Alex Ross, Die Welt nach Wagner – Ein deutscher Künstler und sein Einfluss auf die Moderne (Originaltitel: Wagnerism). Aus dem Englischen von Gloria Buschor und Günter Kotzor. Rowohlt, Hamburg 2020, 907 S., 15 farbige und zahlreiche s-w Abb., € 40,90, ISBN: 978-3-498-00185-8
„Wagnerism“ ist kein Buch für das Nachtkastl, das man so wegschmökert wie einen guten Roman. Es ist ein Buch für Wagnerianer und Nicht-Wagnerianer mit dem wissenschaftlichen Anspruch, dem hassgeliebten Idol differenziert zu begegnen und eigene Positionen einmal aufs Neue in Frage zu stellen.
von Dr. Andreas Ströbl
Das Outing als Wagnerianer fühlt sich in mancher Gesprächsrunde so an, als hätte man soeben verkündet, dass man seit Jahren drogenabhängig ist, aber die Sache im Griff hat. Wenn man nicht gerade auf dem Grünen Hügel unter den anderen Junkies steht, beschleicht den kritischen Liebhaber der Wagner’schen Musik mitunter das Gefühl, sich für irgendetwas rechtfertigen zu müssen.
Kaum ein Komponist und sein Werk werden so sehr von der Rezeption dominiert, wie das bei Richard Wagner der Fall ist. Auch gibt es kaum eine Künstlerpersönlichkeit, die so gegensätzliche und heftige Reaktionen auslöst. Der Begriff der Polarisierung wirkt dabei schon reichlich abgedroschen, ist hier aber angebracht. Denn nur wenige schaffen das, was Wagner wirken kann: eine Spaltung der Einstellung zu ihm innerhalb des einzelnen Rezipienten. „Die Wagner-Droge – Bemerkungen zu Alex Ross‘ „Die Welt nach Wagner““ weiterlesen