Bach h-Moll-Messe (c) Sebastian Wolf
Ein weiterer Bach-Abend in der Kreuzkirche, der zu Herzen geht.
Johann Sebastian Bach (1685-1750) – h-Moll-Messe
Vox Luminis
Freiburger Barockorchester
Lionel Meunier, Leitung
Bonn, Kreuzkirche, 17. September 2024
von Brian Cooper, Bonn
Das Beethovenfest ist dieses Jahr teilweise auch ein Bachfest. Nach dem Auftritt Isabelle Fausts in der vergangenen Woche stand an diesem lauen Sommerabend Bachs große Messe in h-Moll auf dem Programm.
Lionel Meunier gründete vor 20 Jahren den Chor Vox Luminis, der hier gemeinsam mit dem Freiburger Barockorchester (FBO) auftrat. Und mehr als 20 Sängerinnen und Sänger brauchte es nicht, um als Chor wie auch in den solistischen Passagen reinsten Schönklang in den Kirchenraum zu zaubern.
Meunier ist Teil des Chors, leitet Bachs Messe aus den Bässen heraus, überlässt aber auch häufig Konzertmeister Péter Barczi die Verantwortung, der sich im Laudamus te solistisch auszeichnete. Das FBO tritt ja ohnehin meist ohne Dirigent auf. Hier spielt es sein Kernrepertoire auf historischen Instrumenten wie etwa Barockoboen; die Streichinstrumente sind mit Darmsaiten bespannt und werden mit Barockbögen gespielt.
Das FBO ist eines der ganz wenigen in der historischen Aufführungspraxis verhafteten Ensembles, bei denen mich ventillose Blechblasinstrumente nicht stören. Sie können ja manchmal so fürchterlich klingen, dass man den Ort der Aufführung schleunigst verlassen möchte. Nicht so, wenn Bart Aerbeydt im Quoniam das Naturhorn bläst. Oder die feinen Trompeten, aus denen den gesamten Abend über bis auf einen einzigen Kiekser schönste Töne kamen.
Vox Luminis war mir bislang kein Begriff, und ich schäme mich dafür. Denn was an diesem Dienstagabend in Bonn zu erleben war, gehört zum Besten, was ich je an Chorgesang gehört habe. Was macht diesen besonderen Klang aus, der schon im Kyrie so betörte? Nun, es ist zunächst die kleinere Besetzung – wir sind nicht bei einem der beiden Karls, Münchinger oder Richter, mit ihren üppigst besetzten Ensembles, langsamen Tempi und einem Vibrato von hier bis Euskirchen.
Nein, hier ist der Klang vielmehr schlank, und die Tempi sind, mit wenigen Ausnahmen (z.B. beim Kyrie), recht zügig, doch ohne jegliche Hast. Die Töne werden präzise angesetzt, vibratoarm ausgehalten, und nur, wenn sie anschwellen, aufblühen, vibriert es leicht. Es ist ein geschmeidiger, dichter, transparenter Schönklang, der natürlich vor allem daher rührt, dass jedes einzelne Mitglied dieses Wunderensembles eine herrliche Stimme hat. Das zeigt sich insbesondere in den Arien und Duetten. Auch wenn man niemanden hervorheben mag, war es an diesem Abend Countertenor Alexander Chance, der im Qui sedes und vor allem im Agnus Dei so viele in der Kirche anrührte, dass der Jubel beim Schlussapplaus für ihn besonders laut ausfiel. Wie die Stimme seines Vaters Michael berührt auch Alexanders Stimme – und Bühnenpräsenz! – eindrücklich.
Im Chorgesang, etwa den ergreifenden Klagen Et incarnatus und Crucifixus, zeigte sich eindringlich, dass die Akustik der Kreuzkirche hervorragend für derlei Repertoire geeignet ist: Klein besetzten Oratorien, Messen und anderen Werken für Chor und Orchester scheint sie viel zuträglicher zu sein als einer einzelnen Violine.
Auch an diesem Abend gab es eine Beethovenfest-Besonderheit. Die Idee der Ticketpatenschaften stammt von Nils Mönkemeyer, und diese h-Moll-Messe ist eines von drei Konzerten des diesjährigen Beethovenfests gewesen, für das man eine Karte für einen nachweislich bedürftigen Menschen kaufen und spenden konnte (Mindestpreis 25€). Es ist eine tolle Initiative, die gerade ausprobiert und hoffentlich demnächst ausgeweitet wird.
Dr. Brian Cooper, 18. September 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Johann Sebastian Bach, Isabelle Faust, Violine Bonn, Kreuzkirche, 12. September 2024
Beethovenfest Abschlusskonzert, COE, Robin Ticciati, Dirigent Bonn, Oper, 24. September 2023