines Video-Gigs zweier junger jüdisch-amerikanischer Musiker.

Es ist ein ausschließlich übers Funk übertragenes Konzert aus dem Funkhaus Dresden. Und wie lebendig es dort zuging an diesem Abend!

Warum verzichtet ein junger Musiker auf Videoaufnahmen? Ich hab mir während der anderthalbstündigen Sendung diese Frage gar nicht gestellt. Eindeutig frei gesprochene Kommentare Kahns, seine virtuose Beherrschung des Klaviers und Akkordeons (teilweise beide Instrumente gleichzeitig) plus Gesang waren so selbstverständlich, so rund. Da fehlte nix. Kein Bild. Ein Ohrenschmaus. „Daniel Kahn, Christian David, „Im Konzert“
Deutschlandradio Kultur, 6. Dezember 2021, 20.03 Uhr“
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Auf Phönix-Schwingen ins neue Jahr: klassik-begeistert hat das Neujahrskonzert schon gehört....

Musikverein Wien, Großer Saal, 31. Dezember 2021

Silvesterkonzert der Wiener Philharmoniker

Wiener Philharmoniker
Dirigent: Daniel Barenboim

Foto: Musikverein Wien © FRASHO / franks-travelbox

von Herbert Hiess

Ganz im Zeichen von recht imbezilen Coronaregeln stand dieses formidable Konzert der Wiener Philharmoniker im Musikverein Wien. Obwohl alle voll geimpft sein mussten und dazu noch einen gültigen PCR-Test vorweisen mussten, hat man die Besucherzahl so weit reduziert, dass nur etwas mehr als die Hälfte des Saales gefüllt werden konnte. Den finanziellen Verlust zu errechnen, bedarf es nur der Grundrechnungsarten. Ah ja, und wenige Straßen weiter, tummelten sich zu Tausenden die Menschen ohne Maske usw. beispielsweise auf der Kärntner Straße und am Stephansplatz.

Das lässt erahnen, welchen Stellenwert mittlerweile die Kultur in Österreich und Wien hat. Bewundernswert auch der Langmut der Intendanten und Veranstalter, die irgendwie paralysiert diesen ganzen unwürdigen Maßnahmen zuschauen und auch Folge leisten.

Aber im Konzert selbst war die Welt wieder „heil“. Unvergleichlich die Brillanz, Spielfreude und die überirdischen Klänge, die dieses Orchester liefert. Natürlich war am Programm wieder ein Familientreffen der Familie Strauß mit Vater und Sohn Johann, den Brüdern Josef und Eduard (in Wien übrigens auch als „der schöne Edi“ bekannt) und den Zeitgenossen Carl Michael Ziehrer, Josef Hellmesberger d. J. (Anm.: der Jüngere). „Silvesterkonzert der Wiener Philharmoniker, Daniel Barenboim
Musikverein Wien, Großer Saal, 31. Dezember 2021“
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Jurowskis Weihnachtsgeschenk: Prokofjews „Aschenbrödel“ in der Philharmonie Berlin

Philharmonie Berlin, 23. Dezember 2021

Sergei Prokofjew, Aschenbrödel
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Vladimir Jurowski  Dirigent

Foto: Vladimir Jurowski, © Wilfried Hösl

von Peter Sommeregger

Der Dirigent Vladimir Jurowski, Chef des Rundfunk-Sinfonieorchesters Berlin versteht es, die Konzertprogramme mit seinem Orchester an das jeweilige Datum sinnvoll anzupassen. So sind es zu den Totengedenktagen im Spätherbst zumeist ernste oder gar sakrale Stücke. Nun, da Weihnachten vor der Tür stand, fällt seine Wahl auf den Märchenstoff Aschenbrödel. In der Komposition seines Landsmannes Sergei Prokofjew wird so die Märchenfigur zum Weihnachtsgeschenk für das Berliner Publikum. „Sergei Prokofjew, Aschenbrödel, Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin Vladimir Jurowski
Philharmonie Berlin, 23. Dezember 2021“
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Operette? Wer hat hier etwas von Operette gesagt?

Bayerische Staatsoper, München, 22. Dezember 2021

Giuditta von Franz Lehár

Foto: W. Hösl

von Frank Heublein

An diesem Abend wird in der Bayerischen Staatsoper in München die „musikalische Komödie“ Giuditta aufgeführt, so zumindest beschreibt Komponist Franz Lehár sein Werk. Nein, dieses Werk wird heute nicht aufgeführt! Denn das Regieteam um Christoph Marthaler mischt Dialoge aus Ödön von Horváths Sladek oder Die Schwarze Armee und Lieder von Zeitgenossen mit Lehárs Komposition.

Diese Vermengung anderer künstlerischer Werte führt zu meinem inneren Eindruck, dass jedes nur ansatzweise innere operettenhafte Beschwingen im Keim erstickt wird. Lehárs Melodien werden mit den darauffolgenden Nummern radikal gebrochen und ernsthaft dramatisiert. Durch Horváths Stück werden die beiden Nebenfiguren der Operette Anita und Pierrino umbenannt in Anna und Sladek und dem zur Operette abwechselnd auf der Bühne gezeigten unabhängigen Handlungsstrang ausgestattet. „Giuditta von Franz Lehár
Bayerische Staatsoper, München, 22. Dezember 2021“
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