Der Schlauberger 53: Sternstunden mit Leuchtturm

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Heute geht es um Zitate aus einer älteren Pressemitteilung der KfW-Stiftung. Zum Beispiel: „Bundeswirtschaftsministerium überreicht in Frankfurt den neuen Special Impact Award an Sozialgründer*innen.“

Und so begann die Geschichte des größten Unfugs der Gegenwart: der Sternchen. „Der Schlauberger 53: Sternstunden mit Leuchtturm“ weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 18: Nikolay Rimsky-Korsakov – „Hummelflug“ aus „Das Märchen vom Zaren Saltan“ (1899/1900)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der sogenannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Rimsky-Korsakov – einer der mächtigen russischen Vier – galt Zeit seines Lebens als einflussreicher Komponist und bereitete in der Tradition von Tschaikowski stehend einer breiten russischen Klassikkultur mit das Feld. Bekannt wurde er vor allem durch seine Orchesterwerke – und das, obwohl er sich als Komponist eher der Oper verschrieben hatte. Letztere wiederum werden jedoch selten, fast schon stiefmütterlich behandelt, was bis hin zur Zerstückwerkelung und Dekontextualisierung einzelner Passagen reicht. Ein Beispiel dafür ist Korsakovs berühmter Hummelflug. „Daniels Anti-Klassiker 18: Nikolay Rimsky-Korsakov – „Hummelflug“ aus „Das Märchen vom Zaren Saltan“ (1899/1900)“ weiterlesen

Rising Stars 9: Judith Spießer, Sopran – endlich Primadonna!

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

Judith Spießer singt die Arie der Juliette ‚Je veux vivre‘ bei dem Galaabend „Primadonnen“ am Münchner Gärtnerplatztheater, März 2021

von Lorenz Kerscher

Primadonna bezeichnet ursprünglich nichts anderes als die Darstellerin der weiblichen Hauptrolle und genau im Wortsinne von „erste Sängerin“ möchte ich den Begriff auf Judith Spießer anwenden. Von Allüren, die oftmals damit in Zusammenhang gebracht werden, ist im Umgang mit der sympathischen Künstlerin glücklicherweise nichts zu bemerken. Ich möchte einfach ausdrücken, dass ihre Erfolge in großen Opernrollen und seit 2020 ihr Engagement am Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz das Ergebnis einer langfristigen Entwicklung waren. „Rising Stars 9: Judith Spießer, Sopran – endlich Primadonna!“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 93: Hans Beirer, der unverwüstliche Heldentenor

„Insgesamt hat Beirers Karriere 50 Jahre gedauert, was in den heutigen Zeiten des schnellen Verschleißes von Sängerstimmen kaum mehr vorstellbar erscheint.“

 von Peter Sommeregger

In die letzte Juni-Woche fallen sowohl Geburts- als auch Todestag des Österreichischen Heldentenors Hans Beirer. Gestorben ist der 1911 in der Wiener Neustadt geborene Sänger im Jahr 1993 in Berlin, genau 82 Jahre alt.

Ursprünglich wollte Beirer Medizin studieren, entschloss sich dann aber doch zu einem Gesangstudium  an der Wiener Musikakademie, wo er Schüler von Tino Pattiera wurde. Sein Debüt als Opernsänger hatte er 1936 am Landestheater Linz als Hans in der „Verkauften Braut“ von Smetana. Zu Beginn seiner Karriere trat er auch häufig in Operetten auf, seine Opernpartien waren eher dem lyrischen Fach zuzurechnen. Im 2. Weltkrieg wurde er zum Militär eingezogen, trat aber ab 1941 wieder als Operettensänger auf. „Sommereggers Klassikwelt 93: Hans Beirer, der unverwüstliche Heldentenor“ weiterlesen

Frau Lange hört zu (24): Stayin' alive

Das Saturday night fever  fiel für uns alle aus. Lange Zeit. Für mich lautete das Motto in den vergangenen Monaten zusätzlich: I will survive. Heute kann ich sagen: I’m still standing.

Keine Sorge – ab jetzt wird’s klassisch. Auch.

von Gabriele Lange

Frau Lange hört zu „erscheint jeden zweiten Dienstag“. Tja. Hat längere Zeit nicht geklappt. Denn aus einer Unpässlichkeit wurde im letzten Jahr mehr. Und dann ging mir sowohl die Kreativität als auch die Puste verloren. Die letzte Kolumne habe ich deshalb Ende Januar verfasst.

In der Oper ist es ja praktisch immer die Schwindsucht. Romantisch hustet Mimì vor sich hin, dramatisch leidet Violetta in „La Traviata“. Das kam mit den Antibiotika aus der Mode.

„Oh, wie verändert ich aussehe!
Aber der Doktor ermahnt mich, doch noch zu hoffen!“

Verdi, La Traviata: Teneste la promessa (Anna Netrebko)

Jedenfalls bei Mitteleuropäern mit heizbarer Wohnung und Krankenversicherung. Da sieht Krankheit heute anders aus.

Bei mir eskalierte im ohnehin schon ausreichend unterhaltsamen 2020 ein Zipperlein so nach und nach, während ich immer gründlicher maskiert von Arzt zu Arzt wanderte. Im Spätherbst wurde schließlich aus einer geplanten Biopsie eine große OP. Dann durfte ich einige Tage aus nächster Nähe miterleben, wie sich Pfleger und Ärzte im Krankenhaus – damals schon teilweise am Ende ihrer Nerven und Kräfte – um die Patienten bemühten, während Unbelehrbare sich maskenlos oder mit ebenso albernen wie nutzlosen Visieren auf die Station mit frisch Operierten zu Besuch schmuggelten. Da war das Klatschen auf den Balkonen schon lange verklungen und vergessen. „Frau Lange hört zu (24): Stayin’ alive“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 75: Die Musik des Universums – Ein Besuch im Stanisław-Lem-Erlebnisgarten in Krakau

Die summenden Rohre. Foto: Museum der Stadttechnik Krakau

„Dank dem Besuch im Stanisław-Lem-Erlebnisgarten habe ich eine sehr wichtige Sache wiedererkannt: Musik ist eine Schwingung und gehört genauso zum Universum, wie das große Es die Tiefe des Rheins am Anfang des „Ring des Nibelungen“ symbolisiert.“

von Jolanta Łada-Zielke

Die Musik ist nicht nur Kunst, sie hat auch mit Technik und Physik zu tun. Die Akustik, Elektroakustik, Schallausbreitung im Raum, Schallwellen – all dies in Bezug auf die Musik ist nicht zu übersehen. Deshalb habe ich mich so gefreut, Stanisław Lems Erlebnisgarten in meiner Heimatstadt Krakau zu besuchen, denn neben interessanten Geräten und Effekten im Bereich der Physik, Astronomie, Geologie und Mechanik entdeckte ich dort auch Bezüge zur Musik. „Ladas Klassikwelt 75: Die Musik des Universums – Ein Besuch im Stanisław-Lem-Erlebnisgarten in Krakau“ weiterlesen

Der Schlauberger 52: Aufs Klo in Jogginghosen – Mit Fischbrötchen

Tritt den Sprachpanschern ordentlich auf die Füße! Gern auch unordentlich. Der Journalist und Sprachpurist Reinhard Berger wird unsere Kultur nicht retten, aber er hat einen Mordsspaß daran, „Wichtigtuer und Langweiler und Modesklaven vorzuführen“. Seine satirische Kolumne hat er „Der Schlauberger“ genannt.

von Reinhard Berger

Leider zu spät: Vor einiger Zeit war der Tag des Sonnenschutzes. Wenn das kein Grund zum Jubeln ist.

Macht aber nix, wenn Sie den verpasst haben. Denn auch der Tag der Blockflöte ist bestimmt an Ihnen vorbeigerauscht. Für alle Enttäuschten ist deshalb der Internationale Kiffertag erfunden worden. „Der Schlauberger 52: Aufs Klo in Jogginghosen – Mit Fischbrötchen“ weiterlesen

Daniels Anti-Klassiker 17: John Cage – 4’33’’ (1952)

Höchste Zeit, sich als Musikliebhaber neu mit der eigenen CD-Sammlung oder der Streaming-Playlist auseinanderzusetzen. Dabei begegnen einem nicht nur neue oder alte Lieblinge. Einige der sogenannten „Klassiker“ kriegt man so oft zu hören, dass sie zu nerven beginnen. Andere haben völlig zu Unrecht den Ruf eines „Meisterwerks“. Es sind natürlich nicht minderwertige Werke, von denen man so übersättigt wird. Diese sarkastische und schonungslos ehrliche Anti-Serie ist jenen Werken gewidmet, die aus Sicht unseres Autors zu viel Beachtung erhalten.

von Daniel Janz

Mit John Cage findet eine schillernde Figur der musikalischen Moderne in diese Reihe. Der selbsternannte Meister musikalischer Stille war bereits zu Lebzeiten einer jener Künstler, an dem sich die Geister schieden. Von einer kleinen Elite um musikalische Avantgardisten als Genie vergöttert, vom Gros des Konzertpublikums aber unverstanden, ist es eigentlich ein Wunder, dass er überhaupt noch rezipiert wird. Und noch verwunderlicher ist es, dass sein bekanntestes Stück ausgerechnet eines ist, das streng genommen in keinem Konzertsaal etwas zu suchen hat. „Daniels Anti-Klassiker 17: John Cage – 4’33’’ (1952)“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 92: 200 Jahre Freischütz

Als sich am 18. Juni 1821 der Vorhang im von Schinkel neu erbauten Schauspielhaus am Gendarmenmarkt in Berlin hob, war es für die Uraufführung einer neuen Oper von Carl Maria von Weber. „Der Freischütz“ war der Titel des Werkes und griff in seinem Libretto eine alte Volkssage auf.

von Peter Sommeregger

Der Stoff, die Musik, der Komponist und Librettist, alles war Deutsch, und das war für die Oper der damaligen Zeit, die italienisch und französisch dominiert war, völlig neu. Nicht zu Unrecht sprach man später von der Geburtsstunde der Deutschen Oper. Für den großen Erfolg des Werkes sorgte aber die mitreißende Musik Webers, der damit sein bedeutendstes Werk geschaffen hatte. „Sommereggers Klassikwelt 92: 200 Jahre Freischütz“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 74: Chopin für unterwegs

von Jolanta Łada-Zielke

Viele von uns haben abenteuerliche Ausflüge erlebt. Ich reise am häufigsten auf relativ kurzer Strecke zwischen Deutschland und Polen. Niemals hätte ich gedacht, dass ich gezwungen sein würde, auf dieser Route zu übernachten. Am vergangenen Freitag, 11. Juni, sollte ich von Krakau nach Hamburg mit Zwischenlandung in Warschau zurückfliegen und gegen Abend am Ziel sein, um das Eröffnungskonzert des 3. Chopin-Festivals sehen zu können. Zwar wurde die Veranstaltung online übertragen, aber ich hatte in Polen mein Smartphone als einzige Kontaktmöglichkeit mit Internet dabei. Am liebsten hätte ich gemütlich vor meinem Computerbildschirm gesessen und so wollte ich die Aufführung von Professor Hubert Rutkowski und Severin von Eckardstein, die Klavierduette spielen würden, genießen. „Ladas Klassikwelt 74: Chopin für unterwegs“ weiterlesen