Zaubernacht und Handwerkerspaß: ein Theaterfest begeistert an der Oper Halle 

Premiere, Oper Halle, 18. September 2021
Benjamin Britten, Ein Sommernachtstraum

v.l. Sergiy Mishchurenko, Leandro Marziotte, Vanessa Waldhart, Ki-Hyun Park © Theater, Oper und Orchester GmbH Halle, Foto: Federico Pedrotti

von Guido Müller

Ein Theaterfest der feinsten Art und eine prächtige Ensembleoper bietet uns der britische Regisseur Walter Sutcliffe mit seinem Team an der Oper Halle zu Beginn seiner neuen Intendanz. Er feiert damit das Musiktheater und zugleich das Publikum.

Und es gelingt dem Britten-Fan Sutcliffe und seinen Mitstreitern virtuos mit (fast) allen Mitteln des Theaters zu zeigen, wie das Publikum mit seiner Fantasie die Aufführung mit erschafft. Er entfesselt den Zauber einer Theaternacht in den quasi „chemischen Reaktionen“ (Sutcliffe im Programmheft) zwischen Bühne und Zuschauern auf magische Weise. „Benjamin Britten, Ein Sommernachtstraum
Premiere, Oper Halle, 18. September 2021“
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Eine festspielreife Produktion von Händels „Teseo“ begeistert an der Oper Halle

Oper Halle, 2. Oktober 2020
Georg Friedrich Händel, Teseo (Premiere)

Fotos: (c) Falk Wenzel

von Guido Müller

Im Juni diesen Jahres mussten die Händel-Festspiele in Halle an der Saale bedingt durch die Corona-Pandemie-Vorschriften abgesagt werden. Damit entfiel auch die traditionell von der Oper in seiner Geburtsstadt verantwortete Produktion der Oper Teseo zur Eröffnung der Festspiele. Die geplante frühe und 1713 in London mit großem Erfolg uraufgeführte Oper Händels wurde unter künstlerischer Leitung durch das Team Martin G. Berger (Regie) und Attilio Cremonesi (musikalische Leitung) nun zum Beginn der Spielzeit in einer neuen neunzigminütigen Spielfassung dargeboten. Mit Abstandsregelungen, radikaler Reduktion des Händelfestspielorchesters auf wenige Solisten und ohne Pause wurde nun allen Vorschriften entsprechend eine Reduktion realisiert. Und das gelingt grandios. „Georg Friedrich Händel, Teseo
Oper Halle, 2. Oktober 2020“
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Der Wüstling im Altenheim: Mozarts "Don Giovanni" an der Oper Halle

Foto: © Oper Halle

Oper Halle, 29. Februar 2020

Wolfgang Amadeus Mozart, Don Giovanni (Premiere)

von Guido Müller

Was haben Rollstühle und eine Schildkröte mit dem Begehren und Mythos des spanischen Adligen Don Giovanni zu tun? Diese Fragen wirft die intellektuell und bildlich anspruchsvolle Inszenierung der Psychologin, Forensikerin, Schriftstellerin und Regisseurin Nina Kupczyk auf. Ihr geht es um körperlich und seelisch versehrte Menschen unterschiedlichen Alters und in unterschiedlichen Lebenstationen. In dieser Inszenierung werden in ihrem unerfüllten Begehren gealterte und zerrissene Menschen und die rückwärtsgewandten Zeitsprünge ihrer Biographien auf die Bühne gebracht.

Daher zeigt die Inszenierung zur Ouvertüre in ihrem ersten Donnerschlag schon zugleich eine nackte Frau stehend und den Blicken des Publikums ausgeliefert auf einer Art Opfer-Altar und einen dahinter von oben herunter rasenden verhüllten Leichnam. Lust und Tod als das große Thema der Oper Don Giovanni gleich zu Beginn. „Wolfgang Amadeus Mozart, Don Giovanni, Premiere,
Oper Halle, 29. Februar 2020“
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Psychodrama zwischen Waldsee und Bungalow: Dvořáks „Rusalka“ an der Oper Halle

Foto: © Falk Wenzel

Oper Halle, 25. Januar 2020

Antonín Dvořák, Rusalka

von Guido Müller

Im Mittelpunkt des „lyrischen Märchens“, einer großen Romantischen Oper in drei Akten von Dvořák und Kvapil, das 1901 in Prag uraufgeführt wurde, steht ein Wassermädchen. Diese Rusalka sehnt sich nach einer Seele und der Menschenwelt. Sie will die kalte Unterwasserwelt des Wassermanns und ihrer Schwestern verlassen, um die Liebe eines Menschen für sich zu gewinnen. Dieser Mensch kommt als Prinz immer wieder an ihren Waldsee, um zu baden. Dort hat sich Rusalka als Welle in ihn verliebt. „Antonín Dvořák, Rusalka,
Oper Halle, 25. Januar 2020“
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"JULIUS CÄSAR IN ÄGYPTEN": Starker und langer Beifall des Premieren-Publikums in Halle

Foto: Falk Wenzel ©
Oper Halle, 31. Mai 2019
Georg Friedrich Händel: JULIUS CÄSAR IN ÄGYPTEN

von Guido Müller

Gerade erst hat die Oper Halle den alle zwei Jahre verliehenen Theaterpreis des Bundes erhalten, weil das Haus „unter der Intendanz von Florian Lutz mit ihrem neuen ästhetischen Programm überregionale Stahlkraft gewonnen“ habe.

Nun inszeniert zur Eröffnung der renommierten Händel-Festspiele der Regiealtmeister Peter Konwitschny gemeinsam mit dem Hallenser Bühnenbildner, Ausstatter und Grafik-Professor Helmut Brade Händels wohl beliebteste Oper „Julius Cäsar in Ägypten“ in einer neuen deutschen Übersetzung von Werner Hinze, Bettina Bartz und Peter Konwitschny. Das Team Konwitschny-Brade hatte bereits in den 1980ger-Jahren in Halle sehr erfolgreich und weit beachtet Händel-Opern zur Aufführung gebracht. Wie sieht nun ihr ästhetisches Programm über dreißig Jahre später aus? „Georg Friedrich Händel: JULIUS CÄSAR IN ÄGYPTEN,
Premiere Oper Halle, 31. Mai 2019“
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Oper Halle: Blicke aus Afrika sezieren Grand Opéra

Foto: (c) Falk Wenzel
Oper Halle, 5. Oktober  2018
Giacomo Meyerbeer, L’Africaine / Fotouona Djami Yélé
Das Kollektiv Angermayr
/Goerge/Somé /Traoré/VanSchoor

von Guido Müller

Um es gleich vorweg zu bemerken: mit der fünfaktigen Grand Opéra des bis zum Ersten Weltkrieg vielgespielten und neuerdings wieder häufiger auch an kleineren Bühnen aufgeführten Giacomo Meyerbeer „Vasco da Gama“ von 1865 (früher auch als „L’Africaine“ bekannt) hat diese stark beschnittene Fassung so wenig zu tun wie der zerstückelte Leichnam eines Kriegsopfers mit einem lebendigen Menschen. Krieg ist ja auch ein wichtiger Teil unseres Bildes von Afrika – wie auch der Eroberungs- und Kolonialkrieg der historische Hintergrund der Opernhandlung um eine erfundene Dreiecksliebesgeschichte ist: des Seefahrers Vasco da Gama zwischen der portugiesischen Admiralstochter Ines und der aus Indien stammenden, dem Brahmakult anhängenden Königin Selica, die in Afrika versklavt von Vasco da Gama nach Europa geführt wird.

Da mögen sich die sinnlich oder triumphal spielende Staatskapelle Halle unter der souveränen Leitung Michael Wendebergs oder der exzellente Opernchor unter der neuen Leitung von Markus Fischer und erst recht die zahlreichen Solisten, die hier gar nicht alle gewürdigt werden können, noch so sehr bemühen. Vorzüglich strahlt das neue Ensemblemitglied Tenor Matthias Koziorowski als Vasco da Gama, und herrlich schön singt Liudmila Lokaichuk die Kantilenen der Inès. KS Romelia Lichtenstein debütiert beachtlich in einer französischen Hauptrolle als Selica.Gerd Vogel stattet den Selica-Gefährten mit baritonalem Glanz und starker Bühnenpräsenz aus. Daneben verdienen Magnús Baldvinnsson als edle Basstöne verströmender Gast in seiner Doppelrolle und das Chormitlied Sebastian Byzdra als herrlich tonschön singender Matrose besonderes Lob. „Giacomo Meyerbeer, L’Africaine / Fotouona Djami Yélé,
Oper Halle“
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Boulez explodiert, und Schubert implodiert in der Raumbühne Babylon

Foto: (c) Ana Kolata Bühnen Halle
Oper Halle (Saale),
30. September / 1. Oktober 2018
Michael Wendeberg, Steinway-Flügel, Robert Sellier, Tenor, Sylvia Ackermann, Carl Graf Hammerflügel

von Guido Müller

Untergang genießen? Diesem Motto widmet sich die Spielzeit 2018/19 der Oper Halle in der Raumbühne Babylon von Sebastian Hannak. Das gilt nicht nur für die Opern von Verdi oder Meyerbeer, das Ballett Bizarr oder das Schauspiel Nackt über Berlin, sondern auch für Formate wie Klavier- oder Liederabende, Poetry Slam oder Hip Hop.

Mit welchem Komponisten verbindet sich in der Oper das Motto besser als mit dem Franzosen Pierre Boulez, der sogar die Sprengung der Opernhäuser forderte, um dann im Operntempel Wagners in Bayreuth als Dirigent im „Jahrhundertring“ ab 1976 die „Götterdämmerung“ zu zelebrieren. „Michael Wendeberg, Robert Sellier, Sylvia Ackermann,
Oper Halle (Saale)“
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Oper Halle: Verdis Messa da Requiem als gewaltobsessive Affenshow im Untergangsszenario

Foto: (c) Sebastian Hannak
Oper Halle
, 14. September 2018
Giuseppe Verdi: Messa da Requiem

Christopher Sprenger, musikalische Leitung
Florian Lutz, Inszenierung,
Sebastian Hannak, Raumbühne,
Mechthild Feuerstein, Kostüm

von Guido Müller

Die Erde hat sich in einen von affenähnlichen, gewaltobsessiven faschistischen Wesen beherrschten und verseuchten Planeten verwandelt. Dies ist die von Sebastian Hannak dieses Mal mit genug Platz für die Staatskapelle Halle in ihrer Mitte errichtete und mit guter akustischer Einrichtung geschaffene Raumbühne Babylon mit Überresten menschlicher Zivilisation.

Die Zuschauer in der Oper Halle sitzen im Kreis um das Orchester und mitten im Chor. Daher werden die Zuschauer bereits an den Eingängen gebeten Schutzanzüge und Affenmasken zur Tarnung und zum Schutz anzulegen. Später bietet der Chor in den Affenkostümen ihnen Bananen und nach einer Art Vermenschlichung mit biblischem Brudermord und menschlicher Kostümierung Wasser in Cola-Dosen an, auf denen „Dies Irae“ (Tag des Zorns) steht. „Giuseppe Verdi: Messa da Requiem,
Oper Halle“
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Moritzburg Open Air: Auf dem Spitzenniveau großer Häuser

Foto: Staatskapelle Halle im Hof der Moritzburg (c) Falk Wenzel
Hof der Moritzburg, Halle (Saale)
, 28. und 30. Juni 2018
Moritzburg Openair, Oper Halle
Staatskapelle Halle, Michael Wendeberg und Peter Schedding, Dirigenten

Italienischer Belcanto und französische Belle Epoque. Gaetano Donizetti, Anna Bolena und Pariser Bohème sowie Musik der Belle Epoque

Von Guido Müller

Im Rahmen des Moritzburg Openair der Oper Halle fanden zum Ende der Spielzeit  bei herrlichem Sommerabendwetter zwei Highlights statt: die italienische Belcanto-Oper „Anna Bolena“ von Donizetti in drei konzertanten Aufführungen und ein Abend zum Thema Pariser Bohème und Musik der Belle Epoque. „Italienischer Belcanto und französische Belle Epoque, Moritzburg Openair, Oper Halle,
Hof der Moritzburg, Halle (Saale)“
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Fidelio in Halle:
unterhaltsam, witzig, anregend

Foto © Detlef Kurth
Ludwig van Beethoven, Fidelio
Oper Halle
, 15. November 2017

von Guido Müller

Wenn es in der ursprünglich unter dem Titel „Leonore“ oder „Die Gattentreue“ als deutsches Singspiel entworfenen Befreiungs-Oper „Fidelio“ etwas zum Lachen gibt, wenn Slapstick sich mit humanistischem und kapitalismuskritischem Ernst um einen diffizilen Freiheitsbegriff abwechselt, ja durchdringt, dann hat sich der derzeitig weit über das Kulturleben der Saalestadt Halle hinaus beachtete und für deutsche Theaterpreisehren sorgende junge Opern-Intendant Florian Lutz der feierlichen Sache von Beethovens musikalisch heterogener Hymne auf Gattentreue und Freiheit angenommen. Diese beliebte deutsche Fest-Oper ist ja durchaus mit genug dramaturgischen und textlichen Schwächen und Zerrissenheit behaftet. „Ludwig van Beethoven, Fidelio,
Oper Halle, 15. November 2017“
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