30 Minuten Göttlichkeit mit Lang Lang

Wiener Konzerthaus, 7. November 2021

Lang Lang, Klavier
Philippe Jordan,
Dirigent
Webern Symphonie Orchester

Peter Iljitsch Tschaikowsky, Romeo und Julia
Edvard Grieg,
Konzert für Klavier und Orchester a-moll op. 16
Zugabe: Bagatelle No. 25 in A minor (WoO 59, Bia 515) for solo piano, commonly known as „Für Elise“
Sergej Prokofjew, Romeo und Julia, Auszüge

von Andreas Schmidt (Text und Foto)

Was für ein Abend! „50 Jahre diplomatische Beziehungen Österreich – China“ werden im Wiener Konzerthaus gefeiert. Die ehemalige österreichische Bundeskanzlerin Brigitte Bierlein sitzt in der Loge. Der Schweizer Philippe Jordan, Musikdirektor der Wiener Staatsoper, steht am Pult, ein Orchester mit jungen, ambitionierten Musikern aus der ganzen Welt wartet auf den ersten Einsatz und ein schwarzer Flügel von Steinway & Sons aus Hamburg auf den Mann, der so gut Klavier spielen kann wie kein anderer Mensch auf diesem Planeten.

Es ist der Abend von Lang Lang, geboren am  14. Juni 1982 in ShenyangChina, verheiratet mit der deutsch-koreanischen Pianistin Gina Alice Redlinger, beide haben einen kleinen Sohn. „Lang Lang, Philippe Jordan, Webern Symphonie Orchester
Wiener Konzerthaus, 7. November 2021“
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Der Schlauberger 64: Schwein gehabt – Irre Komisches aus der Zeitung

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Das ist ja mal eine klasse Idee. Ein nordhessischer Sportverein übte sich vor einiger Zeit in einer gewagten Disziplin: Spanferkelkegeln. Da bleibt mir nichts anderes übrig, als sofort meinen Senf dazuzugeben. „Der Schlauberger 64: Schwein gehabt – Irre Komisches aus der Zeitung“ weiterlesen

Die perfekte Traviata im Royal Opera House

Royal Opera House, London, 2. November 2021

Giuseppe Verdi, La Traviata   

Foto: © opera-online.com, Lisette Oropesa als Violetta

von Lukas Baake

Es war ein Abend der ganz großen Stimmen. Wer die klassische Richard Eyre-Inszenierung von La Traviata am Dienstagabend in der Royal Opera sehen durfte, konnte sein Glück kaum fassen: Eine reife Inszenierung, ein geniales Orchester und eine Besetzung zum Schwärmen. „Giuseppe Verdi, La Traviata
Royal Opera House, London, 2. November 2021“
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Daniels Anti-Klassiker 36: Julius Fučik – „Einzug der Gladiatoren“ (1899)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung und der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Die Musikgeschichte ist nicht nur eine Aneinanderreihung verschiedener Genies und ihrer Produkte. Allzu oft sind es Versuche und Fehlschläge, die vielen der heute hochgeachteten Meisterwerke vorausgehen. Wie diese Kolumne schon zeigte, waren auch Komponisten, die heute (zurecht oder nicht) den Rang unangefochtener Meister tragen, nicht vor solchen Fehltritten gefeit. Ein besonders tragischer Fall von Fehlleistung ist es aber, wenn der Nachwelt nichts anderes, als eben jenes eine Stück bekannt bleibt, das wegen seiner Machart völlig anders wirkt als ursprünglich intendiert. Ein solches Werk haben wir hier mit dem Triumphmarsch von Julius Fučik, auch bekannt als „Einzug der Gladiatoren“. „Daniels Anti-Klassiker 36: Julius Fučik – „Einzug der Gladiatoren“ (1899)“ weiterlesen

Ein dunkler Rausch der Sinne: Verdis „Il Trovatore“ in der Bayerischen Staatsoper

Nicht weniger Applaus erhält Okka von der Damerau für ihre Interpretation der Zigeunerin Azucena. Sie ist eine beeindruckende Erscheinung, viel Frau in einem grauen Gewand mit Zylinder. Ihre samtig-warme und zugleich kraftvolle Stimme ist farben-und facettenreich. Von der Dameraus Gesang kann voller Liebe sein, dann wieder verzweifelt und rachsüchtig, getrieben von tiefsten Hassgefühlen. Azucena ist ein singender Vulkan!

Nationaltheater München (Bayerische Staatsoper), 3. November 2021

IL TROVATORE

Oper in vier Akten (acht Bildern)

Komponist Giuseppe Verdi. Libretto von Salvatore Cammarano, fertiggestellt von Leone Emanuele Bardare, nach „El trovador“ von Antonio García Gutiérrez. In italienischer Sprache · Mit Übertiteln in deutscher und englischer Sprache.

Foto: Okka von der Damerau, W. Hösl ©

von Dr. Petra Spelzhaus

Es lässt sich nicht mehr leugnen: Wir sind in der düsteren Jahreszeit angekommen. Obwohl noch früh am Abend, ist es stockfinster, als wir das Nationaltheater betreten. Die Kälte kriecht langsam, kaum merklich in unsere Knochen. Auf unseren Sitzplätzen angekommen erwartet uns das passende Bühnenbild, schwarz wie die Nacht, allenfalls gebrochen durch ein paar freundliche Dunkelanthrazit- und Metalltöne. Es rattern die Räder, die Drehbühne ist im Dauereinsatz. Kulisse ist ein Industriegelände, auf dem Zigeuner Lokomotiven herstellen. Sie wandelt sich mal zum Theater, immer wieder taucht ein abgeholztes und verbranntes Birkenwäldchen auf. „Giuseppe Verdi, IL TROVATORE
Nationaltheater München (Bayerische Staatsoper), 3. November 2021“
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So zärtlich spielt Sir András Schiff in Wien...

… nur als Dirigent reißt er im Konzerthaus keine Bäume aus.

Wiener Konzerthaus, 4. November 2021

Foto: Sir András Schiff, Capell-Virtuos 2020/2021 © Nicolas Brodard

Sir András Schiff, Klavier, Dirigent
Cappella Andrea Barca

Wolfgang Amadeus Mozart, Konzert für Klavier und Orchester Es-Dur K 27 „Jeunehomme“
Franz Schubert, Symphonie Nr. 5 B-Dur D 485
Wolfgang Amadeus Mozart, Konzert für Klavier und Orchester B-Dur K 595
Zugabe: Wolfgang Amadeus Mozart: 2. Satz: Andante (Sonate F-Dur K 533 mit dem Rondo K 494)

von Andreas Schmidt

Was für ein wunderschöner Flügel. Ein richtiger Bösendorfer, nicht schwarz, sondern mahagonibraun mit dunklen und hellen Maserungen. Die Gäste des Wiener Konzerthauses fotografieren ihn vor und nach dem Konzert und in der Pause. Spielen wird auf diesem Konzertflügel Modell 280 VC Vienna Concert einer der besten Pianisten dieses Planeten: Sir András Schiff, 1953 in Budapest geboren, im Juni 2014 von Queen Elizabeth II in den Adelsstand erhoben.

Das wunderschöne Instrument passt zu der wunderschönen Musik, die der Meister am Flügel an diesem Abend kredenzt. Die Töne, die der Sir seinem Bösendorfer entlockt, kommen wie von einem anderen Stern, es ist gleich ein Anfang voll beschwingter Leichtigkeit und Heiterkeit. „Sir András Schiff, Cappella Andrea Barca, Mozart, Schubert
Wiener Konzerthaus, 4. November 2021“
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Rising Stars 18: Federica Lombardi, Sopran – große Dame mit goldener Stimme

Foto: © schneiderphotography

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

LE NOZZE DI FIGARO: Federica Lombardi singt „Dove sono“; Bayerische Staatsoper, Okt. 2017

Die Chancen, die 1989 in Norditalien geborene Federica Lombardi im Internet zu entdecken, sind gering, denn sie hat weder einen Kanal in YouTube, noch eine Facebookseite und postet auch nur selten etwas in Instagram. Auch eine Homepage von ihr sucht man vergebens, es gibt nur ein Agenturprofil, dem biografische Informationen, ein Videobeispiel und einige Bilder zu entnehmen sind. Und der Eintrag in Wikipedia wurde erst kürzlich von mir angelegt. So konnte ich sie nur live entdecken und das geschah, als meine Frau und ich uns Mitte 2017 den teuren Luxus zweier Eintrittskarten der Mailänder Scala leisteten. Sonya Yoncheva als Mimì in La Bohème ließ uns das gerechtfertigt erscheinen und umso mehr freuten wir uns, dass zudem auch die Musetta mit Federica Lombardi erstklassig besetzt war. An diesem Haus hatte sie vorher schon die „Accademia di Perfezionamento per Cantanti Lirici“ absolviert, was den Opernstudios deutschsprachiger Musiktheater entspricht, und die Titelrolle in Donizettis Anna Bolena dargestellt. Auch Bande nach Salzburg hatte sie schon 2015 durch die Teilnahme am Young Singers Project der Salzburger Festspiele geknüpft. „Rising Stars 18: Federica Lombardi“ weiterlesen

Meister Mehta beglückt klassikhungrige Wiener mit Bruckner

Wiener Konzerthaus, 3. November 2021

Zubin Mehta, Dirigent
Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino

Anton Bruckner, Symphonie Nr. 9 d-moll

von Andreas Schmidt

Es berührt das Herz zu sehen, wie langsam und bedächtig der Meister aus Indien sich seinen Weg zum Pult im Großen Saal des Wiener Konzerthauses bahnt. Zubin Mehta besteigt das Podest und begrüßt das Publikum im ausverkauften Hause fast ohne jegliche Mimik. Der 85-Jährige hat schwere Krankheiten überstanden, er hat mit allen namhaften Orchestern gearbeitet, er erlangte Weltruhm, als er 1990 die „Drei Tenöre“ in Rom dirigierte. Mit 18 Jahren kam er zum Studium nach Wien. Hier hat er fünf Mal das Neujahrskonzert dirigiert…

…und nun steht dieser weise Mann vor klassikhungrigen Wienern, dreht sich um, setzt sich auf einen hohen Stuhl und fordert einem phantastischen Orchester die ersten zarten Töne ab: dem Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino, einer Weltklasseformation aus Florenz, deren Ehrendirigent auf Lebenszeit Mehta ist. „Zubin Mehta, Orchestra del Maggio Musicale Fiorentino, Anton Bruckner, Symphonie Nr. 9 d-moll
Wiener Konzerthaus, 3. November 2021“
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"Nabucco": Keine Glanznummer im Haus am Ring - Anna Netrebko fehlte an allen Ecken und Enden

Wiener Staatsoper: NABUCCO von Giuseppe Verdi, 1. November 2021
80. Aufführung in dieser Inszenierung

Eine durchwachsene Vorführung mit einem extrem schwachen Massimo Giordano (Ismaele), einer, wenn überhaupt mittelprächtigen und anfangs extrem schwachen María José Siri als Abigaille – die einer Anna Netrebko, die hätte singen sollen, nicht ansatzweise das Wasser reichte – und zwei sehr starken Männern: dem Mongolen Amartuvshin Enkhbat bei seinem Staatsoperndebüt als Nabucco und Roberto Tagliavini als stimmstarker, eindringlich mahnender Hohepriester Zaccaria… erlebte Herausgeber Andreas Schmidt in der Wiener Staatsoper. Die ersten beiden Akte gerieten musikalisch aber nur recht seelenlos. Bitte lesen Sie, wie Manfred A. Schmid die Vorführung erlebt hat…

Foto: Amartuvshin Enkhbat (Nabucco), María José Siri (Abigaille). Alle Fotos: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

von Manfred A. Schmid (onlinemerker.com)

132 Jahre hat es gedauert, bis die Oper Nabucco, mit der Verdi der Durchbruch gelang, Eingang ins Repertoire der Staatsoper finden sollte. Die Inszenierung von Günter Krämer, dem zur Geschichte der Rettung des jüdischen Volkes aus babylonischer Gefangenschaft erschreckend wenig eingefallen ist, stieß 2001 allerdings mehrheitlich auf Ablehnung. Vor allem die meist in Dunkelheit getauchte Bühne von Petra Buchholz und Manfred Voss, nur durch die Projektion hebräischer Texte zuweilen etwas aufgelockert, befriedigt nicht. Dass sich die Produktion dennoch auf dem Spielplan behauptet hat, liegt an der gelungenen Personenführung (der Hauptakteure, leider nicht der Massen, die meist nur herumhocken) sowie nicht zuletzt daran, dass das Bühnenbild so belanglos ist, dass es die Handlungsverläufe weder stört noch die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Dafür ist man heutzutage, besonders seit dem Amtsantritt des jetzigen Direktors, schon unendlich dankbar. „NABUCCO von Giuseppe Verdi
Wiener Staatsoper, 1. November 2021“
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Tomasz Konieczny feiert mit „Apokalypse“ die Uraufführung in Deutschland und Österreich

Fotos: Tomasz Konieczny ©

Der Name Tomasz Konieczny ist in der Opernwelt inzwischen allen ein Begriff. Als Wagners Speerspitze Wotan, Alberich oder als Telramund wird er weltweit gefeiert. Jüngst auch als Holländer, der bald auch in New York an Land gehen wird.

Dass der robuste Pole auch leisere Töne anschlagen kann, beweist er mit „Apokalypse“ – einer Aufführung, mit der er die schlimme Situation seit Beginn der Pandemie verarbeiten möchte. Deutschland-Premiere ist am 7. November, 19:30 Uhr, im Münchner Künstlerhaus. Die österreichische Uraufführung folgt am 16. November, 20:00 Uhr, im Gläsernen Saal des Musikvereins Wien.

Interview: Jürgen Pathy

Lieber Tomasz, zurzeit sind Sie in einer Ihrer „neuen“ Errungenschaften zu sehen. Wie läuft es beim „Fliegenden Holländer“ an der Pariser Oper?

Sehr gut. Es gab heute wahnsinnig viel Applaus. Bereits nach dem Monolog, habe ich Szenenapplaus erhalten. Der Holländer, an dem ich schon lange arbeite, scheint die Partie zu sein, wo ich viel anbieten kann. Irgendwie stimmt alles. Zurzeit ist der Holländer meine Glanzpartie. Damit habe ich voll ins Schwarze getroffen.

„Tomasz Konieczny, Interview, Apokalypse
Münchner Künstlerhaus, 7.11.21, Musikverein Wien, 16.11.21“
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