Schammis Klassikwelt 5: Die drei grossen “C”s - Callas, Caruso, Chaliapine* Teil 2

Foto: Mussorgsky – Boris Godunov – Chaliapine as Boris Godunov – Metropolitan Opera Archives

Man kennt das hohe Cmit dem jeder Tenor hofft, sein Publikum in den Bann zu ziehen. Dieser Beitrag befasst sich allerdings mit drei Interpreten verschiedener Stimmlagen (Sopran, Tenor, Bass), die das Opernpublikum begeistert haben nicht nur durch einen Ton, sondern durch ihr ganzes künstlerisches Schaffen, und damit die Opernwelt maßgeblich verändert haben. Ihre Namen beginnen alle mit C”. Zufall? Aber was vereint diese drei Künstler außer dem Anfangsbuchstaben ihrer Namen?

Teil 2: Fjodor Chaliapine (1873-1938)

von Jean-Nico Schambourg

Am 16. März 1901 trat Enrico Caruso erstmals zusammen mit dem russischen Bass Fjodor Chaliapine an der Mailänder Scala auf, unter der Leitung des Stardirigenten Arturo Toscanini, in der Oper “Mefistofele” von Arrigo Boito.

Chaliapines schauspielerisches Auftreten war eine Revolution im Operntheater. Sein Ziel war die “dramatische Wahrheit”, wie er es nannte, nicht unbedingt die musikalische Linie. Zu diesem Zweck verbog er manche Noten um die Bedeutung der Worte und die dazu gehörenden Gefühle besser auszudrücken. Der Stardirigernt Arturo Toscanini, bekannt für sein unerbittliches Festhalten an der Partitur, gewährte ihm gewisse Freiheiten in ihren gemeinsamen Auftritten von Boitos “Mefistofele”. Toscanini begriff, dass Chaliapine nicht eigensinnig handelte, sondern sich diese Interpretation des Teufels reiflich überlegt hatte.

„Schammis Klassikwelt 5: Die drei grossen “C”s – Callas, Caruso, Chaliapine* (Teil 2)
klassik-begeistert.de 22. Oktober 2022“
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Ladas Klassikwelt 99: Eine Fledermaus fliegt durch das Festspielhaus

klassik-begeistert: Wie finden Sie das, dass die Bayreuther Musiker diese Fledermaus „Cosima“ nennen?

Markus Melber: Das gibt der ganzen Veranstaltung einen sehr positiven Charakter. In diesem Zusammenhang ist der Name sehr treffend. Ich finde das schön, weil das zeigt, wie wohl gesonnen die Musizierenden oder andere Mitarbeiter der Bayreuther Festspiele  Fledermäusen gegenüber sind. Dies ist heute leider nicht üblich, weil Fledermäuse nach wie vor mit vielen Mythen und Legenden zu kämpfen haben. Man unterstellt ihnen Vampirismus, dass sie menschliches Blut trinken oder in anderem Sinne gefährlich sind. Die Fledermaus „Cosima“ fühlt sich von der Musik Richard Wagner nicht gestört. Ganz im Gegenteil, sie scheint sich mit ihr gut zu arrangieren und ist dadurch vielleicht kulturell mehr aufgeschlossen als der Großteil der Bevölkerung. Sollte sich eine Stechmücke über dem Orchestergraben herumtreiben, schnappt „Cosima“ sie gerne, als kleinen Snack auf dem Weg aus dem Gebäude.

Zeichnung: Die Fledermaus „Cosima“ von Dominika Farley, nach einer Idee von Jolanta Łada-Zielke ©

„Durch den Orchestergraben fliegt manchmal eine Fledermaus – wir nennen sie Cosima – das hat etwas Surreales, beide Welten berühren sich“, sagte der Konzertmeister des Festspielorchesters Juraj Cizmarovic in einem Interview für den Nordbayerischen Kurier [1].

„Keiner weiß, wo diese Fledermaus im Gebälk lebt“, erzählt ein Mitglied des Festspielchors.Uns erheitert es immer, wenn sie auftaucht, und natürlich denkt dann jeder, dass Richard oder Cosima nachschauen, ob hier noch alles mit rechten Dingen zugeht.“

von Jolanta Łada-Zielke

Ich selbst habe die Fledermaus vom Zuschauerraum aus gesehen, als sie bei Aufführungen von „Tristan“ und „Lohengrin“ über die Bühne flog, deren Bühnenbild recht dunkel ist. Das Hauptgebäude des Festspielhauses ist aus Holz, nicht klimatisiert und neun Monate im Jahr passiert dort nichts, außer Führungen. Sind das ideale Lebensbedingungen für Fledermäuse?

Ich habe den Chiropterologen Markus Melber [2] eingeladen, uns über die Anpassungsfähigkeit dieser Tiere zu unterhalten.

„Fledermäuse nutzen im Verlauf eines Jahres unterschiedliche Örtlichkeiten, da sie in einem Jahreszyklus leben“, so Melber. „Im Winter halten sie Winterschlaf von etwa November bis April und im Sommer leben sie in Wäldern oder eben auch an und in Gebäuden. Alte Gebäude, die häufig noch nicht thermoisoliert sind, wie das Festspielhaus in Bayreuth, bieten sowohl an der Fassade als auch im Inneren häufig viele Rückzugsorte für Fledermäuse. Ebenfalls aus diesem Grund sollte man solche historischen Gebäude erhalten.“ „Ladas Klassikwelt 99: Eine Fledermaus fliegt durch das Festspielhaus
20. Oktober 2022“
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Rising Stars 34: Nikola Hillebrand, Sopran – die Unschuld vom Lande spielt sich in alle Herzen

Foto:  Nikola Hillebrand © Guido Werner

Die Entwicklung und Karriere vielversprechender NachwuchskünstlerInnen übt eine unvergleichliche Faszination aus. Es lohnt sich dabei zu sein, wenn herausragende Talente die Leiter Stufe um Stufe hochsteigen, sich weiterentwickeln und ihr Publikum immer wieder von neuem mit Sternstunden überraschen. Wir stellen Ihnen bei Klassik-begeistert jeden zweiten Donnerstag diese Rising Stars vor: junge SängerInnen, DirigentInnen und MusikerInnen mit sehr großen Begabungen, außergewöhnlichem Potenzial und ganz viel Herzblut sowie Charisma.

von Dr. Lorenz Kerscher

„Spiel’ ich die Unschuld vom Lande“, so singt in der Fledermaus die Adele, die gerne als das Paradebeispiel einer Soubrettenrolle betrachtet wird. Und als man beim Silvesterkonzert 2018 an der Semperoper Dresden diese berühmteste aller Operetten mit den Stars Jonas Kaufmann, Rachel Willis-Sørensen und Elisabeth Kulman spielte, musste natürlich auch die Adele ideal besetzt sein. Die Zuschauer des ZDF, in dem diese halbkonzertante Aufführung übertragen wurde, waren zweifellos überrascht, als eine weitgehend unbekannte, doch bildschöne junge Frau, gerade 25 Jahre alt, dem populären Jonas Kaufmann in jeder Hinsicht auf Augenhöhe begegnete. Sie war dem beliebten Startenor nicht nur an Körpergröße, sondern auch an Gesangskunst ebenbürtig. „Rising Stars 34: Nikola Hillebrand, Sopran – die Unschuld vom Lande spielt sich in alle Herzen
klassik-begeistert.de 20. Oktober 2022“
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Sommereggers Klassikwelt 156: Berthold Goldschmidt war noch eine späte zweite Karriere vergönnt

von Peter Sommeregger

Der 1903 in eine jüdische Hamburger Kaufmannsfamilie geborene Berthold Goldschmidt gehört jener Generation von Komponisten an, deren Laufbahn durch das Nationalsozialistische Regime zumindest behindert, wenn nicht gar zerstört wurde, von jenen ganz zu schweigen, die auch ihr Leben verloren. „Sommereggers Klassikwelt 156: Berthold Goldschmidt
klassik-begeistert.de 19. Oktober 2022“
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Schweitzers Klassikwelt 73: „Dort sind die Berge weit, die Menschen wohnen eng beisammen“

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Dumpfe Häuser, tagtäglich Zank und Streit, das gibt der Hirt Nando seinem Kollegen Pedro zu bedenken, dem die Stelle eines Müllers im Tal drunten angeboten wird. Nach seinen Erfahrungen im Tiefland, das der Oper Eugen d’Alberts ihren Namen gibt, wird er wieder in die Berge ziehen.

In Janáčeks „Jenůfa“ erhält der erste Akt den Titel „Landschaft mit Mühle“. Das Mühlenrad steht auch hier als eher negatives Symbol, in diesem Fall für Fremdbestimmung und Unbarmherzigkeit. „Schweitzers Klassikwelt 73: „Dort sind die Berge weit, die Menschen wohnen eng beisammen“
klassik-begeistert.de 18. Oktober 2022“
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Sommereggers Klassikwelt 155: Dmitri Hvorostovsky bleibt unvergessen

von Peter Sommeregger

In dieser Woche hätte der russische Bariton Dmitri Hvorostovsky seinen 60. Geburtstag feiern können. Es wäre sicher ein Anlass für ein glanzvolles Konzert, für eine Gala mit befreundeten Künstlern gewesen. Das Schicksal meinte es aber nicht gut mit dem Sänger, bereits vor knapp 5 Jahren erlag er den Folgen eines Gehirntumors in seiner Wahlheimat London.

Der am 16. Oktober 1962 im russischen Krasnojarsk geborene Dmitri Alexandrowitsch Chworostowski studierte in seiner Heimatstadt anfangs Klavier, danach Gesang und debütierte auch am dortigen Opernhaus in einer kleinen Rolle in Verdis „Rigoletto“. Als er im Jahr 1989 den Wettbewerb Cardiff Singer of  the World gewann, wobei er Bryn Terfel auf den zweiten Platz verwies, wurde man auch international auf den jungen Russen aufmerksam. „Sommereggers Klassikwelt 155: Dmitri Hvorostovsky bleibt unvergessen
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Daniels vergessene Klassiker Nr 6: Gustav Holst – die Planeten

Foto: fahrenheitmagazine.com

Kritisieren kann jeder! Aber die Gretchenfrage ist immer die nach Verbesserung. In seiner Anti-Klassiker-Serie hat Daniel Janz bereits 50 Negativ-Beispiele genannt und Klassiker auseinandergenommen, die in aller Munde sind. Doch außer diesen Werken gibt es auch jene, die kaum gespielt werden. Werke, die einst für Aufsehen sorgten und heute unterrepräsentiert oder sogar vergessen sind. Meistens von Komponisten, die Zeit ihres Lebens im Schatten anderer standen. Freuen Sie sich auf Orchesterstücke, die trotz herausragender Eigenschaften zu wenig Beachtung finden.

von Daniel Janz

Kommen wir heute zu einem Beitrag, den ich als Autor nicht für möglich gehalten habe, der aber in Anbetracht der Deutschen Aufführungspraxis notwendig erscheint. Gustav Holst ist eigentlich ein anerkannter und auch bekannter Komponist. Und doch muss seine bekannteste Komposition – „die Planeten“ – die ich als großer Fan erst gestern inhaltlich behandelt habe, heute Gegenstand in dieser Reihe über unterrepräsentierte Klassiker sein. Denn obwohl sich dieses Werk international großer Bekanntheit rühmen lässt – ja, in den USA ist es sogar so etwas wie ein bis in die Popkultur gehender Klassiker – stellt es im deutschen Konzertkontext eine Rarität, wenn nicht sogar eine einzigartige Gelegenheit dar. Wie kommt es, dass „die Planeten“ so stiefmütterlich behandelt werden? „Daniels vergessene Klassiker Nr 6: Gustav Holst – die Planeten“ weiterlesen

Schammis Klassikwelt 4: Die drei grossen “C”s - Callas, Caruso, Chaliapine* (Teil 1)

Man kennt das “hohe C” mit dem jeder Tenor hofft, sein Publikum in den Bann zu ziehen. Dieser Beitrag befasst sich allerdings mit drei Interpreten verschiedener Stimmlagen (Sopran, Tenor, Bass), die das Opernpublikum begeistert haben nicht nur durch einen Ton, sondern durch ihr ganzes künstlerisches Schaffen, und damit die Opernwelt maßgeblich verändert haben. Ihre Namen beginnen alle mit “C”. Zufall? Aber was vereint diese drei Künstler außer dem Anfangsbuchstaben ihrer Namen?

von Jean-Nico Schambourg

Keinen dieser Sänger habe ich jemals live erlebt. Wie auch, als Jahrgang 1959 hätte höchstens bei Maria Callas eine kleine Möglichkeit darauf bestanden. Aber die Kunst dieser drei Persönlichkeiten ist uns Gott sei Dank auf Schallplatte überliefert geblieben.

Beim Anhören der Aufnahmen dieser drei Sänger bin ich gleichermaßen fasziniert von der Größe ihrer Darstellung. Nein, sie singen nicht immer stimmtechnisch perfekt und fehlerfrei und treffen auch nicht immer den richtigen Stil des Musikstückes (oder zumindest unsere heutige Vorstellung davon). Aber wie sie, mit ihren stimmlichen Mitteln, die Personen die sie darstellen zum Leben erwecken, das kann keinen echten Opernliebhaber kalt lassen.

„Schammis Klassikwelt 4: Die drei großen “C”s – Teil 1 Enrico Caruso“ weiterlesen

Sommereggers Klassikwelt 154: Ferruccio Busoni – ein in weiten Kreisen bekannter Komponist, Pianist und Lehrer

Foto: Ferruccio Busoni © britannica.com

von Peter Sommeregger

Der am 1. April 1866 in der Nähe von Florenz geborene Ferruccio Busoni war das einzige Kind eines italienischen Klarinettisten und einer deutschstämmigen Pianistin. Seine Eltern bestimmten ihn schon früh für eine musikalische Laufbahn. Der zweisprachig aufwachsende Ferruccio wurde anfangs von seinen Eltern im Klavierspiel unterrichtet, schon mit sieben Jahren komponierte er kurze Stücke für das Instrument. Bereits 1873 trat er in Triest erstmals als Konzertpianist öffentlich auf. Am Wiener Konservatorium studierte er von seinem 9. bis 11. Lebensjahr, bereits mit 20 Jahren nahm er in Leipzig eine Lehrtätigkeit am dortigen Konservatorium auf. Ab 1888 unterrichtete er in Helsinki, wo er Freund und Förderer des Komponisten Jean Sibelius wurde. „Sommereggers Klassikwelt 154: Ferruccio Busoni – Komponist, Pianist, Lehrer
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Schweitzers Klassikwelt 72: Die Oper und ihr Bühnenbild

Redoutensaal Wiener Hofburg  Foto: Herwig Prammer

von Lothar und Sylvia Schweitzer

Wie viele begnadete Stimmen haben einen tiefen, immerwährenden Eindruck in uns hinterlassen! Aber das Ambiente – Bühnenbild und Kostüme – ist verblasst. Oft bleibt noch der Rahmen lebendig im Gedächtnis. Der Vollmond über der Arena von Verona, das Picknick in Glyndebourne mit seiner typischen südenglischen Landschaftsszenerie oder eine „Così fan tutte“ im Großen Redoutensaal der Wiener Hofburg, noch vor der Brandkatastrophe und vor seinen späteren Veränderungen durch wohl sehr schöne, aber in die Innenarchitektur nicht passende Gemälde von Josef Mikl. „Schweitzers Klassikwelt 72: Die Oper und ihr Bühnenbild
klassik-begeistert.de 4. Oktober 2022“
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