Wiener Parsifal-Experiment schief gelaufen: Elīna Garanča rettet fast im Alleingang
Richard Wagner, Parsifal Wiener Staatsoper, 1. April 2024
Jetzt sprechen wir Mal Tacheles: Alexander Soddys „Parsifal“-Dirigat an der Wiener Staatsoper stimmt mich todunglücklich. Kein Wunder, dass Elīna Garanča während des tosenden Auftrittsapplauses in der zweiten Pause keine Miene verzieht. Dabei ist der Lettin diese Kundry wie auf den Leib geschnitten. In Kirill Serebrennikovs umstrittener Gefängnis-Inszenierung ist sie eine eiskalte Reporterin. Eine der wenigen, die auch genauso zuschlägt.
von Jürgen Pathy
Wenn man bereits bei der Anreise zur Wiener Staatsoper mit der Gänsehaut kämpft, steht Richard Wagner am Spielplan. Das Vorspiel erfüllt noch alle Erwartungen. In Wien hat man es nicht eilig. Alexander Soddy hat die Ruhe, um die Aura des Grals voll zu entfalten. Danach sinkt der Stimmungspegel aber unaufhaltsam nach unten. „Richard Wagner, Parsifal Wiener Staatsoper, 1. April 2024“ weiterlesen
Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden
DIE MITTWOCH-PRESSE – 3. APRIL 2024
Salzburger Festspiele Die Entscheidung der Festspielintendanz in Salzburg steht bevor
Der amtierende Intendant Markus Hinterhäuser soll unter den acht Bewerbern für die künstlerische Leitung sein – diese Woche findet das Hearing statt DerStandard.at/story
Salzburger Festspiele: Bald Entscheidung über Intendanz Sieben Männer und eine Frau haben sich beworben DiePresse.com
Salzburg
„Vor mir der Süden…“ – eine Bilanz der Osterfestspiele Salzburg 2024 Podcast von Kirsten Liese Deutschlandfunk.de
Aber dann, unmittelbar nach der Pause geht es bei der Ausnahmekünstlerin Anna Netrebko mit der Arie „Suicidio“ in die Vollen. Prachtvolle Lyrismen, samtweiche Klanglinien, konturiert und warmgolden schimmernd in der Mittellage, bilden das Fundament ihres farbenreichen Soprans, der sich elastisch in ebenso angenehm gurrende Tiefen spreizen kann. In wogenden Wellen steuert die Stimme immer wieder auf feinsilbrige Spitzentöne zu, die sich duftig leicht im Auditorium verlieren.
Amilcare Ponchielli: La Gioconda
La Gioconda: Anna Netrebko
La Cieca (Die Blinde), ihre Mutter: Agnieszka Rehlis
Enzo Grimaldo: Jonas Kaufmann
Alvise Badoero: Tareq Nazmi
Laura: Eve-Maud Hubeaux
Barnaba: Luca Salsi
Zuane: Nicolò Donini
Isepo: Didier Pieri
Musikalische Leitung: Antonio Pappano
Inszenierung: Oliver Mears
Bühne: Philipp Fürhofer
Kostüme: Annemarie Woods
Choreografie: Lucy Burge
Licht: Fabiana Piccioli
Orchestra dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia Coro dell’Accademia Nazionale di Santa Cecilia
(Einstudierung: Andrea Secchi)
Bachchor Salzburg (Einstudierung: Michael Schneider)
Salzburg, Großes Festspielhaus, 1. April 2024
von Nicole Hacke
Die Zeit schreibt Geschichten, und manchmal werden alte Geschichten einfach neu geschrieben. Bei den Osterfestspielen in Salzburg hat sich Oliver Mears Ponchiellis Oper La Gioconda angenommen, das Libretto einmal auf links gedreht und daraus ein schockierendes Psychogramm der gleichnamigen Protagonistin gestrickt.
St. Michaelis, Hamburg, 29. März 2024 (Karfreitag)
Chor St. Michaelis
Orchester St. Michaelis
Katharina Konradi, Sopran
Marie Seidler, Mezzosopran
Jörg Endebrock, Leitung
Werke von Lili Boulanger, Olivier Messiaen und Francis Poulenc
Auch am heiligen Karfreitag machte die Hamburger Musikszene nicht halt: In der grandiosen Kirche St. Michaelis, unweit des Hamburger Hafens, gab es ein spannendes, durchweg seliges Programm mit Poulenc, Messiaen, und Boulanger zu hören. Chor, Orchester und die beiden Solistinnen Maria Seidler und Katharina Konradi überzeugten auf ganzer Linie, vor allem Lili Boulangers Psalm 130 geriet zu einer meisterlich kraftvollen Aufführung dieser Romantik-Rarität.
Karfreitag und Musik ist so eine Sache. Zu mindestens in Deutschland, da ist das ja zum Teil gesetzlich reglementiert. In Hamburg sind zum Beispiel nur Werke, bei denen „der diesen Tagen entsprechende ernste Charakter gewahrt wird,“ gestattet. Abstriche bei der künstlerischen Qualität – oder mindestens beim Repertoire – wird man wohl hinnehmen müssen?
Chor St. Michaelis, Hamburger Knabenchor und Mitglieder der Alsterspatzen
Barockorchester St. Michaelis Dirigent: Jörg Endebrock
Johannes Gaubitz, Tenor (Evangelist)
Martin Häßler, Bass (Christusworte)
Ilse Eerens, Sopran
Anke Vondung, Alt
Martin Platz, Tenor
Thomas Tatzl, Bass
Johann Sebastian Bach: Matthäus-Passion BWV 244
Von dieser souveränen Aufführung der Matthäus-Passion kann man selbst nach drei Stunden Musik nicht genug bekommen, das monumentale Bach-Werk strahlt tief ergreifend durch den prächtigen Hamburger Michel. Ein Satz feiner Solistinnen und Solisten brilliert mit souveränen Leistungen; der Chor wie das Barockorchester der Kirche St. Michaelis komplettierten die begeisternde Aufführung.
von Johannes Karl Fischer
Ein Moment der magischen Stille ergreift die Hamburger Hauptkiche St. Michaelis. Nach einer tief berührenden Aufführung der monumentalen Bach’schen Matthäuspassion – zwei Orchester, zwei Chöre und über drei Stunden Musik inklusive – bleibt es einfach muxmäuschenstill. Geliefert wie bestellt. Denn nach dem obligatorischen „Bitte schalten Sie Ihre Handys aus“ kommt noch die Ansage: Kein Klatschen bitte. Aus Respekt vor der besonderen Bedeutung dieser Musik in der Karwoche. Einmal die Chance, diese fast schon überwältigende Musik tief in die Seele eindringen zu lassen. „Johann Sebastian Bach, Matthäus-Passion BWV 244, Chor St. Michaelis, Hamburger Knabenchor, Mitglieder der Alsterspatzen St. Michaelis, Hamburg, 24. März 2024“ weiterlesen
„Das war ein großartiges Projekt, und der Erlös wird sicherlich der Familie eine große Unterstützung sein.
Denn der komplette Erlös geht an die Witwe des verstorbenen Schiffsführers.
Wir freuen uns Ihnen mitteilen zu können, dass das wundervolle Werk von Udo Lindenberg mit einem Erlös von 10.555,- € ersteigert wurde.
Vielen Dank, dass Sie Teil der wunderbaren Auktion waren.“
Charity-Bild, Unikat, 30 x 40cm
Wir möchten Sie und Euch auf eine aktuelle Charity-Auktion eines Unikates von Udo Lindenberg aufmerksam machen.
Vor einigen Wochen kam es bei der Reederei Abicht im Hamburger Hafen zu einem Unglück, bei dem der Schiffsführer starb. Als Udo Lindenberg dies erfuhr, hat er spontan ein Unikat / Bild für die hinterbliebene junge Familie gespendet.
Ich wünsche mir einen Musik- und Seeleninspirator für eine Metropolregion von 6 Millionen Menschen.
Kent Nagano ist ein Fall für den Bürgermeister und den Kultursenator der Freien und Hansestadt Hamburg. Sein Dirigat ist für Musikkenner eine Zumutung. Leider muss er mit dem „Intendanten“ Georges Delnon erst im Sommer 2025 die Staatsoper Hamburg und das Philharmonische Staatsorchester Hamburg verlassen. Die Leistungen beider Herren sind mangelhaft. Die Staatsoper Hamburg leidet an drastischem ! Besucherschwund, Kent Nagano ist nach einer sehr schweren Krankheit leider nur noch das neunte Rad am Wagen. Da hilft auch kein Bundesverdienstkreuz, vom Kultursenator Dr. Carsten Brosda (SPD) zum langen Abschied oktroyiert.
Nach den Dirigat-Flopps des US-amerikanischen „Dirigenten“ und „Generalmusikdirektors“ Kent Nagano, 72, am Montag in der Elbphilharmonie (Bruckner 5) und in der Staatsoper Hamburg (Benjamin Britten, Peter Grimes) meldet sich klassik-begeistert-Leserin Sheryl Cupps zu Wort. Der „Intendant“ Georges Delnon wird in wenigen Tagen 66 und schiebt derweil eine ruhige Kugel. Die Hamburger „Opern-Rentner-Gang“ (kb-Leser Michael Schnittker) gehört zu Hamburgs Gehalts-Spitzenverdienern. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn sie etwas leisten würde. Aber beiden Herren schaden mangels Antrieb dem Kulturbetrieb der zweitgrößten deutschen Stadt mit einer Metropolregion von 6 Millionen Einwohnern.
Eigentlich müsste man als Opern- und Klassikfreund Ihr Konzert am Montagabend in der Elphi boykottieren. Aus einer Fürsorgepflicht heraus. Ich werde wohl trotzdem hingehen… ich hoffe Sie fühlen sich an dem Abend wohl, lieber Herr Nagano.
Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
Kent Nagano
Benjamin Britten, Peter Grimes
von Andreas Schmidt
Was sich an diesem Wochenende in der selbst ernannten „Musikstadt Hamburg“ im so genannten Profi-Bereich ereignete, kann nur mit dem Wort „Wahnsinn“ beschrieben werden.
Negativer „Wahnsinn“. Oder auch „Unsinn“, oder „Schwachsinn“.
Die Verantwortlichen – hier: der bald scheidende Opernintendant Georges Delnon und der bald scheidende Generaldirektor Kent Nagano himself – muteten es jenem vor nicht allzu langer Zeit noch schwerst erkrankten Kent Nagano zu, binnen 33 Stunden DREI Schwerstwerke der Opern- und Konzertliteratur aufzuführen.
Zwei Mal in der Elphi – Sonntag um 11 Uhr und Montag um 20 Uhr – und einmal in der Oper – vor nur 730 Zuschauern (fast 1700 passen hinein) – am Sonntag um 20 Uhr.
Noch einmal zum Genießen das Programm:
2 MAL ELPHI: Beethoven: Fantasie op. 80 / Aleksiychuk: Trisagion / Schostakowitsch: Sinfonie Nr. 13
1 MAL STAATSOPER HAMBURG: Benjamin Britten, Peter Grimes.
(Am Mittwoch, 21. Februar 2024, dirigiert Nagano erneut Brittens Oper ab 19 Uhr.)
Die Elphi-Konzerte dauern inkl. Pause je gut zwei Stunden.
Die Britten-Oper dauert inkl. Pause gut drei Stunden.
Babi Jar von Schostakowitsch ist ein höchst anspruchsvolles Werk mit Chor und Solo-Gesang. So sehen es die Elphi-Schreiber:
Dmitri Schostakowitschs 13. Sinfonie von Anfang der 1960er Jahre deutet mit dem Beinamen »Babi Jar« bereits den historischen Zusammenhang an: das von deutschen Einsatzkräften verübte Massaker an zehntausenden Juden im Jahre 1941 in der gleichnamigen Schlucht bei Kiew. Schostakowitsch wirft mit dieser Sinfonie endgültig politische Fesseln ab und zeigt sich als unbeirrbarer Künstler, der sich mit einem ungemein aufrüttelnden Werk bedingungslos für Humanismus und Freiheit einsetzt. Dass er erstmals seit seiner Dritten wieder Instrumentalmusik und Gesang verbindet – zumindest diese Parallele zu Beethoven liegt dann doch auf der Hand – mag vor diesem Hintergrund kein Zufall sein…
Peter Grimes (1945) ist auch Schwerstkost für alle Beteiligten: Dirigent, Sänger, Chor, Orchester. Besonders hervorzuheben sind die Orchesterzwischenspiele zwischen den einzelnen Bildern. Sehr expressiv und ausdrucksstark, zeichnen sie das Bild des englischen Meeres an der Ostküste – bedrohlich, gewaltig, düster und unberechenbar gefährlich. Vier davon veröffentlichte Britten später unter dem Titel Four Sea Interludes.
Ich war Zeuge der Opernaufführung am Sonntagabend – im 4. Rang, Balkon, frontaler Blick auf die Bühne, den Dirigenten und das Orchester. Kent Nagano, US-Amerikaner mit japanischen Wurzeln, dirigierte (wie so oft) meist lasch und kraftlos. Er dirigierte das Nötigste und meist immer brav „auf die 1“, den ersten Schlag eines Taktes. Selbst in fortissimo-Stellen blieb er meist blass – das Orchester hätte es wohl auch ohne ihn geschafft.
Zur Farce wurde sein Dirigat (nur knappe 6!!!!! Stunden nach Ende des sehr anstrengenden Vormittagsprogrammes ) im Hinblick auf die Einsätze, die er den Solisten und dem Chor gab. Bei 20 zu frühen – also falschen – Einsätzen hörte ich auf zu zählen. Vor allem als Chorsänger hätte ich mich veräppelt gefühlt.
Oh my God, Mr. Nagano, warum muten Sie sich nach so schwerer Krankheit in Ihrem Alter von 72 Jahren so einen absurden STRESS zu? Warum haben Sie den Sonntagabend nicht delegiert an einen Ihrer Schüler? Hatte die Oper und somit der Hamburger Steuerzahler nicht genug Kohle, um Sie – altersgerecht – zu entlasten? Konnte der Multi-Milliardär (33 SIC Milliarden Euro Vermögen), Opernförderer und Opernfantast/-fantasierer Michael Kühne nicht für 8.000 Euro einen guten Ersatz beordern? Ist Georges Delnon als Hausherr seiner Fürsorgepflicht nachgekommen? Warum haben Sie, Herr Nagano, ihm nicht die rote Karte gezeigt? Hat das Publikum der zweitgrößten deutschen Stadt nicht Anrecht auf einen AUSGERUHTEN Dirigenten?
Mr. Nagano dürfte NETTO zwischen den beiden Aufführungen zu Hause in Hamburg nur 3 Stunden netto Ausruh- und Vorbereitungszeit zwischen den beiden Mega-Werken gehabt haben….
Ich denke, man darf einen vor nicht allzu langer Zeit schwersterkrankten 72-Jährigen – ganz gleich in welchem Beruf – nicht mit DREI Hammerwerken binnen 33 Stunden überfordern. Dass Herr Nagano in der Tat überfordert war, zeigte sein schlechtes Dirigat in der Staatsoper am Sonntagabend.
Eigentlich müsste man als Opern- und Klassikfreund Ihr Konzert am Montagabend in der Elphi boykottieren. Aus einer Fürsorgepflicht heraus. Ich werde wohl trotzdem hingehen… ich hoffe Sie fühlen sich an dem Abend wohl, lieber Herr Nagano.
Herzlich grüßt Sie,
Andreas Schmidt, 19. Februar 2024, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at
Klein beleuchtet kurz Nr. 13: Lucas und Arthur Jussen
(Lucas und Arthur Jussen, Foto: Patrik Klein)
Nach der zweiten Zugabe der beiden jungen Pianisten gab es in der schönsten und aufregendsten Konzerthalle der Welt kein Halten mehr. Die 2100 Zuschauer, viele aus dem Nachbarland Holland angereist, riss es von den Sitzen und wahre Jubelorkane machten sich breit. „Klein beleuchtet kurz Nr. 13: Lucas und Arthur Jussen“ weiterlesen