Der Musikverein Wien setzt ein klares Zeichen für den Frieden

Benefizkonzert: „Für die vom Krieg in der Ukraine betroffenen Menschen“

Foto: © Wolf-Dieter Grabner, Goldener Saal, Musikverein Wien
Musikverein Wien, Großer Saal, 22. März 2022

ORF III strahlt das Konzert am Sonntag, 27. März 2022, um 20:15 Uhr aus.

von Jürgen Pathy

„Zusammen gehen, um den Menschen in der Ukraine zu helfen“. Das sei das Motto des Abends, verkündete Dr. Stephan Pauly, der den ehrwürdigen Musikverein seit der Saison 2020 leitet. Geschafft hat man das, weil vor allem eine Riege an erstklassiger Musiker sich in den Dienst der guten Sache gestellt haben. Von Gidon Kremer über KS Michael Schade bis hin zu Lena Belkina, die in der Ukraine aufgewachsen ist. Ebenso mit dabei: Orchestermusiker aus fünf der größten österreichischen Orchester. Dass dabei ein Gesamterlös von 115 Tausend Euro rausgesprungen ist, ehrt die Sache noch viel mehr. Für „Nachbar in Not“, wie Pauly betonte. Nur ein Orchester hat sich nicht blicken lassen: Weshalb die Wiener Philharmoniker keine Mitglieder abgestellt haben, blieb trotz Nachfrage bei der Presseabteilung bis heute unbeantwortet.


Ukrainerin mit Herz und Seele in Wien

Musikalisch kann sich der Abend dennoch sehen lassen. Das ist unter anderen auch Lena Belkina zu verdanken, die gleich drei Mal auf die Bühne durfte. Nachdem sie mit stolz erfüllter Brust die ukrainische Hymne gesungen hatte, beeindruckte sie vor allem mit zwei der „stillen Lieder“ von Valentin Silvestrov. Wirklich herzergreifend dabei, das Lied „Welt, leb wohl, leb wohl, du harte“. Eine Retrospektive, die aktueller kaum sein könnte und vermutlich vom schweren Kummer in ihrer Heimat erzählt. Anders lässt es sich gar nicht erklären, wenn man vernommen hat, wie sehnsüchtig Lena Belkina das Wort „Ukraine“ während dieses in getragenem Tempo dahinschwebenden Lieds in den Goldenen Saal hauchte. Begleitet wurde sie dabei von Matthias Samuil, der ihr am Klavier ein ebenso einfühlsamer Begleiter war.

Lena Belkina Foto: (c) A.Bofill

Schlusspunkt für Lena Belkina: „Die Ode an die Freude“ von Ludwig van Beethoven. Hier übernahm die junge Mutter, die mit ihrem Ehemann in Wien lebt, den Part für Mezzosopran. All das unter den Augen des offiziellen Repräsentanten der ukrainischen Botschaft in Österreich und der Frau des Botschafters. Beide durften sie Zeugen werden, dass die Sprachrohre der Ukraine auch in diesen schweren Zeiten den Mut nicht verlieren. Lena Belkina, die auf der Krim aufgewachsen ist, hat das mit erhobener Brust stellvertretend für viele symbolisiert.

Berühmte Ausfälle

Dass der Abend nicht noch viel mehr Highlights zu bieten hatte, lag vielleicht auch an den berühmten Ausfällen. Jewgenij Kissin, der als Aushängeschild der russischen Klavier-Schule angesetzt war, musste absagen. Aus gesundheitlichen Gründen, wie Dr. Pauly zu Beginn verkündete. Ebenso absagen musste Dirigent Ivor Bolton, der das Benefizkonzert hätte leiten sollen.

Kurzerhand eingesprungen waren: Der russisch-stämmige Pianist Kirill Gerstein, der Chopins Scherzo in b-Moll und die Polonaise in As-Dur zwar sauber exerzierte – dazu noch Debussy –, aber jegliche Energie und Kraft vermissen ließ. Anstelle von Maestro Ivor Bolton nutzte der Grazer Patrick Hahn die Gunst der Stunde. Auch wenn die Nachwuchshoffnung, die mit seinen 26 Jahren als jüngster GMD im deutschsprachigen Raum agiert, nicht immer den großen Bogen zu spannen vermochte, manövrierte er das Orchester mutig durch diesen Abend.

Ein Zeichen für den Frieden

Vor allem bei Ludwig van Beethovens 9. Sinfonie, woraus nur der Schlusssatz musiziert wurde, konnte Patrick Hahn beweisen, dass er trotz seiner Jungend den Überblick nicht verliert – auch, wenn nicht alles wie aus einem Guss floss. Das lag sicherlich auch daran, dass die Orchestermusiker, die aus fünf verschiedenen Orchestern zusammengefunden haben, natürlich keine eng-verwobene Einheit bildeten. Konnten sie angesichts der kurzen Zusammenarbeit gar nicht. Angeführt von Konzertmeister Ilia Korol, der ebenfalls aus der Ukraine stammt, stand der Abend auch vielmehr im Zeichen der guten Sache: Alle für einen, einer für alle.

Musikverein Wien © Franks Travelbox

Dennoch folgten selbst die erfahrenen Solisten wie Luca Pisaroni und Kammersänger Michael Schade aufmerksam dem Dirigat. Gemeinsam mit Lena Belkina und Christiane Karg, setzten die vier Solisten somit einen markanten Schlusspunkt hinter dieses Benefiz. Getragen vom hervorragend agierenden Wiener Singverein, dessen Bass-Abteilung unheimlich einfühlsam intonierte, ein Abschluss, der passender kaum hätte sein können.

Immerhin symbolisiert Beethovens „Ode an die Freude“ nicht nur die idealistische Vision, dass alle Menschen zu Brüdern werden. Sondern als Hymne der Europäischen Union und im weiteren Sinne Europas, auch, dass in dieser freien Wertegemeinschaft alle an einem Strang ziehen – ein Zeichen, das dieser Tage wichtiger ist als je zuvor!

„Es pocht eine Sehnsucht an die Welt, An der wir sterben müssen"

Foto: Serghei Gherciu

Bayerische Staatsoper, München, 26. März 2022     Premiere

Passagen
Ballettabend

von Frank Heublein

An diesem Abend findet die Premiere der Produktion Passagen des Bayerischen Staatsballets im Nationaltheater in München statt. Übergänge, in denen etwas in mir passiert, mit mir passiert. Der Ballettdirektor des Bayerischen Staatsballetts Igor Zelensky schreibt im Programm „Das Theater selbst ist Passage, ein Ort, wo sich Veränderungen und Verwandlungen erproben, erleben und anstoßen lassen“. Gut gesagt.

Passagen Affairs of the Heart Ensemble (c) S. Gherciu

Die erste Passage des Abends heißt „Affairs of the Heart“. Es ist eine Choreografie von David Dawson. Die Musik mit gleichem Namen stammt vom kanadischen Komponisten Marjan Mozetich und ist für Solo-Violine und Streicher geschrieben. Musikalische Schleifen, die sich in meinem Ohr verfangen. Musik, die sich in iterativen Wellen bewegt. Vor dem Hintergrund abstrakter Malerei der ins Blau Licht getauchten Bühne flirren die Tänzerinnen und Tänzer zur Musik. Formierungen erwachsen und vergehen schnell. Das Getanzte auf der Bühne ist ein anhaltender leichter Fluss. Gerade so wie ein Getreidefeld, das kurz vor der Ernte vom Wind in ständiger Bewegung gehalten wird. Das Solo von Shale Wagman ist beeindruckend. Fulminante kraftvolle hohe Sprünge. Energie, die sich unmittelbar auf mich überträgt. „Passagen, Ballettabend, Bayerisches Staatsballet
Bayerische Staatsoper, München, 26. März 2022 Premiere“
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Die SONNTAG-PRESSE – 27. MÄRZ 2022

Foto: Kristjan Järvi © Siiri Kumari / Sunbeam Productions

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Die SONNTAG-PRESSE – 27. MÄRZ 2022

Berlin
Das Baltic Sea Philharmonic: Mein lieber Schwan
Der Dirigent Kristian Järvi und das Baltic Sea Philharmonic begeistern bei ihrem Gastspiel in der Berliner Philharmonie.
Tagesspiegel.de

„Konzertgänger in Berlin
Kurz und kryptisch (8): Anna Vinnitskaya spielt Schumann, Chopin, Ravel
https://hundert11.net/kurzundkryptisch8/

Berlin/ Deutsche Oper
Nichts ist mehr selbstverständlich
Dietmar Schwarz kündigt die neue Spielzeit der Deutschen Oper an und spricht über den Umgang mit russischen Künstlern.
Berliner Morgenpost

Deutsche Oper Berlin: Il Viaggio a Reims
Lebhafte Inszenierung mit viel Macho-Gehabe und Diven-Theater, dazu jede Menge guter Sänger – die selten gespielte Reise nach Reims an der Deutschen Oper reüssiert in einer Wiederaufnahme unter der Leitung von Yi-Chen Lin.
konzertkritikopernkritikberlin.a.schlatz

München
Söder stellt lange geplanten Münchner Konzertsaal in Frage
Ministerpräsident Söder stellt den Bau des neuen und bis zu einer Milliarde Euro teuren Konzertsaals in München in Frage: Man könne nicht alles unendlich finanzieren, der Staat sei durch die Corona- und die Ukraine-Krise finanziell massiv gefordert.
BR-Klassik.de

Neuer Münchner Konzertsaal: Sterben auf Raten – mit Finale nach der Wahl
Katrin Habenschaden will mit Kunstminister Markus Blume eine Kooperation beim Gasteig vorschlagen. Es wäre das Ende für das teure Projekt im Werksviertel.
MünchnerAbendzeitung

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Die SAMSTAG-PRESSE – 26. MÄRZ 2022

Foto: Deutsche Oper Berlin © Günter Karl Bose

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Deutsche Oper Berlin: Was Intendant Dietmar Schwarz vorhat
In der kommenden Saison plant die Deutsch Oper fünf große Neuinszenierungen. Und das Musiktheater muss sich Ausweichquartiere suchen.
Tagesspiegel.de

„Konzertgänger in Berlin“
Hochseilgaloppierend
Quatuor Modigliani und Sharon Kam spielen Schubert und Brahms
Wenn die Tücken der Programmplanung zum Aberwitz werden: Am Donnerstagabend spielen drei hervorragende Streichquartette gleichzeitig. Selbst in Berlin ist das kein Normalfall. Und schon gar nicht, dass zwei davon (Belcea im Boulezsaal und Modigliani im Kammermusiksaal) Schuberts Der Tod und das Mädchen spielen.
https://hundert11.net/hochseilgaloppierend/

Berlin
Das Belcea Quartet im Pierre Boulez Saal: Die Kunst des Leisespiels
Ihre Homogenität ist phänomenal: Das Belcea Quartet begeistert im Berliner Boulez Saal mit Schubert und Brahms.
Tagesspiegel.de

Putins Kunstbotschafter: Valery Gergiev kann in China dirigieren
Michail Schwydkoi (73), Russlands Beauftragter für internationale Kulturpolitik, erhofft sich im Fernen Osten, Afrika und Südamerika mehr Verständnis für russische Künstler als in Europa. Dirigent Gergiev habe gute Chancen in Peking und Schanghai.
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Die FREITAG-PRESSE – 25. MÄRZ 2022

Foto: © Christian POGO Zach

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Die FREITAG-PRESSE – 25. MÄRZ 2022

Opernskandal in München: Dass ein weisser Bariton schwarze Schminke trägt, führt zu wüsten Vorwürfen.
Dabei wird verkannt, worauf angespielt wird (Bezahlartikel)
NeueZürcherZeitung

Hamburg/ vierte Vorstellung „Turandot“
Puccinis Turandot überzeugt mit einer spannenden Neuinszenierung von Yona Kim
Von Dr. Ralf Wegner
Klassik-begeistert.de

München
Sozialistischer Realismus mit doppeltem Boden (Bezahlartikel)
Der in Riga geborene Leipziger Gewandhauskapellmeister Andris Nelsons übernahm das russische Programm unverändert, gab Prokofjews fünfter Sinfonie aber einen doppelten Boden.
FrankfurterAllgemeine

Leipzig
Tobias Wolff: „Die Oper gehört in die Mitte der Gesellschaft“
MDR.de

Das Dilemma von und rund um Teodor Currentzis
Sein Erfolgsensemble Music Aeterna ist in St. Petersburg situiert und so mitten in mannigfachen Problemen
DerStandard.at „Die FREITAG-PRESSE – 25. MÄRZ 2022“ weiterlesen

Kämpferisch präsentiert Lena Belkina ihre neue CD in Wien

Foto: Lena Belkina ©

Mozarthaus, Wien, 19. März 2022

Benefiz / CD-Präsentation „Spring Night“
Lena Belkina,
Mezzosopran
Matthias Samuil,
Klavier

von Jürgen Pathy

Tief erschüttert. Dass Lena Belkina, die aktuellen Umstände in ihrer Heimat nicht kaltlassen, spürt man sofort. Nicht nur, weil die in der Ukraine aufgewachsene Sängerin zu Beginn ihrer CD-Präsentation schwer mit den Tränen zu kämpfen hat, sondern auch wegen der Programmauswahl, die sie anscheinend wegen der aktuellen Lage geändert hat. Eigentlich hätte ihre CD-Präsentation mit Mozarts Arie „Partoma tu ben mio“ des Sesto beginnen sollen – zumindest findet man das so im „Netz“. Geworden sind es aber andere Hosenrollen, mit denen sie Samstagabend im Wiener Mozarthaus dann beginnt.

Es sind drei Rollen, in die man einiges hinein interpretieren könnte. Zum einen die Anfangsarie aus dem „Rosenkavalier“, wo der blutjunge Octavian sich mit der Fürstin vergnügt. Zum anderen zwei Arien, die enormen Kampfgeist ausdrücken. Eine ist „Romeo“ aus Bellinis Oper „I Capuleti e i Monntechi“ und eine aus Rossinis opera seria „Tancredi“ – einem „anderen Helden“, wie Lena Belkina erklärt, die vor einigen Liedern und Arien eine kurze Ansprache hält.

„Lena Belkina, Benefiz / CD-Präsentation „Spring Night“,
Mozarthaus, Wien, 19. März 2022“
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Die DONNERSTAG-PRESSE – 24. MÄRZ 2022

Foto: Robert Niemeyer
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Die DONNERSTAG-PRESSE – 24. MÄRZ 2022

Dirigent Vladimir Jurowski gegen Pauschalboykott russischer Künstler
Generalmusikdirektor der Bayerischen Staatsoper verurteilt in offenen Brief Angriff Russlands, wendet sich aber gegen pauschale Verurteilungen.
WienerZeitung.at

Netrebko hat bei uns keinen Platz«
Wegen ihrer Putin-Nähe gibt es viel Kritik an Operndiva Anna Netrebko – trotzdem plant sie große Auftritte, auch in Deutschland. Politik, Veranstalter und Sponsoren sind in Nöten: Können die Konzerte stattfinden?
Spiegel.de

Klassikstars warnen vor „Ausgrenzung“ russischer Künstler
In einem Aufruf stellen sich zahlreiche Prominente der Klassikszene hinter die Sanktionen wider das Putin-Regime und wenden sich gegen die „Ausgrenzung russischer und belarussischer Personen“: „Viele fühlen sich wie Geiseln in ihrem eigenen Land.“
BR-Klassik.de

Unpolitische russische Künstler werden nicht mehr geduldet
Boykotts und Entlassungen Russische Künstler, die sich nicht deutlich von Putin distanzieren, sind im Westen nicht mehr gern gesehen. In Russland müssen sich Künstler zu Putin bekennen, wenn sie ihre Posten behalten wollen
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/russische-kuenstler-sanktionen-und-kultureller-kahlschlag

Hamburg/Elbphilharmonie
Junge Deutsche Philharmonie. Nicolas Altstaedt Violoncello. Dima Slobodeniouk Dirigent
Wagner, Salonen, Schönberg
Klassik-begeistert.de

Lyon/ „Irrelohe“
David Bösch inszeniert düster-zeitlose Liebe, Rache und Vergeltung
Pandemiebedingt musste das Festival 2020 am Vortage der Premiere abgesagt werden. Über 1000 Zuschauer:innen, hunderte Produktionsmitarbeiter:innen und viel internationale Presse waren darüber zutiefst betrübt. Auch im Folgejahr machte die Pandemie den Planern am Haus einen Strich durch die Rechnung. Doch nun endlich konnten zwei der damals vorgesehenen Opernpremieren zur Aufführung kommen. Verdis „Rigoletto“ und Schrekers „Irrelohe“ standen auf dem Programm.
Von Patrik Klein
Klassik-begeistert.de

Johann Sebastian Bachs Trauernacht im Rahmen des Festivals 2022 im Théâtre des Célestins in Lyon
Von Patrik Klein
Klassik-begeistert.de

Oper im Internet: Europäischer Opern-Tourismus bei Arte
Puccini aus Brüssel, Strauss aus Helsinki, Prokofieff aus Madrid: Der deutsch-französische Fernsehsender Arte streamt prachtvolle Opern-Produktionen.
rp-online.de „Die DONNERSTAG-PRESSE – 24. MÄRZ 2022“ weiterlesen

Puccinis Turandot überzeugt mit einer spannenden Neuinszenierung von Yona Kim

Unter der musikalischen Leitung von Giacomo Sagripanti  klang das Philharmonische Staatsorchester großartig, klar und durchsichtig wie selten. Anna Smirnovas schallstarke, vom Timbre her kindlich aufgehellte Stimme passte zur vorgesehenen Rolle einer entwicklungsunfähigen Psychopathin, selbst Gregory Kundes heldisch-virile Attacke konnte sie nicht umstimmen.

Foto: Das Hamburger Opernensemble beim Schlussapplaus, vorn Jürgen Sacher (Altoum), Daniel Kluge (Pang), Bernhard Hansky (Ping), Liang Li (Timur), Guanqun Yu (Liù), Anna Smirnova (Turandot), Giacomo Sagripanti (musikalische Leitung), Gregory Kunde (Calaf) Seungwoo Simon Yang (Pong), Chao Deng (un Mandarino) (RW)

Staatsoper Hamburg, 23. März 2022

Giacomo Puccini   Turandot, die vierte Aufführung

von Dr. Ralf Wegner

Die Mezzosopranistin Anna Smirnova sang auch heute Abend die Turandot. Die Höhen ihrer Auftrittsarie In questa reggia, gerieten teilweise scharf wie das Beil, zu dem die Prinzessin ihre Verehrer verurteilt. Die Sängerin verfügt über eine kräftige, schallstarke Stimme, die vom Timbre her eher kindlich aufgehellt klang, ohne mezzotypische Tiefengrundierung. Auch dieses passte zur vorgesehenen Rolle einer entwicklungsunfähigen Psychopathin, die offenbar Lust am Leiden anderer empfindet, Liebe nur heuchelt und Calaf am Ende ersticht. Ihr Vater Altoum, beeindruckend gezeichnet von Jürgen Sacher, gibt am Ende den Befehl, dieses weibliche Ungeheuer zu töten. „Giacomo Puccini Turandot, die vierte Aufführung,
Staatsoper Hamburg, 23. März 2022“
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Rising Stars 26: Dmytro Choni – ein ukrainischer Pianist auf dem Weg zur Weltgeltung

Photo:  © Anna Logachova

Claude Debussy – Reflets dans l’eau, Images, Band 1. Dmytro Choni, Klavier

Die Nachrichten, die die Ukraine plötzlich in den Mittelpunkt des Interesses gerückt haben, sind alles andere als erfreulich. Man kommt nicht umhin, näher hinzusehen, und stellt fest, wie sehr man dieses zweitgrößte Flächenland Europas bislang unterschätzt hat. Nicht nur seine wirtschaftliche Bedeutung ist beachtlich, auch seine Beiträge zur europäischen Kultur sind von großem Wert. So entwickeln sich auf ukrainischem Boden auch vielversprechende Talente mit dem Potenzial für eine Weltkarriere und deshalb möchte ich jetzt einen dieser Rising Stars vorzustellen. Meine Wahl fiel auf den Pianisten Dmytro Choni, der mich 2019 bei dem jährlich in München stattfindenden Festival Stars & Rising Stars als Solist wie auch als feinfühliger Kammermusikpartner überzeugt hatte.

von Dr. Lorenz Kerscher

 

Dmytro Choni – Ukraine – Ferruccio Busoni Klavierwettbewerb; Finale Kammerensemble. Schumann, Klavierquintett Es-Dur op. 44 (2017)

Dmytro Choni wurde 1993 in Kiew geboren und erhielt mit vier Jahren ersten Klavierunterricht. Er gewann als Zehnjähriger den ersten Preis des Klavierwettbewerbs „Ville de Gagny“ in Frankeich und wechselte kurz darauf an die Musikakademie in Kiew. Ab 2015 setzte er sein Musikstudium an der Musikhochschule Graz fort und erzielte seit 2016 zahlreiche Preise bei internationalen Wettbewerben, von denen er elf auf seiner Webseite aufzählt. Seine Debüt-CD mit Werken von Debussy, Ginastera, Ligeti und Prokofieff erschien 2020 bei Naxos und erhielt vom Pizzicato Magazin den „Supersonic Award“ und viel Lob seitens der Rezensenten: ”Wo andere junge Pianisten sehr gut spielen, besitzt Dmytro Chonis vollblutiges Spiel schon wirkliche Größe und einen genialen Atem.“ – Remy Franck; „Der junge Mann könnte einer der herausragendsten Pianisten des 21.Jahrhunderts sein“ – David Denton. „Rising Stars 26: Dmytro Choni – ein ukrainischer Pianist auf dem Weg zur Weltgeltung
klassik-begeistert.de“
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Andreas Ottensamer: „Wenn man so auch junges Publikum anspricht, dann ist das der beste Weg."

Foto: Andreas Ottensamer © Stefan Höderath

Er zählt zur neuen Generation. Einer Zunft von Musikern, die mit der Zeit gehen. Neben anderen jungen Kollegen, zeigt sich Andreas Ottensamer auch oft von der „coolen“ Seite: modisch, sportlich, mit gestähltem Sixpack. Via Social Media genehmigt der Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker viele Einblicke. Warum sich das nicht unbedingt mit dem Klischee des eher verstaubten Klassikbetriebs schneidet, erzählt er im Exklusiv-Interview.

Interview: Jürgen Pathy

Andreas Ottensamer setzt den Termin für das Gespräch um 11:00 Uhr vormittags an. Einer Uhrzeit, um die so manch anderer Musiker vermutlich noch im Tiefschlaf verweilt. „Ich habe es gerade noch so geschafft“, entgegnet er schlagfertig, ob des Klischees, das ich natürlich gerne einwerfe, um die Stimmung zu lockern. Der 31-Jährige Feschak, der aus einer bekannten Musikerfamilie stammt, wirkt überrascht, als ihn mein Skype-Anruf ereilt. Wo er gerade weilt, erfahre ich nicht. Nur, dass er im Moment keine Möglichkeit habe, das Interview via Onlinetools wie Zoom oder Skype zu führen. Kein Problem. Papier und Stift liegen bereit.

Nur meinen „Schummelzettel“ nimmt er so ein wenig aus dem Spiel. Spezialfragen, wie er zu den alten Meistern der Klarinette stehe. Insbesondere zur „vibratoarmen“ Klangkultur, wie sie der Wiener Alfred Prinz oder der deutsche Karl Leister gepflegt haben. Diese Fragen habe ich bei einem anderen Skype-Kontakt gebunkert, der sie mir gesteckt hat. „Ich spiele selbst gerne Vibrato“, lautet die Quintessenz seiner ausführlichen Antwort. „Hauptsächlich aber dort, wo es stilistisch passt – Debussy, Poulenc, dort ist es deutlich passender, als bei der deutschen Romantik oder Mozart, wo es stilistisch weniger passt“. Für Mozarts Klarinettenkonzert übrigens, da hat er sich tatsächlich eine Bassetklarinette machen lassen.

„Interview: Andreas Ottensamer, Soloklarinettist der Berliner Philharmoniker,
klassik-begeistert.de“
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