Goerne und Trifonov verschmelzen zum idealen Künstlerpaar

Die Aufnahmen für diese sehr besondere CD fanden bereits 2018 in Berlin statt. Das Resultat bewegt sich auf einsam hohem künstlerischen Niveau und ist eine der wichtigsten Lieder-CDs der letzten Jahre.

CD-Rezension:

Matthias Goerne – Daniil Trifonov
Lieder

Berg  Schumann  Wolf  Shostakovich  Brahms

DG 486 2452

 von Peter Sommeregger

Auch große Pianisten haben in der Vergangenheit als Liedbegleiter für bedeutende Sänger gespielt, Voraussetzung dafür war aber stets ein deutlicher künstlerischer Gleichklang, eine Seelenverwandtschaft, in der sich zwei Interpreten fanden.

Als jüngstes Beispiel für eine solche Partnerschaft auf Augenhöhe stellt die soeben veröffentlichte, außergewöhnliche Lied-CD Matthias Goernes dar, der keinen Geringeren als den Star-Pianisten Daniil Trifonov als Begleiter gewinnen konnte.

Was aus dieser ungewöhnlichen Partnerschaft entsteht, ist ein Programm von außergewöhnlicher Dichte und Intensität des Ausdrucks. Die Auswahl der Lieder von fünf sehr unterschiedlichen Komponisten ist an sich schon ungewöhnlich, so hören wir von Alban Berg die Vier Gesänge op.2, ein früher, teilweise noch tonal komponierter kleiner Zyklus, der aber bereits die Hinwendung des Komponisten zur Atonalität ahnen lässt.

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Wien-Schönbrunn: Andris Nelsons führt musikalisch brillant durch Europa 

Sommernachtskonzert 2022, © Max Parovsky

Sommernachtskonzert
Schönbrunn, Wien, 16. Juni 2022 

Werke von Ludwig van Beethoven, Mykola Lysenko, Arturs Maskats, Camille Saint-Saëns, Gioachino Rossini, George Enescu, Bedřich Smetana, Antonín Dvořák, Johann Strauß II

Wiener Philharmoniker
Andris Nelsons, Dirigent

Solist: Gautier Capuçon, Violoncello

von Herbert Hiess

Manchmal gibt es Anlässe, „alte“ Beurteilungen zu revidieren – und wie hier bei Andris Nelsons eine völlig gegensätzliche Meinung zu bilden. Irgendwie fühlte man damals von dem sehr rasch in lichte Höhen katapultierten Maestro eine gewisse Skepsis. Es waren Aufführungen zu erleben, die keinerlei Interpretation hören ließen; er hatte wenig Charisma, eine merkwürdige Schlagtechnik, die in ein oftmals wildes „Gerudere“ mündete und es waren letztlich immer wieder von ihm recht merkwürdige Grimassen zu sehen, die nichts mit der Musik zu tun hatten.

Und bei diesem Sommernachtskonzert 2022 war von dem fast nichts mehr zu bemerken. Zwar immer noch wenig Charisma, dafür aber eine blitzsaubere Schlagtechnik und – was wichtig ist – hoch herausragende Interpretationen. „Wiener Philharmoniker, Andris Nelsons Dirigent, Gautier Capuçon
Schönbrunn, Wien, 16. Juni 2022“
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Die FREITAG-PRESSE – 17. JUNI 2022

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die FREITAG-PRESSE – 17. JUNI 2022

Hamburg
Zwischen Tod und Leidenschaft: Werke von Schönberg, Saint-Saëns und Ravel flirren in der Elbphilharmonie
Eine schwül-impressionistische Atmosphäre prägt die Werke des 9. Philharmonischen Konzerts am 12. Juni 2022 in der Hamburger Elbphilharmonie. Und so erwartete das Publikum im Großen Saal ein Spannungsbogen zwischen Leidenschaft und Morbidität.
Von Dr. Andreas Ströbl
Klassik-begeistert.de

Wien/ Schönbrunn
Regen verzog sich
Tour durch Europa: 65.000 bei Sommernachtskonzert
https://www.krone.at/2736408

Staatsoper: Verdis „Falstaff“ mit Gerald Finley als Ahnherren der Body Positivity
Der Kanadier war als verlotterter Bonvivant gewöhnungsbedürftig, die komödiantische Seite des Parts kam zu kurz
Der Standard.at

Wien
Staatsoper: Dieser Falstaff ist zu verhalten
Marco Arturo Marellis aus der Holender-Ära stammende Inszenierung der Verdi-Oper wurde am 14. 6. zum 47. Mal aufgeführt.
Die Presse.com

Wiener Staatsoper: »THE START UP« – Neues Stück des Opernlabors feiert Premiere
Premiere: Freitag, 17. Juni 2022, 18.30 Uhr, Ankersaal im Kulturhaus Brotfabrik, 1100 Wien
Theaterkompass.de

Mailand
Die „Scala“ für die ganze Familie
Dominique Meyer – seit zwei Jahren für die Geschicke der Mailänder Scala verantwortlich – über die Chancen, Menschen von Kindesbeinen an für Oper zu begeistern.
https://www.diepresse.com/6153498/die-scala-fuer-die-ganze-familie

Musik und Politik: „Komponisten als Kronzeugen eines europäischen Denkens“
Stefan Pieper berichtet von dem internationalen Kongress „Musique, mémoire et citoyenneté européenne“ und dem anschließenden politischen Konzert von Amaury du Closel und dem Orchestre Les Métamorphoses mit Werken von Hanns Eisler, Stefan Wolpe, Emil Frantisek Burian, Luciano Berio und Amaury du Closel im Arnold Schönberg Center Wien.
NeueMusikzeitung/nmz.de „Die FREITAG-PRESSE – 17. JUNI 2022“ weiterlesen

Ein frisch zusammengewürfeltes Starensemble sorgt für große Oper im Bayerischen Nationaltheater

Foto: © Wilfried Hösl

Bayerische Staatsoper, München, 15. Juni 2022

UN BALLO IN MASCHERA

Melodramma in drei Akten – 1859

Komponist Giuseppe Verdi. Libretto von Antonio Somma.
In italienischer Sprache

Premiere am 6. März 2016

von Petra Spelzhaus

Der Opernabend startet bereits im Vorfeld beim Blick ins E-Mail-Fach. Die Bayerische Staatsoper informiert uns gleich über vier Umbesetzungen unserer Vorstellung des Maskenballs. Paolo Arrivabeni übernimmt das Dirigat von Daniele Rustioni, Okka von der Damerau die Partie der „Ulrica“ anstelle von Judit Kutasi, Simon Lim die des „Samuel“ von Andrew Harris, Roman Burdenko wird statt Carlos Álvarez zum „Renato“. Vorneweg: Die Protagonisten wissen im gut besuchten Bayerischen Nationaltheater allesamt zu überzeugen. Das Melodram um einen Herrscher, der von Menschen umgeben ist, die nach seinem Leben trachten und der schließlich von seinem Freund und Berater auf dem höfischen Maskenball erschossen wird, wird wie aus einem Guss präsentiert.

Erfreulicherweise bleibt uns Piotr Beczała in der Rolle des Gouverneurs Riccardo erhalten. Der polnisch-schweizerische Startenor nutzt seine Eingangsarie noch ein wenig zum Ölen seiner Stimme. Im Laufe des Abends läuft er zu Höchstform auf. Er verkörpert den in die Jahre gekommenen Gigolo in all seinen Facetten bis in die Haarspitzen. Er singt mit viel Schmelz, weich, leidenschaftlich, anfangs – eine trügerische – Leichtigkeit ausstrahlend, später zunehmend dramatisch. Großartig ist seine Interpretation der berühmten Arie „Forse la soglia attinse… Ma se m’è forza perderti“, in der sämtliche Facetten eines Verdi-Tenors abverlangt werden.

Quasi als Alter Ego Riccardos fungiert sein Page Oscar, der als Puppenspieler den Gouverneur doppelt. Verdis einzige Hosenrolle wird leicht-fröhlich dargeboten vom Koloratursopran Deanna Breiwick. Das Varieté lässt grüßen. „Giuseppe Verdi, UN BALLO IN MASCHERA
Bayerische Staatsoper, 15. Juni 2022, “
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Mozarts „Nozze di Figaro“ überzeugt mit gut geprobtem Ensemblespiel, gesanglich bleiben allerdings Wünsche offen

Ganz anders Ailyn Pérez, die als Contessa interpretatorisch und gesanglich für sich einnahm. Vor allem die große Arie im dritten Akt Dove sono gelang ihr mit sanftig-seidigem, goldbraunem Stimmklang, schwebenden Piani und schönen, raumfüllenden Schwelltönen hervorragend. Christoph Pohl war ein ordentlicher Almaviva, der mit kräftigem, virilem Bariton die Dominanz und Führungsstärke der von ihm dargestellten Figur zum Ausdruck brachte.

Peter Galliard (Don Curzio), Chao Deng (Antonio), Sujin Choi (Barbarina), Jürgen Sacher (Don Basilio), Narea Son (Susanna), Alessio Arduini (Figaro), Nicolas André (musikalische Leitung), Ailyn Pérez (La Contessa d’Almaviva), Christoph Pohl (Il Conte d’Almaviva), Serena Malfi (Cherubino), Ulrike Helzel (Marcellina), Tigran Martirossian (Don Bartolo) (Foto RW)

Staatsoper Hamburg, 15. Juni 2022
34. 
Vorstellung seit der Premiere am 15.11.2015

Wolfgang Amadeus Mozart: Le Nozze di Figaro

 von Dr. Ralf Wegner

Der erste Akt zog sich bis zum Einschlafen, das lag an dem Protagonistenpaar, welches sich zunächst als schwach auf der Brust erwies. Narea Son (Susanna) wurde angesagt, später sang sie freier, in der sogenannten Rosenarie im vierten Akt auch berührender, aber ohne die notwendige Fülle der Stimme, mit welcher auch eine Susanna den Raum fluten kann. Ihr Partner Alessio Arduini (Figaro) verfügte über einen eher schmalen, recht hoch klingenden Bariton mit Schwierigkeiten, sich im Ensemble von der Lautstärke her durchzusetzen. Seine Diktion war dagegen perfekt.

Es ist schon bemerkenswert, wenn das zweite auftretende Paar (Marcellina und Don Bartolo) mit Ulrike Helzel und Tigran Martirossian deutlich prägnanter über die Rampe kam als Susanna und Figaro. Serena Malfi gelang es wiederum kaum, der Figur des postpubertär-schwärmerischen Cherubino mit einem gewissen Maß sexueller Unbestimmtheit spezifisches Profil zu geben. Zudem blieb ihr Mezzo stimmlich kaum im Ohr hängen. „Wolfgang Amadeus Mozart, Le Nozze di Figaro
Staatsoper Hamburg, 15. Juni 2022“
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Die DONNERSTAG-PRESSE – 16. JUNI 2022

Foto: (c) Jürgen Pathy

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die DONNERSTAG-PRESSE – 16. JUNI 2022

Besucherkrise in der Klassik:Restkarten an der Abendkasse Bezahlartikel
Oper kann man jetzt endlich wieder ohne Maske, Test und Schlange genießen – aber das Publikum zögert. Und jetzt?
SueddeutschZeitung.de

Klaus Mäkelä gastiert bei den Münchner Philharmonikern
Amsterdam war schneller
Klaus Mäkelä ist der derzeit gefragteste Jungdirigent überhaupt. Er ist zwar erst 26 – übernimmt aber bald am Concertgebouw in Amsterdam. Schade für die Münchner Philharmoniker. Auch dort war er als Gergiev-Nachfolger im Gespräch. Jetzt kommt Mäkelä immerhin zum Gastdirigat. Porträt eines Senkrechtstarters.
BR-Klassik.de

Berlin/ Staatsoper
Im kalten Licht und zwischen Plastikwänden: eine kühl analytische Jenůfa an der Staatsoper Berlin
bachtrack.com.de

Berlin/ Konzerthaus
Italienische Kurzopern im Berliner Konzerthaus. Die Ohrwürmer von Silvia und Susanna
Ausgrabungen der Berliner Operngruppe: Italienische Kurzopern von Pietro Mascagni und Ermanno Wolf-Ferrari im Konzerthaus.
Tagesspiegel.de

Dresden
Dresdner Philharmonie stellt neue Konzertsaison vor
„Die Ring Saison“ – so prangt es unmissverständlich auf dem neuen Jahresprogrammheft der Dresdner Philharmonie, und das Großprojekt des konzertanten „Ring des Nibelungen“, der Operntetralogie von Richard Wagner, das Chefdirigent Marek Janowski im September und Oktober leiten wird, steht natürlich im Mittelpunkt des Geschehens der nächsten Saison.
https://mehrlicht.keuk.de/2022/06/15/mit-einem-konzertanten-ring-in-die-zukunft/

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Rising Stars 29: Esther Valentin-Fieguth und Anastasia Grishutina – ein Liedduo entwickelt kriminelle Energie

Cover des 2022 erschienenen zweiten Liederalbums von Esther Valentin-Fieguth und Anastasia Grishutina

von Dr. Lorenz Kerscher

Es fing alles ganz harmlos an: die Klavierstudentin Anastasia Grishutina wollte an einem Meisterkurs für Hammerklavier teilnehmen und brauchte dafür die Mitwirkung einer Sängerin. Zunächst hatte niemand Zeit dafür, doch schließlich stellte sich Esther Valentin (die heute nach der Eheschließung mit dem angehenden Dirigenten Clemens Fieguth einen Doppelnamen trägt) als Duopartnerin zur Verfügung. Und dann verstanden sich die beiden so gut, dass sie weiter zusammenwirkten. Gemeinsam erzielten sie 2018/2019 einige schöne Wettbewerbserfolge und bekamen durch den 1. Preis beim Internationalen Schubertwettbewerb Dortmund die Gelegenheit für die Aufnahme ihrer Debüt-CD „Amors Spiel“. Unter diesem Titel konnten sie ein abwechslungsreiches Repertoire zusammenstellen und sich für zahlreiche Konzertauftritte empfehlen. „Rising Stars 29: Esther Valentin-Fieguth und Anastasia Grishutina
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Herbert Blomstedt vollendet seinen Brahms-Zyklus mit dem Gewandhausorchester

CD- Rezension:

Brahms Symphonien 3 & 4

Gewandhausorchester
Herbert Blomstedt

Pentatone PTC 5186 852

von Peter Sommeregger

Auch die Pandemie konnte den Doyen der internationalen Pultgrößen, Herbert Blomstedt, nicht davon abhalten, sein Projekt, alle vier Brahms-Symphonien mit dem Gewandhausorchester Leipzig abermals für Tonträger einzuspielen.

Nun liegen auch die dritte und vierte Symphonie vor, und die erneute Beschäftigung Blomstedts mit diesen Werken spiegelt auch die tiefe Vertrautheit mit diesem Spitzenorchester wieder, dessen Kapellmeister er von 1998 bis 2005 war. Zu „DDR“-Zeiten war er Chef der Staatskapelle in Dresden (1975-1985)! Der Maestro kam als Sohn schwedischer Eltern in den USA zur Welt; sein Vater war adventistischer Pastor. Blomstedt erhielt seine erste musikalische Ausbildung am Königlichen Konservatorium in Stockholm und an der Universität Uppsala. Er studierte Dirigieren an der Juilliard School of Music in New York City, zeitgenössische Musik in Darmstadt sowie Renaissance- und Barockmusik an der Schola Cantorum Basel.

Die 1883 entstandene Symphonie  in F-Dur hat trotz des großen Orchesterapparates strukturell kammermusikalische Strukturen. Denen spürt der Dirigent auf subtile Weise nach und musiziert sie ungewöhnlich zart aus. Ihm gelingt eine von Altersweisheit geprägte, uneitle und sehr persönliche Lesart des Werkes. „CD- Rezension: Brahms, Symphonien 3 & 4, Gewandhausorchester Herbert Blomstedt
klassik-begeistert.de“
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Boitos „Nerone“ als blutiges Gemetzel

Blu-ray Rezension:

Arrigo Boito
Nerone

Wiener Symphoniker
Dirk Kaftan, Dirigent

Unitel c major 761304

von Peter Sommeregger

Der italienische Komponist Arrigo Boito hat sich nicht zuletzt als Autor der Libretti zu Verdis letzten Opern „Otello“ und „Falstaff“ einen Namen gemacht. Aber auch als Komponist war er mit seiner Oper „Mefistofele“ erfolgreich, bis heute kann man das Werk auf den Spielplänen finden.

Problematischer ist es um seine nachgelassene Oper „Nerone“ bestellt, von der bei Boitos Tod 1918 nur das Libretto vollständig, im Notentext nur vier der fünf Akte vorlagen. Selbst der vierte Akt war noch nicht vollständig ausgeführt, so dass für die von Arturo Toscanini initiierte Uraufführung an der Mailänder Scala 1924 noch erhebliche Vorarbeit zu leisten war.

Die posthume Erstaufführung ging in prominenter Besetzung über die Bühne, aber mehr als ein Achtungserfolg wollte sich für das Werk bis heute nicht einstellen. Immer wieder gab und gibt es Versuche, das etwas spröde Werk im Repertoire zu etablieren, meist ohne Erfolg. „Blu-ray Rezension: Arrigo Boito, Nerone
klassik-begeistert.de“
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Zwischen Tod und Leidenschaft: Werke von Schönberg, Saint-Saëns und Ravel flirren in der Elbphilharmonie

Photos: Sophie Wolter

Elbphilharmonie, Großer Saal, 12. Juni 2022

9. Philharmonisches Konzert

Arnold Schönberg
Pelleas und Melisande / Sinfonische Dichtung op. 5

Camille Saint-Saëns
Danse macabre / Sinfonische Dichtung g-Moll op. 40

Maurice Ravel
Tzigane / Konzertrhapsodie für Violine und Orchester
La valse / Poème chorégraphique für Orchester

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Frank Beermann, Dirigent
Arabella Steinbacher, Violine

von Dr. Andreas Ströbl

Eine schwül-impressionistische Atmosphäre prägt die Werke des 9. Philharmonischen Konzerts am 12. Juni 2022 in der Hamburger Elbphilharmonie. Und so erwartete das Publikum im Großen Saal ein Spannungsbogen zwischen Leidenschaft und Morbidität.

Arnold Schönbergs Tondichtung „Pelleas und Melisande“ nach dem Schauspiel von Maurice Maeterlinck gibt einer tragischen Liebesgeschichte, die mit dem Tod der Protagonisten endet, einen rauschhaften, stellenweise beklemmenden Ausdruck. Der Komponist stand damals – wie viele andere Kunstschaffende – unter dem Einfluss der sinnlich-überladenen, symbolistischen Dichtung von Stefan George und so nimmt es nicht wunder, dass Richard Strauss eine Überladenheit auch Schönbergs Frühwerk attestierte. In seinem Gemenge aus Geheimnis und höchster Emotionalität entspricht aber gerade dieses Tongemälde kongenial dem literarischen Vorbild.

Die Interpretation des Dirigenten Frank Beermann allerdings geriet eher hanseatisch trocken. Der „Gott der südlichen Zonen“, wie Gustav Mahler sich ausgedrückt hätte, hielt sich vor allem zu Beginn hier im Hintergrund und das oszillierende Flirren, das dieser Musik in ihrem immer wieder zögernden Vorantasten und Innehalten bis zur ekstatischen Steigerung innewohnt, geriet zuweilen etwas breiig und wenig differenziert. Die spätromantische Treibhausstimmung stellte sich erst zum Ende dieser Musik mit ihren aufwogenden Ausbrüchen und zauberisch-innigen Momenten ein. Diese Komposition endet nicht in einem dramatischen Finale, sie erstirbt – ebenso wie die erschütterte Mélisande nach dem Mord an ihrem Geliebten. „9. Philharmonisches Konzert, Frank Beermann, Dirigent, Arabella Steinbacher, Violine
Elbphilharmonie, Großer Saal, 12. Juni 2022“
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