Foto: Andrè Schuen © Guido Werner
Wiener Konzerthaus, Mozart-Saal, 11. Oktober 2022
Andrè Schuen, Bariton
Daniel Heide, Klavier
Franz Schubert
Die schöne Müllerin D795 (1823)
von Jürgen Pathy
Das Kunstlied liegt am Boden. Wer sich schon um die Oper sorgt, der sollte noch mehr um dieses Juwel fürchten. Bariton Andrè Schuen, 38, hat all die Lorbeeren, die er im Vorfeld für seine Einspielung von Schuberts „Die schöne Müllerin“ bekommen hatte, nicht bestätigen können. Dabei gilt doch der junge Südtiroler als große Hoffnung. Seit 2021 hat er einen Exklusivvertag bei der renommierten Deutschen Grammophon in der Tasche. Im Wiener Konzerthaus blieb es lediglich beim Versuch.
Der Untergang des Kunstlieds?
„Die schöne Müllerin“ gilt neben der „Winterreise“ als Schuberts genialer Beitrag zur Gattung des romantischen Kunstlieds. Die Geschichten ähneln einander. In beiden Liederzyklen, die auf Gedichten von Wilhelm Müller basieren, begleitet man einen Wanderer, der hin und hergerissen ist. Zwischen existenziellem Schmerz und Hoffnung, Liebe und Trauer, Angst und unbändigem Lebenswillen. Ein großer Unterschied: Während bei der „Winterreise“ offen bleibt, ob die am Ende in den Tod mündet, steht das bei der schönen Müllerin fest. Am Ende ertränkt sich der junge Müllergesell im Bach. Aus Verzweiflung, weil die schöne Müllerin letztendlich unerreicht bleibt.