Meine Lieblingsoper 23: „Lohengrin“ in der Mondlandschaft von Keith Warner

„Tränen liefen mir übers Gesicht. Warum, fragte ich mich, warum kannte ich diese Musik vorher nicht? Das ist das Schönste, was ich je gehört habe. Ich denke, es war so für mich gedacht, dieses Werk nicht anderswo, sondern hier im Festspielhaus zum allerersten Mal mitzuerleben und mich von der dortigen Akustik verzaubern zu lassen.“

von Jolanta Łada-Zielke (5. Mai 2020)

An einem sonnigen Sonntag im August 2003 fand in der Bayreuther Schlosskirche ein internationaler Gottesdienst statt. Alles war wie gewohnt: Die ganze Kirche voller Menschen, sowohl Einheimische, als auch Touristen und Festspielgäste. Die Lesungen fanden in mehreren Sprachen statt.

Nur eine Sache war anders. Vor dem Altar standen Lohengrin und Elsa, die ihren neugeborenen Sohn in den Armen hielt. Siegbert Keiling, damals der Dekan der Schlosskirche, taufte den Jungen, der den Namen Tristan bekam. Sogar Ortrud befand sich in der Chorempore, aber sie hatte keine schlechten Absichten. Im Gegenteil, sie feierte Tristans Taufe mit ihrem Gesang. Als die Kommunion begann, ließen die Eltern das Baby in der Obhut ihrer Verwandten und schlossen sich Ortrud an, um mit ihr zwei Mendelssohn-Lieder im Chor vorzusingen.

Dies war meine erste Begegnung mit einem Teil der Besetzung des „Lohengrin“ unter der Regie von Keith Warner und der musikalischen Leitung von Sir Andrew Davis. Die Partien von Elsa und Lohengrin sang das Ehepaar Petra-Maria Schnitzer und Peter Seiffert, während Ortrud von der ungarischen Mezzosopranistin Judith Németh gespielt wurde. Ich wusste damals nicht, dass dieser Gottesdienst ein Vorgeschmack auf meine Lieblingsoper, genauer gesagt: meine geliebte Oper sein würde… „Meine Lieblingsoper 23: „Lohengrin” von Richard Wagner“ weiterlesen

Elīna Garanča: „Eine Kundry in Bayreuth zu singen, wäre die absolute Krönung!“

Aus der Wiener Parsifal-Premieren-Rezension von klassik-begeistert.de-Autor Peter Sommeregger (Wiener Staatsoper vom 11. April 2021 / bei Arte Concert 18. April 2021): Gespannt war man auf das Rollendebüt Elīna Garančas als Kundry, das sie bereits seit Jahren ankündigt. Der erste Akt bietet ihr noch wenig Möglichkeit, sich zu profilieren, sie bleibt bei der von ihr immer wieder gewohnten Kühlschranktemperatur. Im zweiten Akt allerdings kann sie endlich über ihren Schatten springen und meistert die horrend schwierigen Ausbrüche Kundrys eindrucksvoll. Die Tessitura dieser Zwischenfach-Partie scheint ihr zu liegen, selten hat man diese Sängerin so überzeugend gehört!

Foto: © Andreas Schmidt

Großes Interview vom 8. März 2017

Elīna Garanča (* 16. September 1976 in Riga, damals Lettische Sozialistische Sowjetrepublik) steht auf dem Gipfel ihrer Schaffenskraft. Im großen Interview mit klassik-begeistert.de verrät die bedeutendste Mezzosopranistin unserer Zeit, dass sie gerne die Kundry aus Richard Wagners „Parsifal“ in Bayreuth singen würde und Verdis Aida an der Mailänder Scala. „Interview am Donnerstag 11: Elīna Garanča, Mezzosopran“ weiterlesen

Ladas Klassikwelt 51: Richard Wagner als Verfechter der Versöhnung zwischen Christen und Muslimen

„Ich finde die Botschaft von Wagners „Die Sarazenin“ universell und immer noch aktuell. Dieses Drama wird Theaterregisseure und Komponisten noch lange inspirieren.“

von Jolanta Łada-Zielke

In Wagners „Gesamte Schriften und Dichtungen“ befindet sich auch dieses Libretto: „Die Sarazenin“. Die Handlung des Stücks spielt im Mittelalter zur Zeit des Staufenkaisers Friedrich II und seines Sohns Manfred, der 1258-1266 König von Sizilien war. Einerseits ist das Stück anti-kirchlich, genauer gesagt: anti-päpstlich. Anderseits würde es radikalen Muslimen wahrscheinlich nicht gefallen, dass dort eine weibliche Prophetin die Hauptrolle spielt und den Verlauf der Ereignisse entscheidend beeinflusst. Die Titelheldin, die Sarazenin Fatima, ist die stärkste Persönlichkeit der gesamten Besetzung. „Ladas Klassikwelt 51: Richard Wagner als Verfechter der Versöhnung zwischen Christen und Muslimen“ weiterlesen

Christian Thielemann dirigiert Wagners "Meistersinger"

CD-Besprechung: Richard Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg (Profil/Edition Günter Hänssler Bestellnummer PH 20059)

Osterfestspiele Salzburg 2019

Sächsischer Staatsopernchor Dresden
Bachchor Salzburg

Sächsische Staatskapelle Dresden
Leitung: Christian Thielemann

Mit Georg Zeppenfeld, Vitalij Kowaljow, Klaus Florian Vogt, Sebastian Kohlhepp, Adrian Eröd, Jacquelyn Wagner, Christa Mayer usw.

von Herbert Hiess

Wagners Meisterwerk begleitet Thielemann schon durch seine ganze Karriere. Höhepunkte dabei sind eben der Video-Mitschnitt aus der Wiener Staatsoper 2008 und eben elf Jahre später dieser CD-Mitschnitt. „Richard Wagner, Die Meistersinger von Nürnberg, Sächsische Staatskapelle Dresden, Christian Thielemann,
CD-Besprechung“
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Shame on you, Stefan Herheim! PREMIERE: „Die Walküre“ an der Deutschen Oper Berlin

Das Ärgernis solcher Regie-Arbeiten liegt darin, dass sie den ausführenden Künstlern viel Kraft abverlangen, die sie besser in eine Vertiefung ihrer Rollengestaltung einbringen sollten. Das Publikum wiederum wird in seiner Konzentration auf die Substanz des Werks ständig abgelenkt. Gleichzeitig tendiert der Erkenntnisgewinn angesichts einer Ansammlung plumper und nicht einmal origineller Mätzchen gegen Null. Das Publikum reagiert gerecht: großer Jubel für die Sänger, deutliche Buh-Rufe für das Regie-Team. Der neue, gerade erst begonnene „Ring des Nibelungen“ sieht jetzt schon ziemlich alt aus. Shame on you, Stefan Herheim!

Richard Wagner, Die Walküre
Deutsche Oper Berlin, Premiere am 27. September 2020

Fotos von Bernd Uhlig / Deutsche Oper Berlin (c)

Siegmund  Brandon Jovanovich
Hunding  Andrew Harris
Wotan  John Lundgren
Sieglinde  Lise Davidsen
Fricka  Annika Schlicht
Brünnhilde  Nina Stemme
Dirigent  Donald Runnicles

von Peter Sommeregger

Die Freude über die erste große Opernpremiere in Berlin nach Ausbruch der Pandemie, und die Vorfreude auf einen neuen „Ring des Nibelungen“ an der Bismarckstraße ist spätestens nach fünf Minuten zu Ende. Dann ist bereits die Richtung klar, in die Stefan Herheim das Stück lenkt. Die Wände von Hundings Hütte bestehen aus unzähligen Reisekoffern, die Mitte des Raums nimmt ein Konzertflügel ein, und außer Sieglinde ist in dem Raum noch ein gnomenhaftes Wesen präsent, das über den gesamten ersten Akt aggressiv agiert und dessen tieferer Sinn verborgen bleibt, wenn man davon absieht, dass es sinnvolle Interaktionen  der Protagonisten stört. „Richard Wagner, Die Walküre
Deutsche Oper Berlin, Premiere am 27. September 2020“
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Ein Ensemble will zurück ins Opernhaus – "Das Rheingold" auf dem Parkdeck

Foto: Copyright: Bernd Uhlig

„Natürlich kann man digitale Festivals starten und alte Aufnahmen im Internet streamen. Aber dieses Gefühl, wenn Walhall aufersteht und sich alle Anwesenden mit ihm erhoben fühlen, das kriegt man nicht über Videoschalte.“

Deutsche Oper Berlin, 22. August 2020
„Das Rheingold“ von Richard Wagner

von Gabriel Pech

Es ist nur Familie da. Man kennt sich. Alles Menschen, die gemeinsam einen schönen Abend genießen wollen, sowohl auf der Bühne als auch davor. Es ist ein Privileg, bei dieser Veranstaltung dabei sein zu dürfen, das fühlt man. Die wenigen Karten für das Rheingold auf dem Parkdeck der Deutschen Oper waren in Sekundenschnelle ausverkauft. „Ein Ensemble will zurück ins Opernhaus – „Das Rheingold“ auf dem Parkdeck
Deutsche Oper Berlin, 22. August 2020“
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Meine Lieblingsoper (46): "Tristan und Isolde" von Richard Wagner

Birgit Nilsson, Mirella Freni, Edita Gruberova, Plácido Domingo, Luciano Pavarotti: Der Hamburger Mediziner und Klassik-Connaisseur Dr. Ralf Wegner hat die großen Weltstars der Opernwelt seit Ende der 1960er-Jahre alle live erleben dürfen: vor allem in der Staatsoper Hamburg, die in den 1970er-Jahren noch zu den weltbesten Opernhäusern zählte und sich heute um Anschluss an die deutsche und europäische Spitze bemüht. Begeben Sie sich in ein wunderbares Stück Operngeschichte und reisen Sie mit in eine Zeit, die scheinbar vergangen ist.

von Ralf Wegner

Ich halte Tristan und Isolde für die schwierigste und wohl auch, aus einem gewissen Blickwinkel heraus betrachtet, langweiligste Oper Wagners. Zumindest sollte diese Oper nicht für einen Opernanfänger die erste Wahl sein. Es ist aber auch beruhigend, dass sich manches Musikalische erst mit zunehmendem Lebensalter und entsprechender Reife erschließt. „Meine Lieblingsoper (46): Tristan und Isolde von Richard Wagner“ weiterlesen

Daniel Barenboim dirigiert mit konzentrierter Gelassenheit in Salzburg

Foto: Daniel Barenboim, West-Eastern Divan Orchestra © SF / Marco Borrelli

Salzburg, Großes Festspielhaus
16. August 2020, Arte Livestream

West Eastern Divan Orchestra
Daniel Barenboim, Dirigent

Richard Wagner
Siegfried-Idyll für Kammerorchester WWV 103

Arnold Schönberg
Kammersinfonie Nr. 1 E-Dur für 15 Soloinstrumente op. 9

Pierre Boulez
Mémoriale (…explosante-fixe… Originel) für Soloflöte und acht Instrumente

Ludwig van Beethoven
Große Fuge B-Dur op. 133 (Fassung für Streichorchester)

von Peter Sommeregger

Als Daniel Barenboim diesmal vor sein von ihm gegründetes Orchester tritt, wirkt der beinahe 78 Jahre alte Maestro erstaunlich ausgeruht und entspannt. So sehr ihn mit Sicherheit auch große Sorge umtreibt, wie der Kulturbetrieb die Corona-Krise dauerhaft überstehen soll, hatte sich aber gleichzeitig in den letzten Monaten sein notorisch übervoller Terminkalender stark ausgedünnt. Und dieser reduzierte Druck von Terminen macht sich sogar optisch in seiner Erscheinung bemerkbar. Wirkt der Dirigent sonst oft chronisch schlecht gelaunt oder nervös angespannt, so verbreitet er bei diesem Konzert konzentrierte Gelassenheit. Seinem Orchester und dem Konzert kommt dies sehr deutlich zugute. „Daniel Barenboim, West Eastern Divan Orchestra,
Salzburger Festspiele, 16. August 2020“
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"Wagners Musik gewinnt auf der Orgel neue Farben und Ausdrucksmöglichkeiten"

Foto: © Christine Schneider

Festival junger Künstler Bayreuth 2020
Interview mit dem Konzertorganisten und Dirigenten Hansjörg Albrecht

Hansjörg Albrecht zählt zu den wenigen Künstlern, die international sowohl als Dirigent als auch als Konzertorganist regelmäßig präsent sind. Er gilt als musikalischer Grenzgänger und Querdenker ohne Berührungsängste. Als Dirigent geht er konsequent eigene Wege – zwischen Archiv und Neuschöpfung und mit einem umfangreichen Repertoire von Bach bis Gubaidulina. Mit seinen Orgeltranskritptionen etablierte er sich als Spezialist unter den Virtuosen seines Instruments. Beim Label Oehms Classics legte er bisher über 25 vielbeachtete CDs vor. 2013 wurde er für einen Grammy Award Nominiert.

Anlässlich des Konzerts „Wagner vermisst seine Festspiele“, das der Organist zusammen mit dem Perkussionisten Christian Felix Benning im Rahmen des „Festival junger Künstler Bayreuth“ aufgeführt hat, hat klassik-begeistert.de Hansjörg Albrecht zum Gespräch getroffen.

Interview: Jolanta Łada-Zielke

Der Münchener Bach-Chor, dessen künstlerischer Leiter Sie sind, gedenkt  Ende Juli traditionell mit einem Konzert Bachs Todestag. 2020 sind genau 270 Jahre seit dem Tod des Komponisten vergangen, aber Konzerte mit großen Ensembles (vor allem mit Chören) sind aufgrund der Corona-Pandemie nicht möglich. Haben Sie unter diesen schwierigen Bedingungen doch einen Auftritt mit Ihrem Chor organisieren können?

Hansjörg Albrecht: Aufgrund der andauernden Pandemie und der Ängste an vielen Orten, möglicherweise etwas falsch zu machen (und auch den organisatorisch-logistischen Mehraufwand zu scheuen), konnte leider kein Chorkonzert zum 270. Bach-Todestag stattfinden, obwohl wir alles versucht haben, um in eine der großen Kirchen in München hineinzukommen. Ich habe zwei Orgel-Choralbearbeitungen Bachs über „Jesu, meine Freude“ in der barocken Stadtkirche St. Peter in München eingespielt. Mit dem Bach-Chor haben wir in einer der großen Hallen der Messe München die Eingangsstrophe der gleichnamigen Bach-Motette fürs Netz aufgezeichnet – in einem großen Kreis aufgestellt und mit fliegender Kamera aus der Vogelperspektive gefilmt. Das war unsere spezielle musikalische Botschaft. Mir war es ganz wichtig, ein solch kleines Zeichen zu setzen, und zwar, um zu zeigen, dass der Münchener Bach-Chor A: noch da ist, und B: dass man solche zur Tradition gewordenen Konzerttermine jetzt nach Möglichkeit zumindest in einer „Ersatzform“ erhalten soll, damit nicht alles der Pandemie zum Opfer fällt. „„Wagners Musik gewinnt auf der Orgel neue Farben und Ausdrucksmöglichkeiten“,
Der Organist Hansjörg Albrecht im interview“
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Tomasz Konieczny strahlt als Retter in der Not

Foto: © Gesine Görlich-Fletzberger / Weinviertler Festspiele

„Resümee der wilden Seefahrt: Holländer hui, Orchester akzeptabel, anwesender Chor pfui.“

Amfitheater Mikulov (Tschechien), 14. August 2020
Richard Wagner, Der fliegende Holländer

von Jürgen Pathy

Das große Abenteuer – nicht nur auf der Freiluft-Bühne von Mikulov, auch drumherum. Dass das nicht ins Wasser gefallen ist, verdanken die Weinviertler Festspiele dem großen Engagement aller Beteiligten. Trotz aller Widrigkeiten, die sich im Vorfeld schon angebahnt hatten, haben sich Intendant Peter Svensson und seine ganze Crew voll ins Ruder gelegt. Ihrem Engagement und Idealismus ist es zu verdanken, dass selbst heftige Regenschauer und ein ungewisser Blick in die Zukunft, die Landung des Holländers haben nicht verhindern können. „Richard Wagner, Der fliegende Holländer, Weinviertler Festspiele, 14. August 2020“ weiterlesen