Sommereggers Klassikwelt 142: Boris Christoff – der König der Bassisten

von Peter Sommeregger

Auch nahezu dreißig Jahre nach seinem Tod am 29. Juni 1993 in Rom, gilt der aus Bulgarien stammende Bassist immer noch als einer der historisch bedeutendsten Vertreter seines Stimmfaches.

Der am 18. Mai 1914 im bulgarischen Plowdiw geborene Sohn eines aus Makedonien stammenden Lehrers wollte zunächst Jurist werden, nachdem aber seine auffallend schöne und kräftige Stimme aufgefallen war, erhielt er ein vom Bulgarischen König Boris gestiftetes Stipendium zur Gesangsausbildung. Er verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Italien, das tatsächlich zu seiner dauerhaften Heimat werden sollte.

Die Wirren des zweiten Weltkrieges unterbrachen sein Studium, bei Kriegsende fand er sich in einem Internierungslager in Deutschland wieder. Nach Italien zurückgekehrt debütierte er zunächst an kleineren Bühnen in Nebenrollen, aber bereits 1947 hatte er sein Debüt an der Oper von Rom als Pimen in Mussorgskys „Boris Godunow“. In Venedig erlebte man ihn als Gurnemanz in Wagners „Parsifal“, an der Mailänder Scala trat er erneut als Pimen auf, ehe er 1949 die Titelrolle des Boris übernahm, die er weltweit sang, und mit der er bis heute identifiziert wird. „Sommereggers Klassikwelt 142: Boris Christoff – der König der Bassisten“ weiterlesen

Berliner Staatskapelle: Eine neue Beziehung kündigt sich vielversprechend an!

Christian Thielemann: © Matthias Creutziger

Staatsoper Unter den Linden, 28. Juni 2022

Richard Wagner: Vorspiel und Liebestod aus „Tristan und Isolde“

Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur

Berliner Staatskapelle
Christian Thielemann, Dirigent

Christian Thielemann übernahm für Herbert Blomstedt

von Kirsten Liese

Dieses Konzert wird Geschichte schreiben. Vielleicht als dasjenige, mit dem der Grundstein für eine neue Partnerschaft gelegt wurde, die man sich nie hätte träumen lassen.

Aber der Reihe nach. Herbert Blomstedt, der die letzten Abonnementkonzerte dieser Saison mit der Berliner Staatskapelle leiten sollte, stürzte am Tag vor der Generalprobe unglücklich, so dass er ins Krankenhaus kam. Für ihn übernahm – und hier wird es pikant – Christian Thielemann. Die beiden Abende waren seine ersten mit diesem Orchester überhaupt.

Auch wenn öffentlich nicht ein schlechtes Wort gefallen ist, eine gewisse Rivalität existierte zwischen Barenboim und Thielemann natürlich  über viele Jahre, zumal beide Giganten dieselben Repertoire-Vorlieben teilen. 2004 verließ Thielemann bekanntlich die Deutsche Oper Berlin,  weil er  nicht hinnehmen wollte, dass sein Orchester tarifvertraglich schlechter gestellt wurde als Barenboims Staatskapelle. Das hätte jeder andere Spitzendirigent wohl genauso gemacht. Aber das sind alte Kamellen, so dass es Zeit wurde, darunter mal einen Schlussstrich zu ziehen. Jedenfalls dirigierte Thielemann jetzt  sozusagen das  „Konkurrenz“-Orchester. Und das ließ sich mit nur einer Probe so phänomenal gut an, dass man meinen könnte, da sei schon über lange Zeiträume etwas zusammengewachsen, was zusammengehört. „Berliner Staatskapelle Christian Thielemann, Dirigent
Staatsoper Unter den Linden, 28. Juni 2022“
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Die DONNERSTAG-PRESSE – 30. JUNI 2022

Cecilia Bartoli © Kristian Schuller

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die DONNERSTAG-PRESSE – 30. JUNI 2022

Wien
„Cecilia Bartoli erobert die Wiener Staatsoper“
Das Gastspiel der Opéra de Monte-Carlo an der Wiener Staatsoper begann mit einer vom Publikum enthusiastisch aufgenommenen semikonzertanten Aufführung von „La Cenerentola“. Das unter dem Motto „Rossini Mania“ gestellte Gastspiel wird in den nächsten Tagen mit Aufführungen von „Il Turco in Italia“ und einer Gala fortgesetzt.
Bannerträgerin des Gastspiels ist Cecilia Bartoli, die schon am Eröffnungsabend mit ungeheurer Energie als temperamentvolle Angelina das Publikum in ihren Bann schlug.
http://www.operinwien.at/werkverz/rossini/acent7.htm

Plötzlich Staatsopern-Königin

Das Debüt von Cecilia Bartoli im Haus am Ring sorgte für eine ausverkaufte Vorstellung und entsprechende Euphorie.
WienerZeitung.at

Ein Ereignis: Standing Ovations für Cecilia Bartolis Staatsopern-Debüt (Bezahlartikel)
Kurier.at

Cecilia Bartoli debütierte an der Staatsoper mit Rossini
Der Erstauftritt war fulminant. Im ausverkauften Haus waren am Ende alle völlig aus dem Häuschen
DerStandard.at.story

Bayreuth 2022
Stephen Gould – Der Iron Man von Bayreuth
Der Amerikaner Stephen Gould nimmt heuer bei den Bayreuther Festspielen den Plural in der Kategorie „Heldentenor“ beim Wort. Er gibt gleich drei Wagner-Superhelden: Tristan, Tannhäuser und Siegfried in der „Götterdämmerung“.
BR-Klassik.de

München/ Bayerische Staatsoper
Pendereckis „Die Teufel von Loudun“ setzt mich unter Starkstrom
Das Drama beginnt schon vor dem Start. Denn Wolfgang Koch, der die Hauptpartie des Grandier singen sollte, wurde kurz vor der Generalprobe positiv auf Covid getestet. Serge Dorny verkündet die Lösung: Bariton Jordan Shanahan singt vom Orchestergraben aus und Residenztheaterschauspieler Robert Dölle spielt und spricht auf der Bühne. Alles erlernt in 4 Tagen. Beeindruckend!
Von Frank Heublein
Klassik-begeistert.de

„Die Teufel von Loudun“ an der Bayerischen Staatsoper: München glüht, lodert und foltert
Simon Stone setzt zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele die Penderecki-Rarität „Die Teufel von Loudun“ gewohnt gegenwartsnah in Szene.
SalzburgerNachrichten.de

„Die Teufel von Loudun“ im Nationaltheater: Viel Theater, zu wenig Musik
Die Staatsoper bringt Krzysztof Pendereckis Oper „Die Teufel von Loudun“ im Nationaltheater heraus.
MünchnerAbendzeitung

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Rachmaninow und Brahms beschließen fulminant die Lübecker Konzertsaison

Ein würdiger Abschluss der Saison in Lübeck mit seinem großartigen Orchester, seinem hochengagierten Leiter und einer Solistin, die man hier öfter begrüßen möchte.

Stefan Vladar, Photo: Jan Philip Welchering

9. Symphoniekonzert
in der Lübecker Musik- und Kongresshalle,
27. Juni 2022

Sergei Rachmaninow, Die Toteninsel op. 29 und „Rhapsodie über ein Thema von Paganini“ für Klavier und Orchester

Johannes Brahms, Symphonie Nr. 4 e-Moll op. 98

Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck
Stefan Vladar, Dirigent
Yulianna Avdeeva, Klavier


von Dr. Andreas Ströbl

Anders als es der Titel des ersten Stückes, „Die Toteninsel“, vermuten ließ, gestaltete sich das 9. Symphoniekonzert in der Lübecker „MuK“ (Musik- und Kongresshalle) ausgesprochen lebendig und weitab jeglicher Düsternis. Allerdings weht gerade bei den beiden Werken von Sergei Rachmaninow unverkennbar immer wieder eine Mahnung vor dem Jüngsten Gericht in die Welt der Lebenden hinein.

Das gleichnamige Gemälde von Arnold Böcklin, von dem es fünf Variationen gab, hat ikonischen Charakter und wer Rachmaninows Tondichtung noch nicht gehört hat, kennt das Bild. In dessen Zentrum findet sich nur die Dunkelheit der dichten Zypressen und es entsteht der Eindruck, die Toten würden nach ihrer Überfahrt auf die Insel in ein schwarzes Loch gezogen.

Der Komponist hatte allerdings nur eine Schwarz-Weiß-Reproduktion des Gemäldes gesehen und später bemerkt, dass ihn das Original wohl weniger angesprochen hätte, weil ihn gerade die graue Düsternis faszinierte. Tatsächlich aber hat er die Farbe in seine Umsetzung hineinkomponiert und es steckt so viel Lebendiges, ja leidenschaftlich Bewegtes darin, was die Blickrichtung von der Schwärze des Inselherzens immer wieder zurück in das Leben führt. „9. Symphoniekonzert in der Lübecker Musik- und Kongresshalle
27. Juni 2022“
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Covent Garden inszeniert „Così“ als Theater der Illusionen

Clever und poetisch, diese Inszenierung (Jan Philipp Gloger), welche die bekannte Handlung als „Theater im Theater“ darstellt – als doppelte Illusion gewissermaßen:  Denn die beiden jungen Männer geben sich ja der von Don Alfonso gnadenlos entlarvten Illusion hin, dass ihnen ihre Liebsten bedingungslos treu seien. Wir blicken durch den Bühnenrahmen der Royal Opera hindurch auf eine andere Bühne, doch diesmal von hinten. Die Kulissen versuchen nicht, Realität darzustellen oder zu imitieren – ihre Kulissenhaftigkeit wird deutlich gezeigt, sie werden beliebig beiseite geschoben oder emporgehoben. Der Schauplatz dieser musikalischen Farce, Parodie der „Opera Seria“ und doch in ihrer Aussage von erschütterndem Ernst („es gibt keine Treue“) ist also genauso rasch und beliebig veränderbar wie die Beziehungen, die sie darstellt:  Eine Welt der Versatzstücke. Und musikalisch, wie ja alles in der Royal Opera, hervorragend – temperamentvoll und doch subtil das Orchester unter der souveränen Stabführung der Engländerin Julia Jones und erstklassig bis überragend sämtliche Stimmen.

Royal Opera Covent Garden, 28. Juni 2022 (Wiederaufnahme)

Wolfgang Amadeus Mozart (Libretto Lorenzo da Ponte),
Così fan tutte ossia
La scuola degli amanti

Chor und Orchester der Royal Opera Covent Garden
Julia Jones, Dirigat

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

In dieser Inszenierung gibt es nicht, wie sonst üblich, Soldaten in Uniformen und ein Kriegsschiff, das vor den Gestaden von Neapel verankert ist, um die scheinbar in den Krieg ziehenden Ferrando und Guglielmo aufzunehmen. Der Chor singt den Militärmarsch „in Zivil“ und die beiden rücken in Zivilkleidung ein. Bemerkenswert und klug ist, dass sie dann nicht wie sonst üblich in abenteuerlich-exotischer Verkleidung zurückkehren und die Freundin des Freundes anbaggern, sondern sie treten eigentlich in identischer Kleidung wieder auf – nur, dass sie jetzt die von Despina so genüsslich zelebrierten Schnurrbärte aufgeklebt haben.

Was hat das zu bedeuten? Die beiden Schwestern werden in dieser Version nicht durch eine aufwändige Verkleidung getäuscht, sondern sie können, ja müssen, erkennen, dass es sich bei den angeblichen Fremdlingen um die Boyfriends der Schwester handelt. Und dennoch spielen sie dieses Spiel der anfänglichen Standhaftigkeit, Treue und Prüderie – sie wissen demnach allzu genau und von vorneherein auf was und wen sie sich da einlassen werden. Ziemlich dialektisch das Ganze: Inmitten dieses Spektakels der Illusionen sind also die beiden Frauen völlig illusionslos und können sich nicht darauf berufen, auf eine bunte Verkleidung hereingefallen zu sein. „Wolfgang Amadeus Mozart, Così fan tutte
Royal Opera Covent Garden, 28. Juni 2022 (Wiederaufnahme)“
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Die MITTWOCH-PRESSE – 29. JUNI 2022

Pendereckis Oper „Die Teufel von Loudun“ an der Bayerischen Staatsoper – Szenenfoto | Bildquelle: Wilfried Hösl

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Die MITTWOCH-PRESSE – 29. JUNI 2022

München/ Bayerische Staatsoper
Die Münchner Opernfestspiele formen Pendereckis „Teufel von Loudun“ zur wuchtigen Parabel
NeueMusikzeitung(nmz.de

Der Teufel steckt in allen
Krzysztof Pendereckis erste Oper „Die Teufel von Loudun“ ist ein Schocker und ein Meisterwerk – heftig, kurz und spannend wie ein Thriller. Es geht um Teufelsaustreibung in einem Nonnenkloster und Tod auf dem Scheiterhaufen, das Ganze vertont in atonaler Avantgarde-Musik der 60er-Jahre. Zum Auftakt der Münchner Opernfestspiele gibt Generalmusikdirektor Vladimir Jurowski dem verwöhnten Münchner Publikum ordentlich was zu beißen. Lohnt sich das? Unbedingt, sagt BR-KLASSIK-Kritiker Bernhard Neuhoff.
BR-Klassik.de

„Die Teufel von Loudun“: Auftakt der Opernfestspiele
Der Auftakt der Münchner Opernfestspiele war hochdramatisch und blutig: Am Montagabend feierte das Musikdrama „Die Teufel von Loudun“ Premiere. Krzysztof Pendereckis (1933-2020) Oper über religiösen Fanatismus und eine Teufelsaustreibung spielt im 17. Jahrhundert und wurde 1969 in Hamburg uraufgeführt
MünchnerAbendzeitung.de

Den täglichen Exorzismus gib uns heute
Fleischeslustige Nonne trifft auf hochbegabten Teufelsaustreiber: Simon Stone inszeniert zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele Krzysztof Pendereckis Historienparabel „Die Teufel von Loudun“. Das Ergebnis: eine Perfektion der Eigenwilligkeit.
SueddeutscheZeitung.de

Hamburg/ Elbphilharmonie
Elbphilharmonie Hamburg: Wie man Kultur nachhaltig schädigt
Um es gleich vorweg zu sagen: Hier geht es nicht um die pauschalisierte Publikumsbeschimpfung einer arroganten, elitären Gruppe von Musikjournalisten. Aber mittlerweile hat man auf der langen Rolltreppe zum Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie schon Angst, was einen erwartet, wenn man hinter sich Fragen hört wie: „Du, Mama, Oper und Orchester ist doch ein Unterschied, oder?“ Dies kam nicht von einem fünfjährigen Kind, sondern von einem jungen Mann, der mindestens 25 Jahre alt war.
von Dr. Andreas Ströbl
Klassik-begeistert.de

Hamburg/Elbphilharmonie
Schwerer Humor und Alpenglühen – Schostakowitsch und Strauss begeistern zum Saisonabschluss
Von Dr. Andreas Ströbl
Klassik-begeistert.de

Hamburg/Laeiszhalle
Martha Argerich und Akane Sakai präsentieren das Konzert „World Music“ in der Hamburger Laeiszhalle
Klassik-begeistert.de

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Opernloft Hamburg: Margarethes Juwelen stecken in der medizinischen Wissenschaft

Foto: Freja Sandkamm, Ljuban Živanović, Timotheus Maas © Inken Rahardt 

Opernloft im alten Fährterminal, 25. Juni 2022

Charles Gounods „Faust“ 

von Jolanta Łada-Zielke

Dieser heiße Samstag hat die Hamburger eher zu einem Strandbad angeregt, aber diejenigen, die den Abend im Opernloft verbrachten, haben es sicherlich nicht bereut. Sie haben gute Stimmen in angenehmer Atmosphäre gehört und eine interessante Interpretation der berühmten Oper von Charles Gounod unter der Regie von Helke Rüder erlebt. Claudia Weinhart hat ein sparsames Bühnenbild entworfen, bestehend aus Buchstaben, die das Wort FAUST zusammenbilden, denn so heißt das Wissenschaftslabor, in dem die Handlung spielt. „Charles Gounods „Faust“ 
Opernloft im alten Fährterminal, 25. Juni 2022“
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Choreograph Krzysztof Pastor setzt Shakespeares Sturm beeindruckend als Ballett um

Insgesamt zeigten die solistisch besetzten Tänzerinnen und Tänzer des polnischen Nationalballetts ein hohes technisches Niveau, das galt auch für das Ensemble. Besonders beeindruckten Vladimir Yaroshenko als Prospero und Chinara Alizade als seine Tochter Miranda, aber auch der sprungstarke Patryk Walczak als Luftgeist Ariel.

Abbas Bakhtiari (Der alte Prospero), Vladimir Yaroshenko (Prospero, ein Exilant aus Mailand), Chinara Alizade (Miranda, seine Tochter), hinter den Blumen Maksim Woitiul (Ferdinand, Schiffbrüchiger, verliebt in Miranda), Pawel Koncewoj (Caliban, Eingeborener, fasziniert von Miranda) und Ensemble (Foto RW)

Staatsoper Hamburg, 28. Juni 2022

Krzysztof Pastor: The Tempest, Ballett in zwei Akten nach William Shakespeare

Hamburger Ballett-Tage
Gastspiel des Polnischen Nationalballetts

von Dr. Ralf Wegner

Nicht alle Shakespeare-Stücke sind so leicht verständlich wie Romeo und Julia oder Der Sommernachtstraum. Der Sturm gehört nicht dazu. Um das Ballett von Krzysztof Pastor zu verstehen, sollte man sich also vorher die Handlung vergegenwärtigen:

Antonio stürzt mit Hilfe Alonsos, des Königs von Neapel, seinen Bruder Prospero, Herzog von Mailand, vom Thron. Prospero strandet mit seiner Tochter Miranda auf einer von Caliban und seinem Volk bewohnten Insel. Mit Hilfe des Luftgeistes Ariel bemächtigt sich Prospero der Insel. In einem Sturm stranden alle weiteren Beteiligten einschließlich Alonsos Sohn Ferdinand sowie die Matrosen Trinculo und Stefano auf der Insel. Letztere versuchen mit Hilfe von Caliban die Insel zu erobern, was Ariel verhindert. Die Liebe Ferdinands und Mirandas führt die väterlichen Herrscher Alonso und Prospero zusammen. Prospero vergibt seinem Bruder Antonio dessen thronräuberisches Verhalten. „Hamburger Ballett-Tage, Gastspiel des Polnischen Nationalballetts
Staatsoper Hamburg, 28. Juni 2022“
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Vom Kriegstrauma zum Märchen – Schostakowitsch und Zemlinsky bieten Schwebezustände

Elbphilharmonie, Photo: Hannes Rathjen

Großer Saal der Hamburger Elbphilharmonie, 26. Juni 2022

10. Philharmonisches Konzert

Dmitri Schostakowitsch, Symphonie Nr. 9 Es-Dur op. 70
Alexander Zemlinsky, Die Seejungfrau

 Philharmonisches Staatsorchester Hamburg
James Conlon, Dirigent

von Dr. Andreas Ströbl

Von der inneren Ausrichtung her diametral entgegengesetzt sind die beiden Kompositionen, die am 26. Juni 2022 im Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie erklangen. Das Verbindende ist, wie im Programmheft beschrieben, der jeweilige Schwebezustand. Bei Schostakowitsch ist es einerseits das Taktieren und Balancieren zwischen dem Willen zur Umsetzung der eigenen Kunstauffassung und dem Abschätzen der Gefahren seitens des Stalin-Regimes, andererseits das Einsetzen unterschiedlicher, oft gegensätzlicher Ausdrucksformen, was ein Schweben zwischen den Extremen ausmacht. Für Zemlinsky wird dieser Zustand ebenfalls biographisch und künstlerisch konstatiert, da er, wie die Titelheldin seiner Märchenphantasie, zwischen den Welten wandelte und sich als ausgemachter Spätromantiker nicht dafür entscheiden konnte, sich mit der Moderne zu arrangieren.

Schostakowitsch schrieb seine 9. Symphonie als Auftragswerk zur Feier des sowjetischen Sieges über Nazi-Deutschland. Künstlerisch lastete auf ihm die magische 9-Zahl, die für solche Giganten wie Beethoven, Schubert, Dvořák und Bruckner die symphonische Schaffensgrenze markierte, aber der gesellschaftliche und damit psychische Druck war viel stärker. Stalins Terrorregime hatte sich gerade erst warmgelaufen und die Angst davor bestimmte Leben und Schaffen nahezu aller, auch der hochdekorierten Kulturschaffenden. Julian Barnes hat mit „Der Lärm der Zeit“ 2017 ein eindrückliches Stimmungsbild dieser Zeit gemalt: Jeden Tag konnte jeder in Ungnade fallen und gestandene Mannsbilder sackten in sich zusammen, wenn man ihnen die Frage „Weiß Stalin davon?“ stellte, die nur noch durch die Bemerkung übertroffen wurde: „Stalin weiß davon“. „10. Philharmonisches Konzert, Dmitri Schostakowitsch, Symphonie Nr. 9 Es-Dur op. 70 Alexander Zemlinsky, Die Seejungfrau
Elbphilharmonie, 26. Juni 2022“
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Pendereckis "Die Teufel von Loudun" setzt mich unter Starkstrom

Foto: Vladimir Jurowski © Simon Pauly

Bayerische Staatsoper, München, 27. Juni 2022 PREMIERE

Die Teufel von Loudun
Oper in drei Akten von Krzysztof Penderecki
Uraufführung in Hamburg, 20. Juni 1969
Premiere im Nationaltheater am 27. Juni 2022

Bayerisches Staatsorchester
Bayerischer Staatsopernchor und Extrachor der Bayerischen Staatsoper
Musikalische Leitung   Vladimir Jurowski

von Frank Heublein

An diesem Abend findet die Premiere der Produktion Krzysztof Pendereckis Die Teufel von Loudun der Bayerischen Staatsoper im Nationaltheater in München statt. Das Libretto geht auf historische Vorgänge der 1630er Jahren zurück. Im Mittelpunkt steht Stadtpfarrer Grandier und der Versuch, diesen als Verbündeten des Teufels hinzustellen, seine Vernehmung und seine Folterung und die öffentliche Hinrichtung durch Verbrennung bei lebendigem Leib.

Das Drama beginnt schon vor dem Start. Denn Wolfgang Koch, der die Hauptpartie des Grandier singen sollte, wurde kurz vor der Generalprobe positiv auf Covid getestet. Serge Dorny verkündet die Lösung: Bariton Jordan Shanahan singt vom Orchestergraben aus und Residenztheaterschauspieler Robert Dölle spielt und spricht auf der Bühne. Alles erlernt in 4 Tagen. Beeindruckend! Dieses Duo lässt mich fragen, wie Wolfgang Koch diese Tortur denn überhaupt als Einzelner bewältigen kann? Es gibt noch Karten für die Folgeaufführungen mit ihm. Das Duo überzeugt mich! Bariton Jordan Shanahan ist stimmlich präsent und verschmilzt mit Robert Dölles schauspielendem Körper. Außergewöhnlich gelungen. Für mich ergibt sich die emotionale Dynamik im Wechsel von Gesang und Sprechtext. Diesen dramatisierenden Übergang meistern die beiden bravourös. Dieser Charakter hat unvereinbare Gegensätze. Grandiers tiefer Glaube, der auch schlimmster Folter standhält. Seine Feinde, der Chirurg und der Apotheker, lässt die Folter hingegen zusammenbrechen. Sie müssen das grausame Handeln am Körper Grandiers ausführen. Zugleich ist Grandier ein Priester, der offen das Zölibat bricht. Nicht etwa zweifelnd, sondern bewusst, aktiv und ohne Vorbehalt. Ich begleite diesen komplexen, changierenden und gerade dadurch ehrlichen und menschlichen Charakter atemlos. „Krzysztof Pendereckis, Die Teufel von Loudun
Bayerische Staatsoper, München, 27. Juni 2022 PREMIERE“
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