Klangforum Wien: Aperghis imponiert, Saunders ist zu vorsichtig

Foto: Philharmonie Berlin, © Schirmer

Klangforum Wien I mit Werken von Rebecca Saunders,
Klangforum Wien II mit einer Uraufführung von Georges Aperghis, Philharmonie Berlin, 4. September 2020

Musikalische Leitung Emilio Pomàrico
Klangforum Wien
Neue Vocalsolisten Stuttgart

von Gabriel Pech

Das Musikfest Berlin 2020 kann stattfinden: Das ist ja schon mal eine große, schöne Sache. Natürlich mussten einige Maßnahmen in Kraft treten, damit das so überhaupt möglich ist. Abstandsplätze gehören mittlerweile sowieso zum Konzertbild dazu, auch an der Maskenpflicht bis zum Konzertbeginn findet kaum noch jemand Anstoß. Dass aber auch die Musik vorsichtig sein muss, schreibt kein Hygienemaßnahmenkatalog vor.

Leider ist der erste Teil von Klangforum Wien unter der musikalischen Leitung von Emilio Pomàrico vor allem das: sehr vorsichtig. Komponistin Rebecca Saunders tupft zaghaft mit Klängen eine Farbmalerei, die nirgendwo so richtig hin will. „Musikfest Berlin 2020, Werke Rebecca Saunders und Georges Aperghis
Philharmonie Berlin, 4. September 2020“
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Ein Klangkörper und zwei Welten: Wie Dirigenten ein Orchester beeinflussen können

Grafenegg Festival (Foto (c)), Konzert am 3. September 2020
Ludwig van Beethoven Ouvertüre zum Trauerspiel „Coriolan“ op. 62
Konzert für Klavier und Orchester Nr. 4 in G-Dur op. 58
Symphonie Nr. 2 in D-Dur op. 36
Rudolf Buchbinder, Klavier
Wiener Philharmoniker
Gustavo Dudamel, Dirigent

https://www.grafenegg.com/de/programm-tickets/gustavo-dudamel-und-die-wiener-philharmoniker

Konzert am 5. September 2020
Ludwig van Beethoven:
„Leonore“-Ouvertüre Nr. 3 op. 72b
Symphonie Nr. 3 in Es-Dur op. 55 „Eroica“
Wiener Philharmoniker
Franz Welser-Möst, Dirigent

von Herbert Hiess

Das „spezielle“ Grafenegg-Festival 2020 schloss sozusagen mit einem „Philharmoniker-Block“ ab. Für den Abschluss konnte das Meisterorchester gewonnen werden, das sich im Abstand von nur zwei Tagen komplett unterschiedlich präsentierte. Die Konzerte standen auch voll im Zeichen des musikalischen Jahresregenten Ludwig van Beethoven.

Beim ersten Konzert unter dem venezolanischen Stardirigenten Gustavo Dudamel konnte man eine veritable Sternstunde erleben. Trotz der eher geringen Probenzeit gelang dem Latino-Maestro mit dem Orchester ein Höhenflug, wie man ihn selten erlebt. „Grafenegg Festival, Rudolf Buchbinder, Wiener Philharmoniker, Gustavo Dudamel, Franz Welser-Möst
Grafenegg, 3. und 5. September 2020“
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Die MONTAG-PRESSE – 7. SEPTEMBER 2020

Philippe Jordan © Bregenzer Festspiele / Dietmar Mathis

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die MONTAG-PRESSE – 7. SEPTEMBER 2020

Philippe Jordan: Premiere für den „Neuen“ an der Wiener Staatsoper
Puccinis „Madama Butterfly“ am 7. Septemter ist die erste Premiere für Dirigent Philippe Jordan als neuen Musikdirektor der Wiener Staatsoper. Davor sprach er über die Oper und seinen Respekt vor dem Amt.
Kleine Zeitung

Wien
„Madama Butterfly“ Asmik Grigorian: „Ich darf lieben, ich darf töten“ Bezahlartikel
Die litauische Sopranistin eröffnet am Montag (7. September) an der Wiener Staatsoper die Ära von Direktor Bogdan Roščić.
Kurier

Wiener Staatsoper: Das neue Magazin
http://www.wiener-staatsoper.at/die-staatsoper/aktuelles/magazin/

Live aus Grafenegg: Beethoven und die Konzertrevolution
https://orf.at/stories/3179932/

München/ Cuvilliestheater
Als Ganzes wenig wirkungsvoll, und doch: ich kann genießen…
Ich fange früh in der Vorführung an, die Aufführung zu analysieren. Das ist schlecht! Es bedeutet, ich bin emotional nicht eingefangen. Warum? Die Sängerinnen und Sänger sind sehr gut, das Orchester hat einen kraftvollen Klang trotz der verhältnismäßig kleinen Besetzung. Warum komme ich nicht in einen emotionalen Flow in meinem ersten Operngang nach etwa sechs Monaten? Ist die übergroße Vorfreude schuld? Nein.
Die Erkenntnis trifft mich mit Fallen des Vorhangs zum Ende des ersten Akts: das Libretto ist Stückwerk. Nach der Vorlage Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre frei entwickelt, klingt die Handlung nicht so schlecht – wie sie sich mir darstellt.
von Frank Heublein, München
Klassik-begeistert

Hamburg
Molto Agitato“ an der Hamburgischen Staatsoper: So fackelt Castorf Amerika ab
Nach 176 Tagen Zwangspause eröffnete die Hamburgische Staatsoper mit einem Abgesang auf Amerika: Kapitalismus-Kritiker Frank Castorf knöpfte sich in „Molto Agitato“ Sexismus und Ausbeutung vor. Das überzeugte wegen der „hochtourigen“ Mitwirkenden.
BR-Klassik.de

Staatsoper: Castorf inszeniert Musiktheater „Molto agitato“
Sueddeutsche Zeitung

Frank Castorfs Debüt an der Staatsoper Hamburg
Statischer Abend mit Hang zum Autismus
DeutschlandfunkKultur

Frank Castorf inszeniert „molto agitato“ in Hamburg
Frankfurter Rundschau „Die MONTAG-PRESSE – 7. SEPTEMBER 2020“ weiterlesen

Jurowski und das RSB: Quer durch das 20. Jahrhundert in Berlin

Foto: Vladimir Jurowski (c)

Johann Sebastian Bach  Fuga aus „Ein musikalisches Opfer“.
Für Orchester gesetzt von Anton Webern
Alban Berg Drei Bruchstücke aus der Oper „Wozzeck“
Anton Webern  Variationen für Orchester op.30
Alfred Schnittke  Concerto Grosso Nr.1

Anne Schwanewilms  Sopran
Erez Ofer  Violine
Nadine Contini  Violine
Helen Collyer  Klavier und Cembalo
Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden
Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin
Vladimir Jurowski  Dirigent

Philharmonie Berlin, 5. September 2020

von Peter Sommeregger

 Was Vladimir Jurowski in diesem, gerade einmal 80 Minuten dauerndem Konzert fertig bringt, ist schon von der Programmwahl her ein großer Wurf. Die zu Beginn erklingende Fuga von Bach, in der Orchestrierung Anton Weberns baut die Brücke vom 18. ins 20. Jahrhundert, dem sämtliche weiteren Stücke entstammen. Webern greift die strengen barocken Formen auf, konterkariert sie aber mit einem polyphonen Orchestersatz.

Die Bruchstücke aus Alban Bergs „Wozzeck“, vom Komponisten selbst für den Konzertgebrauch arrangiert, und noch vor der Oper uraufgeführt, werden mit beinahe spätromantischer Süffigkeit zelebriert. Die großartige Anne Schwanewilms singt die Szenen der Marie mit klarem, höhensicherem Sopran und legt in ihren Gesang nebst prachtvollen Spitzentönen auch viel vom Charakter dieser zerrissenen Figur. Auch der Kinderchor der Staatsoper Unter den Linden kommt zum Einsatz, allen Beteiligten gelingt eine gelungene Interpretation dieses Schlüsselwerks der Moderne. „Rundfunk-Sinfonieorchester Berlin, Vladimir Jurowski, Anne Schwanewilms
Philharmonie Berlin“
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Ritterbands Klassikwelt 17: „Rule Britannia“ ohne Worte – Misstöne in Britanniens inoffiziellen Nationalhymnen

Rule Britannia, Jerusalem und Land of Hope and Glory werden, Covid und Political Correctness zum Trotz, weiterhin unverzichtbarer Bestandteil des britischen Sommers bleiben – auch wenn nach dem unvermeidbar kommenden nächsten schottischen Unabhängigkeitsreferendum Großbritannien nur noch aus England und Wales besteht.“

von Charles E. Ritterband

Das Zusammentreffen der Corona-Pandemie und der Protestwelle unter dem Motto „Black Lives Matter“ („schwarze Leben zählen“) hat zu neuen Varianten von „political correctness“ geführt. Teils mit spektakulären, teils aber auch skurrilen Ergebnissen: So hat sich die Fast-Food-Kette KFC („Kentucky Fried Chicken“) von ihrem seit 64 Jahren in den mehr als 20.000 Filialen hochgehaltenen Slogan verabschiedet, der behauptet, ihre frittierten Hühnerteile seien „finger lickin‘ good“ (so gut, dass man danach die Finger abschlecken möchte) – denn in Zeiten von Corona widerspreche solches Verhalten krass sämtlichen ärztlichen Empfehlungen. „Ritterbands Klassikwelt 17: „Rule Britannia“ ohne Worte – Misstöne in Britanniens inoffiziellen Nationalhymnen“ weiterlesen

Elbphilharmonie: Ein sommerlicher Brahms-Prokofjew-Zyklus in Hamburg

Hier wurden nicht vier Symphonien gespielt, hier wurde ein Symphonie-Zyklus gespielt. So soll das sein. Mehr Zyklen bitte!

Elbphilharmonie Hamburg, 2. & 4. September 2020, 18:30 & 21:00 Uhr
Alan Gilbert & NDR Elbphilharmonie Orchester

Lisa Batiashvili, Violine (02.09.2020)
Leonidas Kavakos, Violine (04.09.2020)

Werke von Johannes Brahms und Sergej Prokofjew

von Johannes K. Fischer

Ein äußerst gelungener Saisonauftakt in der Elbphilharmonie! Vier Brahms-Symphonien und zwei Prokofjew-Violinkonzerte: Wann bekommt man das schon an zwei Abenden zu hören? So kann diese Spielzeit gerne weitergehen.

Die neue Spielzeit des NDR Elbphilharmonie Orchesters beginnt also mit einem ganzen Zyklus der Brahms-Symphonien,verteilt auf insgesamt sieben Konzerte. Nur die Erste wird nur einmal gespielt (warum eigentlich?). Dazu jeweils eines der beiden Violinkonzerte von Prokofjew. Lisa Batiashvili spielt das Erste, Leonidas Kavakos das Zweite. „Alan Gilbert & NDR Elbphilharmonie Orchester, Lisa Batiashvili, Leonidas Kavakos,
Elbphilharmonie Hamburg, 2. & 4. September 2020, 18:30 & 21:00 Uhr“
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Die SONNTAG-PRESSE – 6. SEPTEMBER 2020

Bogdan Roscic, Wiener Staatsoper (c) M. Pöhn

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Die SONNTAG-PRESSE – 6. SEPTEMBER 2020

Wien
Die Staatsoper – Schnarchbude oder Kunstparnass?
Die Staatsoper gilt vielen als „Opernmuseum“. Ein Novitätenhaus war der Operntanker tatsächlich nie. Eine Einordnung zum Beginn der neuen Direktion.
Der Standard

Wiener Philharmoniker zahlen vier Abo-Konzerte zurück – und verkaufen diese neu
Sitzplätze im Musikverein auf die Hälfte reduziert, Abonnenten haben Vorkaufsrecht für neue Karten.
Kurier

Wien/ Staatsoper
Philippe Jordans durchdachte Emotion
Die Wiener Staatsoper bekommt mit dem Schweizer Dirigenten Philippe Jordan einen noch jungen, aber schon erfahrenen Musikdirektor. Ein Porträt
Der Standard

Graz/ Musikverein für Steiermark
Musikverein Graz startet mit Diagonale-Eröffnungsfilm
Der Grazer Musikverein startet am 8. September ausnahmsweise mit einem Film in die neue Saison: Präsentiert wird der Eröffnungsfilm der – abgesagten – Diagonale, „Der schönste Platz auf Erden“. Alle geplanten Konzerte können aber stattfinden.
https://steiermark.orf.at/stories/3065360/

Berlin/ Deutsche Oper
Ein moralischer Grenzfall an der Deutschen Oper: „Baby Doll“
Ein Abend der großen Emotionen: Marie-Ève Signeyrole konfrontiert Beethovens Siebte Sinfonie mit dem Grauen einer Fluchtgeschichte
Berliner Morgenpost

Baby Doll“ an der Deutschen Oper: Auf der Flucht
Donald Runnicles dirigiert den Neustart an der Deutschen Oper mit einer von Marie-Eve Signeyrol inszenierten Beethoven-Performance.
Tagesspiegel

Hamburg/ Elbphilharmonie
Das Schöne ist erwacht
Wenn die Nachbarin, die Grande Dame des Hauses, ganz aufgeregt schon um 8 Uhr morgens atemlos fragt: „Wie war es denn gestern in der Elbphilharmonie?“ – kann man treppauf nur ebenso atemlos antworten: „Epochal! Ravissant! Incredible!“ – und ganz gegen landläufige Meinung neigt der Rezensent gewöhnlich nicht zur Übertreibung. Denn was man hier, am Abend der Wiedererweckung unserer Schönheit an der Elbe, hören konnte, nein, durfte, war phantastisch.
Der Publizist Harald N. Stazol berichtet aus Hamburg.
Klassik-begeistert

Musikfest Berlin: 2020 Geschlossene Gesellschaft
Daniel Barenboim und die Staatskapelle kredenzen einen milden Mozart in der Philharmonie.
Tagesspiegel „Die SONNTAG-PRESSE – 6. SEPTEMBER 2020“ weiterlesen

Ambroise Thomas‘ "Mignon" in München: Als Ganzes wenig wirkungsvoll, und doch: ich kann genießen

Opernstudio der Bayerischen Staatsoper, Cuvilliés-Theater, München, Premiere am 3. September 2020

Musikalische Leitung Pierre Dumoussaud
Inszenierung Christiane Lutz
Bühne Christian Andre Tabakoff

Mignon Sarah Gilford
Wilhelm Meister Caspar Singh
Philine Juliana Zara
Lothario Oğulcan Yilmaz
Frédéric Daria Proszek
Jarno Antonio Christian Valle
Laërte George Vîrban

Bayerisches Staatsorchester
Extra-Chor der Bayerischen Staatsoper

von Frank Heublein

Ich fange früh in der Vorführung an, die Aufführung zu analysieren. Das ist schlecht! Es bedeutet, ich bin emotional nicht eingefangen. Warum? Die Sängerinnen und Sänger sind sehr gut, das Orchester hat einen kraftvollen Klang trotz der verhältnismäßig kleinen Besetzung. Warum komme ich nicht in einen emotionalen Flow in meinem ersten Operngang nach etwa sechs Monaten? Ist die übergroße Vorfreude schuld? Nein.

Die Erkenntnis trifft mich mit Fallen des Vorhangs zum Ende des ersten Akts: das Libretto ist Stückwerk. Nach der Vorlage Goethes Wilhelm Meisters Lehrjahre frei entwickelt, klingt die Handlung nicht so schlecht – wie sie sich mir darstellt.

Mignon, ein junges Mädchen, die ihre Herkunft nicht kennt, wird misshandelt, von Wilhelm Meister gerettet, emotional von ihm aber im Stich gelassen. In ihrer Verzweiflung wünscht sie allen und insbesondere ihrer Konkurrentin Philine um die Aufmerksamkeit Wilhelm Meisters den Untergang an den Hals. Der Fluch wendet sich gegen sie selbst und erneut rettet sie Wilhelm Meister. Verliebt sich gar in sie. Ihre Erinnerung kehrt – durch den lange nicht als solchen erkannten Vater – wieder. Doch sie trifft der Schlag durch dieses große Glück im Verbund mit der Erkenntnis der Erinnerung.

Klingt dramatisch! Erspüre ich aber nicht so! Das Libretto der reduzierten Fassung von Paul Leonard Schäffer ist eine Aneinanderreihung von Gesangsnummern. Weder Musik noch Handlung nimmt mich mit in einen größeren musikalischen Zusammenhang. Die Inszenierung bringt mich nicht näher ans Geschehen heran.

In mir will kein Flow entstehen. Die im musikalischen Zeitalter der Romantik entstandene Komposition von 1866 von Ambroise Thomas vermag in mir keine anhaltende Intensität, keine emotionale Dichte zu verbreiten. Die einzelnen Handlungsaktionen verbinden sich in mir nicht zu einem Ganzen.

Ich mag Entdeckungen, gerade die Auswahl eher unbekannter Stücke finde ich bei den Münchner Opernstudio Produktionen wunderbar. Konkret dieses Stück jedoch muss ich mir so schnell nicht wieder ansehen.

  1. Akt, Vorhang. Erkenntnis da und auch Betrübnis. Was tun? Es folgen noch zwei Akte, da genieße ich doch, was ich genießen kann!

Ich genieße: die wunderbaren Musiker und Solisten. Dirigent Pierre Dumoussaud hat ein insbesondere Streichertechnisch kleines zugleich sehr konzentriertes und alertes Orchester vor sich. Allzu viele Musiker passen gar nicht rein in den verhältnismäßig kleinen Orchestergraben des Cuvilliés-Theaters. Der Klang ist – keinesfalls nur trotzdem – voll, die Streichereinlagen klingen entsprechend der Besetzung zuweilen fast solistisch. Ungewohnt und gerade deshalb interessant. Die Instrumentalisten des bayerischen Staatsorchesters sind bestens disponiert und holen aus der Musik heraus was geht. Sie bieten damit beste Unterstützung für die Akteure auf der Bühne.

Gelungen sind die Choreinlagen, die in diesem Fall auch von den Solisten mitgetragen werden, denn auch oben auf der Bühne ist es ebenso eng, kein Platz für einen großen Chor. Genau das mag ich an den Opernstudioproduktionen: kreative Lösungen, die beeindrucken, egal wie klein der Raum, wie verhältnismäßig schmal die produktionstechnischen Möglichkeiten.

Den Laërte, die für Bariton „ausgeschriebene“ Rolle, den Schaupielerkollegen der zweiten weiblichen Hauptpartie Philine singt und spielt Tenor George Vîrban. Das hellere Timbre bekommt der Figur sehr gut. Die reduzierte Fassung lässt seine musikalische wie schauspielerische Bühnenpräsenz nur im ersten Akt erstrahlen.

Lothario, ebenfalls als Bariton Rolle vorgegeben, wird von Bass Oğulcan Yilmaz interpretiert. Er singt den vor Trauer in verzweifeltes Vergessen abgedrifteten Vater Mignons konzentriert, darf rollengemäß emotional nur im dritten Akt in die Vollen singen, wenn er in einer Rückblende den Unfalltod der Gattin bodenlos bestürzt betrauert.

Tenor Caspar Singh singt den Wilhelm Meister. Zu Unrecht fürchte ich anfangs, seine Stimme setzt sich nicht gegen das Orchester durch. Seine Stimme mag nicht die durchdringendste sein, fest ist sie allerdings und hervorragend akzentuiert in allen seinen Arien und Duetten. Am besten gefällt er mir im dritten Akt, in dem er die bewusstlose Mignon vergöttert in seiner Arie „Elle ne croyait pas, dans sa candeur naïve“ (Wie ihre Unschuld auch sich das Gefühl verhehlte).

Beide weiblichen Hauptrollen sind im Sopran gesetzt, die Ausgestaltung der Rollen jedoch sehr unterschiedlich.

Titelrolle Mignon ist eine zerbrechliche suchende Stimme. Mignon wird von Sopranistin Sarah Gilford interpretiert. Im ersten Akt brilliert sie mit klarem, festem warmem Sopran im durch Goethe bekannten „Connais-tu le pays“ (Kennst Du das Land) und entfaltet dabei eine Sehnsucht, die sich in diesen Momenten auf mich überträgt. Im zweiten Akt entdeckt sie Philines „Schauspieler-Zauber-Wunder-Welt“ und probiert Schminke und Kleider und singt sich selbst dabei mit „II était un pauvre enfant“ (Kam ein armes Kind von fern) Mut an.

Dagegen Philine eine femme fatale, die ihre Wirkung auf Männer sehr gut kennt und diese voll ausnützt. Das halsbrecherische waghalsige kommt am besten in der im höchsten Maße mit Kolloraturen ausgestatteten Arie „Je suis Titania“ (Titania ist herabgestiegen) im zweiten Akt zum Ausdruck. Sopranistin Juliana Zara verleiht der Aufführung im eher kurzen Moment dieser Arie das lodernde Feuer, das ich mir dauerhaft von der ganzen Aufführung erhofft hätte, nur: diese Wirkung verfehlt das Stück in mir.

Frank Heublein, 5. September 2020, für
klassik-begeistert.de und klassik-begeistert.at

Die SAMSTAG-PRESSE – 5. SEPTEMBER 2020

Bogdan Roscic © Lalo Jodlbauer

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die SAMSTAG-PRESSE – 5. SEPTEMBER 2020

Wien/ Staatsoper
Es fühlt sich neu an“
Am Montag startet Neo-Staatsoperndirektor Bogdan Roščić mit „Madama Butterfly“. Regisseurin Carolyn Choa im Gespräch.
Wiener Zeitung

Wien/ Staatsoper
Opern-Repertoire: Von der Eintagsfliege zur Königsklasse
Wie berechtigt ist das Repertoire-System noch?, fragte eine Symposium an der Wiener Staatsoper.
Wiener Zeitung

Wien/ Staatsoper
Bogdan Roščić und Philippe Jordan kündigen neuen „Ring“ an
Zum Einstand sprach Philippe Jordan mit Bogdan Roščić über sein Buch „Der Klang der Stille“ und seine Pläne.
Die Presse

Staatsopern-Musikchef Jordan: „Das wäre in Paris nicht realisierbar“ Bezahlartikel
Der neue Staatsopern-Musikchef Philippe Jordan im Gespräch: Warum Schönklang ein Muss ist, wie er mit Operndirektor Roščić redet, wer ihn die richtigen Fragen lehrte und wie man in Paris heute noch für Wagner kämpfen muss.
Die Presse

Bayreuth/ Markgräfliches Opernhaus
Wo, wenn nicht hier
Fünfstunden-Opern mit zwei Pausen sind in Bayreuth die Norm, oben auf dem „Grünen Hügel“ mit Richard Wagner. Heuer fiel das aus den langsam jedermann nervenden Gründen aus. Dafür fand unten in dem Opernhaus-Juwel, das die Bayern der Schwester des Preußenkönigs Friedrich II. zu verdanken haben, ein kleines Wunder statt. Die topsanierte barocke Herrlichkeit des Markgräflichen Opernhauses diente ihrer eigentlichen Bestimmung und bot den haargenau passenden Rahmen für den Auftakt zum ersten Bayreuth Baroque Festival.
Im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth gelingt ein fulminanter Start des neuen Festivals Bayreuth Baroque.
Wiener Zeitung

„Karl der Kahle“ bei Bayreuth Baroque.
Mama trinkt sich die Bananen schön
Das neue Festival „Bayreuth Baroque“ begann mit einer gut fünfstündigen Premiere: „Carlo il Calvo“ wurde seit knapp 300 Jahren nicht mehr aufgeführt und erweist sich als unterhaltsame „Telenovela“ – in diesem Fall über einen vielköpfigen Drogen-Clan.
BR-Klassik.de

Wien/ Konzerthaus
Nikolai Luganskys intimes Spektakel
Pianist Nikolai Lugansky begeistert im Wiener Konzerthaus
Der Standard „Die SAMSTAG-PRESSE – 5. SEPTEMBER 2020“ weiterlesen

Testen Sie Ihr Musikwissen im Klassik-Quiz – Folge 4

Foto: Tumisu auf Pixabay

Wenn Sie diesen Blog besuchen, mögen Sie sicherlich Klassische Musik. Was würden Sie sagen, wie gut kennen Sie sich aus? Unser wöchentliches Klassik-Quiz ist genau das Richtige für Sie, um Ihr Wissen auf die Probe zu stellen und vielleicht noch neue, überraschende Fakten rund um Komponisten, Werke und Instrumente zu erfahren!

Klassik-Begeistert-Autor und Top-Quizzer Guido Marquardt stellt Ihnen jeden Samstag fünf Quizfragen aus der Welt der Klassischen Musik – als offene Fragen, ohne Multiple Choice-Optionen. Von Frage 1 bis Frage 5 steigt dabei der Schwierigkeitsgrad an.

Hier kommt bereits Quiz Nr. 4. Los geht’s! „Das Klassik-Quiz – Folge 4“ weiterlesen