Mit dem Ballett Liliom zeigt John Neumeier, welche geniale Ausnahmeerscheinung er unter den Choreographen ist

Während der Aufführung herrschte gebannte Stille im Haus, es gab kein störendes Zwischenklatschen, erst nach Fallen des Vorhangs entlud sich der Jubel des Publikums, welches dem Liliom-Ensemble stehend Ovationen entgegenbrachte, die beim Erscheinen von John Neumeier auf der Bühne zu Orkanstärke anschwollen.

John Neumeier mit Nathan Brock (musikalische Leitung), Alina Cojocaru (Julie), Karen Azatyan (Liliom) und Anna Laudere (Frau Muskat) (Foto RW)

 

Hamburger Ballett-Tage
Staatsoper Hamburg, 30. Juni 2022

Liliom, Ballett von John Neumeier nach dem Bühnenstück von Ferenc Molnár

von Dr. Ralf Wegner

Die Rolle des Liliom wurde für Carsten Jung kreiert, also für seine spezifischen tänzerischen und darstellerischen Fähigkeiten. Letztere zeugten von einer Bandbreite, die ihn so unterschiedliche Rollen wie Onegin, Otello oder Don Quixote perfekt ausfüllen ließen. Jung  ist die Blaupause, an der seine Nachfolger zu messen sind. Ivan Urban hat ihn einmal getanzt, auf seine Art mit gewissem Zynismus auch einmalig, weiterhin Edvin Revazov, der aufgrund seiner Körpergröße schon genug einschüchternd auf die kleine Julie wirken musste.

Der heutige Liliom Karen Azatyan setzte das lasziv-erotische der Rolle perfekt um, die impulsive Aggressivität des Jahrmarktgigolos war bei ihm aber weniger zu spüren, auch blieb offen, warum er eigentlich die schüchterne, sehr introvertierte Julie, wie sie Alina Cojocaru darstellte, der schönen, eleganten und ihm in erotischer Hinsicht tänzerisch ebenbürtigen Frau Muskat (Anna Laudere) vorzog. Leider gab es bisher zu der superb tanzenden, aber darstellerisch sehr in sich gekehrten, duldungsbereiten und keinen Deut Widerstand dem Verhalten Lilioms entgegensetzenden Cojocaru als Julie kaum Alternativen. „Hamburger Ballett-Tage, Liliom, Ballett von John Neumeier nach dem Bühnenstück von Ferenc Molnár
Staatsoper Hamburg, 30. Juni 2022“
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Garsington verzaubert das Publikum mit Dvořáks fantastischer Märchenoper „Rusalka“

Der Jubel des Publikums dieses wohl inzwischen führenden englischen Sommer-Opernfestivals war dieser Aufführung gewiss: Garsington Opera hat uns mit Dvořáks zauberhafter Märchenoper „Rusalka“ einen neuen Höhepunkt beschert: Diese geradezu epochale Inszenierung (Jack Furness) – das aufwändige Bühnenbild (Tom Piper), die prachtvollen Kostüme – war schlicht hinreißend, das Philharmonia Orchestra unter der souveränen Stabführung von Douglas Boyd produzierte die Feinheiten der Musik Dvořáks mit Subtilität und Einfühlungsvermögen. Die Zweiteilung der Bühne in eine unterirdische Wasserwelt mit einem echten Teich und der von aufgehängter Jagdbeute geprägten Oberwelt des Prinzen war faszinierend – vor allem als sich zugleich mit dem Übergang von der Wasser- auf die irdische Welt die Seitenvorhänge des Theaters öffneten und die Sonne (noch kurz zuvor hatte es geregnet) durch die riesigen Fenster hereinstrahlten: Ein magischer Moment. Unter den Sängerinnen und Sängern ragte die großartige walisische Sopranistin Elin Pritchard hervor, welche für die erkrankte Kollegin Natalya Romaniw einzuspringen hatte. Als kongenialer Partner der österreichisch-australische Tenor Gerard Schneider; hervorragend die drei Wassernymphen Marlena Devoe, Heather Lowe, Stephanie Wake-Edwards mit ihrer weithin leuchtenden, überragender Stimmkraft.


Garsington Opera 30. Juni 2022

Antonin Dvořák (Libretto Jaroslav Kvapil), Rusalka,
in tschechischer Sprache

Philharmonia Orchestra
Musikalische Leitung: Douglas Boyd

Garsington Opera Chorus

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

Wohl nur sehr selten konnte man eine derart perfekte, berührende Inszenierung von Dvořáks Märchenoper sehen: Die Zweiteilung der gewaltigen, raumfüllenden Bühne in eine unterirdische Wasser- und eine oberirdische Welt des Prinzen und seiner korrupten, eitlen Höflinge war optisch überwältigend und technisch perfekt gelöst. Wie die Nymphen unter dem riesigen runden Deckel im seichten Teich (geheizt?) spurlos verschwinden konnten, wenn sich dieser senkte und die Bühne für die Oberwelt frei machten ist mir bis jetzt ein Rätsel – aber bei Dingen, die einen in Erstaunen versetzen, sollte man am besten keine Fragen stellen sondern sich einfach faszinieren lassen.

Das ganze Theater spielte mit, als sich die Seitenvorhänge beim Übergang von der düsteren, blaugrünen Wasserwelt der Nymphen öffnete und die plötzlich erstrahlende Sonne in den Zuschauerraum hineinstrahlen ließ – als ob die herrliche Natur dieses Landguts mitgespielt hätte. „Antonin Dvořák, Rusalka, in tschechischer Sprache
Garsington Opera 30. Juni 2022“
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Die FREITAG-PRESSE – 01. JULI 2022

Martha Argerich (c) Daniel Dittus

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Die FREITAG-PRESSE – 01. JULI 2022

Hamburg
Martha Argerich: Die Klaviergöttin zaubert im Herzen Hamburgs
Von Daniel Kühnel
Klassik-begeistert.de

Bayreuth
„Schönheit ist hier tatsächlich absolut mein Thema“
Roland Schwab im Gespräch mit Joachim Lange zur Neuinszenierung von „Tristan und Isolde“ in Bayreuth
NeueMusikzeitung/nmz.de

München
Satanic Panic: Die Teufel von Loudun an der Bayerischen Staatsoper
bachtrack.com.de

„Die Teufel von Loudun“ an der Bayerischen Staatsoper: Schreien, Zischen, Psalmodieren
Freitag.de/autoren

Wenn Männer nackte Nonnen inszenieren
Pendereckis „Die Teufel von Loudun“ bei den Opernfestspielen in München
https://www.zeit.de/2022/27/die-teufel-von-loudun-muenchen-oper-krzysztof-penderecki

München/ Bayerische Staatsoper
Fixstern! ]Lisette Oropesa begeistert als Violetta bei den Münchner Opernfestspielen in Verdis „La Traviata“.
SueddeutscheZeitung.de

Hamburg/Elbphilharmonie
Vom Kriegstrauma zum Märchen – Schostakowitsch und Zemlinsky bieten Schwebezustände
Von der inneren Ausrichtung her diametral entgegengesetzt sind die beiden Kompositionen, die am 26. Juni 2022 im Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie erklangen.
Von Dr.Andreas Ströbl
Klassik-begeistert.de

Lübeck
Rachmaninow und Brahms beschließen fulminant die Lübecker Konzertsaison
Von Dr. Andreas Ströbl
Klassik-begeistert.de

Opernloft Hamburg: Margarethes Juwelen stecken in der medizinischen Wissenschaft
Von Jolanta Lada-Zielke
Klassik-begeistert.de

Wuppertal
Evgeny Kissin verzaubert noch immer
Von Brian Cooper
Klassik-begeistert.de

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Sommereggers Klassikwelt 142: Boris Christoff – der König der Bassisten

von Peter Sommeregger

Auch nahezu dreißig Jahre nach seinem Tod am 29. Juni 1993 in Rom, gilt der aus Bulgarien stammende Bassist immer noch als einer der historisch bedeutendsten Vertreter seines Stimmfaches.

Der am 18. Mai 1914 im bulgarischen Plowdiw geborene Sohn eines aus Makedonien stammenden Lehrers wollte zunächst Jurist werden, nachdem aber seine auffallend schöne und kräftige Stimme aufgefallen war, erhielt er ein vom Bulgarischen König Boris gestiftetes Stipendium zur Gesangsausbildung. Er verlegte seinen Lebensmittelpunkt nach Italien, das tatsächlich zu seiner dauerhaften Heimat werden sollte.

Die Wirren des zweiten Weltkrieges unterbrachen sein Studium, bei Kriegsende fand er sich in einem Internierungslager in Deutschland wieder. Nach Italien zurückgekehrt debütierte er zunächst an kleineren Bühnen in Nebenrollen, aber bereits 1947 hatte er sein Debüt an der Oper von Rom als Pimen in Mussorgskys „Boris Godunow“. In Venedig erlebte man ihn als Gurnemanz in Wagners „Parsifal“, an der Mailänder Scala trat er erneut als Pimen auf, ehe er 1949 die Titelrolle des Boris übernahm, die er weltweit sang, und mit der er bis heute identifiziert wird. „Sommereggers Klassikwelt 142: Boris Christoff – der König der Bassisten“ weiterlesen

Elbphilharmonie Hamburg: Wie man Kultur nachhaltig schädigt

Ein Beitrag zur fortdauernden Verzweiflung über das Publikum im von den Baukosten her teuersten Konzerthaus der Welt

Foto: Elbphilharmonie, Hamburg © Maxim Schulz

von Dr. Andreas Ströbl, 27. Juni 2022

Um es gleich vorweg zu sagen: Hier geht es nicht um die pauschalisierte Publikumsbeschimpfung einer arroganten, elitären Gruppe von Musikjournalisten. Aber mittlerweile hat man auf der langen Rolltreppe zum Großen Saal der Hamburger Elbphilharmonie schon Angst, was einen erwartet, wenn man hinter sich Fragen hört wie: „Du, Mama, Oper und Orchester ist doch ein Unterschied, oder?“ Dies kam nicht von einem fünfjährigen Kind, sondern von einem jungen Mann, der mindestens 25 Jahre alt war. „Elbphilharmonie Hamburg, Publikum, Entgleisungen, Peinlichkeiten
27. Juni 2022“
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Berliner Staatskapelle: Eine neue Beziehung kündigt sich vielversprechend an!

Christian Thielemann: © Matthias Creutziger

Staatsoper Unter den Linden, 28. Juni 2022

Richard Wagner: Vorspiel und Liebestod aus „Tristan und Isolde“

Anton Bruckner: Sinfonie Nr. 7 E-Dur

Berliner Staatskapelle
Christian Thielemann, Dirigent

Christian Thielemann übernahm für Herbert Blomstedt

von Kirsten Liese

Dieses Konzert wird Geschichte schreiben. Vielleicht als dasjenige, mit dem der Grundstein für eine neue Partnerschaft gelegt wurde, die man sich nie hätte träumen lassen.

Aber der Reihe nach. Herbert Blomstedt, der die letzten Abonnementkonzerte dieser Saison mit der Berliner Staatskapelle leiten sollte, stürzte am Tag vor der Generalprobe unglücklich, so dass er ins Krankenhaus kam. Für ihn übernahm – und hier wird es pikant – Christian Thielemann. Die beiden Abende waren seine ersten mit diesem Orchester überhaupt.

Auch wenn öffentlich nicht ein schlechtes Wort gefallen ist, eine gewisse Rivalität existierte zwischen Barenboim und Thielemann natürlich  über viele Jahre, zumal beide Giganten dieselben Repertoire-Vorlieben teilen. 2004 verließ Thielemann bekanntlich die Deutsche Oper Berlin,  weil er  nicht hinnehmen wollte, dass sein Orchester tarifvertraglich schlechter gestellt wurde als Barenboims Staatskapelle. Das hätte jeder andere Spitzendirigent wohl genauso gemacht. Aber das sind alte Kamellen, so dass es Zeit wurde, darunter mal einen Schlussstrich zu ziehen. Jedenfalls dirigierte Thielemann jetzt  sozusagen das  „Konkurrenz“-Orchester. Und das ließ sich mit nur einer Probe so phänomenal gut an, dass man meinen könnte, da sei schon über lange Zeiträume etwas zusammengewachsen, was zusammengehört. „Berliner Staatskapelle Christian Thielemann, Dirigent
Staatsoper Unter den Linden, 28. Juni 2022“
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Die DONNERSTAG-PRESSE – 30. JUNI 2022

Cecilia Bartoli © Kristian Schuller

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Die DONNERSTAG-PRESSE – 30. JUNI 2022

Wien
„Cecilia Bartoli erobert die Wiener Staatsoper“
Das Gastspiel der Opéra de Monte-Carlo an der Wiener Staatsoper begann mit einer vom Publikum enthusiastisch aufgenommenen semikonzertanten Aufführung von „La Cenerentola“. Das unter dem Motto „Rossini Mania“ gestellte Gastspiel wird in den nächsten Tagen mit Aufführungen von „Il Turco in Italia“ und einer Gala fortgesetzt.
Bannerträgerin des Gastspiels ist Cecilia Bartoli, die schon am Eröffnungsabend mit ungeheurer Energie als temperamentvolle Angelina das Publikum in ihren Bann schlug.
http://www.operinwien.at/werkverz/rossini/acent7.htm

Plötzlich Staatsopern-Königin

Das Debüt von Cecilia Bartoli im Haus am Ring sorgte für eine ausverkaufte Vorstellung und entsprechende Euphorie.
WienerZeitung.at

Ein Ereignis: Standing Ovations für Cecilia Bartolis Staatsopern-Debüt (Bezahlartikel)
Kurier.at

Cecilia Bartoli debütierte an der Staatsoper mit Rossini
Der Erstauftritt war fulminant. Im ausverkauften Haus waren am Ende alle völlig aus dem Häuschen
DerStandard.at.story

Bayreuth 2022
Stephen Gould – Der Iron Man von Bayreuth
Der Amerikaner Stephen Gould nimmt heuer bei den Bayreuther Festspielen den Plural in der Kategorie „Heldentenor“ beim Wort. Er gibt gleich drei Wagner-Superhelden: Tristan, Tannhäuser und Siegfried in der „Götterdämmerung“.
BR-Klassik.de

München/ Bayerische Staatsoper
Pendereckis „Die Teufel von Loudun“ setzt mich unter Starkstrom
Das Drama beginnt schon vor dem Start. Denn Wolfgang Koch, der die Hauptpartie des Grandier singen sollte, wurde kurz vor der Generalprobe positiv auf Covid getestet. Serge Dorny verkündet die Lösung: Bariton Jordan Shanahan singt vom Orchestergraben aus und Residenztheaterschauspieler Robert Dölle spielt und spricht auf der Bühne. Alles erlernt in 4 Tagen. Beeindruckend!
Von Frank Heublein
Klassik-begeistert.de

„Die Teufel von Loudun“ an der Bayerischen Staatsoper: München glüht, lodert und foltert
Simon Stone setzt zur Eröffnung der Münchner Opernfestspiele die Penderecki-Rarität „Die Teufel von Loudun“ gewohnt gegenwartsnah in Szene.
SalzburgerNachrichten.de

„Die Teufel von Loudun“ im Nationaltheater: Viel Theater, zu wenig Musik
Die Staatsoper bringt Krzysztof Pendereckis Oper „Die Teufel von Loudun“ im Nationaltheater heraus.
MünchnerAbendzeitung

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Martha Argerich: Die Klaviergöttin zaubert im Herzen Hamburgs

Laeizhalle Hamburg, 29. Juni 2022

Symphoniker Hamburg

Sirba Octet

Martha Argerich Klavier

Polina Leschenko Klavier

Dirigent Ricardo Castro

Sirba Octet

»Tanzt!«

Francis Poulenc
Konzert für zwei Klaviere und Orchester d-Moll FP 61

Piotr I. Tschaikowsky
Fantasie-Ouvertüre h-Moll »Romeo und Julia«

Veranstalter: Symphoniker Hamburg

Mit Unterstützung der Hans-Otto und Engelke Schümann Stiftung

von Andreas Schmidt in kurzen Worten

Wie unfassbar schön erklang mit allen Seelen- und Sinnesbreiten dieser Abend mit der Klaviergöttin Martha Argerich.

Martha Argerich (* 5. Juni 1941 in Buenos Aires) ist eine argentinisch-schweizerische[1] Pianistin.

Die wunderbare Pianistin Polina Leschenko war ihr eine zweite Göttin.

Nach dem Konzert fragten sich viele Hamburger, wie man mit 81 Jahren noch so sehr Seele, Herz und Hände vereinen kann.

Verehrte Martha, Sie waren eine Zauberin.

Das war MAGIE.

Herzlichen Dank auch an den wunderbaren Daniel Kühnel, dem so genialen, spirituellen Intendanten der Symphoniker Hamburg. Ohne ihn wäre dieser Abend nicht gegangen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Daniel_Kühnel

Andreas Schmidt, 29. Juni 2022, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Martha Argerich Festival 20. – 29. Juni 2022, Hamburg Laeiszhalle Hamburg, 25. Juni 2022 (Kleiner Saal)

Martha Argerich Festival 20. – 29. Juni 2022, Hamburg Laeiszhalle Hamburg, 25. Juni 2022 (Kleiner Saal)

Rachmaninow und Brahms beschließen fulminant die Lübecker Konzertsaison

Ein würdiger Abschluss der Saison in Lübeck mit seinem großartigen Orchester, seinem hochengagierten Leiter und einer Solistin, die man hier öfter begrüßen möchte.

Stefan Vladar, Photo: Jan Philip Welchering

9. Symphoniekonzert
in der Lübecker Musik- und Kongresshalle,
27. Juni 2022

Sergei Rachmaninow, Die Toteninsel op. 29 und „Rhapsodie über ein Thema von Paganini“ für Klavier und Orchester

Johannes Brahms, Symphonie Nr. 4 e-Moll op. 98

Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck
Stefan Vladar, Dirigent
Yulianna Avdeeva, Klavier


von Dr. Andreas Ströbl

Anders als es der Titel des ersten Stückes, „Die Toteninsel“, vermuten ließ, gestaltete sich das 9. Symphoniekonzert in der Lübecker „MuK“ (Musik- und Kongresshalle) ausgesprochen lebendig und weitab jeglicher Düsternis. Allerdings weht gerade bei den beiden Werken von Sergei Rachmaninow unverkennbar immer wieder eine Mahnung vor dem Jüngsten Gericht in die Welt der Lebenden hinein.

Das gleichnamige Gemälde von Arnold Böcklin, von dem es fünf Variationen gab, hat ikonischen Charakter und wer Rachmaninows Tondichtung noch nicht gehört hat, kennt das Bild. In dessen Zentrum findet sich nur die Dunkelheit der dichten Zypressen und es entsteht der Eindruck, die Toten würden nach ihrer Überfahrt auf die Insel in ein schwarzes Loch gezogen.

Der Komponist hatte allerdings nur eine Schwarz-Weiß-Reproduktion des Gemäldes gesehen und später bemerkt, dass ihn das Original wohl weniger angesprochen hätte, weil ihn gerade die graue Düsternis faszinierte. Tatsächlich aber hat er die Farbe in seine Umsetzung hineinkomponiert und es steckt so viel Lebendiges, ja leidenschaftlich Bewegtes darin, was die Blickrichtung von der Schwärze des Inselherzens immer wieder zurück in das Leben führt. „9. Symphoniekonzert in der Lübecker Musik- und Kongresshalle
27. Juni 2022“
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Covent Garden inszeniert „Così“ als Theater der Illusionen

Clever und poetisch, diese Inszenierung (Jan Philipp Gloger), welche die bekannte Handlung als „Theater im Theater“ darstellt – als doppelte Illusion gewissermaßen:  Denn die beiden jungen Männer geben sich ja der von Don Alfonso gnadenlos entlarvten Illusion hin, dass ihnen ihre Liebsten bedingungslos treu seien. Wir blicken durch den Bühnenrahmen der Royal Opera hindurch auf eine andere Bühne, doch diesmal von hinten. Die Kulissen versuchen nicht, Realität darzustellen oder zu imitieren – ihre Kulissenhaftigkeit wird deutlich gezeigt, sie werden beliebig beiseite geschoben oder emporgehoben. Der Schauplatz dieser musikalischen Farce, Parodie der „Opera Seria“ und doch in ihrer Aussage von erschütterndem Ernst („es gibt keine Treue“) ist also genauso rasch und beliebig veränderbar wie die Beziehungen, die sie darstellt:  Eine Welt der Versatzstücke. Und musikalisch, wie ja alles in der Royal Opera, hervorragend – temperamentvoll und doch subtil das Orchester unter der souveränen Stabführung der Engländerin Julia Jones und erstklassig bis überragend sämtliche Stimmen.

Royal Opera Covent Garden, 28. Juni 2022 (Wiederaufnahme)

Wolfgang Amadeus Mozart (Libretto Lorenzo da Ponte),
Così fan tutte ossia
La scuola degli amanti

Chor und Orchester der Royal Opera Covent Garden
Julia Jones, Dirigat

von Dr. Charles E. Ritterband (Text und Fotos)

In dieser Inszenierung gibt es nicht, wie sonst üblich, Soldaten in Uniformen und ein Kriegsschiff, das vor den Gestaden von Neapel verankert ist, um die scheinbar in den Krieg ziehenden Ferrando und Guglielmo aufzunehmen. Der Chor singt den Militärmarsch „in Zivil“ und die beiden rücken in Zivilkleidung ein. Bemerkenswert und klug ist, dass sie dann nicht wie sonst üblich in abenteuerlich-exotischer Verkleidung zurückkehren und die Freundin des Freundes anbaggern, sondern sie treten eigentlich in identischer Kleidung wieder auf – nur, dass sie jetzt die von Despina so genüsslich zelebrierten Schnurrbärte aufgeklebt haben.

Was hat das zu bedeuten? Die beiden Schwestern werden in dieser Version nicht durch eine aufwändige Verkleidung getäuscht, sondern sie können, ja müssen, erkennen, dass es sich bei den angeblichen Fremdlingen um die Boyfriends der Schwester handelt. Und dennoch spielen sie dieses Spiel der anfänglichen Standhaftigkeit, Treue und Prüderie – sie wissen demnach allzu genau und von vorneherein auf was und wen sie sich da einlassen werden. Ziemlich dialektisch das Ganze: Inmitten dieses Spektakels der Illusionen sind also die beiden Frauen völlig illusionslos und können sich nicht darauf berufen, auf eine bunte Verkleidung hereingefallen zu sein. „Wolfgang Amadeus Mozart, Così fan tutte
Royal Opera Covent Garden, 28. Juni 2022 (Wiederaufnahme)“
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