Elisabeth Teige gelingt eine Spitzenleistung als Leonore in Beethovens Fidelio

Foto: (RW) Fidelio, Staatsoper Hamburg 2022, Klaus Florian Vogt und Elisabeth Teige 

Mit großer, weit in den Raum tragender Stimme gelang der Norwegerin Elisabeth Teige eine Spitzenleistung. Vor allem ihre rund und tiefengrundiert kräftig klingende Mittellage mit vollem Klang  beeindruckte.

Fidelio
Musik von Ludwig van Beethoven
Libretto von Joseph Sonnleithner und Georg Friedrich Treitschke nach Jean Nicolas Bouilly

Kent Nagano, Dirigent
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Chor der Hamburgischen Staatsoper

Inszenierung: Georges Delnon
Bühne: Kaspar Zwimpfer
Kostüme: Lydia Kirchleitner
Licht: Michael Bauer
Video: fettFilm
Dramaturgie: Klaus-­Peter Kehr, Johannes Blum

Staatsoper Hamburg, 25. Oktober 2022


Dr. Ralf Wegner

Kann jemand einen Grund nennen, der es ernsthaft rechtfertigt, Beethovens Leonorenouvertüre von kurz vor dem Ende, wie es früher üblich war, an den Beginn der Oper zu stellen, wo sie zum Singspielcharakter überhaupt nicht passt? Es plätscherte, von Kent Nagano gedehnt zelebriert, eher langsam dahin, wie ein beliebiges Konzertstück. Die musikalischen Motive erinnerten zwar an früher gesehene Fidelio-Aufführungen, bildeten aber nicht den musikalisch-retardierenden Höhepunkt nach dem ergreifenden Erlebnis der Befreiung Florestans durch Leonore.

Seungwoo Simon Yang (Jaquino), Andrzej Dobber (Don Pizarro), Klaus Florian Vogt (Florestan), Kent Nagano (musikalische Leitung), Elisabeth Teige (Leonore), Wilhelm Schwinghammer (Rocco), Narea Son (Marzelline), Kartal Karagedik (Don Fernando)

Die Oper Fidelio beginnt mit dem Werben Jaquinos um Marzelline als heiteres Singspiel, führt aber mit Einsetzen des Quartetts Mir ist so wunderbar, mit sehr viel Gemüt von Nareo Son begonnen, in eine tiefere, das folgende Melodram bereits andeutende Ebene des Stücks. „Ludwig van Beethoven, Fidelio
Staatsoper Hamburg, 25. Oktober 2022“
weiterlesen

„Der Fliegende Holländer“: Michael Thalheimers düstere Neuinszenierung in der Staatsoper Hamburg gibt Rätsel auf

 Jennifer Holloway, Benjamin Bruns Foto: Hans Jörg Michel

Richard Wagner: „Der Fliegende Holländer“

Staatsoper Hamburg,  23. Oktober 2022 (Premiere)

von Dr. Holger Voigt

Der Holländer ist ein Lohengrin. Statt auf einem Schwan zu reisen, der ausgesprochen elegant zu navigieren versteht, entscheidet er sich für einen Großsegler mitsamt unheimlicher Zombie-Matrosenschaft, die ihn auch prompt im Gefolge eines üblen Sturmes in der Bucht Sandvika bei Norwegen stranden lässt. Damit ist die schöne Elsa aus Antwerpen an der Schelde keine Option mehr für ihn, und er muss nun mit Senta vorlieb nehmen. Fast wortgleich kommuniziert Richard Wagner über seine Protagonisten mit den schönen Frauen seiner romantischen Sehnsüchte:

„Senta, Senta! Willst Du mich verderben?“ („Der Fliegende Holländer“)

„Elsa, was willst Du wagen?“ („Lohengrin“)

„Richard Wagner: „Der Fliegende Holländer“
Staatsoper Hamburg, 23. Oktober 2022 (Premiere)“
weiterlesen

Premiere in der Staatsoper: Hamburg feiert einen herausragenden Holländer!

 Jennifer Holloway Foto: Hans Jörg Michel

„Es muss etwas Neues geschehen.“ Eigentlich ein Zitat aus einem gewissen Schauspiel, das gerade am Alstertor abgesetzt wurde und in dessen Titel sich irreführend das Wort „Oper“ hineingeschlichen hat. Fünf Worte, die genauso gut als Leitmotiv des Regietheaters geeignet sind. Es leben die Calixto Bieitos, die Barrie Koskys und die Michael Thalheimers!

Der fliegende Holländer
Musik und Libretto von Richard Wagner

Staatsoper Hamburg, 23. Oktober 2022 PREMIERE

von Johannes Karl Fischer „Richard Wagner, Der fliegende Holländer
Staatsoper Hamburg, 23. Oktober 2022 PREMIERE“
weiterlesen

Kommentar von Dr. Ralf Wegner zur Nachfolge Demis Volpis' als neuer Ballettdirektor in Hamburg

Foto: Demis Volpi © Hamburg Ballett

Kommentar von Dr. Ralf Wegner, Hamburg

John Neumeier verlängert seinen Vertrag beim Hamburg Ballett bis 2024

Die Gazetten berichteten, manchmal süffisant, manchmal bösartig und manchmal nur ironisch, häufig aber auch nur als Übernahme von der deutschen Presseagentur: Der 36-jährige derzeitige Ballettdirektor in Düsseldorf, Demis Volpi, wurde gestern vom Hamburger Kultursenator als Nachfolger John Neumeiers bekannt gegeben. Er  tritt sein Amt aber erst 2024 an. Das ist erst einmal eine gute Nachricht, zunächst wegen der um ein Jahr verlängerten Intendanz Neumeiers, zum anderen ehrt es den Nachfolger, dass er seinen bestehenden Vertrag erfüllen will. „John Neumeier verlängert seinen Vertrag beim Hamburg Ballett bis 2024
Hamburgische Staatsoper, 22. Oktober“
weiterlesen

Alexandr Trusch überwältigt tänzerisch und darstellerisch als Hamlet 21

Alexandr Trusch als Hamlet (Foto: RW)

Was Trusch neben seiner tänzerisch-technische Perfektion darstellerisch-mimisch aus der Rolle herausholt, ist phänomenal. Man meint, sich in seinem Kopf zu befinden und direkt an den impulsiv gesteuerten Emotionen des Tänzers teilzuhaben.

Hamlet 21, Ballett von John Neumeier
Nachmittags- und Abendvorstellung

Staatsoper Hamburg, 16. Oktober 2022

von Dr. Ralf Wegner

Wo gibt es derzeit einen Tänzer, der diese Rolle so charismatisch, so tief unter die Haut gehend interpretieren könnte? Wahrscheinlich müsste man lange suchen und würde doch niemanden finden. Der 33-jährige Erste Solist des Hamburger Balletts Alexandr Trusch zeigt nicht nur mit seinen hohen, weiten Sprüngen und pfeilschnellen Drehungen, sondern auch mit seinem bewunderungswürdigen physischen Durchhaltevermögen, dass er zur internationalen Spitze der klassisch ausgebildeten Tänzer zählt. „Hamlet 21, Ballett von John Neumeier
Staatsoper Hamburg, 16. Oktober 2022“
weiterlesen

David Böschs Inszenierung stellt großartig einen gealterten Bassa Selim in den Mittelpunkt der Handlung

Foto: Daniel Kluge (Pedrillo), Oleksiy Palchykov (Belmonte), Hulkar Sabirova (Konstanze), Ádám Fischer (musikalische Leitung), Burghart Klaußner (Bassa Selim), Narea Son (Blonde), Ante Jerkunica (Osmin)

Die Entführung aus dem Serail
Wolfgang Amadeus Mozart

Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Ádám Fischer, Dirigent

Staatsoper Hamburg, 15. Oktober 2022


von Dr. Ralf Wegner

Selim ist ein Wanderer zwischen den Welten, dem die Zeit zwischen den Fingern verrinnt, ein alter, gebrochener Mann, ohne physische und seelische Energie. Seine Liebe zu Konstanze ist mehr Erinnerung als Empfindung; ein Wiederbelebungsversuch, der zum Scheitern verurteilt ist. Selim hat nicht einmal mehr die Kraft zum Singen, er kann sich nur noch durch Sprache, nicht mehr emotional verständlich machen. „Wolfgang Amadeus Mozart, Die Entführung aus dem Serail 
Staatsoper Hamburg, 15. Oktober 2022“
weiterlesen

Staatsoper Hamburg: "Ádám Fischer lebe lang!"

Foto: Jörg Landsberg ©

Staatsoper Hamburg, 6. Oktober 2022

Die Entführung aus dem Serail
Musik von Wolfgang Amadeus Mozart
Libretto von Johann Gottlieb Stephanie

Würde dieses Haus doch immer so spielen, dann wäre Hamburg wieder eine wahre Musikstadt und die Oper am Gänsemarkt – wie in alten Zeiten – ein Haus von Weltruf. Luftiger Gesang fusioniert mit lustigem Schauspiel in einer Inszenierung ebenso kurz und knackig wie ihre Schöpfung: Das war Singspiel at its finest!

Johannes Karl Fischer

Nein, David Bösch und sein Team haben hier keine spektakulären Szenen wie im Don Pasquale zur Schau gebracht, Minimalismus ist angesagt. Ein paar Matratzen auf der Bühne, viel Personenregie ist im Spiel. Der Dirigent winkt den Osmin noch kurz zurecht, ein bisschen weiter links soll er stehen, bevor die nächste Nummer startet. Geplant oder eine kurze Korrektur?

Es wirkt – auch im zweiten Jahr – alles sehr spontan. Gut so, genau das, was dieses Genre braucht. Keine ausgefeilten, auf Perfektion inszenierten Witze, so nach dem Motto: „Jetzt bitte lachen!“. Gelacht wird, weil es was zum Lachen gibt. So war das zu Mozarts Zeiten, so kommt es am natürlichsten. Und: Zwei Wochen hatte die Regie damals, um ein Konzept für Schauspiel und Bühne auf die Beine zu stellen. „Wolfgang Amadeus Mozart, Die Entführung aus dem Serail
Staatsoper Hamburg, 6. Oktober 2022“
weiterlesen

Carmen in HH: Dass Männer allesamt Trottel sind, werden wir schmunzelnd ertragen

Foto: Katrina Galka (Frasquita), Kostas Smoriginas (Escamillo), Tomislav Mužek (Don José), Yoel Gamzou (musikalische Leitung), Sascha-Alexander Todtner (?, Mitarbeit Regie), Maria Kataeva (Carmen), Elbenita Kajtazi (Micaëla), Ida Aldrian (Mercédès), Jürgen Sacher (Remendado), Hubert Kowalczyk (Zuniga) (Foto: RW)

Hamburgische Staatsoper, 5. Oktober 2022
5. Vorstellung seit der Premiere am 17. September 2022

Georges Bizet
Carmen

Ein hervorragendes Sängerensemble und ein beeindruckendes Bühnenbild adeln Georges Bizets Oper Carmen

Tomislav Mužek erklärte mit lyrischem Schmelz und heldischem Forte seine Liebe zu Carmen (Blumenarie), und Maria Kataeva als Carmen hörte ihm zu, erst ungläubig, dann wieder mitleidig und schließlich mit tiefer Empathie für den Verliebten. Das war von der Sängerin grandios gestaltet.

von Dr. Ralf Wegner

Ich ging mit nicht sehr hohen Erwartungen in die Aufführung und wurde positiv überrascht. Anfangs ähnelten Bühne, Kostüme und Regie einem chinesischen Puppentheater mit übertriebener hölzerner Gestik (Inszenierung und Bühne Herbert Fritsch), grotesk geschminkten Gesichtern und überzeichneten bunten Kostümen (José Luna). Die Bühnenmitte füllte ein rund eingefasstes, buntes Blumenbeet, in dessen Mitte eine gut 6 Meter hohe, blau ummantelte Madonnenfigur herabgelassen wurde. Der Schauwert war hoch und überdeckte die sich in dieser Oper anfangs immer ausbreitende Langeweile. „Georges Bizet, Carmen
Hamburgische Staatsoper, 5. Oktober 2022“
weiterlesen

Zwei Dänen aus Nordjüttland genießen ein tolles Musikwochenende in Hamburg

Fotos: © Westermann / Staatsoper Hamburg

von Andreas Schmidt

Restlos begeistert waren am vergangenen verlängerten Wochenende die beiden Norddänen Dorte und Torben Westmark: begeistert von der Kultur- und Musikstadt Hamburg. Das Ehepaar lebt in einem Dorf an der Tanisbugt zwischen Hirtshals und Skagen. Die nächste größere Spielstätte liegt 80 Kilometer entfernt, in Aalborg, richtige Oper gibt es knapp 200 Kilometer entfernt in Aarhus. Warum also nicht gleich mal 530 Kilometer nach Hamburg fahren und dort große Musik, die Großstadt und gutes Essen genießen?

Die Westmarks, sie unterrichtet angehende Lehrer, er ist Berater in einer Sparkasse und ehemaliger Jugendnationalspieler Dänemarks, hatten sich außer einem Besuch in der Elbphilharmonie mit zwei Jugendorchestern aus Deutschland und der Schweiz zwei Aufführungen in der Staatsoper Hamburg ausgesucht, die in Dänemark einen sehr guten Ruf genießt. Die Elbphilharmonie ist eh „Kult“ bei unserem nördlichen Nachbarn. Fast jeder Däne kennt diese Landmark an der Elbe Auen. „Nabucco, Carmen, Elbphilharmonie-Konzert
Hamburg, 30. September – 2. Oktober 2022“
weiterlesen

Sternstunde in der Staatsoper Hamburg mit Jules Massenets Oper Manon

Foto: Benjamin Bernheim und Elbenita Kajtazi (Foto RW)

Die nicht hoch genug einzuschätzende Leistung von Elbenita Kajtazi ist es, neben ihrer Stimmschönheit, ihrem wohlig weichen Tonansatz und ihrer dramatisch-schauspielerischen Kompetenz wahrhaftig im stimmlichen Ausdruck zu sein.

Staatsoper Hamburg, 24. September 2022

Elbenita Kajtazi und Benjamin Bernheim adeln Jules Massenets Oper Manon

von Dr. Ralf Wegner

Eine ältere Dame sagte mir beim Hinausgehen, das Stück und die Inszenierung sei ihr doch recht fremd; sie sei Mozartianerin und habe die Oper Manon auch zum ersten Mal gesehen. Von der Ferne hörte ich daneben die Äußerung, solch herausragende Aufführung habe er seit Jahren nicht mehr erlebt.

„Jules Massenet, Manon
Staatsoper Hamburg, 24. September 2022“
weiterlesen