Zur Travestie verkommen: Die Dresdner »Fledermaus« begeistert allein musikalisch

Foto: © Matthias Creutziger

Semperoper Dresden, 11. Januar 2020

Johann Strauß, Die Fledermaus

von Pauline Lehmann

Spätestens im dritten Akt als der Gefängnisaufseher Frosch (Wolfgang Stumph) ein Fenster sowie den Ikea-Kleiderhaken für den Hut des Direktors Frank mit Kreide skizziert, lässt einen der wohlige Gedanke an eine konzertante Aufführung nicht mehr los. Die Sächsische Staatskapelle unter der Leitung von John Fiore und der Sächsische Staatsopernchor (Choreinstudierung: Jan Hoffmann) bieten musikalisch einen Abend der Weltklasse, doch die Inszenierung bleibt dahinter zurück. „Johann Strauß, Die Fledermaus,
Semperoper Dresden, 11. Januar 2020“
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"Alles in allem bist du, liebe Elbphilharmonie, nicht mein Lieblingskonzertsaal geworden"

Die Elbphilharmonie in Hamburg ist jetzt drei Jahre alt. Unsere Autorin hat schon viele Konzerte besucht und kennt auch die Laeiszhalle sehr gut.

Foto © Maxim Schulz

von Iris Böhm

Happy birthday, liebe Elbphilharmonie,

mit allergrößter Spannung wurdest du erwartet. Viele Menschen in der Hansestadt haben jahrelang geschimpft und Unverständnis geäußert über die immensen Kosten, die dein Bau verschlungen hat. Die Negativschlagzeilen über einen Bau, „den keiner braucht“ hielten sich bis – ja, bis zu deiner mehrfach verschobenen Eröffnung (ursprünglich geplant für 2010) vor inzwischen drei Jahren.

Die ersten Konzerte am 11. und 12. Januar 2017 wurden von der ganzen Welt erwartungsvoll, aber auch kritisch beäugt. Die Liveübertragung des Eröffnungskonzertes in Radio und Fernsehen überforderte durch die Musikauswahl einen großen Teil des Publikums. Ich gehörte zu den Glücklichen, die gleich am zweiten Tag den Kleinen Saal und dann auch endlich den Konzertsaal mit der weißen Haut bestaunen durften. Ich weiß noch, wie neugierig, ja ehrfürchtig ich den Saal betrat und ihn von allen Seiten und aus unterschiedlichen Höhen bestaunte. Ich empfinde die weißen Wände, den riesigen Stempel in der Kuppel und auch die Anordnung der großen Orgel als ein optisches Meisterwerk. Die Foyers erscheinen hell und luftig mit viel Holz, allerdings wirkten sie auch unpersönlich, und das fühle ich auch heute noch bei jedem Besuch. Die verpixelten Fensterfronten sehen von außen grandios aus, von innen stören sie meinen Blick, wenn ich über die Stadt schauen möchte. „Happy Birthday, liebe Elbphilharmonie
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An der Schmerzgrenze: Riccardo Muti und das Chicago Symphony Orchestra triumphieren auf ihrer Europatournee mit Prokofjew

Foto: Riccardo Muti, © Marco Borrelli
Kölner Philharmonie, 9. Januar 2019
Chicago Symphony Orchestra
Riccardo Muti

Sergej Prokofjew:
Romeo und Julia, Auszüge aus den Sinfonischen Suiten op. 64a und b
Sinfonie Nr. 3c-moll op.44

von Kirsten Liese

Es ist 20 Jahre her, als das Chicago Symphony in der Kölner Philharmonie zuletzt gastierte, damals unter Daniel Barenboim.

Mit umso größerer Spannung wurde nun das Konzert am 9. Januar an diesem Ort erwartet, mit dem es seine jüngste Europatournee eröffnete, die sich  in Wien, Paris, Luxemburg, Neapel, Florenz, Mailand, und Lugano in den kommenden Wochen fortsetzt. Stationen freilich, von denen einige in besonderem Bezug zu dem amtierenden Chefdirigenten des Orchesters, Riccardo Muti, stehen, den es insbesondere angesichts seiner engen Zusammenarbeit mit den Wiener Philharmonikern immer wieder in die österreichische Metropole zieht. In Mailand leitete er viele Jahre als Chefdirigent die Scala, in Florenz das Festival Maggio Musicale, in Neapel wurde der Maestro geboren.  „Chicago Symphony Orchestra, Riccardo Muti,
Kölner Philharmonie, 9. Januar 2019“
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Posers Klassikwelt 6: Es darf auch mal Pop, Rock oder Jazz sein!

Foto: Quelle: http://simonside.net/miles-davis/
All denjenigen Klassikliebhabern, die große Erzähler wie Wagner, Verdi, Puccini und Purcell lieben, sei hiermit also ans Herz gelegt, einmal über den klassischen Tellerrand hinauszublicken und Gesamtkunstwerke aus den Bereichen Pop, Rock und Jazz zuzulassen.

von Ulrich Poser

Es gibt einerseits Liebhaber klassischer Musik. Die hören klassische Musik (die GEMA spricht dabei völlig unverständlicher Weise von „ernster“ Musik) und sonst nichts. Fragt man solche Menschen nach Rock, Pop oder Jazz, offenbaren sich Ablehnung und absolute Ahnungslosigkeit. Man wiegelt ab: „Nein danke, doch nicht so etwas…“

Auf der anderen Seite existieren Liebhaber von Musik, bei denen die Liebe zur Musik genreübergreifend ist. In diesen Kreisen hört man klassische Musik ebenso wie Pop, Rock oder Jazz. Eben alles, was für den jeweiligen Hörer „gut“ ist. Es soll sogar Menschen geben, die – wie zum Beispiel der Autor – manche Schlager gut finden. „Posers Klassikwelt 6 klassik-begeistert.de“ weiterlesen

Die MONTAG-PRESSE – 13. JÄNNER / JANUAR 2020

Foto: Anna Netrebko am 12. Januar 2020 in Wien,
(c) Instagram
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Die MONTAG-PRESSE – 13. JÄNNER / JANUAR 2020


Linz
Verdis „Troubadour“ in Linz: Arien aus Käfighaltung

Flammen lodern, explodierende Feuerbälle wirbeln durch die Luftund Blutströme ergießen sich über die Bühne: Regisseur GregorHorres inszeniert Verdis populäre Oper „Il Trovatore“ zwar mitstarken Bildern, aber ohne eine Geschichte zu erzählen. Ein teilweise wirrer Opernabend, der musikalisch glänzt.
BR-Klassik

„Konzertgänger in Berlin“
Geistkorpusig: Igor Levit spielt Muffat, Rzewski, Kerll, Busoni. Künstlerischer (Nach-)Schöpfungsakt.
Igor Levit spielt … nicht Beethoven. Stattdessen ein komplexes Programm, das er, wie er im Interview erklärt, von hinten nach vorn denkt. Entscheidend ist, was hinten rauskommt, sagte ja einst ein gewichtiger deutscher Vielosoph, und was hinten rauskommt, ist in diesem Denkfall ein einigermaßen erschlagendes Werk von Ferruccio Busoni. Das macht die Stücke, die zuvor vorne reinkommen, nicht weniger hörenswert. Und hörbarer und genussreicher vielleicht auch, zumindest für den Konzertgänger
https://hundert11.net/geistkorpusig/

Wien/ Musikverein
Riccardo Muti im Musikverein: Unzivilisierte Posaunen im Abendrot
Das Chicago Symphony Orchestra spielte Wagner, Hindemith und Prokofjew
Der Standard

Rachmaninoff, mon Amour
Der in Hamburg lebende Journalist und Publizist Harald N. Stazol liebt klassische Musik, Oper und Ballett. Besonders schätzt er die Musik des russischen Komponisten Sergei Wassiljewitsch Rachmaninoff (* 20. März jul./ 1. April 1873 greg. auf dem Landgut Semjonowo bei Staraja Russa im Gouvernement Nowgorod, Russisches Kaiserreich; † 28. März 1943 in Beverly Hills, Kalifornien, USA). Dies ist der erste Teil einer siebenteiligen Serie über den Ausnahmemusiker.
Harald N. Stazol berichtet aus Hamburg und Moskau.
Klassik-begeistert

Ladas Klassikwelt 14: Das Beethoven Academy Orchestra aus Krakau – „Marking new paths in classical music“
„Kinder schafft Neues!“ – exklusive Einblicke in die Vorgeschichte des Beethoven Academy Orchestra. Eine Augenzeugin erzählt.
Jolanta Lada-Zielke berichtet aus Krakow und Bayreuth.
https://klassik-begeistert.de/ladas-klassikwelt-14-klassik-begeistert-de/ „Die MONTAG-PRESSE – 13. JÄNNER / JANUAR 2020“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 14: das Beethoven Academy Orchestra aus Krakau – „Marking new paths in classical music“

„Kinder schafft Neues!“ – exklusive Einblicke in die Vorgeschichte des Beethoven Academy Orchestra. Eine Augenzeugin erzählt.

von Jolanta Lada-Zielke

Es ist ein heißer Tag Anfang August 2003. Am Krakauer Busbahnhof sammelt sich eine Gruppe junger Menschen mit Musikinstrumenten. Das ist das Kammerorchester der Musikhochschule in Krakau, das zwanzig Personen zählt. Sie fahren nach Bayreuth, um am 53. Festival junger Künstler teilzunehmen. Ich begleite sie als Pressebetreuerin, die über ihre Erfolge für den Akademischen Rundfunksender berichten soll. Der Konzertmeister Marcin Klejdysz kommt, wir begrüßen uns. Unsere Reise nach Bayreuth, mit Umstieg in Kattowitz, dauert die ganze Nacht. „Ladas Klassikwelt 14
klassik-begeistert.de“
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Die SONNTAG-PRESSE – 12. JÄNNER 2020

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die SONNTAG-PRESSE – 12. JÄNNER 2020

Bild: © Wiener Staatsoper

Wien/ Premiere in Staatsoper
Gleichgeschlechtliches Paar eröffnet den Opernball
Premiere am Wiener Opernball: Am 20. Februar wird erstmals ein gleichgeschlechtliches Paar an der Eröffnung teilnehmen. Zwei junge Frauen aus Deutschland haben angefragt und wurden von den Organisatoren auch zugelassen, bestätigte die Wiener Staatsoper.
https://www.krone.at/2075897

Düsseldorf
Als „Fidelio“ in Düsseldorf für Buhrufe sorgte
https://www.wz.de/nrw/duesseldorf/kultur/als-fidelio-in-duesseldorf

Bozen
Opernspielzeit 2020: Uraufführung von Manuela Kerers „Toteis“ als Highlight
https://www.stol.it/artikel/kultur/opernspielzeit-2020-urauffuehrung-von-manuela

„Mannheim: Richard Strauss-Tage beginnen
Wiederaufnahme von „Der Rosenkavalier“ im Mannheimer Nationaltheater
Wochenblatt

Linz
„Ein Debüt, das ich mir lange erträumt habe“
Zum dritten Mal wurde der italienische Bariton Federico Longhi (Jg. 1973) zu einem Gastspiel ins Linzer Musiktheater eingeladen.
Der italienische Bariton Federico Longhi über seine Karriere und seine Rolle im Linzer „Troubadour“
https://volksblatt.at/ein-debuet-das-ich-mir-lange-ertraeumt-habe/ „Die SONNTAG-PRESSE – 12. JÄNNER 2020“ weiterlesen

Rachmaninoff, mon Amour I

Foto: Quelle: wikipedia.de (c)
Der in Hamburg lebende Journalist und Publizist Harald N. Stazol liebt klassische Musik, Oper und Ballett. Besonders schätzt er die Musik des russischen Komponisten Sergei Wassiljewitsch Rachmaninoff (* 20. Märzjul./ 1. April 1873greg. auf dem Landgut Semjonowo bei Staraja Russa im Gouvernement Nowgorod, Russisches Kaiserreich; † 28. März 1943 in Beverly Hills, Kalifornien, USA). Dies ist der erste Teil einer siebenteiligen Serie über den Ausnahmemusiker. Harald N. Stazol ist wie der Herausgeber Absolvent der Henri-Nannen-Schule (Journalistenschule mit Sitz in Hamburg).

von Harald N. Stazol

„Er ist ein Genie!“, ruft die Gräfin beim Hauskonzert in St. Petersburg in ihrem goldenen Salon, da kommt der Graf, etwas verspätet – wer sonst darf sich das im eigenen Palais erlauben, leis-leise auf Zehenspitzen dazu, und setzt sich neben seine Gattin – aber das geht ihm doch entschieden zu weit: „Ich dachte, das sei Rachmaninoff!“ – und irgendwie haben sie ja beide recht. Der Graf nimmt ihre Hand, und weiß gerade ganz genau, warum er sie freite, sie klopft einmal mit dem Fächer darauf. Von wegen Gewalt in der Ehe – nein, bei Boris Pasternak sind es gewaltige Ehen, und wer sonst, man muss es neidlos anerkennen, kann sich solch eine Gemme an Szene hinhauchen, wie so schön geschenkt von Omar Sharif in dem Monumentalwerk von David Lean und der unvergleichlichen Geraldine Chaplin, die so absolut bezaubernd in einem lila Pelzensemble aus Paris anreist…

„Serie: Rachmaninoff, mon Amour (Teil 1)
klassik-begeistert.de“
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"Lohengrin" in Wien: Cornelia Beskow – eine Stimme, die man sich merken sollte

Wiener Staatsoper, 9. Januar 2020
Richard Wagner, Lohengrin

Foto: Klaus Florian Vogt in der Titelpartie und Cornelia Beskow als Elsa Wiener Staatsoper / Michael Pöhn ©

von Manfred A. Schmid (www.onlinemerker.com)

Der in ehrenrettender Mission nach Brabant entsandte Gralsritter war nicht per Schwan angereist. Klaus Florian Vogt, Einspringer für den kurzfristig erkrankten Piotr Beczala, kam per Auto von München nach Wien, weil das Flugzeug wegen Nebels nicht starten konnte. Offenbar traf er aber gerade noch rechtzeitig ein, denn als Staatsoperndirektor Meyer vor dem Vorhang tritt, um die Umbesetzung anzukünden, bittet er das Publikum um Geduld: Valery Gergiev, der Dirigent des Abends, habe mit dem Sänger der Titelpartie unbedingt noch „zwei Minuten lang sprechen“ wollen, bevor die Oper beginnen würde. Diese zwei Minuten genügen dann tatsächlich, um sich abzustimmen. Denn was folgt, ist eine weitgehend gelungene Vorstellung mit zwei bemerkenswerten Rollendebüts und einer neuen Stimme, die man sich wohl merken sollte.

Vogt, der mit den Gegebenheiten der ärgerlich krachledernen, irgendwo zwischen Musikantenstadl und Oktoberfest angesiedelten Inszenierung von Andreas Homoki als Titelheld der Premiere 2014 bestens vertraut ist, erweist sich gesanglich wie auch darstellerisch wiederum als hervorragende Besetzung. Kein Wunder, gilt er doch seit Jahren als Bayreuther „Lohengrin vom Dienst“ und verfügt über eine helle, nie zum Forcieren genötigten Stimme. Diese ist freilich mit einer Eigenart ausgestattet, die nicht jedem gefallen muss: Sein Tenor klingt geradezu entmaterialisiert, ätherisch, fast körperlos. Das mag in diesem Fall gut zum geheimnisvollen Charakter Lohengrins passen, der gewissermaßen ja auch nicht von dieser gewöhnlichen Welt ist, sondern aus der abgehobenen Sphäre der Gralsritter kommt (wunderbar eingefangen in den entrückten Geigenklängen des Vorspiels) , lässt aber auch den Wunsch nach einem etwas kernigeren Tenor aufkommen. Wenn Beczala zurückkehrt und sein Wiener Debüt als Lohengrin abliefern wird, könnte er das ideale missing link zwischen dem ungestümen, eher an die Jugendjahre seines Vaters Parsifal erinnernden Andreas Schager (im Herbst 2018) und dem an die zauberhafte Ausstrahlung  von Sängerknabenstimmen erinnernden Klaus Florian Vogt sein.

Eine weitgehend noch unbekannte junge Sängerin, Cornelia Beskow, wird für die Partie der Elsa von Brabant aufgeboten. Die mutige Entscheidung des Besetzungsbüros lohnt sich. Die aus Schweden stammende, bisher vor allem an mittleren skandinavischen Häusern – u.a. als Senta und Weilgunde – auftretende Sopranistin erweist sich als vorzügliche Gestalterin. Ihre Elsa ist eine selbstbewusste junge Frau mit eigenem Willen, die aber gegenüber Ortruds gefährlicher Überredungskunst letztlich machtlos ist, nachgibt und Treuebruch begeht. Ihr etwas abgedunkelter Sopran ist fein geführt, das Timbre ansprechend. Zunächst etwas verhalten, wird ihre gesangliche Leistung zunehmend souveräner. Im letzten Akt, in exponierter Lage, zuweilen freilich auch etwas schrill. Jedenfalls ein eindrucksvolles Welt-Debüt. Und die Hoffnung, dass diese fordernde Rolle der Elsa für sie nicht zu früh gekommen ist und Beskow nicht zu den vielen Blütenträumen gehören wird, die nicht reiften.

Egil Silins als Telramund und LInda Watson als Ortrud. Foto: Wiener Staatsoper / Michael Pöhn

Viel lernen in puncto Wagner kann Cornelia Beskow von der bewährten Linda Watson, die spätestens seit ihrem Bayreuther Kundry-Debüt 1998 zur ersten Garde der Wagner-Heroinen zählt und insbesondere als Brünhilde weltweit in Erscheinung getreten ist. Diesmal, bei ihrem Rollendebüt als Ortrud, bewegt sich die dramatische Sopranistin allerdings in stimmlich tieferen Regionen. Für diese Partie werden – nicht ohne Grund – oft auch Mezzo-Soprane eingesetzt. Watson singt intensiv, geht an ihre stimmlichen Grenzen und liefert das imponierende Porträt einer verletzten, nach Rache dürstenden Zauberin und Verführerin, die der alten heidnischen Weltordnung und ihren Göttern nachtrauert und diese wieder errichten will. Ihre Beziehung zu ihrem Mann Telramund ähnelt anfangs der zwischen Macbeth und Lady Macbeth, doch anders als bei Shakespeare gelingt es Telramund nicht, sich von seiner bestimmenden Frau zu emanzipieren. Egils Silins ist bei seinem Wiener Rollendebüt ein ehrgeiziger Erfüllungsgehilfe in einem mit Leidenschaft und Perfidie ausgetragenen Machtkampf und überzeugt vor allem im 2. Aufzug, wo er sich nach der schmählichen Niederlage wieder sammelt und ein Comeback anvisiert.

Ain Angers mächtiger Bass hat inzwischen einiges an Strahlkraft eingebüßt. Dass sein Heinrich der Vogler königliche Ausstrahlung ziemlich vermissen lässt, liegt aber in erster Linie an der unsäglich dümmlichen Inszenierung, die als Einheitsbühnenbild (Ausstattung Wolfgang Gussmann) eine meist unaufgeräumte alpenländische Gaststube vorsieht. Wer hier seines Amtes waltet, ist höchstens ein Oberförster – oder ein Aufsichtsjäger wie Boaz Daniel als verlässlicher Heerrufer.

Valery Gergiev kennt die Wiener Philharmoniker gut, und umgekehrt gilt das ebenfalls. Auch das Staatsopernorchester weiß daher die flirrende Bewegung der Finger seiner rechten Hand richtig umzusetzen. Eindrucksvoll fallen nicht nur die ausgefeilten Vorspiele vor jedem Aufzug aus, sondern auch das Zusammenwirken mit den Akteuren und dem blendend eingestellten Chor auf der Bühne. Dass Gergiev manche Passagen etwas langsamer angeht als gewohnt, was vor allem im Vorspiel zum 1. Aufzug auffällt, ist eine legitime Lesart und zwingt ebenso zu einem aufmerksamen Hinhören wie die stürmischen, vorwärtstreibenden, jubelnden Klangballungen, die den 3. Aufzug einbegleiten. Ein großer Hörgenuss schließlich die düster drohenden Celli und Fagotte in der Telramund-Ortrud-Szene am Beginn des 2. Aufzugs.

Viel Beifall und auch Jubel – insbesondere für den Einspringer Vogt, die junge Debütantin Beskow und den Dirigenten Gergiev: Das ist der Lohn für einen anregenden Opernabend.

Manfred A. Schmid, 10. Januar 2020

 

Die SAMSTAG-PRESSE – 11. JÄNNER / JANUAR 2020

Für Sie und Euch in den Zeitungen gefunden:
Die SAMSTAG-PRESSE – 11. JÄNNER / JANUAR 2020

Der Gralsritter kam diesmal per Auto. Ein Flug war wegen Nebels nicht möglich. Klaus Florian Vogt und Cornelia Beskow.
Foto: Wiener Staatsoper/ Michael Pöhn ©

Wien/ Staatsoper
„Lohengrin“ an der Staatsoper: Schwan mit Bierkrug
Klaus Florian Vogt rettet Wagners Ritterdrama als Einspringer.
Wiener-Zeitung
Lohengrin an der Wiener Staatsoper: Von Rettern und Rittern
Richard Wagners „Lohengrin“ mit dem glanzvollen Einspringer Klaus Florian Vogt. Dirigent Valery Gergiev sorgte für etwas überbordende Energieentfaltung
Der Standard

Hab’ nie gefragt, ob es gestattet ist…“. Über moralische Integrität und Machtpositionen im Musikbetrieb
von Ioan Holender –
Was geschieht mit Lehárs Paganini-Schlager „Gern hab’ ich die Frau’n geküsst, hab’ nie gefragt, ob es gestattet ist; dachte mir: nimm sie dir…“? Darf Jonas Kaufmann dieses Lied auf seiner neuen Operettenplatte noch singen? Oder was wird aus dem Herzog von Mantua in Verdis Rigoletto, der die minderjährige Gilda durch Täuschung verführt und dies singend zelebriert? Weitere Beispiele sind bei Bedarf vorhanden.
https://crescendo.de/hab-nie-gefragt-ob-es-gestattet-ist-1000039989/

„Konzertgänger in Berlin“
Monumental-intim: Berliner Philharmoniker und Kirill Petrenko spielen Josef Suks Asrael-Symphonie
Prima Raritätenquote nach wie vor von Kirill Petrenko bei den Berliner Philharmonikern! Doch erstmal muss man durch gespannte Atmosphären: Im Kassenbereich drängelt sich der Kritiker eines bedeutenden Kulturradios an der Reservierte Karten-Schlange vorbei, mit demütigender Ignoranz für den hilflosen Philharmonie-Mitarbeiter, der ihn mehrfach freundlich bittet, sich (wie andere Besucher und Kritikerkollegen) anzustellen. Im Block B hört man dann einen gutbürgerlichen Normalbesucher ohne Scham über „nur noch Araber und Türken“ abrotzen. Aber Beethoven hören, ist klar!
https://hundert11.net/monumental-intim/

Berlin/ Philharmonie
Chefsache. Petrenko und Barenboim musizieren gemeinsam in der Berliner Philharmonie
Ludwig van Beethoven Klavierkonzert Nr.3 c-Moll op.37
Josef Suk Symphonie c-Moll op.27 „Asrael“
Die beiden an diesem Abend aufgeführten Werken haben nicht nur die Tonart c-Moll gemeinsam, sie stehen beide für leidvolle Phasen im Leben ihrer Komponisten. Ludwig van Beethoven wurde sich in den ersten Jahren nach 1800 endgültig seines fortschreitenden Gehörverlusts bewusst, für einen Musiker die Katastrophe per se. Speziell im zweiten Satz, dem Largo des dritten Klavierkonzerts, dominiert eine düstere Grundstimmung, die im abschließenden Rondo allerdings wieder relativiert wird. Daniel Barenboim am Flügel zeigt, dass er trotz seiner umfangreichen Tätigkeit als Dirigent das Klavierspiel nicht nur nicht verlernt, sondern seinen Stil über die Jahre verfeinert hat. Ein Vergleich mit seiner frühen Platteneinspielung macht dies deutlich.
Aus der Philharmonie Berlin berichtet Peter Sommeregger.
Klassik-begeistert „Die SAMSTAG-PRESSE – 11. JÄNNER / JANUAR 2020“ weiterlesen