Kirill Petrenko mit flexibler Programmgestaltung

Foto: Kirill Petrenko. © Monika Rittershaus

„Am Tag vor dem Konzert wird bereits der neue Lockdown angekündigt und man verlässt die Philharmonie wehmütig im Bewusstsein, vielleicht das letzte Konzert für längere Zeit genossen zu haben.“

Philharmonie Berlin, 29. Oktober 2020

Berliner Philharmoniker
Dirigent: Kirill Petrenko

Andrew Norman
Sabina Fassung für Streichorchester

Richard Strauss
Metamorphosen

Dmitri Schostakowitsch
Symphonie Nr.9 Es-Dur op.70

von Peter Sommeregger

Man ist in diesen besonderen Zeiten froh über jedes Konzert, das stattfinden kann. Um die jeweilige Dauer von maximal 90 Minuten und eine vertretbare Orchesterstärke nicht zu überschreiten, muss da und dort das Programm verändert werden. So geschehen beim jüngsten Konzert der Berliner Philharmoniker unter Kirill Petrenko. „Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko,
Philharmonie Berlin, 29. Oktober 2020“
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Mit Nationalstolz und kindischer Freude

Daniel Barenboim dirigiert Smetanas „Ma Vlást“. Foto: Monika Rittershaus

Philharmonie Berlin, 22. Oktober 2020

Berliner Philharmoniker
Leitung: Daniel Barenboim

Bedrich Smetana: Má vlast (Mein Vaterland)

von Kirsten Liese

Als kompletter Zyklus wird Mein Vaterland von Smetana selten aufgeführt. Nur einen berühmten Titel daraus hört man sehr oft: Die Moldau. Insofern war man dankbar, dass sich Daniel Barenboim und die Berliner Philharmoniker in ihrer jüngsten Konzertserie einmal des gesamten Zyklus annahmen.

Wie sich unschwer feststellen ließ, sind auch alle übrigen Sätze durchzogen von kraftvollen markanten Rhythmen und einprägsamen Melodien. Nur der letzte Satz Blaník, der mit Hörnern, Fagotten und Pauke düster beginnt, erinnert – so wie er sich in dramatische Gefilde begibt – seitens der Tonsprache an Verdi. „Berliner Philharmoniker, Daniel Barenboim,
Philharmonie Berlin, 22. Oktober 2020“
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Eine wahre Kostbarkeit! – nicht nur für Verehrer Petrenkos

Foto: © Monika Rittershaus

CD-Besprechung: Edition Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko
(Berliner Philharmoniker Recordings)

Beethoven, Tschaikovsky, Schmidt, Stephan

von Peter Sommeregger

Die Berliner Philharmoniker, eines der bedeutendsten und renommiertesten Orchester der Welt, waren seit den Anfängen der Schallplattenindustrie stets von den großen Plattenfirmen umworben. In der Hochblüte der Vinyl-Ära verhalf der Exklusiv-Vertrag Herbert von Karajans mit dem Gelblabel der Deutschen Grammophon-Gesellschaft auch dem Orchester zu einer dominierenden Stellung auf dem Klassikmarkt. Noch unter Karajans Nachfolger Claudio Abbado entstanden zahlreiche Einspielungen, aber die Tonträger-Branche befand sich da bereits in einem deutlichen Abschwung. „CD-Besprechung: Edition Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko“ weiterlesen

„Alles singt!“ – Ein Abschlussabend voller Gesang und Linie beim Musikfest Berlin

Foto: Jörg Widmann © Marco Borggreve

„Widmann lässt die Klarinette sinken und geht zur Mitte der Bühne, jetzt Auge in Auge mit dem Dirigenten. Die seltsame Erwartung, dass er nun zu singen beginnt, stellt sich ein, er öffnet die Arme, öffnet den Mund – doch dann setzt er doch die Klarinette an und lässt diese singen, tief und weich.“

Musikfest Berlin
Philharmonie Berlin, 23. September 2020

Leitung: Stanley Dodds

Bariton: Christian Gerhaher
Viola: Tabea Zimmermann
Klavier: Tamara Stefanovich
Klarinette: Jörg Widmann

von Marianne Wegner

Leise, verhaltene Töne des Klaviers, kaum hörbar im Wechsel mit der großen Trommel. Es ist, als würde das Stück Sphäre nach Studie von Wolfgang Rihm höflich, fast schüchtern anklopfen…

Plötzliche Sforzato-Schläge des Ensembles reißen die Hörenden beinahe heraus aus ihrer Konzentration auf das Sein und Nichtsein der Klänge. Von irgendwo kommen Streichertöne hinzu im leisesten Pianissimo, gerade an der Grenze ihrer Existenz. Einzelne Akkorde von der Harfe in diese musikalische Stille gezupft scheinen die ersten Phrasen zum Leben zu erwecken, die aber nach zwei, drei Schlägen wieder abbrechen. Die Kontrabässe kommen hinzu, ohne dass sie als solche zu erkennen wären: zu zart sind die Flageoletttöne in höchster Lage. Das gesamte Stück schwebt somit völlig fundamentlos. „„Alles singt!“ – Ein Abschlussabend voller Gesang und Linie beim Musikfest Berlin“ weiterlesen

Facetten eines Ausnahmekünstlers

DVD-Besprechung: ITZHAK PERLMAN
6 DVDs, Euroarts 2061668

Berliner Philharmoniker
Israel Philharmonic Orchestra
The Philadelphia Orchestra

von Peter Sommeregger

Im Vorfeld von Itzhak Perlmans 75. Geburtstag am 31. August 2020 ist diese umfangreiche, 6 DVDs umfassende Hommage bei Euroarts erschienen. Diese reichhaltige Dokumentation zeigt viele Facetten von Perlmans Kunst, von Bach über Tchaikovsky, Beethoven bis Mussorgsky, Vivaldi bis Johan Halvorsen. Auch als Dirigent des Israel Philharmonic Orchestra ist er in einem Konzertmitschnitt von 2010 zu erleben. „Facetten eines Ausnahmekünstlers
DVD-Besprechung“
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Julia Lezhneva in Salzburg: So soll Mozart klingen!

Foto: Julia Lezhneva: Sopran,  Mozarteumorchester Salzburg. © SF / Marco Borrelli

Salzburger Festspiele, Haus für Mozart,
19. August 2020 (Zeitversetzte Übertragung auf myfidelio.at)

Julia Lezhneva, Sopran
Gianluca Capuano & Mozarteumorchester Salzburg

Werke von Wolfgang Amadeus Mozart

„Solche Mozart-Sängerinnen fehlen momentan an allen großen Opernhäusern. Wann ist Julia Lezhneva endlich an der Wiener Staatsoper zu hören?“

von Johannes Karl Fischer

Nach zwei sehr überzeugenden Auftritten in Berlin und Hamburg lieferte Julia Lezhneva in Salzburg erneut eine absolute Meisterleistung. Eine der besten Mozart-Sopranistinnen aller Zeiten! Ihre Stimme segelte sanft durch die Musik. An einigen Stellen ergänzte sie die Partitur ein wenig. Mal Sechzehntel statt Achtel hier, mal ein extra Läufchen dort. Genau so soll Mozart klingen! „Julia Lezhneva in Salzburg: So soll Mozart klingen!
Salzburger Festspiele, 19. August 2020“
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Erst abgesagt, dann doch digital: Daniel Stabrawa spielt Andrzej Panufniks Violinkonzert mit den Berliner Philharmonikern

Philharmonie Berlin, 31. Mai 2020
Berliner Philharmoniker
Daniel Stabrawa

von Johannes Fischer

Vor gut einer Woche sollte ich, zusammen mit etwa 2.000 anderen ZuhörerInnen, ein ganz besonderes Konzert der Berliner Philharmoniker anhören. Ein Programm mit Daniel Stabrawa als Solist und Dirigent. Dann kam Corona, und alles wurde anders. Mittlerweile hat sich die Lage wieder etwas entspannt, soweit, dass ein Teil des Konzertes in digitaler Form nachgeholt werden konnte.

Es war das erste mal, dass ich ein Konzert, das ich eigentlich live hören sollte, ersatzweise in digitaler Form gehört habe. Ehrlich gesagt: Ich hätte damit gerechnet, dass mir das Klangerlebnis am meisten fehlen würde. Doch am allergespenstischsten wirkte der Zuschauerraum der Philharmonie Berlin. Ich konnte schon fast den Platz sehen, auf dem ich eigentlich hätte sitzen sollen. Es fehlte aber was. Der Platz war leer. Klar: Die Gesundheit geht vor. Aber trotzdem: Plötzlich fehlten auch mir, wo es mich gar nicht stört, dass ich fast immer alleine ins Konzert gehe, die anderen Menschen. Das hätte ich nie gedacht. „Berliner Philharmoniker
Philharmonie Berlin, 31. Mai 2020“
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Frau Lange hört zu (14): Nicht immer „A Song of Joy“ …

Eine Coverversion kann eine Hommage sein, eine aufregende Neuinterpretation – oder eigene Ideenlosigkeit kaschieren. Manchmal möchte ein Musiker auch einfach seine Virtuosität beweisen, sein Ego streicheln, aus einer Schublade ausbrechen oder sich eine neue Zielgruppe erschließen. Wenn sich Klassik und Rock begegnen, kann das Ergebnis faszinieren – oder grausen.

von Gabriele Lange

Als ich die erste Coverversion eines klassischen Stücks hörte, war ich neun oder zehn Jahre alt und konnte sofort mitsingen. Oft genug lief Miguel Rios‘ pathetischer „Song of Joy“ ja im Radio und im Fernsehen. Dass die Melodie eigentlich von einem Herrn namens Beethoven stammte, wurde gelegentlich in der Anmoderation erzählt. Die Neunte stand dann bald neben Adamo und Alexandra im Plattenregal meiner Eltern. Einige Jahre später war ich alt genug, um mir Kubricks „Clockwork Orange“ anzusehen. Darin gab es nicht nur eine „klassische“ Einspielung der Sinfonie zu hören, sondern auch die brutal effektive Synthesizer-Version von Wendy Carlos. (Auch Purcells „Music for the Funeral of Queen Mary“ wurde hier übrigens faszinierend neu interpretiert.) Der teuflisch begabte Ritchie Blackmore von Deep Purple nahm sich noch mehr Freiheiten mit Beethovens Motiv und entwickelt daraus mal eben ein Gitarrensolo (ab Min 3:00). Nach einem Purple-Konzert war ich übrigens einige Tage lang fast so taub wie Beethoven. Aber das ist ein anderes Thema. „Frau Lange hört zu (14): Nicht immer „A Song of Joy“ …“ weiterlesen

Lieses Klassikwelt 36: Eberhard und Lenchen

von Kirsten Liese

Nichts mehr ist wie es einmal war, wenig von dem übrig, was mir einmal etwas bedeutete. Deshalb haben schöne Erinnerungen an Vergangenes für mich großes Gewicht.

Die langjährige Freundschaft meiner Familie mit Eberhard Finke  – von 1950 bis 1985 Erster Solocellist der Berliner Philharmoniker –  ist ein Teil dieser kostbaren Erinnerungen. Meine heutige Klassikwelt ist ihm gewidmet, er wäre am 19. Mai 100 Jahre alt geworden. Ich bin froh, dass er die aktuelle große Krise nicht mehr miterleben muss,  zugleich vermisse ich ihn und seine liebe Frau Rosemarie sehr. Er war ein ausgesprochen feiner, nobler Mensch,

Die Bekanntschaft begann, als ich ungefähr zehn Jahre alt war. Damals hatte sich meine Mutter mit Anfang 40 verspätet ihren Traum erfüllt,  das Cellospiel zu erlernen. Ihr erster Lehrer war ein Schüler von Eberhard und stellte den Kontakt her, als es darum ging, ein gutes Instrument zu kaufen. Man war sich sympathisch, und so blieb es nicht bei einer einmaligen Begegnung. „Lieses Klassikwelt 36: Eberhard und Lenchen,,
klassik-begeistert.de“
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Lieses Klassikwelt 34: Kultur mit Maske

Bild: Sumanley xulx auf Pixabay (Ausschnitt)

„Auf die Idee, Sänger oder Schauspieler mit Mundschutz auftreten zu lassen, wird wohl hoffentlich niemand kommen. Zwar ist die Maskerade so alt wie das Theater selbst, aber wer sich in Opern oder Operetten wie Don Giovanni, Ein Maskenball, Fledermaus oder Eine Nacht in Venedig maskiert, tut dies, um sein Gesicht zu verbergen und nicht erkannt zu werden.“

von Kirsten Liese

Allmählich erwacht die Kultur wieder zum Leben. Museen dürfen öffnen, in Nordrhein-Westfalen sollen ab 30. Mai voraussichtlich Kinos und Theater wieder aufmachen dürfen – Das alles freilich nur unter den bekannten, hohen Sicherheitsauflagen.

Derzeit arbeiten viele Kreative an Konzepten, wie das neue Kulturleben aussehen könnte. Auch ich mache mir da spekulativ so meine Gedanken. „Lieses Klassikwelt 34: Kultur mit Maske“ weiterlesen