Horrorvisionen und Liebesvisionen: Verdis "Rigoletto" erschüttert an der Oper Halle

Fotos: (c) Federico Pedrotti/Falk Wenzel

Oper Halle, 29. Januar 2022 PREMIERE

Giuseppe Verdi, Rigoletto
Oper in drei Akten

Staatskapelle Halle
José Miguel Esandi
Dirigent

von Dr. Guido Müller

Die Aufführung beginnt mit dem Ende: musikalisch mit der Erfüllung des Fluchs des Grafen von Monterone, des Vaters seiner vom Herzog von Mantua geschändeten Tochter, gegen den Hofnarren Rigoletto, der das Schicksal des Vaters vor der ganzen Hofgesellschaft verspottet hatte. Und die optisch, psychologisch und in der Personenführung sehr überzeugende Inszenierung von Louisa Proske, stellvertretende Intendantin und Hausregisseurin an der Oper Halle seit 2021/2022, sozusagen frisch aus New York nach Halle, greift die Folge des Fluchs zu Beginn ihrer Inszenierung auf. Sie zeigt zunächst den Vater Rigoletto stumm und ohne Musik, wie er in Müllsäcken statt des vermuteten, von ihm in Auftrag gegebenen ermordeten Herzogs im Wahnsinnsschock die Leiche seiner zerstückelten Tochter Gilda entdeckt.

Die Handlung der Oper läuft dann vor seinem inneren Auge quasi als Dauervision des Horrors wie in der Endlosschleife eines wahnsinnigen Täters nach einer schrecklichen Tat noch einmal ab bis zum grausamen Ende. Denn Rigoletto ist der Täter und wie er dazu geworden ist der Inhalt dieser Oper Verdis. „Giuseppe Verdi, Rigoletto, Staatskapelle Halle, José Miguel Esandi Dirigent,
Oper Halle, 29. Januar 2022 PREMIERE“
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Eine Winterreise für die Ewigkeit

Der Winter scheint das Theater an der Wien fest im Griff zu haben. Nach der für viele skandalösen Kušej-Inszenierung von Puccinis „Tosca“, schlugen Florian Boesch und Malcolm Martineau nun leisere Töne an. Schuberts Winterreise in szenischer Fassung traf damit genau ins Schwarze. 

Foto: Florian Boesch © Andreas Weiss

Theater an der Wien, 29. Januar 2022
Franz Schubert, Die Winterreise

Florian Boesch, Bariton
Malcolm Martineau, Klavier
Ingo Kerkhof, Szenische Einrichtung
Franz Tscheck / Frank Storm, Licht

von Jürgen Pathy

Fremd bin ich eingezogen, fremd zieh ich wieder aus. Wer kennt sie nicht, die eröffnenden Worte, mit denen der verzweifelte Wanderer sich auf die beschwerliche Winterreise begibt. Eine nicht enden wollende, über Höhen und Tiefen führende Odyssee, die der Dichter Wilhelm Müller 1824 schrieb. Berühmtheit erlangten die 24 Gedichte aber erst, als sein Zeitgenosse Franz Schubert diese Rohdiamanten 1827 vertonte und damit ein Vermächtnis erschuf, über das sich jeder seriöse Liedsänger wagen muss. Der Bassbariton Florian Boesch erforscht sie nun seit mehr als zwei Jahrzehnten.

Florian Boesch (c) Lukas Beck

Wann genau, er den kompletten Liederzyklus zum ersten Mal auf der Bühne gesungen habe, wisse er nicht mehr: „Das muss Ende der 90er-Jahre gewesen sein – vermutlich 1998.“ Dass der mittlerweile 50-jährige Sänger, damals noch kein derart erschütterndes Psychogramm auf die Beine gestellt haben dürfte, wie Samstagabend im Theater an der Wien, kann man sicherlich mit gutem Gewissen behaupten: Beeindruckend, sensationell, das Ereignis des Jahres – endlos könnte man nach Superlativen suchen, um zu beschreiben, was Boesch und und sein kongenialer Partner am Klavier, Malcom Martineau, da auf die Bühne gezaubert haben. Fündig würde man nie werden.

„Franz Schubert, Die Winterreise, Florian Boesch, Bariton,
Theater an der Wien, 29. Januar 2022“
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Die MONTAG-PRESSE – 31. Januar 2022

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die MONTAG-PRESSE – 31. Januar 2022

Quelle: onlinemerker.com –  weiterlesen in Jubiläen/ in memoriam-Geburtstagen Jänner 2022
Wer war Franz Schubert?
Eine Umkreisung zum nicht ganz so runden 225. Geburtstag des Komponisten am 31. Jänner.
Wiener Zeitung.at.

München/ Bayerische Staatsoper
Mit Flitter und Glitter – „Das schlaue Füchslein“ in Kosky Regie
In der Waldeinsamkeit lauschte Komponist Leoš Janáček gern der Natur ihre Geräusche ab, wurde darüber aber weder zum Vegetarier, noch zum Romantiker. An der Bayerischen Staatsoper wurde die Premiere von Lametta und Zivilisationskritik dominiert.
BR-Klassik.de

Augsburg
Gounods „Faust – Margarethe“ in Augsburg: Frauenpower statt Verdammnis
Das Schicksal von Margarethe spielt in der Faust-Vertonung von Charles Gounod eine große Rolle. Darum wurde die 1859 in Paris uraufgeführte Oper in Deutschland auch zunächst unter dem Titel „Margarethe“ gespielt. Trotz der Abweichungen von Goethes Dichtung wurde Gounods „Faust“ auch in Deutschland ein Publikumserfolg und reißt bis heute das Publikum durch seine romantische Tonsprache mit. Am Staatstheater Augsburg ist eine Neuproduktion der Oper herausgekommen, und zwar ganz bewusst unter dem Titel „Faust- Margarethe“.
BR-Klassik.de

Lübeck
Madama Butterfly“: Verratene Liebe in musikalischer Glanzleistung
Dass dies alles bis zur letzten Note phantastisch umgesetzt wurde, dankte das Lübecker Publikum mit begeistertem Beifall. Zu Castillos Applaus standen bereits viele im Saal, aber als Stefan Vladar und das Orchester gefeiert wurden, hielt es tatsächlich niemanden mehr auf den Sitzen. Das hat man in Lübeck selten erlebt.
Von Dr. Andreas Ströbl
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Verratene Liebe in musikalischer Glanzleistung

Dass dies alles bis zur letzten Note phantastisch umgesetzt wurde, dankte das Lübecker Publikum mit begeistertem Beifall. Zu Castillos Applaus standen bereits viele im Saal, aber als Stefan Vladar und das Orchester gefeiert wurden, hielt es tatsächlich niemanden mehr auf den Sitzen. Das hat man in Lübeck selten erlebt.

Fotos: © Jochen Quast

Theater Lübeck, 28. Januar 2022 PREMIERE

Giacomo Puccini Madama Butterfly

Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck
Chor des Theater Lübeck
Statisterie des Theater Lübeck

Stefan Vladar Dirigent

von Dr. Andreas Ströbl

Das Piktogramm zur Lübecker „Madama Butterfly“ transportiert in gewohnter intelligenter Weise den Inhalt der Oper in eine Graphik, die in ihrer Einfachheit dem Reduktionismus entspricht, der sowohl für die japanische Kunst als auch die Inszenierung von Ezio Toffolutti charakteristisch ist. Für die Auswärtigen: Zu jeder Produktion des Lübecker Theaters gibt es eines dieser Piktogramme, das begleitend in den Vorankündigungen, Programmheften und Flyern erscheint. Diesmal ist es ein aufgespießter Origami-Schmetterling, dessen kantige Flügel auch an die strengen Formen traditioneller japanischer Kleidung erinnern.

In der Tat durchzieht die ganze Inszenierung eine reduzierte Ästhetik und ein erklärt zurückgenommenes Bühnenbild, das außer einer halbrunden Apsis und je zwei flankierenden Wänden aus weißen Stoffbahnen nur aus einer Art offener Hütte aus einer gefalteten ockerfarbenen Plane besteht. In dieser Origami-Behausung und um das Faltwerk herum findet die ganze Handlung statt, die Kostüme orientieren sich bewusst an traditionellen Vorbildern der Entstehungszeit der Oper, also der Wende zum 20. Jahrhundert.

(c) Jochen Quast

So ist diese „Butterfly“ alles andere als experimentelles Musiktheater, aber die Botschaft Toffoluttis, der hier gleichzeitig als Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner firmiert, ist ohnehin eine andere. Es geht ihm um die Darstellung Cio-Cio-Sans als starker und kluger Frau, die selbständig über ihr Leben entscheidet und diesmal eben nicht Opfer ihrer Gefühle, des Betrugs Pinkertons und letztlich ihrer Tradition wird, aufgrund derer Gesetzmäßigkeiten sie nur durch Seppuku, also ehrenrettenden Suizid der Schmach und ihrem eigenen Elend entflieht. „Giacomo Puccini, Madama Butterfly, Philharmonisches Orchester der Hansestadt Lübeck,
Theater Lübeck, 28. Januar 2022 PREMIERE“
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Tobias Kratzers Londoner Fidelio : Der Schuss geht nach hinten los

DVD-Rezension

Ludwig van Beethoven, FIDELIO

Royal Opera House Covent Garden
Tobias Kratzer  Regie
Antonio Pappano Dirigent

Opus Arte  OABD 7288 D

 von Peter Sommeregger

Wenn eine Opern-Ouvertüre bei offenem  Vorhang gespielt wird, ahnt der erfahrene Opernfreund Schlimmes: der jeweilige Regisseur versucht dann zumeist schon einen Vorgeschmack auf das Kommende zu geben und winkt mit sämtlichen verfügbaren Zaunpfählen.

Nicht anders Tobias Kratzer bei seinem Londoner Fidelio: was als erstes irritiert, ist die Trikolore am Gefängnistor, laut Libretto befinden wir uns doch in Spanien. Bei Kratzer sind wir aber mitten in der französischen Revolution, was sich auch in einigen sehr unprofessionellen Ergänzungen der betulichen Sprechtexte niederschlägt. Grober Schnitzer: Rocco singt einmal von „des Königs Namensfest“, das gefeiert würde. Da wäre er in der französischen Revolution aber schnell seinen Kopf los gewesen.

Den ersten Akt lässt der Regisseur ganz traditionell ablaufen, die kleinbürgerliche Idylle Roccos und Marzellines wird detailreich illustriert, störend wirken die erweiterten Dialoge, die ausgesprochen dümmlich wirken. Peinlich wird es, als Marzelline Fidelio buchstäblich an die Wäsche geht, ihm/ihr den Hosenlatz aufknöpfen will. Wenig später entdeckt sie bereits, dass Fidelio eine verkleidete Frau ist, womit das dramaturgische Gerüst des Librettos erfolgreich zum Einsturz gebracht wird. „DVD-Rezension: Ludwig van Beethoven, FIDELIO,
Royal Opera House Covent Garden,“
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Die SONNTAG-PRESSE – 30. Januar 2022

barriekosky (c) foto_janwindszusphotography

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Die SONNTAG-PRESSE – 30. Januar 2022

München/ Bayerische Staatsoper
Barrie Kosky inszeniert Leoš Janáčeks „Das schlaue Füchslein“
Sie ist eine Herausforderung für alle Mitwirkenden: Die Neuinszenierung von Leoš Janáčeks Oper „Das schlaue Füchslein“, die am 30. Januar an der Bayerischen Staatsoper Premiere feiert. Regisseur Barrie Kosky wagt eine eingreifende Neudeutung des märchenhaften Stücks.
BR-Klassik.de

Die Schönheit des Lebens auskosten
Mirga Gražinytė-Tyla dirigiert eine ihrer Lieblingsopern: Leoš Janàčeks „Das schlaue Füchslein“.
Sueddeutsche Zeitung

München/ Gärtnerplatztheater
Das Gärtnerplatztheater präsentiert „Hoffmanns Erzählungen“ als nebelig-sphärisches Gesamtkunstwerk
Schon beim Betreten des Theaters am Gärtnerplatz fühlt es sich anders an als mittlerweile gewohnt. Man ist wieder unter Menschen. Der Zuschauerraum ist zur Hälfte gefüllt, als sich der Vorhang hebt und den Blick auf lauter weiß leuchtende gläserne Vitrinen freigibt
Klassik-begeistert.de

„Hoffmanns Erzählungen“ im Gärtnerplatztheater: Zwischen Kitsch und Geschmack
Die Oper „Hoffmanns Erzählungen“ von Jacques Offenbach in einer Inszenierung von Stefano Poda im Gärtnerplatztheater.
Münchner Abendzeitung

Schwarzer Albtraum
Stefano Poda inszeniert „Hoffmanns Erzählungen“ am Gärtnerplatztheater als düstere Vision.
SueddeutscheZeitung.de „Die SONNTAG-PRESSE – 30. Januar 2022“ weiterlesen

Die SAMSTAG-PRESSE – 29. Januar 2022

Foto: Jonas Kaufmann © Gregor Hohenberg / Sony Classical

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Die SAMSTAG-PRESSE – 29. Januar 2022

Jonas Kaufmann wird österreichischer Kammersänger
Der König der Herzen des österreichischen Opernpublikums ist er seit langem, nun wird Jonas Kaufmann auch österreichischer Kammersänger. Dem 52-jährigen Startenor aus München wird dieser Ehrentitel am kommenden Mittwoch (2. Februar) auf offener Bühne der Wiener Staatsoper im Anschluss an die Vorstellung von „Peter Grimes“ verliehen.
Puls24.at

Wien/Konzerthaus
Packende Auferstehung mit Bamberger Gästen Mahlers Zweite Symphonie im Konzerthaus
Wiener Zeitung.at

Tschechischer Dirigent Jakub Hrůša im Konzerthaus Wien
Aufführung des eineinhalbstündigen Großwerks von Gustav Mahler durch die Bamberger Symphoniker
Der Standard.at

Berlin
Uraufführung von „Once To Be Realized“ nach Fragmenten von Jani Christou in Berlin
Neue Musikzeitung/nmz.de

Kirill Petrenko zelebriert symphonische Vielfalt mit seinen Berliner Philharmonikern
Zimmermann, Lutosławski, Brahms
Von Peter Sommeregger
Klassik-begeistert.at

Berliner Philharmoniker: Petrenko gelingt eine neue Sicht auf Brahms
Kirill Petrenko gelingt mit einem modern-romantischem Mischprogramm ein anregender, verblüffender Abend. Bernd Alois Zimmermanns Photoptosis spielen die Berliner als zwingende, kontrollierte Studie. Lutosławskis selten gespielte Sinfonie Nr 1 verdient häufigere Beachtung. Brahms’ 2. Sinfonie endlich interpretieren die Philharmoniker sehr zügig, dabei genau und schlank im Ton sowie brillant im Zugriff, doch überraschend frei im Detail. So klar hat man das Wasser des Wörthersees selten gehört.
konzertkritikopernkritikberlin/a.schlatz „Die SAMSTAG-PRESSE – 29. Januar 2022“ weiterlesen

Das Gärtnerplatztheater präsentiert „Hoffmanns Erzählungen“ als nebelig-sphärisches Gesamtkunstwerk

Fotos: Copyright: Marie-Laure Briane

Staatstheater am Gärtnerplatz, Premiere A am 27. Januar 2022

Hoffmanns Erzählungen
Musik von Jacques Offenbach
Libretto von Jules Barbier nach dem gleichnamigen Drama von Jules Barbier und Michel Carré

Münchner Fassung nach der quellenkritischen Neuausgabe von Fritz Oeser

Deutsch von Gerhard Schwalbe
In deutscher Sprache mit deutschen Übertiteln

Orchester des Staatstheaters am Gärtnerplatz
Chor des Staatstheaters am Gärtnerplatz

von Dr. Petra Spelzhaus

Schon beim Betreten des Theaters am Gärtnerplatz fühlt es sich anders an als mittlerweile gewohnt. Man ist wieder unter Menschen. Der Zuschauerraum ist zur Hälfte gefüllt, als sich der Vorhang hebt und den Blick auf lauter weiß leuchtende gläserne Vitrinen freigibt. Die Schriftzüge an den Exponaten kommen einem bekannt vor, erinnern sie doch an die Werke E. T. A. Hoffmanns, dem Dichter, Musiker und Maler, der ein Leben zwischen Richteramt und der Kunst lebte und dessen Todestag sich 2022 zum 200. Mal jährt.

Copyright: Marie-Laure Briane

Die Vitrinen wandern über die Drehbühne, bevor die Hebebühne Luthers dunklen Keller freigibt. Hoffmann unterhält – stets begleitet von seiner Muse alias Niklas – seine Kultur- und Zechkumpanen schwungvoll mit dem Lied von Kleinzack. Sein Gesang schweift liebestoll ab zur Operndiva Stella, die gerade in Mozarts „Don Giovanni“ auftritt. Stella hatte Hoffmann per Brief zu einem Rendezvous eingeladen, das Schriftstück wurde jedoch von Hoffmanns Widersacher Lindorf abgefangen. Im Alkoholrausch erkennt der Dichter Stella als Quintessenz dreier ehemaliger Amouren: der Puppe Olympia, der Sängerin Antonia und der Kurtisane Giulietta. Die drei Damen entstammen den E.T.A. Hoffmann-Geschichten „Der Sandmann“, „Rat Krespel“ und „Die Abenteuer der Silvesternacht“ und werden auf der Bühne in den passenden Vitrinen präsentiert.

Copyright: Marie-Laure Briane

Im Akt der Puppe Olympia, der „Tochter“ seines Physikprofessors Spalanzani, verguckt sich Hoffmann, geblendet durch eine rosarote Brille, in den Automaten. Acht Olympias mit roten Haaren, Schuhen, Handschuhen und Netzkleidern singen und bewegen sich mechanisch in ihren Schaukästen. „Hoffmanns Erzählungen, Musik von Jacques Offenbach,
Staatstheater am Gärtnerplatz, Premiere A am 27. Januar 2022“
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Kirill Petrenko zelebriert symphonische Vielfalt mit seinen Berliner Philharmonikern

Foto: Kirill Petrenko (c) Monika Rittershaus

Philharmonie Berlin, 27. Januar 2022

Bernd Alois Zimmermann
Photoptosis, Prélude für großes Orchester

Witold Lutosławski
Symphonie Nr. 1

Johannes Brahms
Symphonie Nr. 2 D-Dur op. 73

Berliner Philharmoniker
Kirill Petrenko  Dirigent

 von Peter Sommeregger

 Erneut muss man die Kreativität Kirill Petrenkos bewundern, der immer wieder die Pfade der konventionellen Programmgestaltung verlässt, und sich selbst, seinem Orchester und auch seinem Publikum Überraschendes, zum Teil noch nie Gehörtes bietet.

An den Anfang des Konzerts setzt er ein kurzes Stück Bernd Alois Zimmermanns, jenes tragisch Geendeten , den man guten Gewissens als einen der bedeutendsten Komponisten seiner Generation bezeichnen kann. Photoptosis ist der Titel einer Komposition die versucht, farbliche Brechungen in musikalische Formen zu übertragen. Leichte Kost ist das nicht, aber das groß besetzte Orchester verleiht dem Werk doch eine Transparenz der Struktur, die das Verständnis erleichtert.

Es folgt die erste Symphonie Witold Lutosławskis, deren Komposition bereits im Jahr 1941 begonnen wurde, also in einer für einen Polen schrecklichen Zeit. In der ebenfalls schwierigen Nachkriegszeit wurde sie vollendet und hat erstaunlicher Weise trotzdem einen positiven, fast heiteren Charakter. Lutosławskis Komponierstil ist im weiteren Sinne traditionell, der Komponist hat es stets vermieden, sich modischen Trends anzuschließen. Das viersätzige Werk ist reich an Emotionalität und Farben, stellt das Orchester vor nicht geringe Herausforderungen. Trotz einer gewissen Sprödigkeit kann es aber doch gefallen. Erstaunlich, dass es bei den Berliner Philharmonikern erst ein einziges Mal auf dem Programm stand, 1981 unter der Leitung des Komponisten. „Kirill Petrenko dirigiert Zimmermann, Lutosławski und Brahms,
Philharmonie Berlin, 27. Januar 2022“
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Auferstehung in trüben Zeiten

Konzerthaus Wien, Großer Saal, 27. Januar 2022

Gustav Mahler:

Symphonie Nr. 2 in c-moll für Sopran, Alt/Mezzosopran, Chor und Orchester
„Auferstehungs-Symphonie“

Christina Landshamer, Sopran
Anna Lucia Richter, Mezzosopran
Wiener Singakademie

Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie
Dirigent: Jakub Hrůša

von Herbert Hiess

In der lausigen und lästigen Corona-Hochphase, wo viele Orchester aktuell reihenweise Absagen verkünden (so auch die Wiener Philharmoniker bei einer Kurztournee), schaffte es das Wiener Konzerthaus, ein Riesenensemble (Chor und Orchester) für dieses monumentale Werk aufs Podium zu bringen. Und es hat sich allemal ausgezahlt.

Mit den Bamberger Symphonikern als großartiges Orchester hat man ein Ensemble mit einer bewegten Gründungsgeschichte am Podium, das nicht umsonst einen „böhmischen Klang“ hat. 1946 wurde das Spitzenorchester größtenteils von Flüchtlingen aus dem Osten, vor allem jenen aus der Deutschen Philharmonie Prag, gegründet. Diese brutale Vertreibung, die so gern mit dem Wort „Kriegswirren“ höflich umschrieben wird, ist ja eigentlich bis heute nie restlos aufgearbeitet worden. „Gustav Mahler, „Auferstehungs-Symphonie“, Bamberger Symphoniker – Bayerische Staatsphilharmonie, Jakub Hrůša Dirigent,
Konzerthaus Wien, 27. Januar 2022“
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