Und was lernen wir daraus: „Ein alter Mann sollte keine junge Frau heiraten!“

Don Pasquale © 2022 Brinkhoff/Mögenburg


Die 13. Vorstellung? Don Pasquale? Hamburger Staatsoper? Meine Glückszahl! Ich bin ja abergläubisch – also nichts wie hin!

Gaetano Donizetti
Don Pasquale

Staatsoper Hamburg, 23. April 2024 

von Harald Nicolas Stazol

 „Die Kinder! Sehen Sie die Kinder?“, frage ich das ältere Ehepaar nach zwei Akten Donizetti im Foyer – wo die Liebe hinfällt, beide sind etwa 1,70 Meter groß – „Aber natürlich, wir haben auch unsere Freude daran!“ – „Ja herzerfrischend, und dann auch noch eine Opera buffa, wie passend, um der Oper näherzukommen!“ – denn da ist eine Schar von Lausejungs im Anzug und von Backfischen im Kleidchen. Schon vorher ist mir die gar nicht kleine, gutgelaunte Truppe voller Vorfreude auf dem Trottoir vorm Hohen Haus auf das Entzückendste aufgefallen, „Sagt ihr mir nachher, wie ihr’s fandet?“ – „Aber klar!“, sagt mir ein Mädchen, – aber wie könnte es auch nicht?

„Gaetano Donizetti, Don Pasquale
Staatsoper Hamburg, 23. April 2024 “
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Diese Lucia erobert Covent Garden im Sturm

Lucia di Lammermoor © ROH. PHOTOGRAPHER+STEPHEN, CUMMISKEY

Es ist bemerkenswert, wie doch eine phänomenale Besetzung – an deren Spitze die einzigartige Nadine Sierra in der mörderisch (!) anspruchsvollen Rolle der Lucia – eine mehr als umstrittene Inszenierung des Jahres 2016 (Katie Mitchell), die beim Publikum der Royal Opera seinerzeit mehr Gelächter als Horror hervorrief, in ihrer aktuellen Wiederaufnahme zu einer hoch gefeierten Produktion aufwerten konnte.

Kritiker scheuten sich nicht, Vergleiche zwischen Sierra und Maria Callas (die Lucia war bekanntlich eine ihrer Star-Partien, namentlich unter der Stabführung Karajans in Berlin und Wien  1955/56) zu ziehen – obwohl der Gesangsstil der beiden Sängerinnen unterschiedlicher kaum sein könnte.

Wie dem auch sei: Die abenteuerliche Inszenierung, welche die große Bühne des Königlichen Opernhauses in zwei Hälften teilt (Bühne: Vicky Mortimer), auf denen sich synchron zwei Aspekte der Handlung abspielen, gibt zu denken und wird jedenfalls nie langweilig – trotz der eigenwilligen Einfälle und elementaren Inszenierungsmängel dieser Regisseurin, die auch noch in ihrer zweiten Wiederaufnahme seit 2016 manche Frage offen lässt.

Lucia di Lammermoor
Musik von  Gaetano Donizetti
Libretto von Salvadore Cammarano

Royal Opera Covent Garden, 22. April 2024
zweite Wiederaufnahme der Inszenierung von 2016


von Dr. Charles E. Ritterband

Als die 35-jährige amerikanische Sopranistin Nadine Sierra nach ihrem Koloratur-Tour de Force als letzte und am meisten gefeierte Solistin zum Schlussapplaus die Bühne der Royal Opera betrat, erschien sie so taufrisch, als wäre sie soeben aus der Wellness-Anlage eines Fünfsternhotels gekommen. Doch was sie da noch vor wenigen Minuten als blutüberströmte Lucia sängerisch geleistet hatte, macht ihr auf den großen Opernbühnen dieser Welt nicht so rasch eine Kollegin (die Netrebko inclusive) nach. „Gaetano Donizetti, Lucia di Lammermoor
Royal Opera Covent Garden, 22. April 2024 “
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Nachwuchsproduktion der Bayerischen Staatsoper: Lucrezia leuchtet, der Mond dämmert vor sich hin

Lucrezia 2024, T. Mole, L. Foor © W. Hoesl

LUCREZIA
Un atto in tre momenti (1937)

Komponist   Ottorino Respighi
Libretto von Claudio Guastalla
Reduzierte Orchesterfassung von Richard Whilds (2024)

DER MOND
Ein kleines Welttheater (1939)

Komponist   Carl Orff
Libretto vom Komponisten nach dem gleichnamigen Märchen der Gebrüder Grimm
Reduzierte Orchesterfassung von Takénori Némoto (2007)

Premiere des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper

Cuvilliés-Theater, München, 24. April 2024

von Frank Heublein

An diesem Abend feiert im Cuvilliés-Theater in München die Produktion des Opernstudios der Bayerischen Staatsoper Premiere. Sie besteht aus Respighis Lucrezia und Orffs Der Mond, die zeitlich beide in der zweiten Hälfte der 1930er Jahre entstanden sind.

Kurz gesagt ist Respighis Lucrezia Licht. Der Einakter überzeugt mich musikalisch und erfasst mich emotional. Orffs Der Mond ist Schatten, kompositorisch geht das Konzept in mir nicht auf. Im zweiten Teil von Orffs Einakter breitet sich Langeweile in mir aus, die ich durch mein inneres Fragen über das Stück erkenne. „Lucrezia und Der Mond
Cuvilliés-Theater, München, 24. April 2024“
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Lachenmanns „My Melodies“ geben Einblicke in die Werkstatt des Komponisten

CD-Rezension:

Die CD ist ein wichtiger Beitrag zur bisher eher schmalen Discographie des Komponisten Helmut Lachenmann, der weit über Deutschland hinaus anerkannt ist.

Helmut Lachenmann
My Melodies

musica viva #43

BR Klassik

von Peter Sommeregger

Helmut Lachenmann zählt wohl zu den bedeutendsten und bekanntesten lebenden Komponisten Deutschlands. Der inzwischen weit über 80 Jahre alte Lachenmann ist nach wie vor künstlerisch aktiv.

Die nun vorgelegte neue CD ist der Mitschnitt eines Konzertes der bereits legendären  musica viva-Reihe, die sich zeitgenössischen Komponisten und ihren Werken widmet. Lachenmanns Komposition „My Melodies“ ist ein Auftragswerk des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks und wurde von der Horngruppe des Orchesters am 7. Juni 2018 unter der Leitung des kürzlich verstorbenen Peter Eötvös im Rahmen eines musica viva-Konzertes uraufgeführt. „CD-Rezension:  Helmut Lachenmann My Melodies
klassik-begeistert.de, 25. April 2024“
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Fauré und seine Schüler: Palazzetto Bru Zane stellt die Flöte auf den Prüfstand

Fotos: © Matteo De Fina

Im  venezianischen Palazzetto Bru Zane wird, so verspricht es die Titelseite des Programmhefts, die Flöte bei Kammermusik der französischen Romantik auf den Prüfstand gestellt. Eine durchaus riskante Überschrift, lädt sie doch den musikalischen Prüftechniker implizit fast schon dazu ein, um jeden Preis Haare in der Suppe zu finden. Umso besser, so viel sei vorweggenommen, dass sich kaum welche finden lassen wollten – zumindest, sofern man über eine missglückte Zugabe hinwegblickt. Denn dem französischen Flötisten Alexis Kossenko und dem griechischen Pianisten Vassilis Varvaresos gelang ein ansonsten hochgradig überzeugender Abend voller musikalischer Einfühlsamkeit, mitreißendem Ausdrucks und mancher musikalischer Überraschung. Insofern: Prüfstand bestanden! 

„Die Querflöte auf dem Prüfstand“ – Kompositionen von Gabriel Fauré, Maurice Ravel, Georges Enesco, Charles Kochelin, Eugène Cools, Louis Masson und Alfredo Casella

Alexis Kossenko, Querflöte
Vassilis Varvaresos, Klavier

Palazzetto Bru Zane, 19. April 2024

von Willi Patzelt

Wer an venezianisches Musikleben denkt, hört im inneren Ohr wohl Claudio Monteverdi oder Giovanni Gabrieli – und natürlich nicht zuletzt auch Antonio Vivaldi. Und nicht wenige werden auch wohl an La Fenice denken – und das alles natürlich nicht zu Unrecht. Weitaus weniger Leute haben jedoch wohl die italienische Lagunenstadt als einen wesentlichen Ort der Rezeption von Musik der französischen Romantik im Bewusstsein. Und das freilich schon zu Unrecht. Denn inmitten von San Polo – unweit des Grabes von Claudio Monteverdi – befindet sich ein kleiner, auf den ersten Blick unscheinbarer Palazzetto, in dem man sich seit nunmehr 15 Jahren französischer Musik des ausgehenden 18. Jahrhunderts bis zum ersten Weltkrieg widmet.

„Alexis Kossenko, Querflöte, Vassilis Varvaresos, Klavier
Palazzetto Bru Zane, 19. April 2024“
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Die Neuköllner Oper Berlin behandelt ein ernstes Thema mit viel Pepp und Schwung

© Foto: Matthias Heyde, Grafik: Vincent Stefan

Wieder einmal hat die Neuköllner Oper mit ihrem Markenkern überzeugen können: ernsthafte Themen in ansprechender Form auf die Bühne zu bringen.

Anna & Eve
EIN KI-MUSIKTHEATER VON MARIE KILG (TEXT)
EVA KUHN (MUSIK)
FASSUNG: FABIAN GERHARDT

Neuköllner Oper
Uraufführung am 24. April 2024

von Peter Sommeregger

KI, die so genannte Künstliche Intelligenz ist aktuell eines der brisantesten Themen unserer Zeit. Wie weit wollen wir uns Technologien ausliefern, die möglicherweise eines Tages uns beherrschen werden, und nicht umgekehrt? Wie stellt man es an, KI auch als solche zu erkennen? „Anna & Eve, Ein KI-Musiktheater von Marie Kilg
Neuköllner Oper, Uraufführung am 24. April 2024“
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Klein beleuchtet kurz Nr 30: Im Kräutergarten der Percussion

Bergen Philharmonic Orchestra; Alexej Gerassimez; Edward Gardner © Patrik Klein

Alexej Gerassimez wirbelt ohne falsch abzubiegen durch das Labyrinth der Taktwechsel

Auf dem übervollen Podium hatte man bereits das groß besetzte Orchester aus dem hohen Norden, das Bergen Philharmonic Orchestra platziert. Davor noch bis zum Zuschauerrand in der ersten Reihe ein Reigen der unterschiedlichsten Schlaginstrumente.

Ein sehr ungewöhnlicher Konzertabend stand auf dem Programm der restlos ausverkauften Elbphilharmonie Hamburg. Der südfinnische Komponist Kalevi Aho kreierte das im Zentrum des Abends stehende Werk Sieidi im Jahre 2010, das wie auf den Leib geschnitten schien für einen der weltbesten Schlagwerker. „Klein beleuchtet kurz Nr 30: Im Kräutergarten der Percussion
klassik-begeistert.de, 25. April 2024“
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Vergewaltigtes Gold: Das Harz Theater in Halberstadt überzeugt mit Wagners „Rheingold“ 

Rheingold, Harz Theater

Richard Wagner (1813 – 1883)
Das Rheingold
In deutscher Sprache mit Übertiteln

Libretto vom Komponisten
Uraufführung 1870 in München

Harz Theater, Großes Haus, Halberstadt, 21. April 2024

von Dr. Bianca Maria Gerlich

Das Harz Theater mit dem Großen Haus in Halberstadt habe ich schon in den 1990er Jahren regelmäßig besucht und fand die damaligen Aufführungen stets von hoher Qualität. Wie ich nun nach einigen Jahren Abwesenheit feststellen konnte, sind die Qualität und das Engagement sowie viele Mitwirkende diesem Haus zum Glück erhalten geblieben. „Richard Wagner (1813 – 1883), Das Rheingold
Harz Theater, Großes Haus, Halberstadt, 21. April 2024“
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Eine kurze Geschichte der Trompete in 35 Minuten: Alison Balsom zelebriert Wynton Marsalis

London Symphony Orchestra,  Pappano, Balsom in Philharmonie Köln © Christian Palm

Und auch nach der Pause gibt es eine Rarität. Sir Antonio Pappano und das London Symphony Orchestra am ersten von zwei Abenden in Köln.

Samuel Barber (1910-1981) – Adagio for Strings

Wynton Marsalis (*1961) – Konzert für Trompete und Orchester Es-Dur

Ralph Vaughan Williams (1872-1958) – Sinfonie Nr. 5 D-Dur

London Symphony Orchestra
Alison Balsom, Trompete
Sir Antonio Pappano, Dirigent

Köln, Philharmonie, 23. April 2024

von Brian Cooper, Bonn

Endlich! Endlich mal ein innovatives, spannendes, ein mutiges Konzertprogramm, für das man dem London Symphony Orchestra (LSO), seinem Chefdirigenten Antonio Pappano, der Trompeterin Alison Balsom, der Konzertdirektion Schmid und der Westdeutschen Konzertdirektion nicht laut, nicht ausgiebig genug mit wärmstem Händedruck danken kann. Seid umschlugen, Millionen! „London Symphony Orchestra, Alison Balsom,Trompete, Sir Antonio Pappano, Dirigent
Köln, Philharmonie, 23. April 2024“
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Geigerin Liv Migdal und Klavierpartner Mario Häring berühren die Zuhörer mit hochemotionalen Interpretationen vergessener Komponistinnen

Liv Migdal © Tanita Karkuth

klassik@sendesaal-Konzert „Horizont. Heimat“

Ethel Smyth: Sonate für Violine und Klavier a-Moll op. 7

Amanda Maier: Sechs Stücke für Violine und Klavier

Edvard Grieg: Sonate für Violine und Klavier Nr. 2 G-Dur op. 13

Liv Migdal   Violine
Mario Häring   Klavier

Sendesaal Bremen, 23. April 2024

von Gerd Klingeberg

Ethel Smyth und Amanda Maier galten zu Lebzeiten als herausragende Komponistinnen und Musikerinnen. Doch selbst in einschlägigen Musikführern sucht man ihre Namen bislang zumeist vergeblich. Zweifellos zu Unrecht, wie die Zuhörer beim Kammerkonzert im Bremer Sendesaal wohl einhellig bestätigen würden. „Liv Migdal, Violine und Mario Häring, Klavier
Sendesaal Bremen, 23. April 2024“
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