BEWEGEN, UM ZU BEWEGEN: JOHN NEUMEIERS BILDGEWALTIGE INSZENIERUNG VON GLUCKS „ORPHÉE ET EURYDICE“ IN HAMBURG ÜBERZEUGT

Foto: © Kiran West
Staatsoper Hamburg
, 9. Februar 2019
Christoph Willibald Gluck, Orphée et Eurydice

von Holger Voigt

Von Christoph Willibald Glucks “Orphée et Eurydice” gibt es zwei Fassungen: Eine italienischsprachige, die am 5. Oktober 1762 in Wien uraufgeführt wurde, und eine französischsprachige, die am 2. August 1774 in Paris zur Uraufführung kam. John Neumeier wählte für seine aktuelle Inszenierung die letztere, die sich von der ersten insbesondere durch freie, dramaturgisch ungebundene Balletteinlagen unterscheidet, wie es in der französischen „höfischen“ Operntradition für lange Zeit fester Bestandteil war.

Bereits 1978 hatte John Neumeier für die Hamburgische Staatsoper „Orphée et Eurydice“ (als Ballett) inszeniert. Seine aktuelle Produktion beinhaltet nunmehr eine vollständige Operninszenierung, wobei es zu einer Verschmelzung von Oper und Ballett kommt. Die Gesangsprotagonisten Orphée und Eurydice (Dmitry Korchak, Andriana Chuchman) werden durch Ballettprotagonisten (Edvin Revazov, Anna Laudere) gespiegelt, was bisweilen nicht deutlich genug wahrnehmbar war. „Christoph Willibald Gluck, Orphée et Eurydice,
Staatsoper Hamburg, 9. Februar 2019“
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So geht Oper. So geht Carmen. Nadezhda Karyazina sorgt für einen Galaabend in Hamburg

Foto: Nadezhda Karyazina (c) / Facebook
Staatsoper Hamburg
, 7. Februar 2019
Georges Bizet, Carmen

So geht Oper. So geht Carmen. So gehen 1600 Menschen beherzt, berauscht und beseelt nach Hause.

Die Rede ist von George Bizets Jahrtausend-Oper Carmen. Gespielt an der Staatsoper Hamburg. Es war dies die beste Carmen, die der Herausgeber in der Freien und Hansestadt Hamburg erleben durfte – ich komme auf rund 25 Aufführungen im Haus an der Dammtorstraße.

Endlich brannte mal wieder Feuer im Rund, das fast ausverkauft war – Seltenheitswert in einem Opernhaus, das sich oft mit Aufführungen abgeben muss, in denen nur gut jede dritte Karte voll bezahlt wird und die Hälfte der Plätze leer bleibt, selbst wenn Weltstars wie Christian Gerhaher singen: in den Faust-Szenen von Robert Schumann im Oktober und November 2018. Und das nach einer musikalisch und gesanglich dürftigen Premiere von Christoph Willibald Glucks „Orphée et Eurydice“ am Sonntagabend, bei der vor allem der Tenor Dmitry Korchak mit seinen unzähligen Fehltönen und einer gepressten Höhe geübten Operngängern das Leben schwer machte. „Georges Bizet, Carmen, Nadezhda Karyazina, Staatsoper Hamburg, 7. Februar 2019“ weiterlesen

Mehr großes Ballett als große Oper: „Orphée et Eurydice“ in Hamburg

Rein musikalisch wollten sich die ganz großen Momente bei dieser Premiere leider nicht so recht einstellen. Glucks Musik erklang gehüllt in ein Gewand aus barocker Eleganz. Wirklich mitgerissen fühlte man sich nicht. Mehr Prägnanz und Spannung hätten gutgetan.

Foto: © Kiran West
Premiere Staatsoper Hamburg
, 3. Februar 2019
Christoph Willibald Gluck, Orphée et Eurydice
Eurydice: Andriana Chuchman
Orphée: Dmitry Korchak
L’Amour: Marie-Sophie Pollak
Tanz: Anna Laudere, Edvin Revazov
Inszenierung, Choreografie, Bühne, Kostüm und Licht: John Neumeier
Musikalische Leitung: Alessandro De Marchi
Hamburg Ballett
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Chor der Hamburgischen Staatsoper

von Leon Battran

Musik und Tanz, das gehört zusammen. Im französischen Musiktheater war es seit jeher Tradition, dass neben Schauspiel und Gesang auch das Ballett Teil einer Aufführung ist. So auch in Christoph Willibald Glucks „Tragédie-opéra“ Orphée et Eurydice. Das Hamburger Opernpublikum durfte sich über zahlreiche Tanzeinlagen des Hamburg Balletts freuen, die das Geschehen auf der Bühne begleiteten.

Es war ein bunter Premierenabend, der seinen größten Reiz der ebenso souveränen wie feinfühligen Umsetzung von John Neumeiers ausdrucksvoller Choreographie verdankte. Klassische und moderne Elemente scheinen aufs Natürlichste ineinanderzufließen, rund, bewegt, manchmal auch eckig. Neumeiers Choreografie ist von allem sperrigen Überfluss befreit und kommt gänzlich ohne Kitsch aus. Musik wandelt sich in Bewegung um. Als Substrat bleibt die Emotion. „Christoph Willibald Gluck, Orphée et Eurydice,
Premiere Staatsoper Hamburg, 3. Februar 2019“
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Es ist nicht verkehrt, sich die Messa da Requiem ab und an einzuverleiben

Foto: © Brinkhoff / Mögenburg
Staatsoper Hamburg
, 18. Januar 2019

Giuseppe Verdi (1813-1901), Messa da Requiem  
Musikalische Leitung: Paolo Arrivabeni
Inszenierung: Calixto Bieito
Bühne: Susanne Gschwender
Kostüme: Anja Rabes
Sopran: Serena Farnocchia (für die erkrankte Maria Bengtsson) Mezzosopran: Nadezhda Karyazina
Tenor: Dmytro Popov
Bass: Gabor Bretz
Für Serena Farnocchia auf der Bühne agierte Birgit Kajtna

von Teresa Grodzinska

Über die Totenmesse (Requiem) gibt es dicke Bücher und dünne Abhandlungen. Seit 1545 ist in der katholischen Liturgie der Ablauf festgelegt. Solange es als obligatorisch galt, weil die Kirche dem Staat gleichgestellt und manchmal überlegen war, hielten sich alle Komponisten, sogar Mozart, an den vorgeschriebenen Ablauf. Napoleon und seinem rebellischen Zeitalter verdanken wir die anderen, weniger an die Liturgie angelehnten Requien.

Giuseppe Verdi komponierte die “Messa da Requiem” anlässlich des Todes des italienischen Dichters und Schriftstellers Alessandro Manzoni († 22. Mai 1873). Ein Jahr später, am 22. Mai 1874, fand die Uraufführung in der Mailänder Kirche San Marco statt. „Giuseppe Verdi (1813-1901), Messa da Requiem,
Staatsoper Hamburg, 18. Januar 2019 “
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Staatsoper Hamburg: Bieito inszeniert das Verdi-Requiem als Bühnenspiel zwischen den Welten

Foto: Brinkhoff/Mögenburg (c)
Hamburgische Staatsoper, 8. Januar 2019
Giuseppe Verdi, Messa da Requiem

Musikalische Leitung: Paolo Arrivabeni (Hamburg-Debüt)
Inszenierung: Calixto Bieito
Bühne: Susanne Gschwender
Kostüme: Anja Rabes
Licht: Franck Evin
Dramaturgie: Janina Zell
Chor: Eberhard Friedrich
Sopran Maria Bengtsson, Mezzosopran Nadezhda Karyazina, Tenor Dmytro Popov, Bass Gábor Bretz, Chor der Hamburgischen Staatsoper, Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

von Eva Stratmann

Eine Momentaufnahme aus dem Familienalltag eröffnet das Requiem: Mutter und Vater spielen mit ihrem Sohn vor einer raumhohen Regalwand im Ikea-Stil Ball. Hinter den 12 mal acht Quadern des Riesenregals halb verborgen der Chor. Dahinter nochmal ein Regal.

Ja, richtig. Es geht um Verdis „schönste Oper“, seine katholische Totenmesse von 1874, in Szene gesetzt vom enfant terrible Calixto Bieito. Doch ein Bühnenskandal bleibt diesmal in der Staatsoper Hamburg aus. Kein Sex, kaum Blut, allerdings einige Tote und nur kurz eine (fast) nackte Frau. Der Katalane zeigt statt schockierenden Bildern eine detailreiche Feinheit und Tiefe und inszeniert die Vergänglichkeit allen Lebens. „Giuseppe Verdi, Messa da Requiem,
Hamburgische Staatsoper, 8. Januar 2019“
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ES FLIEGEN DIE FETZEN! VERDIS MESSA DA REQUIEM IN DER STAATSOPER HAMBURG

Foto: Foto: Brinkhoff/Mögenburg (c)
Staatsoper Hamburg
, 8. Januar 2019
Giuseppe Verdi: Messa da Requiem

von Dr. Holger Voigt

Als Giacchino Rossini am 13. November 1868 verstarb, hatte Giuseppe Verdi die Idee, ihn mit einer eigens zu komponierenden Totenmesse zu ehren. An der Realisierung dieser Idee sollten sich namhafte zeitgenössische Komponisten beteiligen, so dass auf diese Weise ein Gemeinschaftswerk zustande käme. Die Messe sollte am ersten Jahrestag von Rossinis Tod in Bologna uraufgeführt werden. Tatsächlich beteiligten sich neben Verdi 13 weitere Komponisten an dem Projekt einer Messa per Rossini. Die Messe wurde im September 1869 fertiggestellt, doch kam es nie zu einer vollständigen Uraufführung in Bologna, wo Rossini gelebt und studiert hatte. Grund dafür waren Abstimmungsprobleme und Querelen bezüglich der Kostenverteilung sowie die Tatsache, dass in Pesaro, der Geburtststadt Rossinis, bereits eine eigene Gedenkfeier mit Aufführung von Rossinis „Stabat Mater“ stattgefunden hatte, was Verdi als Affront betrachtete. „Giuseppe Verdi, Messa da Requiem,
Staatsoper Hamburg“
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"Die Frau ohne Schatten": Großartige Musik, schöne Stimmen, schöne Bilder, was will man mehr...

Foto: Westermann (c)
Staatsoper Hamburg
, 5. Januar 2019
Die Frau ohne Schatten
Oper in drei Akten von Hugo von Hofmannsthal (1874 – 1929)
Musik von Richard Strauss (1864 – 1949)

Musikalische Leitung: Kent Nagano
Inszenierung: Andreas Kriegenburg
Bühnenbild: Harald B. Thor
Kostüme: Andrea Schraad
Licht: Stefan Bolliger

 von Teresa Grodzinska

Mir ist es ein Rätsel, wie ich diesen Bericht schreiben soll. Ich habe nichts zu beanstanden. Wie geht es denn ohne Sarkasmus, ohne Besserwisserei? Nur Bewunderung, Friede, Freude, Opernfreude? „Richard Strauss, Die Frau ohne Schatten,
Staatsoper Hamburg“
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"Die Zauberflöte" in Hamburg: Für Kinder muss man schreiben, inszenieren, singen und tanzen wie für die Erwachsenen, nur besser

Foto: Arno Declair (c)
Staatsoper Hamburg, Sonntag, 23. Dezember 2018, 14.00 Uhr
Wolfgang Amadeus Mozart (1756 – 1791), Die Zauberflöte
Deutsche Oper in zwei Aufzügen
Libretto von Emanuel Schikaneder
Dialoge nach E. Schikaneder

Philharmonisches Staatsorchester
Chor der Staatsoper Hamburg
Musikalische Leitung: Kent Nagano

von Teresa Grodzinska

Eine Nachmittagsvorstellung am 4. Advent bescherte mir mehrere Einsichten, Erkenntnisse und Ideen, nämlich:

Dass Kinder Energie mitbringen, die jeden beflügelt,

dass es sich auch auf völlig unbeteiligte Erwachsene äußerst positiv auswirkt, wenn man in der Oper in der Pause Fangen spielt oder die Treppe runter und wieder hinauf hüpft,

dass das Potenzial für die Entwicklung der Hamburgischen Staatsoper in der Anwerbung des jungen Publikums steckt,

und – last not least – dass alle Kinder Bildschirm-kompatibel sind, die meisten erwachsenen Opernbesucher eher nicht.

Deshalb fordere ich als Bürgerin und Mutter die Hamburgische Staatsoper auf, Hamburgs Kindern ihre Pforten zu öffnen. Kinderkrippen, Kindergärten, Flüchtlingskindergärten möchten bitte im nächsten Jahr – erst mal probeweise – kostenlosen Zugang zu den Vorstellungen bekommen. Nachmittagsvorstellungen, Kostümproben, Fotoproben, Chorproben, Premieren, Dernieren und alles dazwischen. Meinetwegen wissenschaftlich beobachtet und polizeilich genehmigt. Meinetwegen nur in Grüppchen, nur in Begleitung von Erwachsenen (5 Kinder pro erwachsene Nase zum Beispiel).

Ich stehe sofort zur Verfügung. Bin keine Politikerin, muss ja tun, was ich vorschlage. „Wolfgang Amadeus Mozart, Die Zauberflöte,
Staatsoper Hamburg“
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Weihnachten 2018: Herzensgrüße für die LeserInnen von klassik-begeistert.de aus der Freien und Hansestadt Hamburg

Foto: Entlebucher Sennenhündin Vianna „Juli“ Szwajcar, 7, am Heiligen Abend, 24. Dezember 2018, vor dem Jenisch-Haus im Jenischpark. Freie- und Hansestadt Hamburg, Klein-Flottbek, Sonne, 3 Grad Celsius. (c) Andreas Schmidt 2018

Liebe, werte Leserinnen und Leser von klassik-begeistert.de,

meine Hündin Juli und ich wünschen Ihnen und Euch eine segensreiche, segensvolle, warme und herzliche Weihnachtszeit.

Bitte bleiben Sie uns gewogen.

Euch, Ihnen und Ihren Familien, Ihren Lieben und Freunden senden wir eine Herzens-Umarmung aus HH,

alles Liebe,

Andreas Schmidt
Herausgeber
klassik-begeistert.de
klassik-begeistert.at
klassik-begeistert.ch

 

George-Balanchine-Trust hat Copyright
- aber nicht recht

Foto: © Kiran West
Brahms/Balanchine – Zwei Ballette von George Balanchine (1904-1983), Hamburg Ballett John Neumeier, Staatsoper Hamburg, 13. Dezember 201
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Liebeslieder Walzer
Choreografie: George Balanchine
Bühnenbild: Heinrich Tröger
Kostüme: Karinska

Brahms-Schoenberg Quartet
Musik: Johannes Brahms, Arnold Schönberg
Choreografie: George Balanchine
Bühnenbild: Heinrich Tröger
Kostüme: Judanna Lynn

Musikalische Leitung: Markus Lehtinen
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg

von Teresa Grodzinska

Auf den  Abend des 13. Dezember habe ich mich besonders gefreut. George Balanchine und Brahms… ein russischer Tänzer und Choreograph lässt Hamburger Romantiker tanzen. Leider geriet der Abend ins Rutschen. Ich wünschte es wäre anders gewesen. Beide Namen sind groß, beide Männer wissen Kunst zu machen. Nur diese Mischung aus Brahms‘ “lieblicher” Musik und Balanchines großen, monotonen Gesten zündete nicht. Nicht im Geringsten. „Brahms/Balanchine – Zwei Ballette von George Balanchine, Hamburg Ballett John Neumeier, Staatsoper Hamburg, 13. Dezember 2018“ weiterlesen