Rising Stars 2: Katharina Konradi – Sopranglanz aus östlicher Ferne

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

von Lorenz Kerscher

Katharina Konradi/Eric Schneider: Clara Schumann “Warum willst Du and’re fragen” op. 12, no 11

Als 2019 der neue Bayreuther Tannhäuser übertragen wurde, kam anstelle des Hirtenjungen eine bezaubernde junge Frau mit dem Fahrrad auf die Szene und ließ das Publikum aufhorchen: Eine so schöne, klare Sopranstimme hatte man an dieser Stelle der Oper noch gar nicht erwartet. Auch ich wurde bei dieser Gelegenheit auf die 1988 geborene Künstlerin aufmerksam, die als 15-jährige aus dem fernen Kirgisistan nach Hamburg gekommen war. Wenn man sie völlig akzent- und fehlerfrei sprechen hört, möchte man kaum glauben, dass sie als russische Muttersprachlerin erst einmal Deutsch lernen musste. Nach ihrem Abitur studierte sie in Berlin und München Gesang, schloss dies 2016 mit dem Master ab und gewann im gleichen Jahr den Preis des Deutschen Musikwettbewerbs. Schon seit 2015 war sie Ensemblemitglied am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und wechselte dann ab 2018 an die Hamburgische Staatsoper.


Katharina Konradi, Silvia Hauer, Humperdinck – Ausschnitt aus „Hänsel und Gretel“, Hessisches Staatstheater Wiesbaden

Rollen, die bislang darstellte, kann man dem Soubretten- oder lyrischen Sopranfach zuordnen. Nannetta in Falstaff, Adele in der Fledermaus, Pamina, Gretel, Susanna, Ännchen im Freischütz, Zdenka in Arabella und Marzelline in Fidelio zählen zu ihrem an den genannten Häusern dargestellten Repertoire. 2018 kam sie als Zdenka auch an die Semperoper Dresden, doch vor allem der o.g. Auftritt als Hirtenknabe im Bayreuther Tannhäuser, der per Videostream weltweit zu erleben war, brachte ihr breite Aufmerksamkeit ein.

So mancher, der bei dieser Gelegenheit neugierig wurde, konnte in YouTube zahlreiche Videobeispiele finden, die ihre herausragende Stimmkultur unter Beweis stellen. Hier präsentiert sie sich vor allem als makellose und außergewöhnlich textverständliche Liedinterpretin von starkem Gestaltungswillen. Namhafte Liedpianisten wie Gerold Huber, Eric Schneider und Daniel Heide arbeiten gerne mit ihr zusammen, im Konzertsaal ebenso wie bei der Produktion von CDs, deren zweite mit dem Titel „Liebende“ in Kürze erscheint. Auch in großen Konzerthäusern war sie schon zu erleben, u. a. in der Elbphilharmonie, dem Festspielhaus Baden-Baden und der Münchner Philharmonie, in der ich sie schon als Solistin in Mahlers Auferstehungssymphonie erleben konnte.


Katharina Konradi singt „Die Trommel gerühret“ aus Beethovens Schauspielmusik zu Egmont Op.84, Elbphilharmonie Hamburg, Sep. 2017

Nach ihrem bislang fünfjährigen Wirken an den Opernhäusern von Wiesbaden und Hamburg bahnt sich nun ein bedeutender Meilenstein ihrer Entwicklung an: ihr Debüt als Sophie im Rosenkavalier an der Bayerischen Staatsoper. Die Neuproduktion unter der Regie von Barrie Kosky wird am 21. März 2021 weltweit als Livestream übertragen und danach als Video on demand zur Verfügung gestellt. Ich bin überzeugt, dass ihr diese Rolle sehr liegt und dass sie bei dieser Gelegenheit viele neue Fans gewinnen wird. So kann aus einem „Star von morgen“, als den sie Rolando Villazón 2019 in seiner gleichnamigen Sendereihe vorstellte, in kurzer Zeit ein Star von heute werden!

Lorenz Kerscher, 18. März 2021, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Weiterführende Information:

Biografisch sortierte Playlist in YouTube

Offizielle Webseite

Katharina Konradi in Wikipedia

Rising Stars 1: Mojca Bitenc und Domen Križaj – das junge Vorzeigepaar aus Slowenien

Sommereggers Klassikwelt 79: Yehudi Menuhin, der Welt-Geiger

„Auch mehr als zwanzig Jahre nach seinem Tod ist der Künstler unvergessen, durch sein Mäzenatentum lebt er weiter fort.“

von Peter Sommeregger

Als der weltberühmte Geiger Yehudi Menuhin Anfang März 1999 nach einem Schwächeanfall in ein Berliner Krankenhaus eingeliefert wurde, nahm die Presse davon kaum Notiz. Allerdings starb Menuhin dann am 12. März und danach gab es kaum ein Medium, das diesem Ausnahmekünstler keinen ausführlichen Nachruf gewidmet hätte.

Ganz abgesehen von seinem berechtigten, Jahrzehnte überdauernden Ruhm als Geigenvirtuose ist allein schon sein bewegter Lebensweg einen Rückblick wert. „Sommereggers Klassikwelt 79: Yehudi Menuhin, der Welt-Geiger“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 68: Das Traumrequiem (Teil 2) – Künstlerische Höhepunkte vs. organisatorische Vernachlässigung

Foto: Jakub Gibowski

Meine Konzertreise mit Brahms’ Requiem nach Stettin 2016

von Jolanta Łada-Zielke

„Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms hörte ich zum ersten Mal in meiner Musikoberschule in Krakau. Seit ich in Deutschland lebe, habe ich dieses Werk schon sieben Mal mit zwei tollen Chören aufgeführt. Vor einer Woche habe ich meine Eindrücke von dem Konzert mit Brahms’ Requiem im Jahr 2010 beschrieben, das dem tragischerweise verstorbenen Dominik Brunner gewidmet war. Ich sang es damals mit dem Münchener Bachchor. Aber nicht alle meine Auftritte mit diesem Werk hinterließen gute Erinnerungen. „Ladas Klassikwelt 68: Das Traumrequiem, Teil 2“ weiterlesen

Dr. Spelzhaus Spezial 12: Der Ritt der Walküren

Foto: Andreas Schager und Camilla Nylund in „Die Walküre“. Foto: Youtube

von Dr. Petra Spelzhaus

Heute ist unser Glückstag. Wir haben viel Geld gewonnen. Und wir haben dabei eine Quelle des Reichtums gefunden, die wir jederzeit wieder anzapfen können.

Es fängt damit an, dass wir in unserem Zwei-Mädel-ein-Hund-Haushalt feststellen, dass unsere hervorragende Corona-Kompensationsernährung langsam ihre Spuren hinterlässt. Wir fühlen uns zunehmend an Walküren erinnert. Also gilt es, ein Fitnessgerät zu suchen, um unsere komplette Richard-Wagner-CD-Edition sportlich zu begleiten. Freunde von uns empfehlen ein Spinning-Gerät, mit dem wir kräftig zum Ring des Nibelungen in die Pedale treten können. Uns kommt eine Aufführung der Walküre bei den Tiroler Festspielen in Erl in den Sinn, der wir vor drei Sommern noch persönlich beiwohnen durften. Die Walküren ritten singend äußerst sportlich auf Drahteseln über die Bühne. Durchaus nachahmenswert. „Dr. Spelzhaus spezial 12, Der Ritt der Walküren
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Daniels Anti-Klassiker 3: Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 7 „Lied(er) der Nacht“ (1908)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der sogenannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Bei vielen Komponisten finden sich Werke, die entweder durch ihre perfekte Anwendung althergebrachter Formen oder durch die Zuwendung zu neuen, experimentellen Ausdrucksweisen herausstechen. Letzteres geht oft nach hinten los; nicht jedes Experiment liefert ein überzeugendes Ergebnis. Ganz Bizarres ergibt sich zuweilen, wird beides miteinander vermengt. Einen solchen Hybriden stellt die siebte Sinfonie von Gustav Mahler dar. „Daniels Anti-Klassiker 3: Gustav Mahler – Sinfonie Nr. 7 „Lied(er) der Nacht“ (1908)“ weiterlesen

Hauters Hauspost (10): Mein Besuch im Impfzentrum

Symbolbild: © whitesession auf Pixabay

„Hier, vor der Behörde, waren wir endlich alle einmal wirklich gleich. Auch der Geschäftsmann, der in edlem Tuch gekleidet aus dem Taxi stieg, musste sich in unsere basisdemokratische Reihe stellen. Da nützte ihm sein aufgeregtes Telefonieren und Gestikulieren nichts. Nein, hier ist niemand wichtiger als der andere. Ein Gefühl des tiefen Vertrauens in unseren Staat machte sich in mir breit.“

von Barbara Hauter

Eigentlich bin ich ja dagegen, immer und in jeder Lebenssituation Musik zu hören. Mit dicken Kopfhörern bewehrt durch die Straßen zu stapfen, ist nicht meins. Die jungen Leute, die mir damit joggend und radfahrend im Englischen Garten begegnen, erscheinen mir aus der Welt gebeamt. Wahrscheinlich liegt genau darin der Sinn der dudelnden Ohrwärmer. Aber nun ist es mir doch tatsächlich passiert, dass ich mich nach so einem Ding gesehnt habe. Ich war auf Besuch in einem völlig neuen Habitat und ich fühlte mich so fremd, dass ich mich gerne mit heimatlichen Klängen getröstet hätte. Aber langsam und von vorn. „Hauters Hauspost (10): Mein Besuch im Impfzentrum“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 78: Leonie Rysanek, die letzte Primadonna

von Peter Sommeregger

Wenn man 23 Jahre nach ihrem Tod das Ehrengrab der Sopranistin Leonie Rysanek auf dem Wiener Zentralfriedhof besucht, wird man dort – Sommer wie Winter – frische Blumen, oft auch ein brennendes Grablicht sehen können. „Die Rysanek“ oder auch nur „Leonie“ genannte Künstlerin hat sich in ihrer Heimatstadt einen Ruhm und eine Beliebtheit erworben, an der auch ihr Tod am 7. März 1998 kaum etwas änderte. „Sommereggers Klassikwelt 78: Leonie Rysanek, die letzte Primadonna
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Schweitzers Klassikwelt (30): Aus dem Zeitalter der LP: „Poèmes pour Mi“ von Olivier Messiaen

Foto: Claire und Olivier Messiaen (Privatsammlung Nigel Simeone)

„Unsres Erachtens lassen die „Gedichte für Mi“ eine nicht alltägliche Lebenspartnerschaft der beiden erkennen. Die Eheleute Messiaen besaßen eine Art von Heiligkeit, die auf keinen Fall zur Nachahmung zu empfehlen ist.“

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Ein heute selten in Konzertsälen zu erlebendes Werk. Im Herbst 2009 hatte Renée Fleming ihren anspruchsvollen Liederabend (Werke von Henri Dutilleux, Richard Strauss, Brad Mehldau) im Großen Saal des Wiener Musikvereins mit leider nur fünf der neun Lieder dieses Zyklus von Olivier Messiaen eingeleitet und damit Mut bewiesen. Bedauerlicherweise sind wir auf diesen Abend nicht aufmerksam geworden und haben ihn versäumt. Wir konnten uns nur insofern trösten, dass der erste Teil der „Poèmes pour Mi“ der Verkürzung zum Opfer fiel, wobei gerade das erste Lied „Action de grâces“ („Gnadenakt“) mit seinem schwelgerischen Alléluia zum Schluss einen hinreißenderen ersten Eindruck hinterlassen hätte als das erste Lied des zweiten Teils „L’épouse“. Dieses paraphrasiert aus dem mit typisch paulinischer Schwerfälligkeit geschriebenen Brief an die Gemeinde von Ephesos die eheliche Liebesbeziehung als Analogie zu Christi Beziehung zur Kirche. Aber „Action des grâces“ war wahrscheinlich unsrer gründlichen und gewissenhaften Künstlerin auch in der Klavierfassung zu sehr für einen dramatischen Sopran gedacht erschienen. „Schweitzers Klassikwelt (30): Aus dem Zeitalter der LP: „Poèmes pour Mi“ von Olivier Messiaen“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 67: Das Traumrequiem (Teil 1) – zu Ehren eines stillen Helden

Foto: Johannes Brahms (1889), wikipedia.de ©

von Jolanta  Łada-Zielke

 „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms hörte ich zum ersten Mal in meiner Musikoberschule in Krakau, als ich der deutschen Sprache noch nicht mächtig war. Das Stück berührte mich so sehr, dass ich bei den ersten zwei Sätzen fast in Tränen ausbrach. Damals fing ich an zu träumen, das Werk irgendwann mit einem guten Chor aufführen zu können. Seit ich in Deutschland lebe, ist dieser Traum schon sieben Mal wahr geworden. Ich hatte das große Glück, das Brahms-Requiem zunächst mit dem Münchener Bachchor und später mit dem Carl-Philipp-Emanuel-Bach-Chor Hamburg singen zu dürfen. Einige dieser Konzerte sind mir besonders in Erinnerungen geblieben.

Eines von ihnen fand zum Andenken an ein tragisches Ereignis statt. Am 12. September 2009 versuchte Dominik Brunner, fünfzigjähriger Rechtsanwalt aus München, vier Kinder zu verteidigen, die in einer S-Bahn von zwei jungen Männern angegriffen wurden. Es machte diese so wütend, dass sie den mutigen Bürger auf dem Bahnhof München-Solln zu Tode prügelten. Der Vorfall regte viele Diskussionen in ganz Deutschland an – über die Aggression unter Jugendlichen und wie man ihr entgegenwirken kann. Zwei Monate später wurde die Dominik-Brunner-Stiftung gegründet, die zusammen mit der Fußballmannschaft FC Bayern München das Bündnis „Münchner Zivilcourage“ einging. Die Stiftung setzte sich folgende Ziele:  das Bewusstsein für Zivilcourage in der Öffentlichkeit zu wecken, sich um die Opfer von Gewalt psychologisch und materiell zu kümmern und präventive Maßnahmen zu ergreifen. Durch ihre vielfaltigen Aktivitäten versucht diese Institution junge Menschen zu überzeugen, dass Gewalt kein Mittel ist, ihre Probleme zu lösen. „Ladas Klassikwelt 67: Das Traumrequiem, Teil 1 (Ein deutsches Requiem, Johannes Brahms)
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Der Schlauberger 41: Wenn ’s klappt, warum nicht? Fortpflanzung für Fortgeschrittene

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

So gelacht habe ich lange nicht mehr. Diesmal nicht über Trump oder den Mann aus Würselen oder gar den Karneval. In einem Zeitungsbericht ging es um Geburtenzahlen in einem Krankenhaus und um die Frage, warum manche Jahre mehr, manche Jahre weniger Babys zur Welt kommen. Vielleicht liegt es an äußeren Umständen? Am Wetter? Am TV-Programm? An sportlichen Ereignissen? Also an Dingen, die den Tagesrhythmus beeinflussen. „Der Schlauberger 41: Wenn ’s klappt, warum nicht? Fortpflanzung für Fortgeschrittene“ weiterlesen